"Die Elbvertiefung muss kommen. Es ist traurig, wie wenig Energie der bisherige Senat in dieses Projekt investiert hat."
Es ging weiter. Nach der Regierungsübernahme wurden die Versprechungen immer konkreter. Im Oktober 2011 sagte er, dass es demnächst eine Entscheidung aus Brüssel geben werde. Spätestens Anfang 2012 könne mit den Baggerarbeiten begonnen werden.
"Wir sind weiter als wir je waren. Sobald der endgültige Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Kiel vorliegt, kann losgebaut werden."
"Wir haben dabei eine ganze Reihe von Umweltrisiken sehr wohl berücksichtigt und viele Maßnahmen vorgesehen. Deshalb sind wir auch optimistisch, dass wir vor dem Bundesverwaltungsgericht am Ende gemeinsam Erfolg haben werden."
"Und jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht gesagt: 'Wir sind stark genug, in der Hauptsache zu entscheiden. Und wir machen es auch einigermaßen zügig.' – so mein Eindruck. Ich bin nicht sehr besorgt, was diese derzeit noch offene Frage betrifft."
Solche Zitate und viele Formulierungen wie "es ist alles mit großem Engagement getan worden" ziehen sich durch all die Jahre. Wirtschaftssenator Horch sagte zum Prozessauftakt am 15. Juli noch:
Ich frage mich angesichts des Applauses, ob die SPD-Fraktion diese Entscheidung überhaupt mitbekommen hat.
Mitnichten ist so entschieden worden, das Gericht hat anders entschieden. Die Elbvertiefung liegt auf Eis, und jetzt tun der Bürgermeister und die SPD so, als wären sie Opfer höherer Mächte.
Wer die Erklärung des Gerichts liest – so viel Zeit sollten Sie sich nehmen –, findet dort die Antwort. Der Beschluss kritisiert ausdrücklich, dass die im Oktober 2013 und während der mündlichen Verhandlungen im Juli dieses Jahres noch nachgebesserten Vorlagen nicht tragfähig sind. Nach Auffassung des Gerichts hätten die angewandten Kriterien für die Bewertung der unterstellten Verschlechterung des Gewässerzustands im Ergänzungsbeschluss definiert und ihr fachlich untersetzter Sinngehalt nachvollziehbar dargelegt werden
(Dr. Andreas Dressel SPD: Die Bundesminis- ter haben wieder Mist gebaut! – Juliane Timmermann SPD: Das war Deutsch!)
Die Planungsbehörden haben Beurteilungskriterien angewendet, die weder fachlich begründet noch sinnvoll waren. Das ist ein nicht wegzudiskutierender Mangel Ihrer Planung, Herr Bürgermeister.
Die hochmütige Kritik von Olaf Scholz gegenüber den Vorgängersenaten und die vollmundigen Ankündigungen zum schnellen Start der Elbvertiefung entbehren jeder Grundlage und wenden sich nun gegen den Bürgermeister selbst. Das kann er heute auch nicht heilen, wenn er nach vier Jahren Gunnar Uldall, Ole von Beust und anderen nachträglich ein Lob ausspricht. Wenn Sie vier Jahre lang gesagt haben, der Vorgängersenat hätte an dieser Stelle versagt, dann war das heute an Erkenntnis zu wenig, Herr Bürgermeister.
Abgesehen davon, dass Sie das Ihrer Fraktion vielleicht noch einmal aufschreiben sollten, damit das auch dort ankommt und sie nicht immer an den falschen Stellen klatschen.
(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Wolfgang Rose SPD: Nun mal nicht so arro- gant! – Juliane Timmermann SPD: Gut, dass wir Sie haben, Herr Wersich!)
Meine Damen und Herren! Diese fortgesetzten Ankündigungen des Senats haben nicht nur wirtschaftlichen Schaden verursacht, sondern sie haben auch die Glaubwürdigkeit dieses Senats und der Stadt Hamburg in der ganzen Welt beschädigt,
und Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind das höchste Gut des hanseatischen Kaufmanns. Herr Scholz, Sie sind heute die Antwort schuldig geblieben, wie Sie dieses Vertrauen in Ihre Person, aber auch in das Handeln unserer Stadt wieder herstellen wollen. Unser Hafen ist das Herz der Hamburger Wirtschaft. Der Hafen hat Hamburg zum Tor zur Welt gemacht. Dieses Tor dürfen wir uns von niemandem zuschlagen lassen, nicht von Umweltverbänden, aber auch nicht von einer phantasielosen SPD, die nicht weiß, wie sie den Hafen weiterentwickeln soll.
Es geht um nichts weniger als um die Frage, ob Hamburg ein Welthafen bleibt oder ob wir in die Regionalliga absteigen.
Die Elbvertiefung ist notwendig, sie muss kommen, aber ich warne auch vor dem Irrtum zu glauben, damit sei dann alles getan. Das ist nicht so. Wir müssen auf vielen Ebenen handeln, um die Attraktivität und wirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens zu sichern. Deutschland ist als Exportnation darauf angewiesen, dass wir ein hochleistungsfähiges System von See- und Binnenhäfen in Verbindung mit einer guten wasser- und landseitigen Anbindung haben. Der Hamburger Hafen als größter deutscher Seehafen hat dabei eine Schlüsselrolle für die gesamte Volkswirtschaft der Bundesrepublik. Deshalb sehe ich in zehn Punkten dringenden Handlungsbedarf. Das sind die Forderungen der CDU, was Hamburg jetzt braucht.
Lieber Herr Dressel, auch das gehört zur demokratischen Kultur, dass eine mit absoluter Mehrheit regierende Fraktion ertragen kann, dass andere Fraktionen ihre Meinung vortragen.
Erstens: Die vom Gericht angemahnten Mängel im Planverfahren müssen beseitigt werden, und es müssen alle Vorbereitungen inklusive der Sicherstellung der Finanzierung getroffen werden, sodass, wenn hoffentlich das Gerichtsverfahren positiv ausgeht, sofort mit den Arbeiten begonnen werden kann.
Zweitens: Wir brauchen darüber hinaus jetzt eine schonungslose Analyse der Kapazitäten und der Engpässe im Hamburger Hafen, denn es ist nicht nur die Elbvertiefung, sondern – wir haben es erlebt – es gibt viele andere Engpässe in der seeund landseitigen Anbindung. Es nützt nichts, wenn wir an der Kaikante 20 Millionen Container umschlagen können, die aber weder in den Hafen hinein- noch hinauskommen können. Diese aktualisierte Analyse muss Grundlage für ein Prioritätenkonzept für den Hamburger Hafen werden.