Protocol of the Session on October 23, 2019

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Sie wissen zudem auch ganz genau, wie die Deutsche Bahn in den letzten Jahren gefahren wurde, nämlich auf Verschleiß, weil die Bundesregierung in Berlin die Deutsche Bahn an die Börse bringen wollte und die Kosten dramatisch gesenkt hat. Die Auswirkungen spüren wir jetzt in Hamburg. Wir versuchen mit aller Macht, die Bahn dazu zu bewegen, die Instandsetzung insbesondere der Anlagen so zu verstärken, dass die Zuverlässigkeit endlich so garantiert werden kann, wie sie von uns allen zu Recht erwartet wird. Und ich hoffe, dass Sie in Berlin auch alles dafür tun,

(Dennis Thering CDU: Ach, jetzt ist wieder Berlin schuld!)

dass Sie das im Bundestag unterstützen, denn es wäre dringend notwendig, dass die Deutsche Bahn hier eine andere Politik fährt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Damit uns am Ende nicht das passiert, was heute passiert, dass wir nämlich sagen, wir würden gern mehr, können es aber aufgrund technischer Voraussetzungen nicht, müssen wir heute schon die Voraussetzungen schaffen, dass wir in Zukunft mit neuen Wagen fahren können. Deswegen muss die Bahn heute schon dafür sorgen, dass die Stromversorgung auf Langzüge angepasst wird. Das ist

der Kern des Antrags und dafür bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Herr Jersch bekommt das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um es einmal vorwegzunehmen: Grundsätzlich werden wir den Maßnahmen hier zustimmen, denn, da möchte ich mich dem Kollegen Gladiator anschließen, das macht nichts kaputt. Es ist einer der Bausteine. Aber nichtsdestotrotz höre ich irritiert, dass der Kollege Bill das Wort "schon" ständig in Mund führt.

(Beifall bei der LINKEN und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Ironie, nichts anderes. Man ist da in Bergedorf wirklich – und ich nutze die Linien ja nun zweimal täglich – richtig geplagt.

Irritierend fanden wir auch die Information, dass die Stromversorgung für die Langzüge nicht ausreiche. Wir finden im Internet durchaus Bilder von Langzügen auf dieser Strecke; angeblich ist dort in den 1970er Jahren während der Heimspiele des HSV regelmäßig Langzugbetrieb gewesen.

(Dirk Kienscherf SPD: Die brauchen heute mehr Energie!)

Da ist anscheinend die Infrastruktur nicht so ganz gepflegt worden in den letzten Jahren.

Ich will einmal auf Twitter gucken, fast täglich kommen dort Meldungen zum Zustand. Da haben wir allein für gestern: Schadhafter Zug sowie Türstörung mit Verspätungen durch Ein- und Ausstieg. Wir haben bis zu zwölf Minuten Verspätung wegen eines schadhaften Zuges. Wir haben eine Signalstörung und Personalmangel, und wir haben Ausfälle durch mangelnde Fahrzeugverfügbarkeit auf dieser Strecke. Gestern, ein einziger Tag in dieser Woche.

Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist doch die zentrale Frage: Woher sollen denn die Züge für Ihr Maßnahmenpaket kommen? Von der Optionsverlängerung auf 64 weitere S-Bahnen der Baureihe 490 brauchen Sie allein 19 für die S21 nach Kaltenkirchen, Sie brauchen 35 für die S4 nach Bad Oldesloe. Von den verbleibenden zehn werden Sie acht für die S2-Verlängerung gebrauchen. Da fehlen die Reserven, und wir reden hier noch nicht einmal über den Ausbau der Harburger Linien oder die von der Bezirksversammlung Nord gewünschte Taktverkürzung zum Flughafen.

(Beifall bei der LINKEN)

Um auf Ihre Systemfehler zurückzukommen und darauf, warum es einfach nicht funktionieren wird: Die Zubringerbusse zum Bahnhof in Bergedorf sind auf die S21 abgestimmt. Wer zum Beispiel aus Curslack oder Neuengamme zum Bahnhof fährt, der trifft genau zeitgleich mit dem Bus ein und kann die Rücklichter der S2 betrachten. Das ist nun auch nicht besonders zielführend.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann scheint sie ja pünktlich zu fahren!)

Und umstellen werden Sie diese Buspläne nicht, solange wir keinen ganztägigen Betrieb der S2 auf dieser Linie haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist alles nicht zu Ende gedacht.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie tatsächlich den Wahnsinn Oberbillwerder realisieren wollen, dann ist das die feste Garantie dafür, dass Sie 20 000 neue begeisterte Autofans in dieser Stadt generieren. Dieser ganze Antrag zeigt eine mangelnde Zukunftsfähigkeit des Senats, er ist ein Stückwerk und er ist mit Sicherheit keine echte Verkehrswende. Er ist eben Chefsache.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dennis Gla- diator CDU)

Deswegen sehen wir den Erfolg dieses Maßnahmepakets mit äußerster Skepsis. Da muss noch viel, viel mehr passieren.

Ich empfehle den Kolleginnen und Kollegen, die nicht Twitter haben: Schauen Sie einfach einmal in diese Nachrichten hinein, das lässt sich auch aus dem Internet aufrufen. Dann bekommen Sie mit, wie viel Dank Sie für den Langmut der Bewohnerinnen und Bewohner Bergedorfs haben müssen, die bisher noch nicht wirklich auf die Barrikaden gegangen sind. Da haben Sie echten Handlungsbedarf. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dennis Gla- diator und Dennis Thering, beide CDU)

Herr Aukes bekommt das Wort für die FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Die Forderung nach Langzügen nach Bergedorf ist sinnvoll, aber natürlich auch unumstritten. Die SPD will Langzüge für die Strecke nach Bergedorf ermöglichen – ja, wer will das denn nicht?

(Dirk Kienscherf SPD: Dann können Sie ja zustimmen!)

Darauf komme ich gleich; wir werden das tun, Herr Kienscherf.

(Martin Bill)

Die S-Bahn von Bergedorf ist zu Spitzenzeiten bereits jetzt überfüllt und dazu, wie meine Vorredner schon gesagt haben, vollkommen unzuverlässig. Der Masterplan für den künftigen Stadtteil Oberbillwerder oder die Vorstudie zum Verkehr von ARGUS sieht deswegen den Einsatz von Langzügen nach Bergedorf ausdrücklich vor. Dass die Stromversorgung entsprechend angepasst werden muss, ist logisch und muss gemacht werden. Daher stellt sich die Frage: Warum sollen wir hier eigentlich fünf Minuten lang über etwas debattieren, das sowieso Konsens ist?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Dann hören Sie doch auf!)

Eindruck: Die SPD will die Bergedorfer, welche sie durch die Planungen für Oberbillwerder verprellt hat, besänftigen, indem sie Allgemeinplätze als Initiative der Regierungsfraktionen verkauft.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis Gladia- tor und André Trepoll, beide CDU)

Statt Allgemeinplätze zu verkünden, sollten Senat und Regierungsfraktionen Konfliktpunkte in Bezug auf die Verkehrsanbindung des neuen Stadtteils Oberbillwerder angehen. Oberbillwerder ist grundsätzlich ein sinnvolles Stadtentwicklungsprojekt, es gibt jedoch bei der Verkehrsanbindung viele offene Punkte.

Beispiel 1: Was ist mit der S21? Die bereits erwähnte Verkehrsstudie für Oberbillwerder sieht den Einsatz von Langzügen sowohl für die S2 wie auch für die künftige S21 vor. Im Masterplan Oberbillwerder des Senats tauchen Langzüge für die S21 überhaupt nicht auf, vermutlich weil das im weiteren Streckenverlauf der künftigen S21 ab Hauptbahnhof derzeit überhaupt gar nicht möglich ist. Hier muss endlich eine Klärung her.

Beispiel 2: Die unklare Straßenverkehrsanbindung. Oberbillwerder wird trotz S-Bahn-Anbindung und trotz eines autoarmen Verkehrskonzepts innerhalb des Stadtteils ein Stadtteil mit vielen PKW-Pendlern werden, da hat der Kollege Jersch vollkommen recht. Auch ist es weiter unklar, ob schon beim Bau des Stadtteils ausreichende Zuwegungen für den massiven Baustellenverkehr vorhanden sein werden. Gerade das fordern die Bergedorfer aber ein.

Die S-Bahn in Hamburg muss attraktiver werden – durch mehr Pünktlichkeit, mehr Zuverlässigkeit und vor allen Dingen durch ausreichende Kapazitäten. Fahren Sie einmal mit der S1 oder mit der S2

(Farid Müller GRÜNE: Da sind wir doch nicht streitig!)

vom Hauptbahnhof über die Station Sternschanze, dann sehen Sie es. Bergedorf darf nicht weiter vom Hamburger Senat abgehängt werden. Es muss besser angebunden werden.

Fazit: Der Ausbau der Strecke nach Bergedorf und die Digitalisierung der Stellwerktechnik sind überfällig und sinnvoll. Deswegen stimmen wir Ihrem Antrag zu. Schön wäre aber, wenn sich die SPD im Vorwahlkampf nicht für Allgemeinplätze abfeiert, sondern Antworten auf die hier nur ganz kurz angesprochenen Probleme liefert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt für die AfD-Fraktion Herr Ehlebracht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag dient dazu, die Infrastruktur der Strecke S1/ S21 auf Vordermann zu bringen, sodass bis Bergedorf künftig durchgehend Langzüge eingesetzt werden können. Sie wollen dort also die Kapazität erweitern und wir haben gehört, das ist dringend notwendig. Und wieder sind wir in der Situation, wie vorhin in der zweiten Debatte: Was soll man denn jetzt dazu sagen? O mein Gott, bitte tun Sie das nicht, die Leute stehen gern wie die Ölsardinen in einem Zug, lassen Sie es bitte so? Oder: Möchten Sie tatsächlich, dass die Leute mehr Sitzplätze zur Verfügung haben, und dadurch den Fahrkomfort erhöhen? Das ist wieder so eine Situation, in der man sich fragt: Warum melden Sie das an?

Auf der öffentlichen Anhörung zum Thema Oberbillwerder am 10. September haben die Anwohner berichtet, dass sie zunächst erst einmal entgegengesetzt ihrer Zielrichtung nach Bergedorf fahren statt zur nächstgelegenen S-Bahn-Station, um dort einsteigen zu können, um überhaupt einen Platz im Zug zu bekommen. Also: Ja, natürlich, bauen Sie die Strecke aus. Erhöhen Sie die Kapazität. Alles andere wäre wirklich unvernünftig. Aber hören Sie auf, Debatten aufzurufen, einzig und allein um Lobhudelei zu betreiben. Sie sinnentleeren diese Sitzung dadurch nur noch mehr, als Sie es ohnehin schon tun.

Es hat keiner etwas dagegen, wenn Sie sich in Ihren Beiträgen auch einmal loben. Herr Bill, nehmen wir doch einmal die Angebotsoffensiven. Es ist eine echt gute Sache, die Sie da gemacht haben: das Mobilitätsverhalten dadurch zu ändern, dass man attraktive Angebote macht, statt immer nur auf Engpässe zu reagieren. Und wenn Sie das dann erwähnen, steht dem überhaupt nichts im Wege. Das ist übrigens das, was die AfD schon seit Anbeginn predigt: Angebote machen statt Gängelung oder Gesetze erlassen. So ist der Eilbus von Bergedorf nach Harburg eine echte Erfolgsgeschichte, um nur einmal eine konkrete Sache zu erwähnen. Aber darüber sollten hier keine Debatten gehalten werden, sondern hier an dieser Stelle sollten wir über Probleme, über strittige

(Ewald Aukes)

Punkte oder über klärungsbedürftige Sachverhalte sprechen.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir hätten sie ja ge- strichen! Sie wollten sie ja nicht streichen!)