Meine Damen und Herren, die vorgesehenen Rednerinnen und Redner für die erste Debatte sind im Saal. Ich bitte auch alle anderen bisher Anwesenden, Ihre Plätze einzunehmen. Dann darf ich Sie sehr herzlich zum zweiten Sitzungstag unserer diesjährigen Haushaltsberatungen begrüßen. Genießen Sie ihn, es wird vorerst keine mehrtägigen Bürgerschaftssitzungen mehr geben.
Bevor wir in die heutige Tagesordnung einsteigen, möchte ich nicht versäumen, Geburtstagsglückwünsche auszusprechen. Diese richten sich an unseren Kollegen Dr. Sven Tode. Lieber Herr Tode, lieber Sven, im Namen des ganzen Hauses alles Gute zum Geburtstag.
(Mitglieder der Fraktion DIE LINKE halten Blätter mit der Aufschrift "Stoppt Abschie- bung nach Afghanistan!" hoch.)
Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Bitte entschuldigen Sie die lange Unterbrechung, aber auch der Umgang im Plenum ist ein wichtiges Thema des Umgangs mit und der Meinungsbildung in unserer Demokratie. Das Mittel unserer Auseinandersetzung im Plenum sind Debatten und Abstimmungen in all den Formen, wie wir sie führen, und nicht das geplante und anhaltende Hochhalten von Plakaten.
Das haben wir im Ältestenrat und anschließend im Präsidium ausführlich miteinander erörtert. Die parlamentarische Ordnung in diesem Hause ist ein hohes Gut. Es gibt in diesem Hause verschiedene Wege, Meinungen zu äußern, mögliches Unrecht zu thematisieren. Ich denke, die Würde unseres Hauses muss auch für demokratische und faire Auseinandersetzungen anderswo Vorbild sein und die Meinungsvielfalt in einer Weise darstellen, die niemanden einengt oder herabwürdigt.
Wir sind diejenigen, die den Rücken gerademachen müssen. Auch wenn Populismus und Sittenverfall in politischen Diskussionen uns alle belasten und quälen, müssen wir standhaft bleiben und ordentlich miteinander umgehen. Der offensichtliche Missbrauch des Parlaments als Plattform des öffentlichen Protestes ist nicht der richtige Weg.
Deswegen führt die Schwere des Verstoßes einiger Mitglieder des Hauses gegen seine Ordnung, insbesondere die Planung und Uneinsichtigkeit im Zusammenhang mit dieser Aktion, zu der Entscheidung, die Abgeordneten Boeddinghaus, Özdemir, Celik, Dolzer, Jersch, Hannemann, Yildiz und Sudmann gemäß Paragraf 48 unserer Geschäftsordnung von der heutigen Sitzung auszuschließen.
Dann kommen wir zurück zu unserer Tagesordnung. Ich wünsche uns gute Beratungen, faire Diskussionen und gutes Gelingen für unsere Haushaltsberatungen.
Die Fraktionen haben sich verständigt, den Einzelplan in drei Teilen zu beraten, zunächst Arbeit, dann Soziales und Integration und schließlich den Bereich Familie, Kinder und Jugend. Wir beginnen mit dem Bereich Arbeit. – Frau Grunwaldt von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs möchte ich erwähnen, dass ich die Aktion der LINKEN schon sehr befremdlich finde.
Dieses Thema scheint jedenfalls der LINKEN keine Herzensangelegenheit zu sein, wie sie immer vorgibt.
Nun zum Thema Arbeit. Der zuständige Ausschuss heißt, wie wir alle wissen, Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. Abgesehen davon, dass das Thema Arbeit bei der Wirtschaftsbehörde weitaus besser aufgehoben wäre, ist die grundsätzliche Kritik an dieser Stelle, dass der Ausschuss ehrlicherweise Flüchtlingsfachausschuss heißen müsste. Es war ein kapitaler Fehler, von vornherein keinen Extraausschuss eigens für dieses Thema einzurichten. Viele Themen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und viel zu viele im Bereich der Sozialpolitik sind dadurch schlichtweg auf der Strecke geblieben. Oppositionsanträge aus diesen Bereichen werden von Rot-Grün meistens nicht an den Ausschuss überwiesen, denn das würde ja zeitlich die Tagesordnung sprengen. Diese Schwerpunktsetzung, die sich bereits im Koalitionsvertrag abzeichnete, liebe Koalition, ist ein untragbarer Zustand. Bei über 100 Seiten beginnt das Thema Arbeit auf Seite 71 und beläuft sich auf anderthalb Seiten. Wenigstens hat "Hamburg wird Fahrradstadt" ganze zwei Seiten abbekommen. Das, meine Damen und Herren, hat weder etwas mit einer Arbeiterpartei zu tun noch mit gutem Regieren.
Es geht schlicht und ergreifend an der Lebenswirklichkeit der Menschen in unserer Stadt vorbei. Sicher, im Moment ist die wirtschaftliche Lage gut, die Auftragsbücher sind voll, die Beschäftigungslage ist zufriedenstellend. Das ist aber nicht das Verdienst des Hamburger Senats, sondern der CDUgeführten Bundesregierung, die hierfür die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt hat.
Insofern sollte sich dieser Senat nicht mit fremden Federn schmücken und vor allen Dingen sollte er nicht die 22 000 Langzeitarbeitslosen, nämlich die Menschen in unserer Stadt, die länger als vier Jahre ohne Arbeit sind, aus den Augen verlieren. Wem diese Zahl auf den ersten Blick nicht so schrecklich hoch erscheinen mag, der kann sich einmal vor Augen führen, dass diese Zahl der Einwohnerzahl eines gesamten Stadtteils wie Stellingen oder Bahrenfeld entspricht.
Rot-Grün hat sich vorgenommen, die öffentlich geförderten Arbeitsplätze bis zu 1 000 aufzustocken. Doch dafür findet sich leider kein Kooperationspartner, nicht einmal die öffentlichen Unternehmen machen hier mit. Da muss man sich doch fragen, warum die Unternehmen öffentlich geförderten Arbeitsplätzen derart ablehnend gegenüberstehen. Mir ist klar, dass das keine einfache Mammutaufgabe ist. Aber sie muss in Angriff genommen werden, und zwar Hand in Hand mit dem Handwerksbetrieb von nebenan und mit dem Logistikunternehmen im Hafen und nicht am hundertsten run
Es wäre auch ungerecht, zumal gestern sowohl der Erste Bürgermeister als auch der Schulsenator zu Recht die Jugendberufsagenturen ausgesprochen positiv hervorgehoben haben, die bekanntlich auf eine Initiative der CDU-Senate zurückgehen. Sie sehen also, die Opposition kann durchaus auch loben.
Gerade weil wir uns einig sind, was die hohe Bedeutung der Jugendberufsagenturen anbelangt, gerade weil es enorm wichtig ist, die bis zu 25-Jährigen zu qualifizieren, muss es hier Klotzen und nicht Kleckern heißen. Daher fordern wir in unserem heute vorgelegten Antrag, dass für die neue Zielgruppe der Flüchtlinge bis 25 Jahre circa 60 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Jugendberufsagenturen vorgesehen werden sollen. Das ist ein richtiger Schritt, dem aber auch eine entsprechende Mittelerhöhung gegenüberstehen muss, damit kein junger Mensch in unserer Stadt beruflich auf der Strecke bleibt.
Einen Schritt weiter gedacht bedeuten das Vorbeugen von Jugendarbeitslosigkeit und die Gewinnung der Fachkräfte von morgen auch, mehr Plätze in Azubi-Wohnheimen zu schaffen. Jetzt wird mir bestimmt wieder gesagt, man habe doch bereits Plätze geschaffen und außerdem solle der Bedarf, wie viele Plätze tatsächlich gebraucht würden, bis März 2017 ermittelt werden. Aber es ist doch schon jetzt klar, dass der Bedarf riesig ist. Allein in diesem Jahr haben in Hamburg 18 000 junge Menschen, von denen über 2 200 aus anderen Bundesländern kommen, eine Ausbildung gestartet und in dem neuen Azubi-Wohnheim in Wandsbek gibt es 156 Plätze, auf die sich, wie uns bekannt ist, 1 421 Wohnungssuchende beworben haben – das heißt, zehnmal so viel. Der Bedarf dürfte daher unstreitig hoch sein.
Nun gut. Wir sind gespannt auf die ermittelten Bedarfe. Wir werden diese kritisch begleiten, ebenso wie die Evaluation der Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs, die für das Jahr 2017 angekündigt ist. Und, das kann ich jetzt bereits schon ankündigen, wir erwarten auch eine Fortschreibung dieser. Ab dem Jahr 2020, also mehr oder weniger in drei Jahren, wird der Fachkräftemangel Hamburg erreichen. Das war bereits im Jahr 2013 im Juni, als die Fachkräftestrategie verabschiedet worden ist, bekannt und wurde öffentlich von Senator Scheele so gesagt. Daher müssen wir jetzt aufpassen, dass wir nicht Häuser
bauen wollen, uns aber die Menschen fehlen, die diese Häuser dann auch tatsächlich bauen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Grunwaldt, die Arbeitsmarkterfolge auf der Bundesebene sind nach Ihren Worten auf die CDU-geführte Bundesregierung zurückzuführen.