Bevor wir gleich unsere Haushaltsberatungen fortsetzen, noch kurz ein Hinweis: Wir haben verabredet, dass wir heute eine gemeinsame Pause machen wollen. Wir planen, sie nach dem Bereich Sport, also nach der vierten Debatte, gegen 19 Uhr für 45 Minuten einzulegen. Bitte planen Sie das so ein.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir beginnen heute mit dem Einzelplan der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Für die Stadtentwicklung ist mit der Absage an Olympia die letzte große städtebauliche Vision des Senats gestorben. Das muss man erst einmal so deutlich sagen.
Wir haben ja auch noch den Wohnungsbau, den sich kein Geringerer als der Bürgermeister selbst auf die Fahnen geschrieben und zur Chefsache gemacht hat. Herr Bürgermeister, auch wenn Sie heute nicht da sind, hier müssen Sie liefern.
Wenn man sich die Situation auf dem Hamburger Wohnungsmarkt anschaut, ist das auch dringend notwendig.
Interessant finde ich, dass die Regierungsfraktionen einen Zusatzantrag gestellt haben. In der Prosa werden die Erfolge noch in höchsten Tönen gepriesen und bundesweite Superlative angestrengt, doch dann kommen die Forderungen: mehrere Berichte, Einsetzung von Arbeitskreisen. Sie alle kennen das Sprichwort: Wenn man nicht weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis. So ist das hier dann auch ein reiner Berichtsantrag. Als ob SPD und GRÜNE Sorge hätten, dass der Senat seit Jahren seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von GRÜNEN und SPD, so etwas stellt man doch nicht als Haushaltsantrag. Welchen Eindruck wollen Sie denn erwecken? Aber vielleicht täuscht der Eindruck ja auch gar nicht. Sehen wir uns doch einmal die Realitäten seit 2011 an. Punkt 1: Hamburg steht vor einer Spaltung des Wohnungsmarktes, wenn der Expresswohnungsbau umgesetzt wird.
Inzwischen weiß wohl jeder, dass die Hamburgerinnen und Hamburger vor allen Dingen aus Gründen der Integration und des sozialen Friedens einen separaten Wohnungsbau für Flüchtlinge ablehnen. Der Expresswohnungsbau ohne Bürgerbeteiligung, ohne Vergabe- und Baurecht ist krachend gescheitert.
Der Flüchtlingswohnungsbau kann nicht separat betrachtet werden, sondern muss in den allgemeinen Wohnungsbau integriert werden. Die CDU fordert den Senat auf, sich vom Expresswohnungsbau zu distanzieren und stattdessen bei der Vermittlung von Bedürftigen, seien es Flüchtlinge oder Obdachlose, mehr zu investieren. Hier kann Hamburg von Berlin und Nordrhein-Westfalen lernen.
Zweiter Punkt: Wir haben keine wirksame Mietpreisbegrenzung in Hamburg. Die Mietpreisbremse ist nur ein Instrument von vielen, die dem Senat zur Verfügung stehen, aber alle versagen sie insgesamt. Denn die Mietpreise in Hamburg sinken nicht, sie stagnieren auch nicht auf gleichbleibendem Niveau, stattdessen steigen die Mietpreise in Hamburg weiter und weiter. Hier muss der Senat liefern, statt schöne Reden zu schwingen.
Der dritte Punkt ist, dass de facto ein Abbau von Sozialwohnungen stattfindet. Fakt ist, dass die Anzahl an Sozialwohnungen mit der Mietpreisbindung sinkt, und das obwohl sich der Bürgermeister und die Koalition in ihrem Antrag damit rühmen, bundesweit spitze zu sein. 3 000 Sozialwohnungen jährlich reichen aber in keinster Weise aus, die Wohnungen, die aus der sozialen Bindung herausfallen, zu kompensieren. Unsere Forderung ist daher, den 1. Förderweg so anzupassen, dass die wegfallenden Mietpreis- und Belegungsbindungen mindestens ausgeglichen werden. Meine Fraktion sieht hier einen großen Bedarf bis 2020,
sei es durch Zubau oder durch Ankauf von Belegungsbindungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN, Spitzenklasse im Bund ist für den Hamburger Bedarf nicht ausreichend. Auch hier muss geliefert werden.
Vierter Punkt: Wir haben keine attraktive Förderung für Gering- und Mittelverdiener. Der in 2011 eingeführte 2. Förderweg ist gänzlich auf der Strecke geblieben. Bei der aktuellen Förderpolitik des SPD-Senats bleiben diejenigen Wohnungssu
chenden auf der Strecke, die ein paar Euro zu viel verdienen und keinen Anspruch auf Sozialwohnungen haben, sich aber umgekehrt auch keine Wohnung für 10 oder 12 Euro Miete pro Quadratmeter leisten können. Die CDU fordert daher, das Wohnraumförderprogramm des 2. Förderwegs mindestens mit 800 geförderten Wohnungen beizubehalten und die Förderbedingungen attraktiver zu gestalten, sodass eine Anfangsmiete von 8 bis 10 Euro erzielt werden kann. Auch hier muss der Senat liefern.
Fünftens: Wir haben keine ausreichende Eigentumsförderung in Hamburg. Hamburg hat mit rund 21 Prozent die niedrigste Wohnungseigentumsquote unter den Städten in Deutschland. Dabei sind die Rahmenbedingungen der niedrigen Zinsen derzeit mehr als günstig. Der rot-grüne Senat will im neuen Haushaltsplan-Entwurf nun eine drastische Reduzierung der Eigentumsförderung vornehmen. Statt bisher 300 will der Senat künftig nur noch 100 Eigentumswohnungen fördern. Dabei stabilisieren private Eigentümer den Wohnungsmarkt und haben eine positive Auswirkung auf die soziale Entwicklung von Quartieren. Ein wirksames Instrument war der Verkauf von SAGA-Mietobjekten im CDU-Senat, wirksam war auch die Kinderzimmerzulage.
Sechstens: Wir haben zu hohe Baukosten, zu hohe Auflagen und zu lange Genehmigungszeiten und das verhindert den bezahlbaren Wohnraum. Kostentreiber sind nicht nur die Grundstückspreise, sondern auch irrwitzig hohe energetische Standards und quartiersbezogene Zusatzauflagen, wobei sich IFB und Bezirke noch gegenseitig überbieten. Dabei fing 2011 alles so gut für Sie an – der sogenannte Vertrag für Hamburg mit den sieben Hamburger Bezirken und das Bündnis für Wohnen mit der Wohnungswirtschaft. Immer wieder feierte der Senat sich für die hohe Anzahl an Baugenehmigungen. Da muss man einfach nur sehen, das ist immer auch unser Spruch, dass in Baugenehmigungen keiner wohnen kann. Hier muss es um die Fertigstellungszahlen gehen und diese Differenz gilt es aufzulösen.
Aber seien wir doch einmal ehrlich, das Verdienst für die hohen Baugenehmigungen ist doch eher das Verdienst der Bezirke und heute ist in den Bezirken Ernüchterung eingezogen. Die Personaldecke in den Planungsabteilungen ist durch mangelhafte Besetzung oder auch aus Krankheitsgründen so schlecht, dass die Bezirke mit der Flut an Bauanträgen überfordert sind. In Wandsbek sind 14 von 40 Planstellen derzeit unbesetzt; da ist Überlastung vorprogrammiert. Die Fortschreibung des Vertrags für Hamburg sieht dann sogar noch
eine Steigerung der Baugenehmigungszahlen vor. Die versprochene Personalaufstockung ist nicht oder nur halbherzig durchgeführt worden. Stattdessen hat der Senat in seinem Haushaltsplan-Entwurf sogar die Streichung von 25 Stellen in den bezirklichen Baubereichen vorgesehen.
Das würde die Überlastung eher verstärken, statt Abhilfe zu schaffen. Wir fordern erneut die Aufstockung auf 100 Stellen.
Dann noch die Sache mit der Neuauflage des Bündnisses für Wohnen. Das Abkommen kam erst nach langem Hin und Her im Juni dieses Jahres zustande und dann auch noch so, dass dieses Mal nicht alle Verbände der Wohnungswirtschaft das Abkommen mittragen. Versprochen war, die Wirksamkeit der flächendeckend eingeführten Mietpreisbremse durch ein unabhängiges Gutachten zu überprüfen. Dieses Versprechen wurde vom Senat gebrochen und nun steht das Bündnis wirklich auf wackeligen Füßen. Ausgerechnet die Grundeigentümer, die circa 50 Prozent der Wohnungen in Hamburg vertreten, beteiligen sich nicht am Bündnis. Dieses Bündnis kann aber nur erfolgreich sein, wenn alle an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung. Der Streit um die Mietpreisbremse gärt und schwelt derweil weiter. Es werden Stimmen in der Wohnungswirtschaft laut, die über Konsequenzen aus dem Wortbruch des Bürgermeisters nachdenken.
Mein nächstes Thema sind die Baukosten. Auf der Wohnungsbaukonferenz des Senats gab es zwei bahnbrechende Erkenntnisse für den Bürgermeister. Erstens: Die Mietpreisbremse kann keinen günstigen Wohnraum schaffen. Zweitens: Die Baukosten in Hamburg sind zu hoch. Endlich verstanden. Das predigen wir als CDU gebetsmühlenartig. Das ist eine gute Erkenntnis. Doch was folgt nun? Ein verzweifelter nächster Versuch: der Effizienzwohnungsbau, Bauen in Serie. Durch standardisiertes Bauen sollen die Baukosten in Zukunft so gesenkt werden, dass Wohnungen für alle Einkommensschichten bezahlbar bleiben. Da wird ein Vergleich mit einer Fließbandproduktion von Autos oder Kühlschränken angestellt. Allen Ernstes: Man kann kein Zuhause mit einem Kühlschrank vergleichen. Effizientes und kostengünstiges Bauen ist sicherlich eine gute Sache, aber so geht es nicht. Es geht doch um das Gesicht unserer Stadt, um die Eigenheiten und Besonderheiten, um die Historie, um Stadtviertel. Und Stadtviertel sind Heimat und Heimat stellt man nicht am Fließband her.
Der rot-grüne Senat sollte endlich darauf setzen, die Baukosten bei der jetzt bestehenden Bauweise zu senken. Auch hier ist der Bund gefordert. Doch Bauministerin Hendricks hat bisher keine der von der Baukostensenkungskommission erarbeiteten Vorschläge zu einer effektiven Reife gebracht. Die Auflagen für die Bauwirtschaft müssen gesenkt werden. Beispielhaft ist hier die technische Anweisung zum Schutz gegen Lärm, kurz TA Lärm, zu nennen, die endlich urbanem Wohnen angepasst werden muss. Der Bürgermeister sollte hier seiner Genossin Hendricks endlich einmal auf die Sprünge helfen.
In Hamburg aber gibt es noch zwei weitere hausgemachte Blockaden, zu hohe Energiestandards, die der Umweltsenator mit eingebracht hat, und dann wird auch noch mit Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner der Natur-Cent eingeführt. Darin manifestiert sich nur das schlechte Gewissen des Senats. Zerstörung von Landschaftsschutzgebieten und anderen Grünflächen durch hastige Bebauung lassen sich durch die stärkeren Investitionen in Naturschutzmaßnahmen nämlich nicht rückgängig machen.
Fazit: Die bisherigen Instrumente des rot-grünen Senats für mehr bezahlbaren Wohnraum greifen nicht,
und auch auf Bundesebene kommt Bauministerin Hendricks von der SPD nicht voran. Die GRÜNEN drücken in Hamburg der Bauwirtschaft einen Natur-Cent aufs Auge, dessen einziger Nutzen es ist, als Feigenblatt ihr schlechtes Gewissen bei der Bebauung von Naturschutzgebieten zu kaschieren.