Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Haushalt in den vergangenen Jahren erfolgreich konsolidiert, wichtige Impulse für das Wachstum und die wirtschaftliche Entwicklung gegeben und dadurch neue finanzielle Kraft erhalten. Wir halten die Schuldenbremse ein, tilgen alte Schulden und investieren in Bereichen, die für eine Zukunftsstadt von größter Bedeutung sind: in den Wohnungsbau, in Kitas und Schulen, in Hochschulen und Wissenschaft, in die Krankenhäuser und in die Pflege, in Kultur, in Sport und in den sozialen Zusammenhalt.

Der Haushaltsplan-Entwurf, den wir in dieser Woche beraten, ist die finanzielle Grundlage der Gesamtstrategie des Senats, mit der wir unsere Stadt als moderne und attraktive, als solidarische und weltoffene, als wirtschaftsstarke und klimafreundliche Metropole in die Zukunft führen. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, wenn man Sie so reden hört, bekommt man den Eindruck: Hamburg ist bundesweit so weit vorn, alle anderen Bundesländer sehen nur noch unser Rücklicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Schön, dass Sie das an dieser Stelle auch noch selbstgefällig unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

In der zweiten Runde hat man die Chance und die Muße, das eine oder andere Thema noch ein bisschen zu vertiefen und an der einen oder anderen Stelle auch den Faktencheck zu machen. Ich habe mir heute noch einmal das Wirtschaftswachstum der Bundesländer angeguckt, das reale Wirtschaftswachstum der Bundesländer von 2011 bis 2017. Egal, wie herum ich den Zettel halte, Hamburg ist immer ungefähr in der Mitte. 9,5 Prozent Anstieg, knapp vor Thüringen und Bremen – die sind bei 9,4 Prozent –, aber weit hinter anderen Bundesländern, hinter dem angesprochenen Bayern

(Dennis Thering CDU: Ach! So viel zur Wahrheit!)

und auch hinter unseren Nachbarbundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Das sollte doch Anlass sein, hier auch einmal eine kritische Analyse zu machen und nicht nur selbstgefällig zu sagen: Wir sind die Größten und wir können alles am besten. Nein, meine Damen und Herren, so ist die Lage nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und wenn man den Faktencheck etwas weiter macht … Sie haben unheimlich viel von Investitionen gesprochen, gerade Herr Kienscherf, Herr Tjarks. Investitionen hier, Investitionen da. Ich habe schon einmal gesagt, wir messen Sie da nicht an Ihren Ankündigungen – die gibt es zuhauf –, sondern wir messen Sie an Ihren Ergebnissen. Und da empfiehlt sich zum Beispiel ein Blick in die Analyse des Rechnungshofs, der ja sehr deutlich hervorgehoben hat, 2017 ist das Investitionsniveau gesunken. In der Bilanz der Stadt ist das Anlagevermögen, das Infrastrukturvermögen, wo alles drin ist, Brücken, Parks, auch die Grünflächen, von denen Sie gesprochen haben, bis 2017 jedes Jahr gesunken. Von 2014 bis 2017: Vermögen minus 5 Prozent. Wir haben viele Mittel für Investitionen in den Bezirken, die nicht abfließen, weil Sie nicht die Voraussetzungen dafür schaffen. Wir haben im Wohnungsbaubereich sehr viele Reste aus Vorjahren für Möglichkeiten, über die IFB Wohnungsbau zu fördern. Frau Senatorin Stapelfeldt hat sich ja immer gleich fast vorauseilend im Ausschuss entschuldigt, dass da Geld liegen geblieben ist. Dann sorgen Sie doch dafür, dass die Mittel und die Ermächtigungen, die wir hier geschaffen haben, auch eingesetzt werden. Nicht immer nur ankündigen, Sie müssen auch liefern bei den Investitionen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und zum Thema Investitionen gehört dann auch Ihr Lieblingsprojekt Mieter-Vermieter-Modell. Wir haben inzwischen keine Sitzung im Haushaltsausschuss mehr, wo wir nicht eine Drucksache zum Mieter-Vermieter-Modell haben. Alle zeichnen sich dadurch aus, dass die Behörden das Modell in der

(Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher)

Regel selbst nicht verstanden haben, dass sie keine Wirtschaftlichkeitsberechnung gemacht haben und dass sie ein unheimliches Vertragschaos haben. Ja, Herr Kienscherf, da gucken Sie. Aber in dem einen Fall werden die Mietverträge zwei Jahre nach Errichtung des Neubaus unterschrieben, in dem anderen Fall werden sie unterschrieben, bevor die Bürgerschaft dem Vorhaben überhaupt zugestimmt hat. Meine Damen und Herren, beides ist haushaltsrechtlich doch mehr als grenzwertig. Dieses Chaos müssen Sie endlich in den Griff bekommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und dann, Herr Tschentscher, haben Sie wieder von den Milliardenüberschüssen erzählt, die die Stadt in den letzten Jahren erzielt habe. Da fragt man sich doch: Wo sind die denn geblieben? Wir müssten sie ja am ehesten in der Tilgung finden. Und was haben Sie getilgt? Von 23 Milliarden Euro auf 22,4 Milliarden – über mehrere Jahre. Also wo sind denn Ihre Überschüsse geblieben, wenn das echtes Geld gewesen ist? Das müssen Sie uns dann hier auch konkret sagen.

Sie haben mehr profitiert von Zinsersparnissen – 1,5 Milliarden Euro seit 2011 –, als Sie insgesamt überhaupt getilgt haben. Deshalb fordern wir auch in einem unserer Haushaltsanträge ganz klar: Zinsersparnisse, die es nicht ewig geben wird, müssen eingesetzt werden, damit die Stadt auch für zukünftige Zinserhöhungen wieder gewappnet ist.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Bei diesem Thema vielleicht auch ein Satz zur Konjunkturposition. Gerade die Freunde der GRÜNEN – das sage ich bewusst, bevor Herr Müller kommt – verstehen das immer nicht so ganz. Sie sagen, die Konjunkturposition steige bis auf 4 Milliarden Euro, und tun dann immer so, als würden da 4 Milliarden Euro auf einem Sparbuch liegen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Nein!)

Nein, es ist eine rechnerische Größe, und es zeigt doch gerade: In Zeiten hoher und guter Einnahmen sollen wir nicht alles ausgeben. Und genau deshalb gibt es die Konjunkturposition, damit wir, wenn die Steuereinnahmen wegbrechen – und es kann durchaus sein, dass das passiert, die letzte Steuerschätzung war schon nicht mehr so gut –, dann in unserer Ergebnisrechnung einen gewissen Puffer haben oder auch eine Kreditermächtigung dafür. Nichts anderes ist das.

Insofern: Gucken Sie auf die harten Fakten. Getilgt wurde etwas im Kernhaushalt, von 23 Milliarden auf 22,4 Milliarden Euro. Das relativiert aber viele Milliardenbeträge, die Sie hier in den Raum werfen, komplett.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie uns auch, Herr Tschentscher hat es zumindest am Rand angesprochen, immer einen Blick auf den Konzern haben. Der Haushalt, den wir hier beschließen, deckt nicht alles ab; wir wissen, der Konzern ist viel größer. Im Konzern haben wir inzwischen Schulden von über 40 Milliarden Euro und ein negatives Eigenkapital von 26 Milliarden Euro, weil wir – und an diesem Kurs sollten wir festhalten – anders als andere Bundesländer auch unsere Pensionsverpflichtungen realistisch abbilden. Das gehört sich für eine Kaufmannsstadt; das sollten wir auch beibehalten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich die Schulden im Konzern anschaut und die Frage, wie Sie denn die Sachen so investieren, wird man schon stutzig. Dann kann man nur auf die These kommen: Da wird auch etwas verlagert. Die Hochbahn hat seit Ende 2014, also in der Zeit des rot-grünen Senats, die Schulden gesteigert von 370 Millionen Euro auf 650 Millionen Euro, Tendenz steigend. HPA: von 200 Millionen Euro auf 320 Millionen Euro, Tendenz steigend. UKE: von 60 Millionen Euro auf 160 Millionen Euro, Tendenz steigend. Fördern und wohnen: von 10 Millionen Euro auf 180 Millionen Euro, Tendenz steigend. Und das sind alles Betriebe der Stadt, die sich nicht wirtschaftlich selbst rechnen, sondern für die wir als Stadt auch immer Vorsorge über den Haushalt leisten müssen. Und deshalb, meine Damen und Herren, sagen wir – wir haben es in unserem Antrag angesprochen, die Kollegen von der FDP sprechen es an –: Man muss die Schuldenbremse doch weiter denken. Man muss doch auch diese Aktivitäten außerhalb des Haushalts einbeziehen. Das ist eine wichtige Idee, ein wichtiger Vorstoß, der hier im Rahmen der Haushaltsberatungen auf den Tisch gelegt wurde. Lassen Sie uns darüber ernsthaft reden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn wir über die öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen reden, müssen wir im Übrigen auch zur Kenntnis nehmen, nicht nur der Rechnungshof hat das vor zwei Jahren schon sehr deutlich gesagt – Sie hatten zwei Jahre Zeit –, jetzt gibt es ein Gutachten, das das Gleiche sagt: Es gibt vieles zu tun im Beteiligungsmanagement der Stadt. Viele zentrale Vorgaben werden nicht eingehalten. Hier gibt es viele Schwachstellen, was die Steuerung der öffentlichen Unternehmen angeht, und bei den Risiken, die damit verbunden sind, sollten wir hier nicht länger zuschauen. Es reicht nicht, nur ein Projekt für die nächsten drei Jahre einzusetzen, Herr Finanzsenator, nein, hier muss auch sofort gehandelt werden. Defizite, die wir jetzt erkannt haben, sind abzustellen.

Lassen Sie mich noch ein Stichwort nennen zum Thema Vorsorge. Das spielt bei Ihnen nicht so häufig eine Rolle; vielleicht an der einen oder anderen Stelle schon. Wir haben in den letzten Jah

ren Vorsorge im Haushalt immer mit einem Vorsichtsabschlag gemacht, dass wir gleich bei den Einnahmen oben von den Steuereinnahmen etwas abgezogen haben und dann weitergerechnet.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war ja erfolg- reich!)

Das haben Sie abgeschafft, obwohl Herr Dressel bei seinem Amtsantritt vollmundig angekündigt hatte, es werde weiterhin einen Vorsichtsabschlag geben.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Was haben Sie stattdessen gemacht? Sie haben eine neue Position geschaffen, "Globale Mehrkosten", 150 Millionen Euro. Was ist denn das, bitte schön? Das ist doch ein Blankoscheck, den die Bürgerschaft erteilen soll: 150 Millionen Euro Risikovorsorge, die Sie in allen Politikbereichen einsetzen können, ohne spätere Befassung des Parlaments. Und Konjunkturrisiken können alles Mögliche sein, insbesondere auch steigende Gehälter, steigende Handwerkerrechnungen in allen Bereichen. Das ist doch keine Art, Vorsorge zu betreiben, meine Damen und Herren. Das ist das Gegenteil von Vorsorge, weil es aus Sicht des Parlaments ein Blankoscheck ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn man sich die globalen Mehrkosten insgesamt anschaut, also Mehrkosten, die wir einfach so beschließen, die überall in zentralen Programmen beliebig eingesetzt werden können, dann waren das im Doppelhaushalt 2015/2016, als die Koalition an den Start ging, 1,5 Prozent des gesamten Haushalts. Jetzt steigt es auf 3,6 Prozent im Jahr 2020. Meine Damen und Herren, hier wird das Budgetrecht des Parlaments wirklich arg strapaziert. Wenn ich hier einen Megatrend erkenne, Herr Tschentscher, dann ist es der Megatrend Intransparenz und Budgetrecht des Parlaments und Kleinhalten des Haushaltsausschusses.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das zeigt exemplarisch: Es gibt viele Schwachstellen in diesem Haushaltsplan. Der Haushaltsplan muss an vielen Stellen verbessert werden, muss an vielen Stellen konkretisiert werden. Lassen Sie uns hierfür in den nächsten zwei Tagen die richtigen Entscheidungen treffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Quast von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg wächst. Bald leben über 1,8 Millionen Menschen in unserer Stadt – Menschen, die eine gute öffentliche Infrastruktur benö

tigen, eine Infrastruktur, die mitwächst, quantitativ und qualitativ.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Manche hier hatten die Vision einer wachsenden Stadt, wir haben die wachsende Stadt. Manche haben Bücher über die wachsende Stadt geschrieben, wir gestalten die wachsende Stadt. Und manche haben über die Notwendigkeit des Wohnungsbaus geredet, wir aber bauen Wohnungen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Manche hier sprechen heute von Konsolidierung des Haushalts, wir aber haben ihn konsolidiert.

Wir stehen in der Verantwortung, den Rahmen für das Wachstum zu gestalten, den hier lebenden Menschen eine attraktive und lebenswerte Stadt zu bieten und dafür zu sorgen, dass Hamburg eine offene und freundliche Stadt auch für neue Nachbarn bleibt.