Protocol of the Session on September 11, 2019

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(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Aber ein Punkt in Ihrer Rede erschien mir doch sehr wichtig, weil das, glaube ich, im Moment der entscheidende Punkt ist, warum die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland so stocken. Sie sagten, der Deckel für den Windkraftausbau ist notwendig. Solange die Leitungen im Süden nicht fertig sind, sei es doch völlig unsinnig, die Windenergie weiter auszubauen. Das ist der zentrale Irrtum der Bundesregierung.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist der Irrtum, wenn man denkt, Energiewende ist nur die Stromwende. 20 Prozent unseres CO2Ausstoßes sind Strom, 40 Prozent des CO2-Ausstoßes hier in Hamburg beträgt allein die Wärmeversorgung von Gebäuden. Hamburg ist ein großer Industriestandort, Hamburg hat 2 Millionen weniger Einwohner als Berlin, hat aber den gleichen Stromverbrauch. Warum? Weil wir hier stromintensive In

(Stephan Gamm)

dustrien haben. Wer für die Elektromobilität im Verkehr ist: Wenn wir weg von Benzin und Diesel kommen wollen, brauchen wir mehr Strom. Darum brauchen wir nicht weniger Windenergie oder sollten sie einfrieren, sondern müssen sie ausbauen und in anderen Sektoren erneuerbar produzierte Energie einsetzen. Wenn wir das nicht tun, dann werden wir die CO2-Ziele nicht erreichen, dann dürfen wir jetzt den Ausbau der Windenergie nicht stoppen, sondern wir müssen ihn beschleunigen. Wir brauchen auch nicht nur die 65 Prozent erneuerbarer Energien im Strombereich aus dem Koalitionsvertrag der GroKo, sondern wir brauchen die dreifache Menge an erneuerbarem Strom auch hier im Norden, wenn wir ernsthaft Industrie, Verkehr und Wärmebedarf unserer Gebäude dekarbonisieren wollen.

Und dass jemand, der Mitglied einer Partei ist, die die Bundesregierung stellt, die den Ausbau der Windenergie im Moment bremst – dazu muss man wirklich sagen, das ist einer der Gründe, warum in Deutschland die Energiewende zu scheitern droht, und das ist ein deutsches Phänomen. In Holland, in England, in Spanien, überall läuft die Energiewende, bloß durch diesen Irrtum bei uns wird sie ausgebremst.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und darum bin ich meinem Kollegen Michael Westhagemann auch dankbar, dass er mit dem Projekt eines Elektrolyseurs für Wasserstoff kommt, denn das ist doch der notwendige Schritt, den wir jetzt gehen müssen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Wir bauen Windkraftanlagen und vor Ort produzieren wir grünen Wasserstoff. Den kann man im Verkehr, in der Industrie und anderswo nutzen. Dafür brauchen wir keine einzige Leitung in den Süden, Herr Gamm. Und darum hören Sie endlich auf damit, dass man jetzt den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Windenergie bremsen muss, sondern tun Sie endlich einmal Ihren Job in der Bundesregierung und treiben das voran, denn sonst wären alle Anstrengungen, die Hamburg hier unternimmt, umsonst, und unsere Anstrengungen sind wirklich enorm. Wer sich Wärmewende in Deutschland anschauen will, der guckt nach Hamburg.

(André Trepoll CDU: Und dann wieder weg und dann nach Wedel!)

Aber wenn wir jetzt nicht endlich einmal ein bisschen Rückenwind aus Berlin bekommen, Herr Gamm, dann wird das alles schwieriger werden. Und insofern lassen Sie uns gemeinsam an Projekten arbeiten, und dieses Hin- und Hergehacke, das hilft, glaube ich, nicht weiter, aber am Ausbau der Windkraftenergie führt kein Weg vorbei. Sonst

passiert bei der Windenergie genau das Gleiche wie bei der Solarenergie,

(Zuruf von der CDU)

dass wir eine neue Industrie entwickeln und in dem Moment, in dem es eine weltweit eingesetzte Industrie wird und Arbeitsplätze entstehen, sorgt die Bundesregierung dafür, dass die in Deutschland abgewickelt wird. Wir haben in Deutschland die Solarenergie weltmarktfähig gemacht.

(Zuruf von der CDU)

Als hier die Arbeitsplätze hätten entstehen können, hat die Bundesregierung den Ausbau gestoppt. Jetzt entstehen 1 Million Arbeitsplätze in China. Und genau das Gleiche passiert gerade bei der Windkraftanlage. Sehen Sie doch einfach nur einmal die Hamburger Betriebe an, so weit sollte Ihr Horizont doch reichen.

(Zurufe von der CDU)

Ja, das würde ich mir einmal wünschen, dass Sie zu Senvion, Nordex oder zu Siemens gehen. Dann würden Sie nicht solche einfachen Reden halten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Als Nächster bekommt das Wort Herr Gamm von der CDU-Fraktion.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt entschuldigt er sich wenigstens!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Eines muss ich doch klarstellen: Ich habe mich natürlich mit Nordex getroffen vor gar nicht einmal allzu langer Zeit.

(Dr. Monika Schaal SPD: Und die waren froh, als Sie wieder draußen waren!)

Und das Missverständnis, das, was Sie, glaube ich, nicht verstanden haben, ist, dass doch der Ausbau der Erneuerbaren, insbesondere der Windkraftanlagen, synchronisiert werden muss mit den Verbrauchern. Solange wir das nicht geschafft haben, ist dieses Vorhaben, das Sie hier proklamieren, schlicht und ergreifend sinnlos.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben 2017 für schleswig-holsteinischen Strom, der nicht genutzt werden konnte, über eine halbe Milliarde Euro gezahlt. Das ist absolut sinnloses Kapital. Und solange wir immer noch in dieser Situation sind, dass wir in bestimmten Phasen ein extremes Überangebot an Strom aus erneuerbaren Quellen haben und in anderen Phasen Situationen, wo wir wenig verbrauchen können, dann ist der Ruf nach immer stärkeren Ausbauquoten schlicht und ergreifend volkswirtschaftlicher Unsinn. Dann haben wir mitunter die Situation, dass

(Senator Jens Kerstan)

ganz Hamburg zu 96 Prozent einen ganzen Monat lang mit Strom aus dem Kohlekraftwerk Moorburg versorgt wird, weil wir eben das Problem der regelbaren und nicht regelbaren Energieerzeugung noch nicht in den Griff bekommen haben. Deshalb, glaube ich, ist Ihre Argumentation auch nicht stichhaltig, und es geht um die Synchronisierung. Und natürlich dient das Projekt NEW 4.0 dazu,

(Dirk Kienscherf SPD: Aha!)

aber das bringt eben noch nicht in den nächsten zwei oder drei Jahren die Lösung für dieses wirklich große Problem. Das muss man wirklich stärker in den Fokus nehmen. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Frau Dr. Schaal von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da kommen wir uns vielleicht endlich näher, Herr Gamm. Natürlich ist es ein Problem.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Natürlich ist es ein Problem, dass wir einen Ausgleich hier schaffen müssen zwischen der Produktion von Strom und dem Verbrauch. Und Sie können mir doch nicht erzählen, dass Sie nicht wissen, wie man das macht.

(Beifall bei Anna Gallina GRÜNE)

Es kommt darauf an, Lösungen zu finden, die eben den Verbrauch und die Nachfrage und die Produktion aufeinander abstimmen. Das Zauberwort heißt Flexibilisierung. Und konkret und klein kann man damit anfangen mit Speichertechnologie. Die Speichertechnologie ist anwendbar, sie ist da. Wir haben in Bergedorf einen riesengroßen Speicher, eine Möglichkeit von Speicher. Wir können mit Wasserstoff arbeiten. Es ist nicht wirtschaftlich, weil das Regelwerk es nicht zulässt, diese Technologien wirtschaftlich einzusetzen. Und wenn Sie nicht dafür sorgen, dass es ein vernünftiges Regelwerk wird, bremsen Sie die Wirtschaft aus, bremsen nicht nur die Windenergie aus, die Fotovoltaikenergie aus, sondern Sie bremsen langfristig auch die deutsche Industrie aus. In Hamburg spüren wir das doch schon. Da stellen sie ein Stahlwerk hin und bauen eine Windmühle. Ja, warum denn? Weil sie nicht mehr die Belastungen aus dem Emissionshandel zahlen wollen. Das kommt auch auf uns zu. Um das zu vermeiden, müssen die Industrien sich auf erneuerbare und CO2-freie Energien umstellen.

Wenn Sie den Weg dahin verbauen, Herr Gamm, dann schaffen Sie eine Situation, in der Arbeitsplätze verloren gehen, Beschäftigung verloren geht, Wachstum verloren geht und die Wirtschaft den Bach runtergeht. Das ist langsam kein Blümchenthema mehr, die Energiewende. Es geht hier

wirklich um den Wohlstand in dieser Stadt und in diesem Land, und da können Sie sich nicht querstellen. Sie müssen Ihrem Wirtschaftsminister die Zusammenhänge einmal klarmachen, wenn er nicht in seinem eigenen Haus die Leute hat, die ihm das erklären. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich ist es so, dass wir bei der erneuerbaren Energie und bei der Windkraft vorankommen – oder vorankommen müssen –, und der Umweltsenator hat es doch deutlich gemacht. Natürlich haben Sie, Herr Gamm, einen Punkt mit der Frage der Synchronisation. Nur die Frage ist doch: Wer ist denn dafür verantwortlich, dass die Leitungen in den Süden nicht gebaut werden und nicht stattfinden? Das ist doch genau das Problem. Wer ist denn dafür verantwortlich, dass wir keine Regulatorik haben, damit Wasserstoff in Deutschland marktfähig wird? Das ist doch genau das Problem, dass Sie im Bund da ansetzen müssen, und wir appellieren daran, dass das endlich passiert, denn wir brauchen den Ausbau, wir brauchen die Regulatorik und wir brauchen die Leitungen, und das ist doch genau das Problem. Genau deswegen ist das, was Herr Kerstan erzählt hat, richtig, Sie haben einen Punkt, aber Sie können ihn selbst lösen. Sie liegen da am Hebel als CDU, der Wirtschaftsminister ist dafür maßgeblich verantwortlich. Deswegen sprechen Sie mit ihm, damit wir das am Ende hinbekommen, denn das ist das, was wir brauchen, dass die Bundesrepublik endlich einmal

(Michael Kruse FDP: Aber nicht für eure Kla- gen gegen den Trassenausbau ist der Wirt- schaftsminister zuständig!)

auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen in die richtige Richtung marschiert, und dazu gehört auch Herr Altmaier, der sich dagegen als fast Einziger mittlerweile noch sperrt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt zweimal gehört von Vertretern der GRÜNEN Fraktion und der grünen Senatsbeteiligung, Herr Tjarks, Herr Kerstan, es gebe einen Kohleausstieg bis 2030 in Hamburg.

Ich möchte dazu gern einmal etwas erklären. Was es gab, war eine Bürgerinitiative, die gern wollte,