Protocol of the Session on September 25, 2014

Login to download PDF

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Nicht späte- stens, frühestens!)

Alles das nämlich, was wir gerade diskutieren, und diese Maßnahmen sind ein großer Bestandteil dieser Radverkehrsstrategie, wie Sie eben selbst dargestellt haben, lieber Kollege.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns die Radverkehrsstrategie einmal gemeinschaftlich ansehen, dann liegt die Wahrheit genau zwischen Ihren beiden Beiträgen, liebe Kollegen. Lieber Kollege Steffen, wir stimmen heute nicht darüber ab, ob Hamburg eine Fahrradhauptstadt wird.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Nicht Fahrrad- hauptstadt, Fahrradstadt!)

Wie bitte? Eine Fahrradstadt.

Das wird es auch nicht mit den Anträgen der GRÜNEN. Wir sind jedoch noch keine Fahrradstadt, lieber Herr Pochnicht. Wir sind aber gemeinschaftlich seit vielen Jahren im Fahrradbeirat und in vielen Gremien dabei, auch im Verkehrsausschuss, Hamburg fahrradfreundlicher zu machen, um miteinander darüber nachzudenken, welche Maßnahmen – da bin ich sogar bei Ihnen, lieber Herr Pochnicht, deswegen habe ich den Rest Ihrer Rede nicht mehr verstanden – auch verkehrsverträglich umgesetzt werden können. Von diesem Konsens haben Sie sich aber gerade in der letzten Zeit verabschiedet durch Ihre Symbolpolitik, dass Sie plötz

(Lars Pochnicht)

lich kurz vor der Wahl erkannt haben, dass Sie das noch nicht ausreichend gemacht haben, und nun geben Sie noch einmal Gas. Jetzt machen Sie noch ein paar Bike-and-ride-Stationen und ein bisschen Symbolpolitik und sperren den Harvestehuder Weg nur für die Radfahrer und grenzen andere damit aus. Das ist nicht die Radverkehrsstrategie, die wir gemeinschaftlich einmal beschlossen haben. Das ist Symbolpolitik, und das darf man, glaube ich, auch sagen.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion hat deswegen mit ihrem Antrag heute, der dankenswerterweise mit dem GRÜNENAntrag diskutiert wird, gesagt, dass wir erst einmal eine gemeinschaftliche Grundlage, einen Konsens brauchen. 2015 läuft die Radverkehrsstrategie eigentlich aus. Wir wollen gemeinschaftlich mit Ihnen die Radverkehrsstrategie fortschreiben, nicht mehr oder weniger steht in diesem Antrag. Wir haben es nicht gemacht wie die GRÜNEN und eine Liste von etwa 21 Punkten aufgeschrieben und gesagt, das sei alles, was gemacht werde. Diese 21 Punkte finde ich in Teilen gut, ich finde sie in Teilen auch nicht gut.

Insofern, lieber Kollege Steffen, werden wir das sehr kontrovers abstimmen. Meine Fraktion hat sich sehr, sehr viel Mühe gemacht mit den einzelnen Punkten, um zu überlegen, was dahinter stecken könnte. Es gibt viele Formulierungen, die wir uns auch bei den einzelnen Punkten anders gewünscht hätten. Insofern, lieber Kollege Steffen, ist das sicherlich ein Antrag – ich werde gleich noch etwas zu den einzelnen Punkten sagen –, der auf jeden Fall an den Ausschuss überwiesen gehört, den wir auch gemeinschaftlich mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD im Ausschuss auf seine Realisierbarkeit prüfen sollten. Aber es ist sicherlich kein Antrag, den man einfach mit Ja oder Nein, so wie Sie es von den Kollegen der SPD gefordert haben, nach dem Motto, wir bekennen uns zur Radverkehrspolitik, abstimmen sollte, um damit dann die Radverkehrspolitik kräftig voranzubringen. Das reicht nicht, da müssen wir schon ein bisschen mehr in die Materie einsteigen und uns die einzelnen Punkte in unterschiedlichen Gremien anschauen.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, bin ich Ihnen eigentlich für Ihren Zusatzantrag dankbar. Ich war von ihm sehr überrascht, allerdings ist es wieder einmal ein typischer SPD-Antrag, denn was steht in Ihrem Zusatzantrag anderes als in dem der CDU, der heute vorliegt? Das haben Sie nicht deutlich gemacht, lieber Kollege Pochnicht. Vielleicht – Kollegin Sudmann wird gleich auch noch sprechen – wird mir das irgendjemand erklären.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ich weiß es auf jeden Fall nicht.

Hätten Sie Mut gehabt, hätten Sie Rückgrat gehabt, dann hätten Sie heute gesagt, okay, das ist für uns als Sozialdemokraten das kleinste Karo, wir stimmen dem CDU-Antrag zu. Stattdessen schreiben Sie drei Worte um, fordern das Gleiche und bringen einen Zusatzantrag ein. Das ist schwach, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die Wahrheit, ich habe das vorhin schon gesagt, liegt irgendwo in der Mitte. Sie haben sich zu Beginn dieser Legislaturperiode mit dem vorgefundenen schwarz-grünen Erbe sehr schwergetan. Sie haben Anträge der CDU-Fraktion abgelehnt, eine bessere personelle Ausstattung für den Radverkehr vorzunehmen. Sie haben nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, die wir für den Radverkehr benötigt hätten. Sie selbst, lieber Kollege Pochnicht, waren dabei, als uns die Amtsleitung im Fahrradbeirat gesagt hat, wir können gar nicht so viel umsetzen, wie wir eigentlich wollen, weil wir die Ressourcen nicht haben. Dieses Eingeständnis – die Radverkehrsfachleute waren dabei – mussten wir uns nach Beginn Ihrer Legislaturperiode schon lange anhören. Trotzdem hat auch der SPDSenat erkannt, dass man mehr für den Radverkehr tun muss, und das sieht man an der einen oder anderen Stelle in der Stadt auch. Das muss man anerkennen, und das tun wir als CDU-Fraktion, aber es ist noch nicht ausreichend und es wäre mehr möglich gewesen. Das haben Sie versäumt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen bekommen Sie in der Öffentlichkeit, bis auf ab und zu einmal eine positive Presseberichterstattung, von den Fachverbänden entsprechende Kritik. Der Ausbau des StadtRAD-Systems kurz vor Toresschluss in der Hoffnung, einen milden Winter zu bekommen und noch ein paar Stationen einweihen zu können wie die Fahrradstraße am Harvestehuder Weg, reichen wirklich nicht aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nun noch kurz etwas zum Antrag der GRÜNEN sagen. Zwar finde ich das Ziel von Till Steffen und seiner Fraktion richtig, den Radverkehrsanteil bis 2025 auf 25 Prozent zu erhöhen – ich glaube, man muss solche Ziele haben –, aber ohne Ziele, ohne Benchmarks, an denen man sich dann auch messen kann, wird nicht der richtige Drive hineinkommen. Wir haben damals bei der Radverkehrsstrategie auch klare Ziele benannt. In den vergangenen Ausschusssitzungen haben wir immer gehört, nein, wir wollen keine Zahlen nennen, wir wollen keinen Zeitraum nennen, wahrscheinlich, weil Sie sich selbst nicht sicher sind, wie ernsthaft Sie diese Ziele verfolgen wollen, sehr geehrter Herr Senator Horch. Das ist das Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie müssen klar Farbe bekennen, wohin Sie wollen, denn nur dann wird man Ihnen glauben können, dass die von Ihnen beschlossenen Maßnahmen auch passen.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Ole Thorben Buschhüter SPD: Wir unter- schreiben auch 25 Prozent!)

Zum Schluss noch schnell zu ein paar Punkten im Petitum. Punkt 7 können wir definitiv nicht annehmen, lieber Kollege Steffen. Ihre Forderung, auf Velorouten und anderen wichtigen Radverkehrsrouten dem Radverkehr grundsätzlich Vorfahrt zu gewähren, ist zu pauschal. Hier hat der Kollege Pochnicht recht, das muss man sich im Einzelfall ansehen. Dann wollen Sie konsequenter als bisher in Hamburger Wohngebieten und nachgeordneten Straßen Tempo 30 ausweisen. Wir waren es, glaube ich, gemeinsam mit den GRÜNEN, die zusammen mit den Bezirken das gesamte Stadtsystem nach möglichen Tempo-30-Straßen durchgekämmt haben. Sehr viel mehr dürfte hier nicht mehr zu erreichen sein. Ich weiß nicht, was Sie im Blick haben; vielleicht erfahren wir es im Ausschuss. Weiter soll bei neu anzulegenden Fahrradabstellanlagen darauf geachtet werden, dass mindestens zwei Drittel der jeweiligen Abstellfläche überdacht sind. Auch das ist einfach eine Zahl; es könnten vielleicht auch vier Fünftel sein. Ich möchte gern wissen, wie Sie auf zwei Drittel kommen. Das ist nicht der Situation angepasst. Weiter fordern Sie, gleiche Nutzerkonditionen hinsichtlich Parkdauer und -gebühr für Bike-and-ride-Flächen und Parkand-ride-Flächen einzurichten, wenn sie an derselben Schnellbahnhaltestelle angeboten werden. Aber auch hier muss man gezielt schauen, denn es gibt Unterschiede, die Sinn machen. Schließlich sollen bei Umbaumaßnahmen konsequent PkwStellplätze in Fahrradabstellflächen umgewandelt werden, doch dies sollte nicht pauschal überall geschehen, sondern nur dort, wo es Sinn macht, dann aber auch wirklich konsequent. Und sichtbare Zählsäulen für den Radverkehr an stark befahrenen Strecken zu installieren, das kann auch mehr symbolische Politik sein, als dass es uns ernsthaft weiterbringen würde.

Es gibt aber auch viele gute Punkte, die ich nicht erwähnt habe, weil ich die Ablehnung des Antrags durch meine Fraktion begründen wollte. Ich freue mich auf eine weitere Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gar keine Frage, das Fahrrad ist ein wichtiges Verkehrsmittel und der Radverkehr sollte gefördert und ausgebaut

werden. Er hat ein großes Potenzial, und wir sind deshalb für eine Stärkung. Wir sind für eine Sanierung von Radwegen und Velorouten und auch für mehr StadtRAD-Stationen. Herr Pochnicht, Sie haben Ihre Zahlen ein bisschen eigennützig ausgelegt. Ich habe eine Schriftliche Kleine Anfrage dazu gestellt, Drucksache 20/13037. Dabei kam heraus, dass Sie in diesen dreieinhalb Jahren noch nie eine systematische Erfassung von Zuständen der Fahrradwege gemacht haben. Wenn SchwarzGrün tatsächlich so schlecht gearbeitet hat, dann wäre es doch sinnvoll, erst einmal eine Erfassung zu machen. Das haben Sie nicht getan und machen es nun das erste Mal. Ich frage mich natürlich, auf welcher Grundlage Sie bisher überhaupt Planungen gemacht haben.

Der zweite Punkt, der für mich schwerer wiegt: Sie sagen, nun ginge es aber richtig los, Sie hätten erst Informationen einholen müssen. Konkret haben Sie aber von den 1700 Kilometern Radwege in der gesamten Legislaturperiode bis jetzt – sie ist fast zu Ende – gerade einmal 44 Kilometer, das sind 2,6 Prozent, saniert. Ich habe das neulich bei Schalthoff auf den Satz gebracht: "Die SPD hat die Arbeit für Radverkehr von katastrophal auf schlecht verbessert".

(Dirk Kienscherf SPD: Immerhin verbessert!)

Insofern gibt es eine Verbesserung, aber von gut kann immer noch keine Rede sein.

Nun aber zu der eigentlichen Diskussion. Die FDP ist, wie Sie wissen, für einen fairen Wettbewerb der Verkehrsträger. Deshalb halten wir es für falsch, einen Verkehrsträger zu bevorzugen. Es war in den Siebzigerjahren falsch, eine Stadt autogerecht zu machen, und es ist heute mit Sicherheit genauso falsch, alles dem Radverkehr unterzuordnen und auf diese Weise vielleicht neue Staus hervorzurufen. Wir glauben auch nicht, dass es möglich ist, einen Anteil am Modal Split von 25 Prozent herbeizuführen. Mehr als jetzt sollte es mit Sicherheit sein, aber 25 Prozent sind unrealistisch, und das sollte man auch nicht in sein Papier hineinschreiben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Kopenhagen hat fast 40 Prozent!)

Warten Sie einmal ab, ich komme gleich zu Kopenhagen.

Kommen wir gleich zu Kopenhagen. Immer dieser Vergleich; er findet sich im Antrag der GRÜNEN und wird von Ihnen nun wieder erwähnt. Hamburg ist nicht Kopenhagen, und Hamburg ist mit Kopenhagen auch verkehrlich nicht zu vergleichen. Hören Sie sich einmal folgende Zahlen an: Kopenhagen hat 570 000 Einwohner und 86 Quadratkilometer Fläche, Hamburg hat 1,8 Millionen Einwohner, aber 756 Quadratkilometer Fläche, also ungefähr dreimal so viele Einwohner und fast zehnmal so viel Fläche. Im Hauptstadtgebiet Kopenhagen,

(Klaus-Peter Hesse)

wenn Sie das nehmen wollen, sind es immerhin 1,2 Millionen Einwohner und 400 Quadratkilometer Fläche. Dann nehmen Sie die Agglomeration Hamburg, das ist ein feststehender Begriff, hier sind es 2,6 Millionen Einwohner und 2000 Quadratkilometer Fläche. Von der Metropolregion will ich gar nicht reden. Sie können nicht ohne Weiteres sagen, was in Kopenhagen möglich ist, geht hier auch, das ist einfach nicht vergleichbar. Kopenhagen hat einen kleinen Hafen und kaum Industrie, Hamburg hat einen großen Hafen und Industrie, und zwar im Zentrum. Der Vergleich funktioniert einfach nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Uwe Lohmann SPD und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Herr Steffen, in Ihrem Antrag erwähnen Sie auch noch New York als Vorbild für den Radverkehr in Hamburg. Dieser Vergleich mit New York zieht nun wirklich überhaupt nicht.

Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns den Radverkehr mit Bedacht und ohne ideologische Scheuklappen verbessern. Wir sind dafür, alle vorliegenden Anträge an den Verkehrsausschuss zu überweisen. Ich sage noch kurz, wie wir uns verhalten werden, wenn das abgelehnt werden sollte. Dem CDU-Antrag stimmen wir zu, dem SPD-Antrag stimmen wir auch zu, auch wenn wir in der Tat, das hat Herr Hesse richtig ausgeführt, nur schwer erkennen, worin eigentlich der Unterschied besteht. Bei den GRÜNEN ist es sehr differenziert. Ich lese jetzt einfach nur vor, denn meine Redezeit reicht nicht, um das für alle Punkte zu begründen. Wir werden den folgenden Ihrer Punkte zustimmen: 2, 3, 6, 9, 13, 14, 16, 20, 21 und 22. Wir werden folgende Punkte ablehnen: 1, 4, 5, 7, 10, 11, 12, 15, 17, 18 und 19. Und bei Punkt 8 werden wir uns enthalten. Ich will noch sagen, dass wir uns sehr differenziert mit Ihrem Konzept auseinandergesetzt haben.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Das freut mich!)

Ich glaube, dass Ihr Konzept nicht so differenziert ist, sondern sehr pauschal und ideologisch. Das ist nicht der richtige Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Wir im Präsidium konnten uns das nicht so schnell merken, Herr Dr. Schinnenburg. Die Abstimmung erfolgt nach der letzten Rednerin oder dem letzten Redner.

Jetzt hat erst einmal Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Ich würde sagen, das war gerade wie bei der Ziehung der Lottozahlen, alles ohne Gewähr.

Der Antrag der GRÜNEN zum Radverkehr ist wirklich eine Fleißarbeit, in der vieles zusammenge

sammelt wurde, was wir seit Jahren diskutieren. Ich habe mich auch gefreut, dass Sie den Antrag der LINKEN zu KOST wiedergefunden haben, also zum Baustellenmanagement. Aber man kann den GRÜNEN diese Fleißarbeit nicht vorwerfen. Sie ist nötig, Herr Pochnicht, weil die SPD in vielen Punkten eben nicht das gemacht hat, wovon sie immer redet. Auch wenn wir auf Demonstrationen sind, reden Sie davon, wie toll alles mit der SPD werde, aber bei der Umsetzung hängen Sie noch weit hinterher.