Protokoll der Sitzung vom 13.12.2022

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan-Entwurf 2023/2024 ist für die Wissenschaft, insbesondere für die Hochschulen und Universitäten in unserer Stadt, nur eines: eine riesige Enttäuschung. An die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt geht das Signal: Wir investieren nicht in eure Zukunft, wir investieren nicht in die Zukunft unserer Stadt. Der Strangulierungskurs der letzten zehn Jahre wird weitergefahren. Zehn Jahre Vernachlässigung, zehn Jahre, elf Jahre jährlicher Aufwuchs von 0,88 Prozent können nicht durch den beim letzten Mal vereinbarten Aufwuchs von 2 bis 3 Prozent für die nächsten sieben Jahre kompensiert werden.

Lassen Sie uns doch einmal ehrlich auf die Lage schauen.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir sind immer ehr- lich!)

Die Uhr läuft nicht richtig, und hier wird die ganze Zeit gewinkt.

(Heiterkeit im Plenum)

Ja, Entschuldigung, die Uhr läuft hoch.

Okay, ich mache dann einmal weiter.

Ich war dabei, dass ich ehrlich auf die Lage schauen wollte – Sie wahrscheinlich nicht, aber machen Sie trotzdem mit.

Angesichts der aktuellen Entwicklung der Energiepreise, die sich eben nicht nur in den Kosten für die Energieversorgung, sondern auch in den gestiegenen Preisen für jedes einzelne zu kaufende Gut niederschlagen, wird das Budget der Universitäten und Hochschulen drastisch verringert. Mit den zu erwartenden Tarifsteigerungen wird es noch einmal kleiner. Die Universitäten und Hoch

schulen in unserer Stadt haben seit 2011 jedes einzelne Jahr faktisch weniger Geld zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU)

Noch einmal, in schlichten Worten: Die Grundfinanzierung der Unis und Hochschulen ist einfach zu gering. Wann, wenn nicht jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen für eine Kurskorrektur, für ein starkes Signal? Hamburg investiert in seine Universitäten, Hamburg investiert in Forschung, Hamburg will führender Wissenschaftsstandort werden, wird immer gesagt. Der Finanzsenator spricht so gern vom antizyklischen Investieren. Dies wäre der Moment gewesen, um es echt mal zu tun. Mit diesem Doppelhaushalt hätte man Hamburg eine starke Zukunftsorientierung geben können. Stattdessen machen wir oder vor allen Dingen Sie weiter so – und das im Schneckentempo.

(Beifall bei der CDU)

Beim Thema Cluster im Wissenschaftsbereich passiert seit zwei Jahren nichts, was man sehen könnte. Was aber auffällt: Die Cluster aus der wirtschaftspolitischen Strategie spiegeln sich in drei zentralen Feldern mindestens nicht in den Studiengängen unserer Unis wider. Hamburg ist nicht bekannt für Luft- und Raumfahrttechnik, bietet wenig bis gar nichts zum maritimen Cluster – wohlgemerkt an den Hochschulen –, und auch im Bereich Logistik bieten die öffentlichen Universitäten keine renommierten Studiengänge an. Wer in diesen Feldern nach den führenden Unis sucht, wird in Hamburg definitiv nicht fündig. Genau diese Verzahnung wird wohl gebraucht, um eine erfolgreiche Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik zu kombinieren.

Bei der Sanierung der Gebäude der Uni, im Koalitionsvertrag vereinbart bis zum Ende der Legislaturperiode, ist noch nichts geschehen. Die Bestandsanalyse wird Ende 2023 vorliegen – die Analyse wohlgemerkt, von Instandsetzung und Renovierung ist noch lange nicht die Rede. Die Großbaustellen und so weiter laufen komplett aus dem Ruder, das hatten wir schon, Stichwort Universitätsund Staatsbibliothek. Dramatische Mängel beim Brandschutz, das Gebäude marode, und was geschieht? Machbarkeitsstudie folgt auf Prüfauftrag folgt auf Bestandsanalyse. In Analysen kann man echt nicht arbeiten.

(Dennis Thering CDU: Richtig!)

Will der Senat eine Universitäts- und Staatsbibliothek, die leistungsstark im digitalen Zeitalter mitwirken kann? Dann müssen die Mittel dafür fließen, dann muss geplant und gebaut werden, und das eher gestern als morgen.

(Beifall bei der CDU)

Dann wird es heißen: Das sind doch nur Gebäude, was macht das schon? Nun, das macht etwas; gerade bei uns macht das was. Denn Hamburg befin

(Vizepräsident Frank Schmitt)

det sich im Wettbewerb um die klügsten Köpfe, und diese Köpfe sind nicht nur klug, sondern auch weltweit mobil. Eine schöne Stadt allein reicht nicht aus. Gute und zeitgemäße Arbeitsbedingungen wären ein Standortvorteil, wenn man schon bei den Gehältern nicht mithalten kann, was wir nicht können. Dann hätte man eine schöne Stadt und eine sehr gute Infrastruktur und Arbeitsbedingungen im Angebot und damit dann wohl doch deutlich bessere Voraussetzungen, um kluge Köpfe für hier zu gewinnen.

An einem Wissenschaftsstandort, der diesen Namen verdient, sollte man auch nicht die Landesforschungsförderung auf einen Erinnerungsbetrag zusammenstreichen, sondern in Zeiten wie diesen aufstocken, mit einer entsprechenden Perspektive über 2024 hinaus.

(Beifall bei der CDU)

Das scheint bei Rot-Grün und hier im Senat niemand zu wollen. Die Wissenschaft wird in schwierigen Zeiten zum Sparen verdonnert. Und wen wird das wohl am meisten treffen? Den wissenschaftlichen Nachwuchs. Stellen im Mittelbau sind leider die Hauptstellschraube der Universitäten. Sie können sich also selbst ausmalen, was nach den nächsten Tarifverhandlungen in Hamburg geschehen wird.

Die CDU will den Wissenschaftsstandort stärken und fordert einen Zukunftsfonds für Wissenschaft und Innovation, um zukünftig unabhängig von aktuellen Haushaltslagen sicherzustellen, dass in Forschung und in die Unis kontinuierlich investiert wird. Zu dem Fonds haben Sie schon gehört, was wir damit alles wollen. Es ist auch nicht so, dass das ein Einmalfonds mit einmal Ausgeben ist. Das ist ein Fonds, den man regelmäßig weiter befüllt mit dem, was man sozusagen ab und zu mal an Profiten erwirtschaften kann.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt haben Sie lange Zeit Glück gehabt mit Hapag-Lloyd. Demnächst haben Sie vielleicht Glück mit einem anderen Unternehmen. Nehmen Sie das Geld, investieren Sie es in die Wissenschaft; da ist es gut angelegt, da wird es zukünftig Früchte tragen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Frau Dr. Frieling. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kammeyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg:innen! Wissenschaft und Forschung geben uns Antworten auf die aktuellen Krisen und die wesentlichen Zukunftsthemen unserer Stadt und unserer Gesellschaft. Ob nun der Klimawandel, die Infektionsforschung oder die Di

gitalisierung und die Entwicklung neuer Technologien: Um all diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen, aber auch um die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt nachhaltig voranzutreiben, brauchen wir auch in Zukunft einen exzellenten Wissenschafts- und Forschungsstandort. Deswegen verfolgen wir trotz einer erschwerten Haushaltslage eine Wissenschaftspolitik, die genau darauf abzielt, unsere Hamburger Hochschul- und Forschungslandschaft in ihrer Vielfalt und Qualität noch weiter zu stärken. Dafür stehen in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 – wie in den Zukunftsverträgen mit den Hochschulen, dem UKE und der Staatsbibliothek vereinbart – zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 188 Millionen Euro zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Insgesamt investieren wir eine Dreiviertelmilliarde in den Wissenschaftsstandort und finanzieren neben der wachsenden Grundfinanzierung auch die individuellen Entwicklungsvorhaben der unterschiedlichen Einrichtungen. Zusätzlich behält der Senat die Belastungen der Hochschulen durch die hohen Energiepreise im Blick und hat jetzt schon angekündigt, hier bei Bedarf nachzubessern.

Genauso bieten wir unseren Hochschulen gerade in der Krise eine verlässliche Perspektive. Die Regierungsfraktionen ergänzen den vorgelegten Haushaltsplan um wichtige Schwerpunkte; da meine Redezeit leider ein bisschen begrenzt ist, kann ich jetzt nur auf zwei von ihnen eingehen.

Wir haben in dieser Krise natürlich vor allem das Wohl der Studierenden fest im Blick. Sie werden nämlich besonders hart von den inflationsbedingten Preissteigerungen getroffen, in allen Lebensbereichen. Wir sorgen gemeinsam mit dem Studierendenwerk – das Sie übrigens damals kaputtgespart haben – dafür,

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Auch das noch!)

dass es bei den Semesterbeiträgen, in den Mensen und in den Studierendenwohnheimen keine Preiserhöhungen gibt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das für das Studierendenwerk entstehende Defizit in den Haushaltsjahren 2023/2024 werden wir in voller Höhe ausgleichen. Zudem investieren wir zusätzlich 200 000 Euro, um das Angebot der Hochschulgastronomie nachhaltig und klimafreundlich weiterzuentwickeln. Wir treiben außerdem unser gemeinsames Ziel weiter voran, bis 2030 2 000 zusätzliche Wohnheimplätze für Studierende zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir freuen uns sehr, dass wir nach langer Planung und vielen, vielen Vorgesprächen nun endlich den

(Dr. Anke Frieling)

gemeinsamen grundständigen Lehramtsstudiengang Theater von HfMT und Uni Hamburg auf den Weg bringen können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit unserer im Haushaltsantrag bereitgestellten Anschubfinanzierung von insgesamt 1,2 Millionen Euro begegnen wir dem hohen Bedarf an gut ausgebildeten Lehrkräften und stärken den pädagogisch für Integration und Inklusion besonders wirksamen Theaterunterricht an Hamburger Schulen. Klar ist für uns aber auch, dass im nächsten Doppelhaushalt eine auskömmliche Finanzierung des Studiengangs sichergestellt werden muss. Der hohe Stellenwert, den das Thema Wissenschaft in diesem Hause hat, zeigt sich in den vielschichtigen und emotionalen Debatten hier im Haus, aber auch im Wissenschaftsausschuss.

An der Stelle möchte ich mich, wie jedes Jahr, auch bei meinen Kolleg:innen aus dem Wissenschaftsausschuss für die gemeinsamen Debatten im Ausschuss bedanken.

Ich will aber trotzdem zwei, drei Sätze zu Ihren Haushaltsanträgen sagen, wenn ich dafür noch die Zeit finde. Die Einlassung zur AfD lasse ich in dem Fall einmal weg, weil ich die Anträge in diesem Jahr eher unterirdisch fand.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aber kommen wir zu Frau Frieling. Sie können mir glauben, dass Ihre Idee zu einem Zukunftsfonds für die Wissenschaft mir als Fachpolitikerin eigentlich sehr gut gefällt, aber ich finde Ihren Finanzierungsvorschlag nicht besonders verlässlich und solide. Wir haben heute schon viel über die Hapag-Lloyd-Dividende gesprochen, die nicht jedes Jahr so rauschend wie im letzten Geschäftsjahr fließt.

(Zuruf von Dr. Anke Frieling CDU)

Ja, ich habe das verstanden: die Gewinne, die sonst noch so reinkommen. Das ist mir nicht verlässlich genug.