Ich rufe zunächst das erste Thema auf, erinnere Sie noch einmal daran, dass als Redezeit in der ersten Runde jeweils fünf Minuten und dann immer drei Minuten zur Verfügung stehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir über Schule sprechen, haben viele Menschen Assoziationen wie Hausaufgaben, Klassenarbeiten oder Ähnliches im Kopf. Ich glaube, eine Klassenarbeit im übertragenen Sinne ist es für das Bildungssystem in Deutschland auch, den Bedarf an Lehrkräften für die nächsten Jahre sicherzustellen. Gründe dafür liegen unter anderem in den gestiegenen Schülerzahlen und in der Pensionierung großer Jahrgänge bei den Lehrerinnen und Lehrern. Hamburg hat an dieser
Stelle aber bereits in den letzten Jahren aufgepasst, proaktiv gehandelt oder, um im Bild zu bleiben, Hamburg hat hier in den letzten Jahren seine Hausaufgaben gemacht.
In der Zeit von 2010 bis 2022 ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Hamburg um 21 Prozent gestiegen, die Zahl der Lehrkräfte hingegen um 34 Prozent. Das zeigt, dass Hamburg deutlich über dem Schülerwachstum zusätzliche Lehrkräfte eingestellt hat.
Dennoch hat die Behörde auch hier ein Maßnahmenpaket vorgestellt, und klar ist dabei, dass die Maßnahmen, die in Hamburg ergriffen werden, nicht auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler und der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen werden sollen, denn insbesondere hinter den Lehrerinnen und Lehrern, das gilt aber auch für die Schüler:innen, liegt natürlich eine besondere Zeit. Ich denke hier an die Coronapandemie und vieles Weitere. Deshalb geht an dieser Stelle erst einmal der große Dank an die Lehrkräfte in Hamburg für ihr Engagement.
Die Maßnahmen, die der Senat oder die Schulbehörde an dieser Stelle vorstellt, sind klug, sie sind durchdacht, sie sind sinnvoll. Ich will einige Maßnahmen nennen: Ursprünglich waren es 810 Referendariatsplätze, bis ins Jahr 2024 ansteigend auf 1 350, das ist ein Zuwachs von 66 Prozent. Durch höhere Flexibilität ist sichergestellt, dass diese Plätze auch vergeben werden. Gleichzeitig wird den Beschäftigten im Ganztag am Nachmittag ermöglicht, auch am Vormittag in den schulischen Betrieb einzusteigen. Das ist zum einen eine Forderung der Träger und Beschäftigten, die seit Langem im Raum steht, und es sind gleichzeitig über 2 000 Pädagoginnen und Pädagogen, die hier auch Aufgaben übernehmen können, die bisher von Lehrkräften erfüllt wurden.
Weitere Maßnahmen kommen dazu. Zum Quereinstieg und Seiteneinstieg kommt wahrscheinlich später in weiteren Runden noch einmal etwas, aber auch ein freiwilliges Überschreiten der Altersgrenze ist möglich für die Lehrerinnen und Lehrer, die länger arbeiten möchten.
Mehr Personal einzustellen ist das eine, das andere ist es, diesen Job so attraktiv zu machen, dass er gewählt wird. Dazu gehört unter anderem die Anpassung der Lehrer:innengehälter von A 12 auf A 13, die im Sommer mit dem letzten Schritt endgültig abgeschlossen ist. Für uns ist klar: Alle Lehrämter sind gleich wichtig, gleich bedeutend, gleich
anspruchsvoll, es gibt keine Lehrkräfte erster und zweiter Klasse, und deshalb werden sie alle endlich auch gleich bezahlt.
Weitere Punkte in diesem Papier: Es ist die Rede von Gesundheitsförderung und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität. Die Behörde lädt hier zum konstruktiven Austausch ein. Ich möchte trotzdem schon mal einige Gedanken nennen. Der letzte Schulausschuss hat gezeigt, dass wir im Bereich der Digitalisierung große Schritte im Bereich der Geräteabdeckung getan haben. Nun liegt eben auch viel daran, im Bereich Software und Anwendung nächste Schritte zu gehen: Programme, die den Unterricht interessanter gestalten, die damit auch das Unterrichten attraktiver machen, aber auch Lehrkräfte administrativ entlasten.
Schulleitungen berichten immer wieder, dass eine der ersten Fragen von Bewerber:innen ist, wie denn die digitale Ausstattung an der Schule sei. Attraktivität heißt eben, auch hier mit der Zeit zu gehen, Schulen der Zukunft zu werden. Dass in Hamburg am Programm der volldigitalisierten Schulen von über 50 Schulen Interesse signalisiert wurde, zeigt: Die Schulen sind bereit, sie wollen diesen Weg gehen, sie sind bereit, Schulen der Zukunft zu werden.
Auch an den Schulen selbst gibt es viele Ideen, Maßnahmen, die ergriffen werden können. Ich denke hier an bereits bestehende Gefährdungsbeurteilungen, Arbeitssicherheitsausschüsse, die sehr individuelle Ergebnisse da, wo die Baustellen an den Schulen liegen, hervorbringen. Auch hier kann es ein denkbarer Weg sein zu gucken, wie individuelle Baustellen noch zielgerichteter angegangen werden können.
Es lohnt sich also, den Beruf der Lehrkraft attraktiver zu gestalten, um junge Menschen zu begeistern. Deshalb der letzte Gedanke meiner Rede an die Menschen, die vielleicht aktuell überlegen, ob sie Lehrerin oder Lehrer, vielleicht sogar in Hamburg, werden sollen oder wollen. Eins ist klar: Anders als ich am Anfang gesagt habe, ist Schule eben nicht Klassenarbeiten und Hausaufgaben. Schule heißt, junge Menschen in ihren Stärken und Talenten zu unterstützen, sie zu entwickeln, ihnen Möglichkeiten zu eröffnen, ein aktiver, kritisch hinterfragender und engagierter Teil der Gesellschaft zu werden, junge Menschen dabei zu unterstützen, über sich hinauszuwachsen, gerade diejenigen, an die vielleicht nicht immer alle glauben. Deshalb sei ihnen gesagt, wenn sie mit der Frage liebäugeln, ob sie Lehrer werden: Einen schöneren Beruf werden sie nicht finden. Es lohnt sich und in Hamburg allemal. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen! Vor Kurzem habe ich, wie viele von Ihnen wahrscheinlich auch, am Girls Day bei uns in der Fraktion teilgenommen, und eines der Mädchen fragte mich: Was macht ihr eigentlich für Schulen? Ich erzählte, dass wir uns gerade dem Thema Lehrkräftemangel widmen und was wir da gerade machen, und sie meinte ganz trocken: Na ja, klar, keiner möchte nervige kleine Kinder unterrichten.
In der Tat verzeichnen wir in Hamburg und auch in ganz Deutschland einen Rückgang bei den Studienanfänger*innen für das Lehramt, und die Prognosen sagen voraus, dass wir bis 2030 einen Lehrkräftemangel von bis zu 40 000 Stellen verzeichnen werden. Aber ob das wirklich daran liegt, dass niemand Lust hat, Kinder zu unterrichten, wie es das Mädchen sagte, das möchte ich tatsächlich bezweifeln. Wir haben es vielmehr, wie in anderen Fachbereichen auch, mit dem demografischen Wandel zu tun. Während in den 1980er-Jahren die Babyboomer in die Klassenräume strebten, stehen diese geburtenstarken Jahrgänge nun kurz vor der Pensionierung, und gleichzeitig steigt die Zahl der Schüler*innen in Hamburg, vor allem durch den starken Zuzug in unsere attraktive Stadt.
Für die Schüler*innen bedeutet Lehrkräftemangel natürlich Stundenausfall, Lücken im Lehrstoff und Bildungsverlust, der, wenn so ein Problem andauert, nicht mehr einfach aufgeholt werden kann. Und für die Lehrkräfte bedeutet so ein Mangel erhebliche zusätzliche Belastungen; sie müssen fehlende Lehrkräfte vertreten und Zusatzaufgaben übernehmen. Im Dauerstress haben sie teilweise vielleicht nicht einmal Zeit, schnell etwas zu essen.
Ich freue mich daher sehr, dass sich der Senat ganzheitlich aus den unterschiedlichen Perspektiven vonseiten der Schulbehörde und auch vonseiten der Wissenschafts- und Hochschulbehörde dieses sehr, sehr wichtigen Themas annimmt. Das unterstützen und unterstreichen heute auch nochmals die rot-grünen Fraktionen mit einem eigenen Antrag.
Zum einen ist ganz klar, dass die angekündigte Erhöhung der Plätze im Vorbereitungsdienst, die mein Kollege gerade schon angesprochen hat, auf bis zu 1 350 Plätze im kommenden Jahr Kapazitäten schafft, um einfach noch mal mehr Lehrkräfte auszubilden. Da aber in der Tat weniger Menschen ein Lehramtsstudium beginnen, ist es gleichzeitig sehr wichtig, dass wir die Hürden für Studienanfänger*innen und auch Quereinsteiger*innen aus anderen Studienfächern abbauen und ihnen den Weg in die Schule ebnen. Gerade bei Quereinsteiger*innen fehlt dann ja die pädagogische Ausbildung. Mit
Wir möchten außerdem dafür sorgen, dass die vorhandenen Studienplätze an der Universität so gut wie möglich genutzt werden können. Interessierte Studienanfänger*innen sollen nicht daran scheitern, dass der Numerus clausus für die Erziehungswissenschaften zu hoch ist, wenn gleichzeitig händeringend nach qualifizierten Lehrkräften gesucht wird.
Ein anderes Problem haben Bewerber*innen, deren spezifische Fächerkombination im konkreten Fall wegen einer Zulassungsbeschränkung in dem einen Fach zu einer Ablehnung führt, obwohl vielleicht eine andere Kombination möglich wäre. Mit dem dialogorientierten Serviceverfahren können wir genau diesem Problem ab 2025 begegnen, weil dann Bewerbungen auch auf verschiedene Fächerkombinationen möglich sind und Bewerber*innen damit höhere Chancen haben, eine Zulassung für das Lehramtsstudium zu erhalten.
Mit den geplanten zusätzlichen Beratungsangeboten für den Vorbereitungsdienst seitens der Schulbehörde und auch über die zusätzlichen Anstrengungen bei der Universität Hamburg, wie Informationen zum Lehramtsstudium publik zu machen, können wir darüber hinaus deutlich machen, dass uns das Thema wirklich ernst ist.
Dabei dürfen wir aber nicht stehen bleiben, denn die Anforderungen an die Lehrkräfte steigen natürlich auch in inhaltlicher Hinsicht. Viele Schüler*innen haben zusätzlichen Unterstützungsbedarf in psychologischer Hinsicht, bei der Sprache oder beim Lernen ganz grundsätzlich. Zu den pädagogischen Aufgaben kommen umfangreiche Verwaltungsaufgaben, die Lehrkräfte heute bewältigen müssen.
Um Schule fit für die Zukunft zu machen, dürfen wir uns nicht nur auf die Lehrkräfte fokussieren, sondern müssen auch die anderen Fachkräfte in der Schule fest im Blick behalten. Denn junge Leute, die sich heute für ein Studium und damit einen Berufsweg entscheiden, haben die freie Auswahl. Arbeitgeber*innen wie der öffentliche Dienst stehen im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft, die häufig bessere Bezahlung, mehr Aufstiegschancen und auch eine modernere Arbeitsumgebung, zum Beispiel beim Thema Digitalisierung, verspricht. Und das bedeutet für uns: Wir müssen dafür sorgen, dass der Beruf der Lehrkraft für junge Menschen attraktiv bleibt. Denn nur so können wir dem Versprechen, den Jüngsten mit guten Bildungsmöglichkeiten die besten Zukunftschancen zu bieten, gerecht werden. – Vielen Dank.
das ist eben schon angeklungen, und dieser vielzitierte Titel der sogenannten Hattie-Studie bringt es auf den Punkt. Wir alle kennen es aus der heutigen Zeit oder auch aus der eigenen Erfahrung: Ob ein Kind viel oder wenig in der Schule lernt, ob es mit Bauchschmerzen oder mit Freude zur Schule geht – viel hängt davon ab, mit welchen Lehrkräften Schülerinnen und Schüler während der Schulzeit konfrontiert sind. Gut ausgebildetes Personal, das ist das Stichwort. Qualifizierte Lehrer, die ihr Wissen mit Leidenschaft und Kompetenz weitergeben, sind der Schlüssel für Lernerfolge. Doch diese Lehrkräfte fehlen schon jetzt, und der Lehrermangel nimmt in den nächsten Jahren weiter zu. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert, dass bis 2025 rund 25 000 Lehrkräfte fehlen, bis 2030 sogar rund 31 000 Lehrkräfte; andere Prognosen gehen sogar noch von höheren Bedarfen aus. Die GEW zitiert in einer Pressemitteilungsinfo aus dem März 2023:
"An vielen Schulen brennt es lichterloh. Der Unterricht fällt aus, Kinder haben Lernlücken, Lehrkräfte arbeiten seit Jahren am Limit und oft darüber hinaus."
Denn auch in Hamburg fehlen rund 268 Vollzeitstellen, das sagt die Drucksache 22/10930 aus. Über die Hälfte von diesen 268 fehlen an Stadtteilschulen, und besonders schwierig ist die Besetzung in sozialen Brennpunkten und am Stadtrand. In Zukunft brauchen wir laut Auskunft der Schulbehörde jährlich mindestens 900 neue Lehrkräfte, und das allein, um die Pensionierungen zu ersetzen und dem Schülerwachstum gerecht zu werden. Qualitätsverbesserung, zusätzliche Fördermaßnahmen und die Inklusion sind da noch gar nicht mitgedacht. Woher sollen die Lehrer denn kommen?
Viel zu lang wurde dieses Problem vom Schulsenator schöngeredet. Mit dem Finger wurde auf andere Bundesländer gezeigt, die teilweise durchaus schlimmer betroffen sind. Dass offene Stellen bislang noch weitgehend besetzt werden konnten, ist reine Glückssache und nicht, wie der Senator so gern behauptet, das Verdienst des Schulsenators und seiner vorausschauenden Einstellungspolitik.
Zum Glück erleben wir in einer attraktiven Stadt, dass auch studierende Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter aus anderen Bundeslän
dern gern nach Hamburg kommen und das Bundesland Hamburg halt zieht. Wir können aber nicht auf Dauer auf Kosten der anderen Bundesländer leben, denn jahrzehntelang wurden in Hamburg in den Universitäten für das Lehramtsstudium und in den Studienseminaren für den Vorbereitungsdienst weniger Plätze vorgehalten, als der absehbare Bedarf erfordert. Gut, dass nun endlich etwas getan werden soll. Aber viel zu spät. Der Lehrermangel ist seit Jahren absehbar. Wenn zum kommenden Wintersemester die Zahl der Lehramtsstudierenden in Hamburg erhöht wird, dauert es noch Jahre, bis die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen ankommen, und auch eine Erhöhung der Zahl der Ausbildungsplätze im Vorbereitungsdienst ab 2024 hilft erst in einigen Jahren. Das sagt es ja auch aus.
Der Vorbereitungsdienst, ein Punkt Ihrer Forderungen, soll stärker für Quereinsteiger geöffnet werden. Das sind schöne Worte. Aber was heißt das denn genau? Schon heute ist der Quereinstieg für viele Fächer möglich, und zwar genau für diese Fächer, die dringend gebraucht werden. Welche Neuerungen sind geplant, welche Standards müssen erfüllt werden? Fragen, die der Schulsenator unbeantwortet lässt.