Protocol of the Session on November 6, 2014

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(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Balcke von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Olaf Ohlsen, das war natürlich ein Aufschlag.

(Finn-Ole Ritter FDP: Große Spur hinterlas- sen!)

Jetzt haben Sie mich erwischt. Ich habe mich natürlich intensiv mit Ihrem Konzept auseinandergesetzt, kann aber nach Rekapitulation Ihrer Rede nur sagen: Im Grunde genommen könnten Sie auch bei uns sitzen.

(Beifall bei der SPD)

Das wäre genauso passend, allerdings nur deswegen, weil Sie sich grundsätzlich zu hafenpolitischen Allgemeinthemen ausgelassen haben. Unsere gegenseitige Sympathie ist kein Geheimnis. Wir sind sehr oft auch politisch auf einer Wellenlänge, allerdings hat das, was Sie uns hier mitgegeben haben, nur sehr wenig mit dem zu tun, was Sie – ich nehme einmal an, sehr intensiv – in den vergangenen Wochen und Monaten, so hoffe ich zumindest, erarbeitet haben. Es war nach meiner Wahrnehmung eine sehr defensive Retrospektive. Wir wollen das für die SPD etwas offensiver machen. Wenn wir uns mit der Hafeninfrastruktur auseinandersetzen, dann müssen wir zunächst einmal feststellen, dass in Ihrer Regierungszeit – und es gibt nicht viele, die hier widersprechen – viele wichtige Entscheidungen verpasst worden sind. Sie haben die Infrastruktur Hamburgs und des Hamburger Hafens in Ihrer Zeit vernachlässigt.

(Beifall bei der SPD)

In Ihrem Konzept, Herr Ohlsen – ich weiß nicht, wer alles daran beteiligt war – fällt beim Lesen all Ihrer Punkte eines auf: Es ist in Summe nichts Neues. Es ist der Hafenentwicklungsplan in fast jedem Punkt.

(Olaf Ohlsen CDU: Der ist Makulatur!)

Dann haben Sie einen Tunnel erwähnt, und dann ist vor allen Dingen ein sehr großes Paket dort zu finden, das Sie richtigerweise erwähnt haben, das als Adressat den Bundesverkehrsminister hat, der, zugegeben, nicht aus Ihrer Partei, aber zumindest Ihrer Schwesterpartei kommt. So hoffe ich, dass Sie die Punkte, die den Bund betreffen – das haben Sie auch zugesagt – in nächster Zukunft direkt in Berlin adressieren. Sie haben uns an Ihrer Seite, das sage ich ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Jene Punkte, die Sie angeführt haben, sowie die Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan sind in der Ahrensburger Liste schon heute enthalten. Das ist alles nichts Neues. Die Infrastrukturmittel, die wir aufwenden, wurden in Ihrer Zeit nicht aufgewendet, und wir wollen schon darauf hinweisen, dass die Idiotie "Hafen finanziert Hafen" – man kann es nicht oft genug sagen, nicht nur in diesem

(Olaf Ohlsen)

Hause, wo das mittlerweile auch selbstkritisch nicht mehr als das Nonplusultra angesehen wird – der grundsätzlich falsche Weg war, weil Sie es in Ihren zehn Jahren Regierungsverantwortung versäumt haben, die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen im Hafen vorzunehmen. Diese Versäumnisse, meine Damen und Herren, holen uns heute ein; wir holen nach.

(Beifall bei der SPD)

Einige Punkte will ich schon noch erwähnen. Die CDU behauptet hinter einigen Spiegelstrichen, dass die Hinterlandstrukturen im Hafenentwicklungsplan ausgelassen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade aufgrund des Dialogs mit der Hafenwirtschaft hat diese wichtige Komponente direkten Einfluss in den Hafenentwicklungsplan gefunden. Das setzt übrigens voraus, dass wir uns in sehr enger Kooperation sowohl mit der Hafenwirtschaft als auch mit den beteiligten Bundesländern ausgetauscht haben, um – Sie haben es erwähnt – den Weg soweit für die Fahrrinnenanpassung frei zu machen, wie er es heute ist. Ich darf aber, weil Sie es erwähnt haben, Herr Ohlsen, an etwas erinnern, was natürlich zur Wahrheit dazugehört. Wenn wir über Hafenkooperation sprechen, dann möchte ich daran erinnern, dass der damalige Bürgermeister Ole von Beust die Kooperation zwischen Hamburg und dem JadeWeserPort seinerzeit nicht nur verhindert, sondern geradezu ausgeschlagen hat. Das müssen wir an dieser Stelle erwähnen, weil auf der anderen Seite vollmundig gefordert wird, wir müssten mehr kooperieren. Kooperation ist wichtig, und das tun wir auch. Ich darf nur an die Hafenkooperation Deutsche Bucht, die Hafenkooperation Norddeutschland erinnern; die Dachmarke German Ports wird gerade initiiert, der German Port Guide wird neu aufgelegt, und jene Punkte sind dort auch aufgeführt. Wir dürfen allerdings nicht vergessen – und diese Überzeugung von uns möchte ich schon noch einmal deutlich machen –, dass natürlich die Häfen im Wettbewerb zueinander stehen, und das wollen wir ausdrücklich aufrechterhalten, denn nur eine Wettbewerbssituation ist letztendlich Treiber für Innovation und Wachstum.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben sich kurz zur Finanzierung geäußert. Ihre Vorstellungen sind nicht besonders konkret. Wir haben uns gefragt, warum denn in dem Text die von Ihnen auch genannten 50 Millionen Euro erwähnt sind, allerdings im Petitum gar nicht mehr auftauchen. Dann stellt man sich die Frage, woran das liegt. Haben Sie das vergessen? Ist das bewusst ausgelassen worden? Wenn Sie 50 Millionen Euro ungedeckt fordern, und das tun Sie doch, dann ist es in höchstem Maße unsolide, wenn Sie nicht gleichzeitig sagen, auf was Sie im Gegenzug verzichten wollen. Das haben Sie unterlassen.

Kostenlose Kitas, weniger Lehrer, weniger Polizisten, keine Ausbildungsoffensive bei der Feuerwehr, Flüchtlinge in Zelten unterbringen – was sind denn Ihre alternativen Finanzierungsvorschläge? Als einfache Zahl, die wir zur Kenntnis zu nehmen haben, ist das zu wenig. Das ist kein Finanzierungskonzept.

Am Ende bleibt festzustellen: Wir haben einen Hafenentwicklungsplan plus Tunnelvorschlag und 50 Millionen an ungedeckten Schecks. Das ist zu wenig. Deswegen ist die Hafenpolitik bei der SPD in der richtigen Hand, damit Hamburg weiter vorne bleibt. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ohlsen, Sie werden mir irgendwie auch fehlen. Ich möchte die Liebesbekundungen der SPD an dieser Stelle nicht wiederholen.

(Dietrich Wersich CDU: Wo wird er dir denn fehlen? Kommst du nicht wieder ins Parla- ment?)

Sie haben in Ihrer ersten Runde einen Rundumschlag in Sachen Hafenpolitik gemacht. In gewisser Weise sind wir uns in der Analyse einig, dass es so nicht eintreten wird, dass 25 Millionen Container kommen werden und dass alle Infrastrukturprojekte auch kommen werden – die werden übrigens auch alle bezahlt. Sie haben das Hauptproblem benannt, aus unserer Sicht durchaus nicht unzutreffend. Es gibt ein zu großes Projektvolumen und eine zu geringe Finanzierung dafür. Sie fordern 150 Millionen Euro. Die Frage ist, was die Bezugsgröße ist, ob das die 124 Millionen Euro sind oder plus Betriebskostenzuschuss. Wenn Sie 25 Millionen oder auch 50 Millionen Euro mehr per annum für den Hamburger Hafen aus dem Haushalt fordern, dann ist natürlich das Problem, dass Sie mit keiner Silbe sagen, wo das Geld eigentlich herkommen soll.

(Dietrich Wersich CDU: Das gehört in die Haushaltsberatungen und nicht hierher!)

Das ist an dieser Stelle eine entscheidende Frage. Das ist eine Frage, die durchaus auch an die SPD geht, die hier erst einmal kühn behauptet hat, sie werde in Zukunft mehr für den Hamburger Hafen ausgeben. In Ihrer Finanzplanung stehen 100 Millionen Euro von der Stadt, 24 Millionen Euro vom Bund und ungefähr 41 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss für das Jahr 2015. Das macht 165 Millionen Euro. Dieser Betrag wird bis 2018 auf 124 Millionen Euro sinken und das bei gleichzeitiger Durchführung erheblicher Projekte. Wenn Sie sagen, das sei eine zukunftsfähige Hafenfinan

(Jan Balcke)

zierung, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie sich in die Tasche lügen. Sie haben dann eine Situation, in der Sie genau das machen werden, was der Finanzsenator gerade nicht machen wollte – dafür ist er angetreten. Sie werden dann Schattenhaushalte für große Projekte wie beispielsweise die Elbvertiefung schaffen, und das sind richtig fette Schattenhaushalte. Das hat mit Haushaltsklarheit und -wahrheit rein gar nichts zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man kann Schattenhaushalte machen, aber man wird das nicht für jedes Projekt machen können. Das bedeutet, dass man sich automatisch der Frage stellen muss, die Sie, Herr Balcke, eben wie Teufelszeug behandelt haben, nämlich wie es sich mit einer verstärkten Nutzerfinanzierung des Hafens verhält. Wenn man Ihre Finanzplanung anschaut, dann ist das ganz klar – ich finde die verstärkte Nutzerfinanzierung des Hamburger Hafens auch richtig –, aber Sie sind zu feige, das auch einmal zu sagen.

(Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Herr Ohlsen, ich finde es gut, zu welchem Ergebnis Sie beispielsweise beim Projekt Westerweiterung kommen, dass Sie sagen, die Fläche wird momentan nicht gebraucht, aber der Drehkreis wird auf jeden Fall gebraucht, also bauen wir doch erst einmal den Drehkreis. Allerdings ist Ihre Begründung ein bisschen schwierig, weil Sie die umweltrechtlichen Auflagen zugrunde legen. Das ist aus meiner Sicht nicht richtig. Die Bedarfsbegründung für die Fläche entsteht nur durch den Drehkreis. Deswegen möchte das Unternehmen EUROGATE, dass diese Planfeststellungsverfahren zusammen behandelt werden, weil sie sonst gar keine Chance auf einen Planfeststellungsbeschluss haben. Das hat nichts damit zu tun, dass umweltrechtliche Auflagen im Weg stehen, sondern es hat damit zu tun, dass sich deswegen das Unternehmen EUROGATE dagegen sträubt, einen sinnvollen Drehkreis für die HHLA zu bauen. Den könnte man bauen, wie der Drehkreis im Vorhafen gezeigt hat. Wenn man das will, dann kann man das machen. Aber dafür müsste man im Hamburger Hafen auch einmal Politik machen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Arno Münster SPD)

Wollen Sie eine Frage stellen? Dann melden Sie sich bitte.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Dr. Tjarks, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Münster zu?

Bitte schön.

Herr Dr. Tjarks, die EUROGATE-Schiffe werden auch in dem Drehkreis gewendet, darüber sind wir uns doch einig, oder? Nicht nur HHLA-Schiffe.

Darüber sind wir uns einig.

(Arno Münster SPD: Gut!)

Aber ich darf vielleicht ergänzend hinzufügen, dass EUROGATE auch Containerterminals in Bremerhaven und Wilhelmshaven betreibt, wo man ein bisschen größere Schiffe abfertigen kann, zumindest in Wilhelmshaven.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Wie kommen die Container dann nach Hamburg? Mit dem Auto?)

Wollen Sie sich auch melden? Dann tun Sie es einfach.

Herr Petersen, zu Herrn Drieschner, auf den Sie anspielen, habe ich mich das letzte Mal schon ausführlich geäußert. Es gibt ein Gutachten der Bundesregierung, das genau diese Richtung in Zweifel zieht, und zwar mehr als in Zweifel. Es ist die Bundesregierung, die das sagt, nicht die GRÜNEN. Das sollten Sie vielleicht einfach einmal nachlesen, bevor Sie solche Äußerungen tun – Prognos AG, Seite 131 folgende.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Mathias Pe- tersen SPD: Das habe ich getan!)

Die zweite Frage ist die der Köhlbrandbrücke. Da kommen Sie jetzt um die Ecke und sagen: Bauen Sie doch einen Tunnel. Ich finde die Idee prinzipiell nicht uncharmant, aber wir haben eine erste Entwurfsstudie für die Köhlbrandbrücke, die auch die Tunnellösung untersucht hat, und die besagt, dass der Tunnel etwas teurer sei, vor allem teurer im Betrieb. Wenn man so eine Lösung vorschlägt, dann muss man auch andere Erkenntnisse präsentieren, denn sonst ist es schwierig, sich dieser Lösung anzuschließen. Wir bleiben deswegen erst einmal dabei, dass die Köhlbrandquerung als Brücke gebaut werden sollte. Ansonsten müssten Sie schon andere Lösungen und andere Untersuchungen präsentieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus sprechen Sie – aus meiner Sicht richtigerweise – ein wichtiges Problem an, nämlich die Frage der Kapazitätsengpässe in den Hinterlandverkehren. Sie sagen zu Recht, dass Sie eine Prioritätensetzung machen wollen. Das ist aus meiner Sicht eine der sehr wichtigen Forderungen für die zukünftige Legislaturperiode. Allerdings kann ich die Prioritätensetzung in Ihrem eigenen Antrag nicht erkennen, denn letztlich fordern Sie auch wieder nur, alle Infrastrukturprojekte auf einmal zu verwirklichen. Das ist keine Prioritätenset