Protokoll der Sitzung vom 20.12.2023

Dabei hätten Sie reichlich Gelegenheit gehabt, hier wirklich aktiv zu werden. Wir von der AfD haben in der Vergangenheit schon – und jetzt auch aktuell – zahlreiche Anträge eingebracht, die islamische Szene in Hamburg deutlich härter anzugehen und

ausländische Islamisten abzuschieben, in Sachen IZH als Stützpunkt des Teheraner Regimes endlich in die Gänge zu kommen oder auch die Staatsverträge dringend, wenn nicht zu kündigen, dann zu überarbeiten, um den Verbänden endlich ein Mindestmaß an der Stelle abzuverlangen. Darauf sind Sie regelmäßig nicht eingegangen, weil Ihnen an der Stelle die parlamentarische Ausgrenzung der AfD-Fraktion wichtiger ist als ein entschlossener Kampf gegen den radikalen Islamismus und den importierten Antisemitismus. Auch das muss man mal so deutlich aussprechen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von Danial Il- khanipour SPD)

Wenn Sie etwas Sinnvolles ändern wollen, stimmen Sie unserem heutigen Antrag zu, den wir eingebracht haben, parallel zum CDU-Antrag. Unserer ist besser, unserer geht weiter, den Kampf gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit in den Bildungsplänen zu verankern.

(Zuruf von Danial Ilkhanipour SPD)

Dazu gehört eine Beschäftigung mit der Geschichte Israels, dazu gehört eine Beschäftigung mit dem Israel-Palästina-Konflikt und seinen historischen Hintergründen in den Bildungsplänen, um dort richtig grundlegend anzusetzen. Das ist etwas deutlich Weitergehendes und Gründlicheres als über Streetwork-Angebote und derartiges nur nachzudenken und zu prüfen.

Zum Schluss noch etwas zum Thema Glaubwürdigkeit. Wie glaubwürdig ist eigentlich ein Bundespräsident mit SPD-Parteibuch, der den Teheraner Mullahs zum 40. Jahrestag ihres Staatsstreichs gratuliert, oder auch eine Hamburger SPD, deren damaliger Bürgermeister Scholz einen Vertreter des Mullahregimes – Ayatollah Reza Ramezani, Leiter des IZH – ins Rathaus einlud, um ihm die Schirmherrschaft über ein Jugendprojekt zu übertragen? Hier gilt es, noch einiges aufzuarbeiten und grundlegend umzusteuern.

Ihr Antrag ist ein "Weiter so!", den lehnen wir ab. Wir gehen zu unserem Antrag und bitten um Zustimmung, um das Ganze grundlegend in den Bildungsplänen anzugehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Dr. Wolf. – Für den Senat hat sich Senatorin Schlotzhauer zu Wort gemeldet und erhält es nun.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will damit beginnen, mein Mitgefühl mit allen Opfern des kriegerischen Konflikts zwischen Israel und der Hamas auszudrücken. Die Bilder und die Berichte, die uns nach dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober und dem darauffolgen

(Dr. Alexander Wolf)

den Verteidigungsschlag Israels gegen die Hamas täglich erreichen, berühren uns zutiefst. Ich habe hier Kolleginnen und Kollegen gesehen, die das auf weitaus detailliertere Weise als meine Worte beschrieben haben.

Dieser tragische Konflikt findet aber nicht nur in der Ferne des Nahen Ostens statt, sondern ist auch bei uns in Hamburg angekommen und bewegt sehr viele Menschen unmittelbar. Es ist mir als Sozialsenatorin, die auch für den Integrationsbeirat und für viele integrationspolitische Fragen zuständig ist, ein Bedürfnis, mich zu diesem Thema noch einmal zu äußern. Denn die Debatten, die an vielen Stellen in unserer Stadt geführt werden und auch geführt werden müssen – das haben viele von Ihnen sehr richtig beschrieben –, sei es zum Beispiel in den Schulen, im Familien- oder im Freundeskreis, in den unterschiedlichen Gruppen, in den Gemeinschaften oder in den politischen Institutionen sind emotional aufgeladen, und sie sind sehr bewegend. Zuletzt haben wir sie als Sozialbehörde wahrgenommen im Integrationsbeirat, der zu einer Stellungnahme zum Konflikt dreimal getagt hat. Er hat zugegebenermaßen nicht auf Social Media gepostet, wie es vorhin verlangt wurde, als Dialognachweis, sondern im Integrationsbeirat ist zum Hamas- und Israel-Konflikt in Stille und in mehreren Sitzungen miteinander um eine ausgewogene Stellungnahme gerungen worden.

(Zuruf von Dennis Gladiator CDU)

Das haben die Kolleginnen und Kollegen, die diesen Beirat begleiten, aber vor allem auch die Mitglieder des Integrationsbeirates sehr gut und abgewogen getan. Sie haben ihrer großen Trauer, ihrem Entsetzen und Mitgefühl sowie ihrer hohen Betroffenheit, inneren Zerrissenheit und tiefen Sorge Ausdruck verliehen, von allen Seiten.

Zugleich fehlt den Einzelnen häufig die Perspektive, wie sich diese Konflikte auflösen und wie sie sich beenden lassen, wie die Zukunft gut gestaltet werden kann. Dabei möchte ich unterstreichen, dass wir diese wichtigen Diskussionen, dieses Ringen eines oder einer jeden Einzelnen sehr ernst nehmen. Der Konflikt hat das Potenzial, auch unserer Stadtgesellschaft ernsthaft zu schaden, sie zu spalten, und unsere Stadtgesellschaft ist in dieser Frage auch belastet. So beobachten wir einen Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Hamburg, der uns erschreckt. Dabei ist doch klar: Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und zieht sich durch alle Bevölkerungskreise und politische Milieus – eine Herausforderung und eine Verantwortung, die uns alle betrifft. Antisemitismus, Hetze und Aufrufe zu Gewalt gegen Jüdinnen und Juden dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Die Betroffenen verdienen und erhalten unsere Solidarität.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU und der LINKEN – Erste Vizepräsidentin Mareike Engels übernimmt den Vorsitz.)

Gleichzeitig lässt sich doch beobachten, dass ein Generalverdacht gegenüber Musliminnen und Muslimen geäußert wird. Wir bemerken ebenfalls einen Anstieg von antimuslimischem Rassismus in Hamburg. Das Leid der Bevölkerung in Israel wird für rechte Hetze missbraucht; auch dem müssen wir entschieden entgegentreten. Wir müssen hierzu im Dialog und offenen Diskurs bleiben, und das fängt bei den Kindern und Jugendlichen an. Daher war es uns auch so wichtig, unsere Fachkräfte hierbei zu unterstützen. Wir haben kurzfristig zusätzliche Angebote für Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte geschaffen, um diese gut aufzustellen, damit gerade jungen Menschen Räume geboten werden können, in denen verschiedene Perspektiven und der Trauer Raum gegeben werden kann.

Wie ich eingangs sagte, ist Antisemitismus ein gesamtgesellschaftliches Problem. So finden wir Antisemitismus auch in muslimischen Communitys. Auch hier gibt es Akteure, die die aktuelle Situation für ihre extremistische Propaganda ausnutzen, was uns sehr viel Sorge bereitet. Ich bin aber froh, dass wir durch die Arbeit der letzten Jahre gut aufgestellt sind, diesen Herausforderungen zu begegnen. Ich will hier die Strategien, das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus – "Hamburg – Stadt mit Courage" –, das Senatskonzept zur Prävention und Bekämpfung von religiös begründetem Extremismus und antimuslimischer Diskriminierung sowie die Eckpunkte für eine Strategie gegen Antisemitismus nennen. Wir haben Strukturen geschaffen, auf die wir zurückgreifen können. Wir haben etablierte Beratungsangebote, die bei diesen aktuellen Herausforderungen helfen. Ich bin sehr froh, dass durch den Antrag der Regierungsfraktionen unsere Angebote, die überwiegend analog stattfinden, jetzt digitale Ergänzungen erhalten, und dass wir den Austausch mit dem Bund und den anderen Bundesländern, den wir brauchen, dazu nutzen können, um hier passgenaue Projekte und Strategien zu entwickeln, die helfen.

Ich stehe hier also mit einer großen Nachdenklichkeit und mit dem Glauben daran, dass nur der Dialog und der Austausch auf Augenhöhe uns in der Überwindung des Extremismus einen Schritt weiter nach vorne bringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Birgit Stöver CDU)

Der nächste Redner ist Herr Hansen für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin – das zu Beginn – sehr dankbar für die klaren, wohl gewählten Worte von

(Senatorin Melanie Schlotzhauer)

Herrn Malik, Herrn Gwosdz und auch gerade von Frau Senatorin Schlotzhauer, die, glaube ich, die Thematik, die Emotionalität und die Vielseitigkeit dieser Debatte gut deutlich gemacht haben. Das könnte eigentlich auch alles einfach so stehen bleiben, mich hat allerdings ein Teil des Beitrags der CDU dann doch motiviert, noch einmal ein paar Worte zu formulieren, weil ich finde, dass hier Dinge schlicht falsch dargestellt worden sind.

Es ist richtig, da haben Sie recht, dass bei Schulen und bei Lehrkräften aktuell eine große Verantwortung liegt, denn wenn man in Schulen mit jungen Menschen spricht, spürt man Fragen, spürt man Sorgen, spürt man Ängste; das ist zweifellos so. Die CDU hat aber so ein bisschen den Eindruck erweckt, dass die Lehrkräfte hier alleingelassen werden, fehlendes Material und was auch immer. Ich finde, dieser Vorwurf ist – ich werde das gleich versuchen darzustellen – falsch. Er ist haltlos, und er wird vor allem – und das ist das, was mich ärgert – dem Engagement vieler Verantwortlicher, gerade am Landesinstitut in den letzten Wochen, die unter Hochdruck an Material und Unterrichtshandreichungen gearbeitet und pädagogische Hinweise gegeben haben, nicht gerecht. Deshalb umgekehrt: Erst mal vielen Dank an diejenigen, die das auf die Beine gestellt haben am Landesinstitut, aber genauso an die Lehrkräfte, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Erzieherinnen und Erzieher an den Schulen, die genau das tun, was gerade wichtig ist, nämlich mit den jungen Menschen zu sprechen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zur grundsätzlichen Forderung der CDU, das müsse alles viel mehr in der Ausbildung und so weiter verankert werden, möchte ich nur kurz darauf hinweisen, dass im Schulgesetz, Paragraf 2, der Bildungs- und Erziehungsauftrag sehr klar definiert ist. Da fallen Worte wie Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Mitwirken an demokratischer Gesellschaft, friedliches Zusammenleben. Wir haben in den Bildungsplänen die Leitperspektive Werteorientierung. Wenn wir das ernst nehmen und sagen, dass es immer wieder, in jedem Unterricht um Werteorientierung geht und darum, dafür zu sorgen, dass ich zum Demokratischen, zum friedlichen Zusammenleben beitrage, dann spielt es natürlich schon in der Ausbildung eine Rolle, weil es der Kern und eine Leitperspektive für Unterricht in Hamburg ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Konkret ist es aber so, dass Hamburg – anders, als Sie es dargestellt haben – sehr schnell reagiert hat: Am 10. Oktober gab es den ersten SonderNewsletter des Landesinstituts, und darin fanden Sie schon diverse Hintergrundinformationen zur Entwicklung des Konflikts, zur Lage in Israel und in Palästina, zur Historie dieser Region, zu diesem

Terrorangriff vom 7. Oktober, aber auch da schon zum Thema Antisemitismus, zum Thema antimuslimischer Rassismus, um hier nichts gegeneinander auszuspielen; all das. Sie finden übrigens auch konkretes Unterrichtsmaterial. Es ist schlicht falsch, dass es das nicht gäbe – es gibt hier sehr konkretes Unterrichtsmaterial. Es gab Kontakte für Beratungen, an die ich mich wenden kann, wie ich auch Expertise an Schulen holen kann, wenn ich das möchte. Es gab die pädagogischen Hinweise: Wie spreche ich denn mit meinen Schülerinnen und Schülern über das Thema? Wie gehe ich um mit dieser Betroffenheit? Wie schreite ich ein? Und wenn Sie mal auf den Hamburger Bildungsserver gucken, finden Sie all das: Unterrichtsmaterial, Hintergrundinformationen, diverse Artikel verschiedener Medien. Sie finden Dokumentationen, Filme und alles, und das auf verschiedenen Stufen, sodass ich mit jüngeren und älteren Schülern gut mit diesem Material arbeiten kann.

(Zuruf von Birgit Stöver CDU)

Eine Sache zum Schluss, und das ist etwas, das mich an der Stelle auch noch stört – Sie haben es eben wieder gesagt, in Ihrer Presseerklärung war es auch enthalten, in der Sie sich so darüber gefreut haben, dass es in Berlin einen konkreten Vorschlag, wie Sie schreiben, mit einer Skizze zur Unterrichtsplanung gibt –: Es ist didaktisch völlig unumstritten, dass ich – Sie werden gleich verstehen, worauf ich hinauswill – ein Thema wie Verben in der 5a anders unterrichte als in der 5b, weil ich gucken muss, wer hier eigentlich vor mir sitzt, was die Interessen und was die Vorgeschichten sind. Bei solch einem Thema wie Terrorangriff und Krieg wollen Sie, wenn Schüler emotional und familiär auf die verschiedensten Arten und Weisen betroffen sind, dass die Behörde sich hinstellt und sagt: Hier ist eine Unterrichtshandreichung, hier hast du drei Doppelstunden, die hältst du so. Und dann ist das Ganze fertig? Nein. Es geht doch darum, dass wir die Schülerinnen und Schüler dort abholen, wo sie ihre Fragen und Themen haben, wo ihre Betroffenheit und ihre Anliegen sind.

(Zuruf von Thilo Kleibauer CDU)

Dann gucken Sie doch mal in den Bildungsserver; Sie haben die Seite offenbar noch nicht einmal aufgerufen.

(Danial Ilkhanipour SPD: Hat die CDU ihre Hausaufgaben wieder nicht gemacht!)

Genau das werden Sie dort finden. Die Fortbildung übrigens gibt es digital und in Präsenz, wie man es gern möchte, auch als Beratungsangebot; schon im Oktober gibt es die ersten Fortbildungen. Ich habe großes Vertrauen in die Lehrkräfte, dass sie mit dem vielfältigen Material, das zur Verfügung gestellt wird, genau das tun können, was jetzt gerade wichtig ist, nämlich zu gucken, was die jungen Menschen brauchen, die Gespräche zu führen und

das, was schulisch getan werden muss und getan werden soll, an dieser Stelle dann auch zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Zamory für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen! Nach dem 7. Oktober ist das Leben für uns Juden und Jüdinnen wirklich anders. Natürlich gab es vorher auch Antisemitismus, meist von rechter Seite, aber jetzt – nach dem 7. Oktober und der Reaktion Israels auf diesen schlimmsten Pogrom seit der Shoah – auch aus dem muslimischen Bereich, ohne das in irgendeiner Weise verallgemeinern zu wollen.

Das ist meine Antwort an die AfD: Sie stellen alle Muslime unter Generalverdacht und wollen sie am liebsten aus dem Land treiben. Das ist etwas, was wir nie mitmachen werden und nicht akzeptieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Stöver, Sie haben uns Berlin als besonders positives Beispiel dargestellt. Das mag, was die Pädagogik anbelangt, auch so sein. Aber verstörend ist das, was am 14. Dezember, also vor sechs Tagen, an der Freien Universität in Berlin passiert ist. Da hat die Organisation Students for Palestine einen Hörsaal besetzt und einen jüdischen Studenten nicht reingelassen, ihn persönlich attackiert, körperlich angegriffen, "Zionisten raus!", und der Ordnungsdienst der Universität und die Berliner Polizei haben dem einfach so zugeschaut.

(Dirk Nockemann AfD: So fängt das an!)

Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Thema fasst mich persönlich an. Ich höre Nachrichten – Gott sei Dank bisher nicht aus Hamburg – von Schüler:innen, die auf Schulhöfen attackiert und beschimpft werden, von jüdischen Studierenden, die Angst haben, sich auf dem Campus zu bewegen, und das triggert für mich meine eigene Familiengeschichte, die Vergangenheit meines Vaters, in die ich Sie kurz mitnehmen möchte:

(Der Redner hält ein Paar Boxhandschuhe in die Höhe.)

Diese Boxhandschuhe sind kurz vor dem Zerfallen und 90 Jahre alt. 1935 hat mein Großvater diese Boxhandschuhe im Original meinem Vater geschenkt, ihn in einem Arbeitersportklub in Breslau angemeldet, damit er Boxen lernt mit diesen Handschuhen, um sich gegen die Übergriffe der HJ zu wehren. Ich hoffe nicht, dass wir jüdischen jungen Menschen empfehlen müssen, Selbstverteidigungskurse zu belegen.