Protokoll der Sitzung vom 13.12.2022

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast hätte ich gesagt, man gewöhnt sich an alles, aber daran will ich mich nicht gewöhnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das fand ich in der Tat einigermaßen abenteuerlich, Herr Walczak, und ich könnte zu jedem Ihrer Einzelpunkte, die Sie jetzt noch einmal mit Blick auf die Fraktionsanträge ausgeführt haben, viel sagen.

(Dirk Nockemann AfD: Darauf warten wir mal!)

Aber erlauben Sie mir diesen einen Satz: Die Verunglimpfung der Forschungsstelle koloniales Erbe ist absolut indiskutabel.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Sie wollen nicht ernsthaft infrage stellen, dass der Großteil des Reichtums, auf dem auch Hamburg aufgebaut ist, durch Abhängigkeiten und Ausbeutung in afrikanischen Ländern zustande gekommen ist.

(Dr. Alexander Wolf AfD: Blödsinn!)

Auch das wird aufgearbeitet, und das ist ein Teil unserer historischen Verantwortung, die wir hier tragen in der Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Krzysztof Walczak AfD: Sie arbei- ten hier Ihre persönlichen Komplexe auf!)

Über Komplexe sprechen wir das nächste Mal vielleicht, Herr Walczak.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte mich, weil es in dieser Debatte um Wissenschaft und um Forschung, Transfer und Innovation geht, einmal vorab – das wurde eben in der Generaldebatte auch verschiedentlich geäußert, wir sind seit fast drei Jahren in einem Ausnahmezustand, regieren im Ausnahmezustand – bedanken bei all unseren Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden, Professoren, Gastprofessoren und natürlich all denjenigen, die jeden Tag daran arbeiten, unsere Stadt in die Zukunft zu führen, dafür, dass wir so intensiv, so vertrauensvoll, so kooperativ in diesen wirklich schwierigen Zeiten zusammengearbeitet haben. Es ist mir ein Anliegen, das einmal zu sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich komme dann gleich zu Frau Frieling und auch zu Herrn Thering, der das Thema ja in die Generaldebatte getragen hat, worüber ich mich gefreut habe, denn ich finde es immer gut, wenn wir über die Zukunftsthemen und die Zukunftsfragen unserer Stadt sprechen, gerade in Zeiten, in denen es im Moment sehr viel darum geht, Löcher zu stopfen, Rettungsschirme zu spannen, Bremsen zu beschließen, den Blick darauf zu richten, was unseren Wohlstand, unsere Arbeitsplätze und unser Zusammenleben von morgen ausmacht, nämlich wie und wovon wir in zehn oder 15 Jahren noch leben wollen. Und da sind wir sehr schnell bei der Antwort, die die Grundlage und das Fundament für alles ist: Das ist die Wissenschaft, das ist die Forschung, und das sind die Erkenntnisse und Ideen, die dann hoffentlich auch bei uns zu Produkten und zu Innovationen made in Hamburg führen.

(Dirk Nockemann AfD: Rot-grüne Wissen- schaftspolitik funktioniert irgendwie nicht!)

Und da haben wir einen stabilen und soliden Haushalt in unsicheren Zeiten aufgestellt. Mein Dank richtet sich auch an den Finanzsenator und an alle hier im Haus, die sich daran beteiligt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Krzysztof Walczak)

Frau Frieling, ich versuche einmal einen etwas optimistischeren Blick zu wagen, nicht weil das irgendwie eine Berufskrankheit von mir ist oder weil es mein Job wäre, sondern indem ich einmal versuche, mit zwei, drei Schritten zurück auf unsere Hochschulen und unser Wissenschaftssystem in Hamburg zu blicken. Ohne jetzt zu lang in die Historie zu gehen, will ich aber schon sagen, dass es sich bei der Entwicklung des Standorts um einen Langstreckenlauf handelt. Das ist kein Sprint. Und wer sieht, welche Entwicklungen Hamburg genommen hat die letzten fünf, die letzten zehn Jahre, der muss doch Bemerkenswertes feststellen: dass wir nämlich – woran, glaube ich, niemand geglaubt hätte vor einigen Jahren, Herr Thering – ein Exzellenzstandort sind, und das heißt nicht, dass wir ein paar Grundlagenforschungs-Cluster in einigen Bereichen der Universität haben, sondern dass die Universität den gesamten Standort mitgenommen hat, die anderen Hochschulen mitgenommen hat. Der Vorteil der kurzen Wege, die Vielzahl an Forschungseinrichtungen, das ist etwas, worauf man im Moment guckt. Und wenn Sie mir nicht zuhören wollen aus der Opposition, was ich verstehen kann,

(Dennis Thering CDU: Ich höre doch zu!)

oder sich die Worte nicht zu eigen machen wollen, was ich auch nachvollziehen kann, dann sprechen Sie vielleicht mit dem Präsidenten der HelmholtzGemeinschaft, der Trägerorganisation unseres DESY, der die Entwicklung der Science City gut im Blick hat und zur Eröffnung des Levante-Computers vor einigen Wochen sagte, er finde sehr bemerkenswert, was sich in Hamburg die letzten Jahre abgespielt habe. Eine andere Wertschätzung für Wissenschaft, ein ganz anderer Blick auf Forschung, ein viel größeres gewachsenes Selbstverständnis für die Stärken in einzelnen Forschungsbereichen, das ist nichts, was von heute auf morgen kommt, sondern was sich über Jahre entwickelt und was natürlich auch mit einer soliden Finanzierung unterstützt werden muss. Deshalb, Frau Frieling, steigen die Budgets, steigen die Grundbudgets und natürlich auch die Perspektiven für jede einzelne Hochschule, aufwachsend auf 750 Millionen Euro bis ins Jahr 2027/2028. Ich finde, das ist ein schöner Betrag, über den wir hier sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben Steigerungsraten von 3,5 Prozent, und was wir heute noch gar nicht angesprochen haben …

(Dennis Thering CDU: Und eine Inflation von 8 Prozent!)

Über das Thema Inflation können wir gern sprechen, das gilt dann aber nicht nur für den Hochschul- und Wissenschaftsbereich, sondern für alle.

Und da haben wir von Anfang an gesagt, und auch der Finanzsenator hat es doch eben noch einmal erwähnt, dass wir die Grundlage in den Budgets gelegt haben, die in den Einzelplänen drin sind. Wir haben sogar ein größeres Budget im Wissenschaftsbereich mit den 3,5-prozentigen Steigerungen, von denen wir vor zwei Jahren in der Coronapandemie noch dachten, das sei ein echter Wurf, den wir da hingelegt haben, eine planbare Perspektive bis Ende 2027. Ich weiß gar nicht, welches andere Bundesland seinen Hochschulen eine so langfristige Perspektive gegeben hat. Mir ist keins bekannt, zumindest haben mir das die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern gesagt und waren erstaunt darüber.

Das heißt, wir haben einen Aufwuchs von 3,5 Prozent, und wir haben darüber hinaus – das müssen wir mit in die Grundfinanzierung einbeziehen – einen auf Bundesebene verabschiedeten und im letzten Monat dynamisierten, also mit jährlichen Steigerungsraten von 3 Prozent versehenen Zukunftsvertrag Studium und Lehre. Das kommt on top. Wir haben in Coronazeiten 75 Millionen Euro allein unseren Hochschulen für Digitalisierungsanstrengungen zur Verfügung gestellt, von den HWSP-Mitteln, eben auch angesprochen, ganz zu schweigen.

Das heißt, wir haben die Säule der Grundfinanzierung, wir haben das Thema der Inflation, völlig zu Recht, und der horrenden Energiepreissteigerungen, wir haben aber auch Regelungen getroffen im Bund, von denen die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen profitieren. Die gelten als geschützte Kunden, sie sind bei der Soforthilfe dabei, sie sind bei der Strompreisbremse dabei, sie sind bei der Wärmebremse dabei, also bei der Gasbremse mit dabei, und wir haben verabredet, dass wir hier über unseren Notfallfonds, wenn es weitere Bedarfe gibt – wir müssen nur erst einmal sehen, wie das greift –, dann unsere Hochschulen nicht hängen lassen, dass wir unsere Forschungseinrichtungen nicht hängen lassen, dass wir das Studierendenwerk nicht hängen lassen; das wurde eben schon mehrfach angesprochen. Wir haben den Defizitausgleich für dieses Jahr verabredet, wir haben ihn für nächstes und übernächstes Jahr verabredet, auch übrigens als starkes Signal an die Studierenden, gekoppelt an stabile Preise für studentisches Wohnen und auch beim Essen.

Und wir haben heute im Senat die Umsatzerlösdefizit-Drucksache für das UKE in Höhe von 34 Millionen Euro verabschiedet. Das heißt, wenn der Bedarf da ist, dann handeln wir, und dann werden wir auch im nächsten oder übernächsten Jahr etwas tun. Darauf sollen sich unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen verlassen, das ist meine wichtige Botschaft heute.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank)

Ich komme noch einmal zurück zur Vogelperspektive. Das heißt, die eine Säule ist die solide Grundfinanzierung, die andere Säule ist die Entwicklung von Forschung, auch von Forschungs-Clustern, Frau Frieling. Sie haben eben die Perspektive Wirtschaft eingenommen. Wir haben auch, nachdem wir geguckt haben, wie es in anderen Ländern funktioniert, in Cambridge beispielsweise, uns angeschaut, wie wir aus wissenschaftlicher Stärke und Exzellenz – wie wir sie haben in der Science City, wie wir sie haben in Bergedorf auf dem Energie-Campus, wie wir sie in Harburg haben, die Materialforschung, wir haben den Bereich der Life Sciences – Ökosysteme entwickeln können, die aus der Wissenschaft wachsen und attraktiv sind für Unternehmen und für Start-ups. Das ist etwas, was in dem Ökosystem Science City, was in Bergedorf, was in Harburg, was im Campus Eimsbüttel mit dem KlimaCampus und dem geisteswissenschaftlichen Campus die nächsten Jahre Schule machen wird, von der Grundlagenforschung über die Anwendung hin in den Transfer. Aus Hamburger Grundlagenforschung gute Ideen made in Hamburg machen, da sind wir gut auf Kurs, und das in schwierigen Zeiten.

Deshalb mein Dank noch einmal an das Parlament für die vielen anderen Initiativen, die teilweise hier schon vorgestellt wurden, die einen guten Plan noch besser machen im Sinne der Wissenschaft und für eine gute Zukunft in der Stadt. – Danke schön.

(Lang anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Frau Senatorin Fegebank. – Dann haben hier einige angekündigt, zu dem Aspekt Gleichstellung zu sprechen. Herr Grutzeck hat als Erster das Wort für die CDU.

Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Da kann ich gleich anschließen an die Rede von Herrn Walczak. Die Gleichstellung ist deshalb so wichtig, damit solche Redebeiträge, wie wir eben von Ihnen gehört haben, immer weniger werden.

(Beifall bei Dennis Thering CDU und bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist ganz offensichtlich das Ziel der rot-grünen Koalition, und da können Sie sich auf unsere Unterstützung …

(Krzysztof Walczak AfD: Im Zensieren von Gedanken!)

Ja, ist gut.

Da können Sie sich auf die Unterstützung der CDU eindeutig verlassen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe nicht so furchtbar viel Zeit, deswegen will ich mir einen Punkt als besonders wichtig herausgreifen, die Seniorenpolitik. Frau Möller-Metzger ist heute schon erwähnt worden von Herrn PaustianDöscher, und er hat Ihnen gedankt, dass Sie sich so vehement für eine Verbesserung der Seniorenbildungsstätten oder der Seniorentreffs eigesetzt haben. Es war offensichtlich dann auch nötig, sich zu bedanken. Ich werte es jedenfalls so, dass das kein Selbstgänger war. 250 000 Euro sind ein Nichts, gemessen an der Gesamtsumme des Haushalts, und wenn Sie dafür kämpfen mussten, dann wirft das ein bisschen ein Licht darauf, wo die Seniorenpolitik in der Behörde immer noch steht. Das ist eindeutig viel, viel, viel zu wenig, und das ist ein Punkt, den wir kritisieren, Frau Bürgermeisterin. Da muss in den nächsten Jahren einfach viel mehr passieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben vor einigen Monaten hier ein Seniorenpapier verabschiedet – nein, haben wir nicht, aber wir haben es eingebracht. Sie haben es dann natürlich abgelehnt, aber lesen Sie es sich einmal durch und schöpfen Sie daraus vielleicht Ideen für die nächsten Haushaltsrunden. Meine Zeit ist leider schon wieder abgelaufen, aber wir werden das sicherlich an geeigneter Stelle noch vertiefen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Grutzeck. – Wir warten noch den Applaus für Herrn Grutzeck ab, und jetzt erhält Frau Dobusch für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, werte Abgeordnete! Rot-Grün rückt Teilhabe und sozialen Zusammenhalt, Gleichstellung und Antidiskriminierung in den Fokus. Das zeichnet sich in der aktuellen Behördenstruktur ab – ja, aus einer Arbeitsstelle wurde ein Amt – und auch im Einzelplan 3.2 mit seinen Produkten. Antidiskriminierung, LGBTQIA+, Frauen und Gleichstellung, Senior:innen und Demografie, Förderung jüdischen Lebens, Gleichstellung behinderter Menschen, all das findet sich in diesem Einzelplan, und das ist auch gut so. Das sage ich natürlich speziell in Richtung rechts.

Was vielleicht ein bisschen sperrig daherkommt, ist wesentlich für unser Ziel, nämlich für eine weltoffene, auf Respekt, Teilhabe, gerechte Chancen ausgerichtete Gesellschaft, die niemanden, egal aus welchen Gründen auch immer, diskriminiert und ausschließt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dirk Nockemann AfD: Davon kann ich ein Lied singen!)