Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

und das empfehle ich auch allen, die gleich abzustimmen haben. Lesen Sie einmal die Seiten 9 bis 27 der Drucksache zum Geomatikum. Ich habe nämlich darum gebeten aufzulisten, wie jeder einzelne Raum genutzt wird, und der Senat hat das getan. Herausgekommen ist, dass tatsächlich nur etwa 15 Prozent im strengeren Sinne etwas anderes als Lager oder Büro sind. Es ist also richtig, Frau Stapelfeldt, es sind nicht nur Büros, aber weit überwiegend. Für die 15 Prozent hätte ich durchaus einen höheren Mietpreis akzeptiert, aber auf diesen 18 Seiten sind zum Teil über Seiten hinweg nur Büros aufgelistet. Dafür pauschal einen dermaßen hohen Mietpreis zu vereinbaren und aus Steuergeldern zu bezahlen, ist unverantwortlich, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kühn von der SPD-Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Herr Schinnenburg eben gesagt hat, kann man so nicht stehen lassen. Ich will noch einmal daran erinnern: Das CHYN ist, lesen Sie die Drucksache, ein hochkomplexes Gebäude.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Geomati- kum!)

Dazu komme ich noch. Sie vergessen immer, dass zum Geomatikum auch die Innenausstattung gehört. Die ist da nämlich mit drin.

Es werden hochkomplexe Büros in diese Räume einziehen, und das vergessen Sie immer zu sagen. Wir bauen nicht nur Hüllen, sondern diese Hüllen müssen auch mit wissenschaftlichem Gerät befüllt werden. Im Falle des CHYN handelt es sich um ein komplexes Gebäude. Das ist auch einer der Gründe, warum die Verhandlungen so lange gedauert haben, denn derjenige, der das Projekt baut, musste sich natürlich gegen bauliche Risiken absichern. Es geht darum, ein Wissenschaftsgebäude

(Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

zu errichten, das kaum Schwingungen von außen zulässt. Dass das technisch anspruchsvoll ist und es sich nicht um ein normales Bürogebäude handelt, das Sie mit 15 Euro pro Quadratmeter mieten können, sollte jedem einsichtig sein. Das wollte ich zumindest noch einmal gerade rücken.

(Beifall bei der SPD)

Wichtig ist, das ist eben in der Diskussion über das Mieter-Vermieter-Modell etwas untergegangen, dass wir zum ersten Mal einen Weg gefunden haben, einen Vermieter zu haben, der sich um das Gebäude kümmert. Er wird das Gebäude nicht nur hinstellen, sondern es auch dauerhaft bewirtschaften und wieder Investitionen tätigen. Das ist doch genau das, was in den letzten Jahrzehnten schiefgelaufen ist. Wir haben zwar Hochschulgebäude gebaut, aber dann jahrzehntelang nichts mehr in sie investiert. Diesen Mechanismus wollen wir mit diesem neuen Mieter-Vermieter-Modell durchbrechen, und ich glaube, das wird gelingen. Insofern will ich noch einmal für dieses Modell werben und kann das so nicht stehen lassen, Herr Schinnenburg, was Sie eben versucht haben. Der Mietpreis ist solide berechnet. Es handelt sich nicht um ein normales Bürogebäude, sondern um hochkomplexe wissenschaftliche Gebäude. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wir beginnen mit dem Bericht des Haushaltsausschusses aus Drucksache 20/12916.

Wer möchte sich hier der Ausschussempfehlung anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dies mehrheitlich erfolgt.

Hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das sehe ich nicht.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Beschluss in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Wer möchte dann auch der Empfehlung des Haushaltsausschusses aus Drucksache 20/12939 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dies mehrheitlich erfolgt.

Auch hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das sehe ich nicht.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch dies mehrheitlich erfolgt und somit endgültig beschlossen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf, Drucksache 20/12839, Antrag der CDU-Fraktion: Freie Berufe und Unternehmen langfristig stärken.

[Antrag der CDU-Fraktion: Freie Berufe und Unternehmen langfristig stärken – Drs 20/12839 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, die Debatte nicht zu führen, insofern kommen wir sofort zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/12839 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dies war einstimmig und ist somit beschlossen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 39 auf, Drucksache 20/12999, interfraktioneller Antrag: Provenienzforschung und Inventarisierung der Kunstbestände vorantreiben.

[Interfraktioneller Antrag: Provenienzforschung und Inventarisierung der Kunstbestände vorantreiben – Drs 20/12999 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Goetsch von der GRÜNEN Fraktion hat es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über einen der größten Kunstraube der Menschheitsgeschichte, dem größten im 20. Jahrhundert. In den Jahren zwischen 1933 und 1945 emigrierten aus dem deutschsprachigen Raum fast eine halbe Million Juden. Um ihre Auswanderung zu finanzieren, mussten sie in Eile, Angst und Panik ihre Kunstsammlungen auflösen und ihre Wertgegenstände verkaufen. Die meisten von denen, die nicht aus Deutschland emigrieren konnten, endeten in den Konzentrationslagern und starben in den Vernichtungslagern der Nazis. Auf dem Weg dorthin wurden sie all ihrer Kostbarkeiten, auch ihrer Kunstgegenstände, beraubt. Dieser verbrecherische Kunst

(Philipp-Sebastian Kühn)

raub wurde ebenso erschreckend detailliert geplant wie die Vernichtung der Menschen. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sind diese Beutezüge der Nazis in den besetzten Gebieten fortgesetzt worden, wo systematisch weiter geplündert wurde.

Seit 1945, siebzig Jahre sind vergangen, winden sich verantwortliche Politiker, über Generationen und Parteigrenzen hinweg, wenn es um die Erforschung und um die Rückgabe dieser geraubten Millionenwerte geht. Das ist sicherlich ein moralisches Desaster. Aber es kommt noch schlimmer, denn die ganze Debatte um die NS-Raubkunst ist reich an Vorwürfen, die Erben würden sich nicht für die Kunst, sondern nur für das Geld interessieren, denn mit Kunst sei viel Geld zu verdienen. Noch 2006 klagte der damalige Präsident des Deutschen Museumsbundes über das große Geschäft, das mit der Restitutionskunst gemacht werde. Solche Argumentationen sind meines Erachtens eine Schande für die Museumsbranche und fördern klassische antisemitische Ressentiments.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und bei Gerhard Lein SPD)

Bereits 1998 unterschrieb Deutschland – man kann sagen, Gott sei Dank – mit der Washingtoner Erklärung die Verpflichtung zur Identifizierung von NS-Raubkunst und der Suche nach gerechten und fairen Lösungen, mit den Vorkriegseigentümern und Erben umzugehen. Das war ein dringend notwendiger Aufbruch, der die Grundlage für das verstärkte Engagement der Bundesregierung ist. Aber wenngleich die Befassung zur Provenienzforschung im Kulturausschuss gezeigt hat, wie engagiert die Hamburger Museen sind und wie kostenund zeitaufwendig die Herkulesaufgabe ist, Herkunftsforschung zu betreiben, so ist die Situation in Hamburg keineswegs als gut oder ruhmreich zu bezeichnen. Bis heute kann die Stadt für über 10 000 Kunstgegenstände potenzieller NS-Raubkunst nicht sagen, woher diese stammen. Mit den zweieinhalb Stellen, die in Hamburg dafür zuständig sind, die Herkunft dieser Werke zu erforschen, würde dies noch viele Jahrzehnte dauern. 2007 ist dann der Schritt zur Erfassung und Digitalisierung der Kunstgegenstände gemacht worden, und im vergangenen Jahr, also siebzig Jahre nach dem Ende der Nazidiktatur, wurde die Provenienzforschung in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen als Aufgabe in den Zielbildern der Hamburger Museumsstiftungen verankert, und das ist auch gut so. Man muss allerdings sagen, dass in den letzten 13 Jahren lediglich 1 Million Euro für diese Forschung zur Verfügung gestellt wurde, und das ist nun einmal nicht genug. Wir brauchen mehr personelle und finanzielle Ressourcen für die Erforschung der Kunstwerke im Eigentum der Stadt, vor allen Dingen für die NS-Raubkunst. Das ist moralische Aufgabe und unsere politische Verantwortung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Deshalb haben wir den Anstoß für diese interfraktionelle Initiative gegeben, und ich bin allen Kollegen sehr dankbar, dass wir das gemeinsam beschließen werden. Wir brauchen zusätzliche wissenschaftliche Recherche, übrigens auch Ausbildung. Eine nationale, im besten Falle internationale wissenschaftliche Vernetzung über eine Datenbank könnte die Arbeit der Provenienzforschung in Hamburg deutlich verbessern. Und natürlich brauchen wir auch zusätzliche Mittel vom Bund; das ist unumgänglich.

Trotz oder vielleicht auch wegen der Versäumnisse der letzten 70 Jahre ist es erfreulich, dass die kritisch-öffentliche Debatte zur Provenienzforschung durch den Fall Gurlitt neuen Auftrieb bekommen hat. Auch die Museen in Hamburg sind stärker aktiv geworden. Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe hervorheben und die Aussage der Direktorin Dr. Sabine Schulze, die gesagt hat: "Wir wollen nichts haben, was uns nicht gehört." Das ist vorbildlich und längst nicht in allen Museen Deutschlands verinnerlicht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Frage ist immer, ob man aktiv aufklärt oder nur auf Restitutionsansprüche reagiert. Diese hervorragende Ausstellung zur Raubkunstthematik ist wirklich gelungen, man kann sie jedem empfehlen. Jetzt rückt das Thema natürlich auch wieder mehr in den Fokus. Ebenso hervorheben möchte ich die Arbeit von Frau Dr. Haug in der Kunsthalle, die schon sehr lange Provenienzforschung betreibt. Sie hat uns das eindrucksvoll in der Sitzung des Kulturausschusses aufgezeigt.

Meine Damen und Herren! Nicht nur in Hamburg, sondern auch deutschlandweit sorgt dieses Thema – Gurlitt habe ich eben schon angesprochen – für Aufmerksamkeit. Die neue Kulturstaatsministerin legt besonderen Wert auf dieses Thema und wird mit dem Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste eine Institution schaffen, die hoffentlich zu mehr Vernetzung und Aufklärung beitragen wird. Sie hat auch die finanziellen Mittel erheblich erhöht. Ich wünsche mir, dass Hamburg davon partizipieren kann, und ich wünsche mir die aktive Teilhabe des Hamburger Senats an allen Bundesaktivitäten zu diesem Thema. Als Nebensatz möchte ich anfügen: Natürlich gilt es, neben der NS-Raubkunst auch die Provenienzforschung nicht zu vergessen, die durch den Kolonialismus hervorgerufen wurde, oder in der ehemaligen DDR durch die Bodenreform zu unrechtmäßigen Enteignungen geführt hat, die ebenfalls einer Überprüfung bedürfen.

Die Provenienzforschung ist bis heute ein Stiefkind der Aufarbeitung der Nazizeit. Ich möchte schließen mit einem Zitat des Leiters der bundesweiten

Arbeitsstelle für Provenienzforschung, Dr. Uwe Hartmann:

"Politik und Kultur müssen sich auch zukünftig gegenseitig in die Pflicht nehmen, damit die öffentlichen Einrichtungen ihrer Verantwortung bei der Identifizierung von NSRaubgut in ihren Sammlungsbeständen gerecht werden. Das schließt ein, dass sie in die Lage versetzt werden, ihre Verantwortung wahrzunehmen."

Zitatende.

Ich denke, dass wir heute einen gemeinsamen Schritt dazu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN, ver- einzelt bei der SPD und bei Dietrich Wersich CDU und Katja Suding FDP)

Frau Dr. VértesSchütter von der SPD-Fraktion hat jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundesweit mag die Provenienzforschung erst vor dem Hintergrund des spektakulären Falls Gurlitt stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten sein, in Hamburg können wir aber feststellen, dass unsere Museen schon länger eine führende Rolle auf diesem Feld einnehmen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Museen auf dem eingeschlagenen Weg zu unterstützen.