Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Mit all diesem Wissen, woher wir kommen, muss ich sagen, hätte ich mir heute hier nicht nur einen Oppositionsführer gewünscht, sondern von der CDU auch ein bisschen mehr Klarheit und Demut.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es war Ihre Partei, Herr Trepoll, die seit 2005 mit Herrn Carstensen und Herrn Wiegard in Schleswig-Holstein und seit 2001 mit Herrn von Beust, Herrn Peiner, dann Herrn Freytag die politisch Verantwortlichen gestellt hat. Insbesondere Herr Peiner stand quasi symptomatisch dafür, als Chef des Aufsichtsrates die Transformation der HSH Nordbank von einer Landesbank zu einer internationalen Großbank zu forcieren. Er hat in keiner Weise zu keinem Zeitpunkt dafür politische Verantwortung übernommen. Das ist nicht nur kein sittliches Handeln zum Wohle der Allgemeinheit, das ist einfach ein Offenbarungseid, der wirklich zu wenig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der AfD)

Ehrlicherweise muss man doch sagen: Man kann von Herrn Peiner – und wenn er das nicht tut, stellvertretend von Ihnen – erwarten, dass Sie sich hier vorn entschuldigen für das, was Sie angerichtet haben in Bezug auf die Hamburgerinnen und Hamburger. 5 Milliarden Euro, das ist kein Pappenstiel, Herr Trepoll.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Man muss aber auch festhalten: Nicht nur die Politik hat schwere Fehler gemacht. Auch in der Bank sind schwere Fehler gemacht worden, die in Wahrheit jeder Beschreibung spotten. Auch dafür sollte sich die Bank bei den Hamburgerinnen und Hamburgern entschuldigen und sich bedanken dafür, dass wir das alle gemeinsam so lange ertragen haben.

Die Fehler sind, eine Expansionsstrategie vorzunehmen ohne Risikomanagement, das Ausführen von Geschäften, die Sie schlicht nicht verstanden haben, und ein Klumpenrisiko bei Schiffskrediten. Das alles sind Erkenntnisse, weswegen man normalerweise eine Bank schließen kann. Wären die gesellschaftlichen Kosten nicht so enorm gewesen, kann ich Ihnen versichern, wäre das auch längst geschehen.

Aber da sind auch – und das muss man an dieser Stelle auch erwähnen – die schweren persönlichen und organisatorischen Verfehlungen. Wir nehmen beispielsweise einmal die Cum-Ex-Geschäfte. Cum-Ex-Geschäfte sind so etwas wie moderner Steuerraub, ein direkter Griff in die Staatskasse. Es geht um die Erstattung einer Steuer, die nie gezahlt worden ist. Das ist ein bisschen so, als ob

man im Mittelalter mit einer Armee in die Stadt einmarschiert und den Staatsschatz mitnimmt. Man denkt immer, dass es so etwas nicht mehr gibt, aber weit gefehlt. Unsere eigene Landesbank hat dabei fleißig mitgemischt und es erst auf politischen Druck hin und Jahre später geschafft, 127 Millionen Euro, die sie bei den Cum-Ex-Geschäften illegal ergaunert hat, wieder zurückzuzahlen. Das ist wirklich ein Tiefpunkt bei einer Landesbank. Aber das Problem ist, dass das einen wirklich nicht mehr wundert, denn bei dieser Bank wundert einen manchmal gar nichts mehr.

Aber auch beim Steuersparen waren die Landesbanker keinen Deut besser als die Privatwirtschaft. Die Kreditersatzgeschäfte wurden, um Steueraufkommen zu minimieren, in Steueroasen wie Luxemburg angesiedelt, und das, obwohl die Hauptaktionäre staatliche Institutionen waren. Da stellt sich schon die Frage, wie sich ein Vorstand so etwas ausdenken kann, wie ein Aufsichtsrat da zustimmen kann und wie der Staat sich an dieser Stelle selbst betrügen kann. Ich hoffe, dass es das letzte Mal war, dass wir so etwas erleben mussten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das Tragische ist, dass man diese Liste jetzt noch um diverse unappetitliche Themen, die man alle im "Hamburger Abendblatt" letzte Woche lesen konnte, fortsetzen könnte. Aber ich glaube, das Entscheidende ist, dass auch für die Banker dieser Stadt, die Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank, die Hamburger Verfassung gilt. Auch sie haben die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken. Deswegen müssten sich eigentlich auch Alexander Stuhlmann, Hans Berger, Dirk Jens Nonnenmacher, um nur einige zu nennen, für dieses Desaster bei den Bürgerinnen und Bürgern Hamburgs entschuldigen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Sie haben ja schon einige Zeit dafür gehabt, das zu tun, und sie haben es nicht getan. Insofern gehen wir alle nicht mehr davon aus, dass sie das noch tun und die Größe dafür aufbringen. Aber – das kann man an dieser Stelle einmal sagen – deswegen sind wir froh darüber, dass der Bundesgerichtshof die Freisprüche wegen Bilanzfälschung und Untreue kassiert hat. Wir können alle nur hoffen, dass das Hamburger Landgericht ein gerechtes Urteil in dieser Frage fällen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist auch deswegen notwendig – um hier einmal einen kleinen Exkurs zu machen –, weil die juristische Aufarbeitung der Bankenkrise in Deutschland bisher ziemlich mangelhaft bis ungenügend ist. Die Chefs von IKB, BayernLB, LBBW kamen allesamt glimpflich davon. Georg Funke, Chef der Hypo Real Estate, kam mit 18 000 Euro gemein

nützigen Zahlungen davon und hat dann gleich im Nachgang 12 Millionen Euro Pensionsansprüche an eine Pleitebank angemeldet. Das ist wirklich niemandem mehr zu erklären, ist aber die Realität in Deutschland. Das zeigt, wie wenig Anstand hier zum Teil vorhanden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Ewald Aukes FDP)

Weil diese Aufarbeitung so mangelhaft ist, kann man hier noch einmal ein Wort an die Bundesregierung richten. Die nächste Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die Justiz vernünftige Instrumente an die Hand bekommt, dass, wenn Menschen auch persönliche Verfehlungen in Organisationen begehen, man sie dann dafür belangen kann und dass das nächste Mal, wenn so etwas wie eine Bankenkrise in Deutschland passiert, die juristische Aufarbeitung nicht derart zahnlos ist, wie sie jetzt war. Das wäre wirklich überfällig.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Die Bank und ihre Manager haben nicht nur schwere Fehler im Großen, sondern auch bei der Kreditvergabe im verhältnismäßig Kleinen gemacht. Jeder Banker hätte sagen müssen, es sei unverantwortlich, aus so einer kleinen Bank den größten Schiffsfinanzierer der Welt zu machen, das Klumpenrisiko sei zu groß. Jeder Banker hätte dann aber auch sagen müssen, es sei unverantwortlich, einzelnen Kreditnehmern einen Kreditrahmen zu ermöglichen, der ihre Größe weit übersteigt; das Klumpenrisiko sei zu groß.

Deswegen muss man sich in aller Öffentlichkeit einmal fragen: Wie kann es eigentlich sein, dass einem Mann wie Bernd Kortüm ein so weitreichender Kreditrahmen in Höhe von 2 Milliarden Euro eingeräumt wird? Wie kann es sein, dass dieser Mann dann anders als jeder Schuldner und jede Schuldnerin in diesem Raum und in der Stadt nicht einmal mit seinem ganzen persönlichen Vermögen dafür haften muss? Und wie kann es eigentlich sein, dass eine Bank so etwas zulässt und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Hamburg das jetzt ausbaden müssen? Das sind wirklich schwere Versäumnisse, über die man nur den Kopf schütteln kann.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wenn man sich dann leider noch anhören und erleben muss, dass jemand, der 500 Millionen Euro bei dieser Bank erlassen bekommen hat, und zwar 500 Millionen Euro aus Steuergeld im Wesentlichen, sich noch eine Jacht kauft, dann zeigt das, wes Geistes Kind er ist. Auch die Schuldner der Bank, angeblich große Hamburger Kaufleute, sind allzu oft vom Stamme Nimm und haben unsere Verfassung nicht im Blick. Sie treten unsere Ver

fassung mit Füßen. Man muss es hier einmal sagen, das war wirklich häufig beschämend.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Ewald Aukes FDP und Nebahat Güçlü frakti- onslos)

Die Opposition trägt zwar weniger Verantwortung für die Minimierung des Schadens, es wäre aber nicht zu Unrecht verlangt, wenn sie sich einmal ein paar Fragen gestellt hätte: Hält eigentlich das, was ich die ganze Zeit erzähle, dem Wirklichkeitstest stand? Oder andersherum: Würde ich den Schaden durch mein eigenes Handeln in einer Regierungssituation verkleinern? Rede ich eigentlich die ganze Zeit im Sinne meiner sittlichen Pflicht zum Wohl des Ganzen, wie es in unserer Verfassung dargelegt worden ist? Ich muss an dieser Stelle sagen: Für die FDP und DIE LINKE kann ich all diese drei Fragen mit einem klaren und deutlichen Nein beantworten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde das auch deswegen wichtig, weil es hier nicht um irgendeine Lappalie geht, sondern um Milliarden Euro inklusive des Fortbestandes der Freien und Hansestadt Hamburg als eigenständiges Bundesland. Da wäre aus meiner Sicht ab und zu ein bisschen mehr Haltung gefragt und nicht nur die nächste Schlagzeile, Herr Kruse.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben eine Entlastung der Bank in dem von uns eingebrachten Umfang im Dezember 2015 abgelehnt, obwohl Sie wussten, dass die Risiken für beide Länder zu diesem Zeitpunkt 22,4 Milliarden Euro betrugen, und obwohl Sie wussten, dass sich diese Risiken mit dem Jahreswechsel 2015/2016 um 10,2 Milliarden Euro reduzieren würden.

(Michael Kruse FDP: Nein, deswegen!)

Zugleich haben Sie im "Hamburger Abendblatt" am 8. Dezember 2015 behauptet, dass der HSH Nordbank – ich zitiere – jede Privatisierungsstrategie fehlt.

Spätestens mit dem heutigen Tag kann man sagen: was für ein Unsinn.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Nur an Ihren Parteifreund Wolfgang Kubicki kommen auch Sie nicht heran. Herr Kubicki war ja selbst im Jahr 2017, als die FDP in Schleswig-Holstein bereits mitregierte, schwer darum bemüht, den Verkaufsprozess zu torpedieren mit Sätzen wie – ich zitiere –:

"Die Bank wird abgewickelt, und zwar komplett."

oder indem er öffentlich die Namen der Bieter herausposaunte. Das ist so weit weg von sittlichen

Zwecken wie nur irgendetwas. Das ist wirklich verantwortungslos.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Schöne an der Geschichte ist aber übrigens, Herr Kruse – wir werden in einem Monat wissen, wie Sie sich zu der Drucksache verhalten –, dass jene von der FDP, die in Schleswig-Holstein Verantwortung tragen – und damit meine ich nicht diesen Hofnarren, der jetzt in Berlin sitzt –,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Hallo, was soll das? Jetzt ist Schluss!)

den Kurs von Frau Heinold ab dem Moment, in dem sie die Regierung waren, anstandslos mitgetragen haben.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Tjarks, ich bitte Sie, auch Abwesende nicht mit unparlamentarischen Ausdrücken zu belegen.

Wir reden hier über ein Milliardenproblem, das Herr Kubicki dauernd mit seinen Äußerungen torpediert, mit denen er dauernd effekthascherische Schlagzeilenpolitik macht und damit potenzielle Millionen- und Milliardenschäden für die Länder anrichtet. Das muss man an dieser Stelle auch einmal öffentlich kritisieren, weil das in den letzten Jahren unerträglich war.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir werden sehen, wie sich die FDP in dem Moment, in dem die Landesregierung von SchleswigHolstein unter Federführung von Frau Heinold eine Drucksache in den Landtag von Schleswig-Holstein einbringt, dazu verhalten wird. Ich kann Ihnen heute sagen, dass die Damen und Herren vernünftig sein werden; sie werden zustimmen. Das Ganze, was Herr Kubicki und Herr Kruse vorher erzählt hatten, wird sich als Gelaber herausstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich kann es zudem auch der LINKEN nicht ersparen, sie darauf hinzuweisen, dass ihr Fachsprecher Hackbusch sich zwar völlig zu Recht über die Unfähigkeit der Bank, den miesen Cum-Ex-Steuerraub und Herrn Kortüm aufregt, aber dass die Bürgerinnen und Bürger ihm lieber die Geschicke der Stadt nicht anvertrauen sollten.