Protokoll der Sitzung vom 02.06.2021

(Beifall)

Denn natürlich geht es darum, wohin sich diese Stadt entwickelt, um den Zusammenhalt in dieser Stadt, aber auch darum, welche Zukunftsfelder bespielt werden. Es geht darum, wie wir den Strukturwandel, den wir gerade durchlaufen, alle gemeinsam gestalten können. Frau Frieling, dabei geht es nicht um irgendwelche Leuchttürme – denn Leuchttürme müssen auch in ihrem Umfeld strahlen, und das geht nicht, indem ich hier und da etwas reinsetze –, sondern das muss einer Gesamtstrategie und einer langen Linie folgen. Ich habe den Eindruck, dass Sie manchmal den großen Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, dass Sie Probleme aufmachen, die teilweise gar nicht da sind, und vor allem Behauptungen in die Welt stellen, denen ich ganz entschieden entgegnen muss, zum Beispiel beim eben schon angesprochenen Thema Klima und Klimaschutz. Ich weiß nicht, ob Ihnen entgangen ist, dass wir das einzige Exzellenzklima-Cluster der gesamten Republik mit entsprechender Infrastruktur haben, mit Reallaboren, die in der Entstehung sind und auch das Innovationsthema sehr erfolgreich befördert haben, mit dem Energieforschungsverbund und vielen, vielen weiteren Maßnahmen. Aber das wächst immer weiter und ist nicht nur irgendwo ein isolierter Leuchtturm, sondern muss einer Gesamtstrategie folgen. Und das machen wir im Senat, und das machen wir auch mit der Unterstützung dieses Hauses.

(Beifall)

Raum für Ideen geben, attraktiv sein für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kooperationen fördern, aber auch eine solide Finanzierung sicherstellen, das sind die Rahmendaten für unsere Wissenschaftspolitik. Ich will noch einmal, weil mir das immer ein bisschen kurz kommt, den Wert und die Qualität der Hochschulvereinbarung herausstellen, die wir für eine Laufzeit von sieben Jahren

(Krzysztof Walczak)

abgeschlossen haben und die in einer schwierigen Haushaltslage in Zeiten der Verunsicherung unseren Hochschulen mit Steigerungsraten über 3,5 Prozent Sicherheit gibt. Wir haben uns hier im letzten, vorletzten und vorvorletzten Jahr immer um die 0,88 Prozent gefetzt; einige werden es erinnern. Jetzt haben wir in Pandemiezeiten mit einer planbaren, verlässlichen, sicheren Perspektive für unsere Hochschulen einen richtigen Sprung nach vorn gemacht, um gute Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, die Infrastruktur für Studierende sicherzustellen und entsprechend Schwerpunkte auszubilden. Ich will das noch einmal an dieser Stelle sagen: Ich bin den Hochschulen dankbar für diesen Prozess, aber auch Ihnen allen für Ihre Unterstützung, denn das war ein richtiger Kraftakt. Vielen, vielen Dank dafür.

(Beifall)

Zur Strategie gehört auch, dass wir uns angucken, wo wir jetzt schon exzellent in der Forschung sind und wo wir uns weiterentwickeln. Der Erste Bürgermeister hat gestern die Themen Digitalisierung, Mobilitätswende und Klimaschutz in den Mittelpunkt gestellt. Überall da haben wir Bezüge zu unseren Hochschulen, zu unseren Forschungseinrichtungen und künftig auch zum Feld der Innovationen mit unserer regionalen Innovationsstrategie in sehr engem Schulterschluss mit der Wirtschaftsbehörde. Weitere Cluster wollen wir unter anderem im Bereich Gesundheit, im Bereich Energie, Mobilität, Delta Science, Digitalisierung und Materialwissenschaften entwickeln. Wie gestern in verschiedenen Debatten schon angeklungen, ist eine wichtige Strategie, dass wir die Stadtentwicklung mit der Wissenschaft, mit der Science City zusammenbringen. Und, Frau Frieling, ich setze auf Ihre Unterstützung in Berlin, PETRA IV, große Infrastrukturmaßnahme, die mittlere dreistellige Millionenbeträge bedeuten wird. Da erwarte ich dann auch genauso engagierte Reden wie hier in diesem Haus.

Wir haben den Energie-Campus in Bergedorf, wir haben den Theaterstandort am Wiesendamm, wir haben den Innovation Port in Harburg, und wir werden mit einem großen gemeinsamen Kraftakt das Thema Gesundheitscampus in Oberwillwerder voranbringen, also Wissenschaft als Motor für Stadtentwicklung für die Menschen vor Ort, gleichzeitig die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Welt einladen. Ich finde, das ist ein schönes Zukunftsbild und eine gute Strategie für die Stadt von morgen. Mit Wissenschaft werden wir Wohlstand sichern, Arbeitsplätze von morgen schaffen, Innovationen fördern und den Zusammenhalt stärken. – Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Frau Fegebank. – Dann erteile ich dem Abgeordneten Grutzeck für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Minuten für die Gleichstellung.

(Zuruf: So wenig?)

Ja, ich habe die Redezeiten nicht gemacht, ich könnte auch länger darüber reden.

Rahmenprogramme, Kennzahlen, Gleichstellungsmonitor, Gender Budgeting, Diskriminierungsgesetz, im Bereich Gleichstellung fährt der Senat zumindest symbolisch eine Menge auf.

(Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Ja.

Schaut man allerdings hinter die Fassade, Herr Kienscherf, so fällt schon einmal schnell auf, dass im Bereich Gleichstellung viele Kennzahlen und somit auch Ziele unambitioniert fortgeschrieben werden oder gar niedriger geplant sind als im Ist der Vorjahre. Dass der Bereich Gender Budgeting mindestens von Teilen der Koalition auch, sagen wir mal, zumindest kritisch gesehen wird, ist, glaube ich, ein offenes Geheimnis.

Aus unserer Sicht denkt Rot-Grün die Gleichstellung jedenfalls viel zu schematisch und bürokratisch. Wie ist denn die Welt da draußen, fernab von gleichstellungspolitischen Rahmenprogrammen? Da sehen wir, dass in Zeiten der Pandemie viele Familien wieder zurück in traditionelle Rollenaufteilungen fallen, und zwar nicht, weil Frauen das wollten. Zu analysieren und zu hinterfragen, welche Mechanismen innerhalb der Familien dafür sorgen, und die Erkenntnisse dann auch zu kommunizieren, das wäre durchaus einmal eine ehrenhafte Aufgabe. Denn Gleichstellung sowie Diskriminierung auf allen Ebenen sind vor allem eine Frage von Denkmustern und Mentalitäten.

Vor einigen Wochen las ich im "Spiegel" einen Artikel zu 50 Jahren Sesamstraße. Ja, das ist interessant. Eine Straße in den ersten Folgen, die aus Männern und Frauen, aus Schwarzen und Weißen bestand, aus Gruppen und Menschen, von dem wohl andeutungsweise, nie behauptet, schwulen Ernie und Bert einmal ganz abgesehen. Heute stehen diese Folgen unter Rassismusverdacht. Wenn Sie bei Walt Disney die Sesamstraße aufrufen, dann steht da drin, es könnte negative Darstellung und/oder falsche Behandlung von Personen und Kulturen zeigen. Warum erzähle ich das? Passen Sie ein bisschen auf, das Thema nicht zu überpacen. Es ist wichtig, dass wir uns darum kümmern, denn wir laufen im Moment Gefahr, damit einen Großteil der Gesellschaft auf dem Weg dorthin zu verlieren.

(Beifall)

Vielen Dank. – Frau Dobusch für die SPD-Fraktion, bitte.

(Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank)

Herr Präsident, werte Abgeordnete! Herr Grutzeck, ich habe ein paar Minuten mehr. Es ist nicht wahr, dass es keinen Unterschied zwischen den Parteien und Fraktionen gibt. Also von daher...

(Beifall)

Noch einmal: Werte Abgeordnete! Wir sind in Hamburg eine offene Stadtgesellschaft. Wir sind das gern. Wir wollen eine Gesellschaft sein, in der wir alle ohne Angst verschieden sein können. So oder so ähnlich habe ich das gestern in der Generaldebatte gehört, und mir hat das sehr gut gefallen. Von daher habe ich das jetzt noch einmal wiederholt.

(Beifall)

Wir arbeiten schließlich seit zwei Legislaturperioden systematisch an Themen wie Integration, Inklusion, Interkulturalität, Gleichstellung. Wir bekämpfen Diskriminierung, Antisemitismus, Rassismus. Und jetzt setzen wir sozusagen einen drauf, jetzt haben wir uns auf den Weg gemacht zu noch mehr Teilhabe unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft.

Einiges davon läuft bereits, Sie haben das mitbekommen: digitale Senior:innenarbeit, Kick-off's zur Fortsetzung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms GPR und des Aktionsplans für die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, die Benennung des Beauftragten für Antisemitismus, die Ausschreibung der Koordination für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. All diese Fäden sollen zukünftig in einem neuen Amt zusammenlaufen, und im Einzelplan finden sich dafür nun zusätzliche Personalmittel. Besser als bisher werden wir dann Querschnittsaufgaben, dazu gehören natürlich auch eine Antidiskriminierungsstrategie oder das Demokratiekonzept, im Blick behalten und miteinander abgestimmt handeln können. Natürlich erfolgt die Umsetzung all dieser Querschnittsaufgaben in den verschiedensten Ressorts. Mehr Frauen im Sport, Initiativen im Sozialbereich für Frauen und LGBTIQ-Menschen, ein neues Kompetenznetz gegen rechts. Sie haben das mitbekommen, es gibt da noch vieles mehr.

In unseren aktuellen Hausanträgen ersuchen wir jetzt den Senat zusätzlich, strukturierende Maßnahmen, zum Beispiel den Gleichstellungsmonitor, weiterzuentwickeln, weil gerade in Pandemiezeiten deutlich wurde, wie wichtig eine gute differenzierte und möglichst auch aktuelle Datenbasis ist. Da ist noch ein weiter Weg bis hin zur Alltagstauglichkeit, da gebe ich Herrn Grutzeck ein bisschen recht, aber jeder Schritt zählt.

Komplexer gelagert ist die Situation beim Gender Budgeting beziehungsweise der gleichstellungswirksamen Haushaltssteuerung. Gerade hat der Haushaltsdirektor im Rahmen des Hamburger Fi

nanztages 2021 ausgeführt, dass die neue Landeshaushaltsordnung vorsieht, den Grundsätzen der Wirkungsorientierung Rechnung zu tragen, insbesondere natürlich unter Berücksichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter.

(Beifall)

Die Erwartungen sind hier hoch, insofern wird es noch einen langen spannenden Prozess brauchen, bis wir wirklich verzahnte Systeme zwischen GPR, Haushalt, Monitor, Indikatoren, Genderkennzahlen, Berichtswesen und so weiter haben werden. Unser Antrag gibt da aber einen weiteren Anstoß.

Des Weiteren ersuchen wir mit unseren Anträgen die Schul- und die Gleichstellungsbehörde, gemeinsam die Arbeit zur Stärkung der sexuellen Identität und Orientierung für Schüler:innen in Hamburg sicherzustellen, und bauen außerdem den Diskriminierungsschutz aus.

Die Coronapandemie traf und trifft Frauen ungleich härter als andere. Die Ungleichheit der Geschlechter ist wieder gewachsen und das, obwohl oder gerade weil die den Laden wesentlich am Laufen halten. So hat es die "taz" einmal formuliert. Sie wissen genau, wen ich meine und von wem ich rede: Mütter, Pflegekräfte, Kassiererinnen, Erzieherinnen – das könnte man noch fortführen. Deshalb muss die Fortschreibung des GPR, des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms, hierauf in Zukunft einen besonderen Fokus setzen.

(Beifall)

Gemeinsam mit der Stadtgesellschaft werden wir in den kommenden Jahren daran arbeiten, dass die Gleichstellung der Geschlechter dann auch tatsächlich, Herr Grutzeck, in der Lebenswirklichkeit ankommt, dass Benachteiligungen abgeschafft werden, Diskriminierung bekämpft und unser Leben von gegenseitigem Respekt geprägt sein wird. Machen Sie einfach mit, dann wird es gut. – Vielen Dank.

(Beifall)

Danke, Frau Dobusch. – Jetzt erhält das Wort für die GRÜNE Fraktion die Abgeordnete Engels.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleg:innen! Der Koalition liegt die gleiche und gleichberechtigte Teilhabe von allen Menschen in Hamburg am Herzen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Alter, Religion oder Behinderung. Dafür ist es notwendig, Diskriminierung entschieden entgegenzutreten und tatsächliche Gleichstellung von Frauen durchzusetzen. Dafür ist die Behörde von Katharina Fegebank mit dem neuen Amt für Gleichstellung und gesellschaftlichen Zusammenhalt stark aufgestellt.

Dies ist wichtig und notwendig, denn Diskriminierungserfahrungen gehören für viele Hamburger:innen zum Alltag. Die Debatten um Rassismus, Sexismus und wachsenden Antisemitismus zeigen das. Aber auch die Rede der AfD heute in dieser Debatte zeigt, wie wichtig diese Politik ist, und zwar auch und gerade im Bereich der Wissenschaft, zum Beispiel durch die Arbeit des Zentrums GenderWissen, das seit vielen Jahren tolle Arbeit leistet,

(Beifall)

aber auch bei der Verteidigung und dem Einsatz für die grundgesetzlich geschützte freie Lehre und Forschung. Denn anders als die AfD mischen wir uns nicht in die Vorlesungsverzeichnisse der Universität ein.

(Beifall – Zurufe)

Die Frage der Antidiskriminierung und Gleichstellung ist ein politisches Kampffeld, wie wir durch diese Debatten gerade aktuell auch um die geschlechtergerechte Sprache mal wieder erleben.

(Zuruf)

Es gibt also viel zu tun, und der hier vorgelegte Haushalt ist dafür eine gute Grundlage. Zentral ist die jetzt gestartete Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms. Wir haben dazu vor Kurzem einen Bürgerschaftsantrag zur Bürger:innenbeteiligung beschlossen. Ein wichtiges Instrument zum Monitoring ist der Hamburger Gleichstellungsmonitor, für den wir weitere Datenquellen erschließen wollen. Auch in unserem Haushaltsantrag zum Gender Budgeting geht es um die Wirksamkeit, mit dem Ziel, im GPR zu messbaren Indikatoren zu kommen, aus denen die Behörden Genderkennzahlen für den Haushalt entwickeln können. Und wir geben dem Senat auch die Verpflichtung auf, alle zwei Jahre über die Erreichung der Gleichstellungsziele in den Einzelplänen zu berichten, und sorgen für einen gezielten Kompetenzaufbau in der Breite der Verwaltung zum Thema Gender Budgeting. So geht Geschlechtergerechtigkeit im Behördenhandeln.

(Beifall)

In Hamburg sind wir aber auch Vorreiter:innen bei der Akzeptanz und Förderung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, sowohl historisch gesehen – ich erinnere an die Hamburger Ehe – als auch in jüngster Zeit. Der Aktionsplan stellt seit drei Jahren die Basis für die Gleichstellung queerer Menschen in Hamburg dar. Der neue Aktionsetat wird dafür sorgen, zukünftige Maßnahmen, die mit der Community und der Stadtgesellschaft entwickelt werden, zu ermöglichen. Neben dem Aktionsplan bringen wir heute aber auch ein wichtiges, konkretes Projekt weiter voran, indem wir das Projekt "soorum" stärken. In Peer-to-Peer-Workshops mit Schulklassen zum Thema sexuelle und ge

schlechtliche Vielfalt wird hierbei für Aufklärung und Prävention gesorgt.