Sie haben eben gesagt, alle. Sie haben dargestellt, dass alle Umsatzeinbußen haben. Ich frage mich, woher Sie das wissen wollen. Die Umfragen, die in der Altstadt bei allen gemacht wurden, ergeben ein ganz anderes Bild, und wenn Sie sich das angucken, ist auch das sehr differenziert, weil wir nämlich nicht sagen, dass alle Händlerinnen und Händler dort Umsatzeinbußen hatten. Es gab auch einige, die gesagt haben, sie hätten dann ein schlechtes Jahr gehabt. Es gibt aber ein sehr differenziertes Bild, dass zum Beispiel auch diejenigen, die vorher große Angst vor Umsatzeinbußen hatten, mittlerweile sagen: Mensch, das war doch super, meine Lieferanten kamen viel besser bei mir an, weil die Parkplätze frei waren und sie wussten, dass sie, wenn sie um elf Uhr liefern, dann auch abladen können. Das heißt, Sie müssen diese Untersuchungen sehr viel differenzierter auswerten und im Ergebnis sehen, dass ein Großteil derjenigen dort sehr zufrieden war und sie deswegen auch sagen, das solle bitte wiederholt werden.
Grundsätzlich freut mich das erst einmal. Dann lesen Sie es aber bitte auch genau. Gerade die autoarme Innenstadt ist eines der meistausdifferenzierten Projekte in unserem Programm, und darin beschreiben wir sehr genau, was wir uns wo vorstellen. Wir wollen ein autoarmes Kontorhausviertel. Wir wollen ein autoarmes Passagenviertel. Wir wollen ein autoarmes Rathausquartier mit Rathausmarkt.
Wir wollen die Mönckebergstraße zur Fußgängerzone machen und auch den Jungfernstieg verkehrsberuhigen. Das sind sehr konkrete Projekte. Was aber nicht geht, ist, dass wir Parkhäuser davon abschneiden, sodass man die Innenstadt nicht mehr mit dem Auto erreichen kann. Weil das rechtlich schlicht nicht möglich ist, weil das ein Eingriff in das Eigentum ist, sagen wir bewusst autoarme Innenstadt. So ehrlich muss man sein. Das ist das Problem der Initiative, die diese rechtlichen Argumente nicht sieht. Deswegen muss man alles sehr differenziert betrachten. Wir haben genau gesagt, was wir wollen. Wir sind da sehr ehrlich und nachprüfbar, und ich bitte darum, auch genau darüber zu diskutieren. – Vielen Dank.
gekommen – jedenfalls haben wir unsere Zeit dafür verbraucht –, und insofern beende ich auch diesen Tagesordnungspunkt.
Ich rufe jetzt auf Punkt 73 unserer Tagesordnung, Antrag der FDP-Fraktion: Ein Hamburger Konvent für die Meinungsfreiheit als starkes Zeichen für die Meinungsfreiheit.
[Antrag der FDP-Fraktion: Ein "Hamburger Konvent für die Meinungsfreiheit" als starkes Zeichen für die Meinungsfreiheit! – Drs 21/19469 –]
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu einem etwas ernsteren Thema, nicht so ideologiebelastet, aber dennoch wichtig. Die Meinungsfreiheit ist konstituierend für unsere Demokratie und rechtlich nur begrenzt durch das Gesetz zum Schutz der Jugend und der persönlichen Ehre. So steht es in unserer Verfassung. Pflicht eines jeden Demokraten kann es also nur sein, für die Meinungsfreiheit einzustehen und sie jeden Tag neu zu verteidigen. Das bedeutet auch, schleichenden Prozessen, die sie gefährden, entgegenzutreten, und zwar aktiv.
Demokratie lebt von öffentlicher Debatte, und ich frage mich, was los ist in unserem Land, wenn der Ton in öffentlichen Debatten immer rauer wird. Was bedeutet es eigentlich, wenn eine Seite der anderen sogar das Wort verbieten will und man einander nicht mehr zuhört oder wenn Menschen das Gefühl haben – und es reicht schon, dass sie das Gefühl haben –, ihre Meinung irgendwie zurückhalten zu müssen? Dass das so ist, zeigte eine Allensbach-Umfrage, und es bestätigen mir auch viele Bürgerinnen und Bürger. Wie das konkret in Hamburg sein kann, könnte man hier auch fragen; deswegen unser Antrag. Für mich ist das noch kein Grund für eine Untergangsstimmung oder für eine Krisenmacherei, aber es ist ein Warnsignal. Von der politisch rechten Seite wird die Grenze dessen, was man so sagt,
denn sie öffnet – und das ist das Gefährliche daran – Tür und Tor für Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung, Rassismus und Hass. Die Würde anderer Menschen wird so zum Spielball von Populismus degradiert. Das ist eine sehr fatale Entwicklung, und gerade aufgrund unserer historischen Verantwortung müssen wir alle gemeinsam dagegen aufstehen, auch die GRÜNEN.
Gleichzeitig erleben wir von der linken Seite, wie die öffentlichen Debatten immer weiter verengt werden. Da werden dann Demokraten, die eine andere Meinung vertreten, als es den LINKEN recht ist, schnell einmal eben in die rechtsextreme Ecke gestellt. Auch das ist nicht richtig, denn all das macht nichts anderes als die Ränder stark. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen. Denn genau diese beiden Entwicklungen, die ich gerade beschrieben habe – also die Entgrenzung der Sprache und auch immer wieder der Versuch der Begrenzung der Sprache –, sind sowohl Gift für den Diskurs als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Gesellschaft wird in Pole gespalten, die einander nicht mehr zuhören, und das ist der Nährboden für extremistische Ränder. Daher ist es zwingend, dass gerade wir Demokraten uns aus der Mitte heraus diesen Entwicklungen entgegenstellen. Erneuern wir also das Bekenntnis zu einem der Werte, die für unser Grundgesetz und unsere politische Ordnung so wichtig sind. Dafür muss man sich auch einmal gerademachen und sich auch als Politiker wieder trauen anzuecken. So schwierig ist das nicht.
Ziel unseres Antrages ist, dass wir mehr als ein Zeichen setzen wollen. Mit unserer Initiative zu einem Konvent für die Meinungsfreiheit wollen wir einen Prozess anstoßen, in dem sich – das ist wichtig – alle Spektren der Gesellschaft wiederfinden, um miteinander in Austausch zu kommen.
Nachdem dieser Antrag auch schon in den Zeitungen veröffentlicht wurde, bin ich von zahlreichen Institutionen, Vereinen und vielen Bürgerinnen und Bürgern angesprochen worden. Ihre Botschaft war: Wir wollen mitmachen, wir wollen dabei sein.
Das hat mich natürlich gefreut und auch bestärkt. Lassen Sie uns gemeinsam ein starkes Bekenntnis zum freien Diskurs ermöglichen, in dem jeder sagen kann, was er denkt, aber immer mit dem Respekt vor dem anderen, für die Meinungsfreiheit in Hamburg. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau von Treuenfels-Frowein. – Als Nächster erhält das Wort Olaf Steinbiß für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP sieht also die Meinungsfreiheit in der Krise. Das ist sicherlich ein Grund, da einmal genauer hinzuschauen, denn die Meinungsfreiheit ist das Kernelement unserer Verfassung, unserer Demokratie sowie unserer offenen Gesellschaft. Sie gilt es nicht nur durch den Staat zu schützen, sondern alle demokratischen Kräfte, jeder und jede Einzelne, haben sich für die Meinungsfreiheit einzusetzen.
Wenn die FDP in ihrem Antrag aber von einer Krise der Meinungsfreiheit und der Demokratie in Hamburg spricht, so teilen wir diese Auffassung nicht. Dies ist doch etwas viel Populismus in Wahlkampfzeiten und gleichzeitig gefährlich, ist es doch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die sich vermeintlich immer in der Opferrolle sehen,
behaupten, man dürfe nicht mehr alles in Deutschland sagen, und dabei selbst ausgrenzen und Hass schüren.
Die FDP selbst scheint sich bei diesem Thema aber offensichtlich nicht ganz sicher zu sein, denn mit diesem Antrag soll eigentlich erst einmal in einer groß angelegten Evaluation ermittelt werden, wie es denn aus Sicht der Hamburgerinnen und Hamburger um die Meinungsfreiheit in der Stadt steht. Wie sich das die FDP dann nachher vorstellt, etwa durch eine Volksbefragung, bleibt im Antrag unklar.
Die FDP fordert den Senat auf, erst einmal zu prüfen, in welcher Form, in welchem Rahmen, in welcher Größenordnung dieser Konvent dann zu realisieren ist. Die FDP verlangt also einerseits ein starkes Signal aus der Mitte der Gesellschaft, andererseits soll die Regierung aber diese Mitte erst einmal organisieren. Das passt aus unserer Sicht nicht ganz zusammen.
Insgesamt bleibt unklar, welche Intention mit diesem Antrag verfolgt wird. Geht es der FDP um den Schutz der Meinungsfreiheit durch den Staat in seinen Einrichtungen – wir denken an Herrn Lindner –
oder geht es etwa um das gesellschaftliche Miteinander, das diesen Kern der Meinungsfreiheit ausmacht? Aus meiner Sicht ist eigentlich vielmehr die heutige Streitkultur gemeint. Der Antrag bezieht sich auf eine Allensbach-Umfrage, und da gab ein Teil der Befragten an, man könne angeblich nicht mehr ohne Bedenken aussprechen, was man meint. Die dabei genannten Themen waren Ausländerpolitik und Asylpolitik, und auch das Thema Nazizeit wurde in diesem Zusammenhang genannt. Es wurde aber nicht weiter spezifiziert,
worauf sich die Bedenken der einzelnen Befragten gegründet haben. Die Meinungsfreiheit beinhaltet aus unserer Sicht keinen Anspruch darauf, seine Meinung unwidersprochen kundzutun und damit Kritik heraufzubeschwören. Wer unreflektiert seine Meinung äußert, braucht sich über Gegenwind nicht zu wundern.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dirk Nockemann AfD: Da können Sie auch in die andere Richtung schauen!)
Unsere Meinungsfreiheit darf nicht verwechselt werden mit ungehindert gegen andere Menschen hetzen. Eine Grenze ist eindeutig dort erreicht, wo versucht wird, Menschen mit anderer Meinung anzufeinden, zu beleidigen oder gar zu bedrohen. Demjenigen, der glaubt, im Internet alle Hemmungen fallen lassen zu können, müssen klare Grenzen aufgezeigt werden. Es ist keine Krise der Meinungsfreiheit, sondern eine Krise der Diskussionskultur.