Der jetzt vorliegende zweite Bericht dazu – Sie werden das vielleicht schon gesehen haben – trägt dem Rechnung und enthält gerade mal 123 gleichstellungsbezogene Kennzahlen. Ungefähr bei 16 bis 17 Prozent der Produktgruppen gibt es mindestens eine Gender-Kennzahl. Nun ja, bis zur tatsächlichen Steuerung in diesem Sinne ist es noch ein langer Weg. Aber Hamburg ist im Bundesvergleich und auch im europäischen Vergleich mittlerweile ganz vorne dabei.
Werte Abgeordnete, werte Zuhörende, das ist auch gut so, denn dass Frauen weiterhin das benachteiligte Geschlecht sind, ist nicht von der Hand zu weisen; manche versuchen es, aber dass einige Frauen doppelt und dreifach benachteiligt sind, ist ebenso wenig von der Hand zu weisen. Dazu müssen wir nicht erst auf ferne Länder oder beispielsweise in den Iran schauen – es reicht völlig, wenn wir uns den Hamburger Gleichstellungsmonitor oder den beschämenden Gender-Pay-Gap von 18 beziehungsweise in Hamburg sogar skandalösen 21 Prozent angucken, wenn wir auf die Vermögensverhältnisse, die Rentensituation, die Situation von Alleinerziehenden oder auch die Kriminalstatistik blicken.
nerin oder Expartnerin um. Unsere Frauenhäuser sind voll mit Frauen und Kindern aus allen Stadtteilen, auch den angeblich besseren. Alltagssexismus oder frauenfeindliche Posts im Netz sind allgegenwärtig, wie die Polizei gerade feststellen konnte. Dagegen gehen wir mittlerweile vor, und das ist gut so.
Es gibt also noch einiges zu tun: rund um das Entgelttransparenzgesetz, die Opferschutzrichtlinie und um unser ganz falsche Anreize setzendes Lohnsteuergesetz. Wir im Parlament haben das Glück, dass wir das, was sozusagen auf der rechten Seite fehlt, durch unsere bisweilen sehr gute Repräsentation von Frauen ausgleichen.
Sie hören: Wir brauchen den 8. März zum Feiern des Erreichten, aber auch, um auf das aufmerksam zu machen, was noch aussteht,
und um für die Solidarität aller Geschlechter zu werben. Denn nur gemeinsam gelingen uns die nächsten Schritte
Wertes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Liebe Frauen" sage ich lieber nicht, denn wir reden über eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Also einfach nur: Liebe Hamburgerinnen und Hamburger! – Jetzt muss ich erst mal meinen Anfang suchen.
Von echter Gleichstellung nämlich reden wir heute, allerdings sind wir in Hamburg davon noch weit entfernt. Egal, mit welcher Frau ich mich zu diesem Thema austausche: Jede hat eine Reihe von Themen, was fehlende Gleichstellung angeht.
Genau, keine Frau wünscht sich nur ein paar Blümchen und ist ansonsten zufrieden. Die Gleichstellung von Frauen ist ein Riesenthema in unserer Gesellschaft. Gerade in einer fortschrittlichen Metropole wie Hamburg sollte dieses Thema ganz weit oben auf der Agenda stehen. Ja, es werden Verbesserungen bemerkt, aber: Nach wie vor verdienen Frauen in dieser Stadt deutlich weniger als Männer, wie es auch der Gleichstellungsmonitor 2023 gezeigt hat; sie erhalten im Schnitt ein Fünftel weniger Gehalt. Das heißt in der Folge, dass 20 Prozent der Frauen in Hamburg von Altersarmut bedroht sind. Ich sage mal: mindes
tens 20 Prozent – die Dunkelziffer ist hier möglicherweise noch sehr viel höher. Sie übernehmen den Großteil der Care-Arbeit, was zu weiteren Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt und später auch zu Einschränkungen bei der Rentenzahlung führt. Zudem sind 84 Prozent der Alleinerziehenden Frauen. Wenn eine Ehe oder Partnerschaft auseinandergeht, ist es oftmals die Aufgabe der Frau, sich weiter vorrangig um die Kinder zu kümmern, als ob das Scheitern der Partnerschaft allein zu ihren Lasten ginge. Hier braucht es dringend ein anderes Rollenbild und allen voran ausreichende und verlässliche Kitaplätze.
Eltern können sich nicht auf eine verlässliche Betreuung einstellen – und das in einer Stadt wie Hamburg.
(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Wo haben Sie das denn her? Wir sind schon 15 Jahre weiter!)
Im Klartext heißt das, dass etliche Frauen im Spagat zwischen Beruf und Familie gefangen sind und dem Arbeitsmarkt nicht entsprechend ihrer Qualifikation zur Verfügung stehen. Sie verschwinden mehr oder weniger von der beruflichen Landkarte und kehren oftmals nicht mehr auf dem Niveau zurück, für das sie eigentlich qualifiziert wären. Gerade Frauen mit Migrationshintergrund sind dabei zusätzlich stark benachteiligt: Sie sind auffallend oft in einkommensschwachen Tätigkeiten beschäftigt, die Sprachbarriere tut hier ihr Übriges.
Dieser Spagat reibt die heutige Frauengeneration auch gesundheitlich auf. Kein Wunder: Noch nie waren die Belastung und der Anspruch an Frauen so hoch wie jetzt, und nicht wenige fühlen sich von der Politik komplett im Stich gelassen. Allen voran wird mir das wiederum von Frauen bestätigt, die nur geringe finanzielle Mittel oder einen Migrationshintergrund haben. Sie stehen oftmals alleine da. Aber selbst bessergestellte Frauen kriegen diesen Spagat oftmals nicht hin, obwohl sie sich unterstützende Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Alltagsorganisation oder juristische Beratung einkaufen können.
Kurz gesagt: Alle Frauen leiden unter fehlender Gleichstellung, aber der Anteil mit fehlenden finanziellen Rücklagen – Stichwort Altersarmut – oder Migrationshintergrund noch einmal umso mehr. Dazu kommt leider, dass ein Drittel aller Frauen im Laufe ihres Lebens Gewalt erleben. Die Tendenz häuslicher Gewalt ist nach wie vor steigend. Die Frauenhäuser in Hamburg arbeiten am Limit; es fehlt an Geld und Personal und – mit Verlaub – auch an Plätzen.
Abschließend: Ja, der Senat hat einiges bewirkt. Dass es mittlerweile einen Gleichstellungsmonitor gibt, ist eine gute Sache und bestätigt erste Erfolge, zum Beispiel den Anteil von Leitungsfunktionen in öffentlichen Unternehmen und verstärkte Übernahme von Sorgearbeit durch Männer, aber der Kampf gegen das tradierte Rollenbild der Geschlechter steckt immer noch in den Kinderschuhen. Alle mir bekannten Frauen haben das Gefühl, sie müssen mehr leisten als Männer, um die gleiche Anerkennung zu bekommen, am besten für noch weniger Geld. Dazu fühlen Frauen sich auch heutzutage noch oft auf Merkmale reduziert, die nichts mit ihrer Qualifikation zu tun haben, wie zum Beispiel das Aussehen.
Wie sagte eine Bekannte so schön? Erst wenn Frauen mit mittelmäßigen Talenten in exzellente Positionen kommen, ist Gleichberechtigung wirklich erreicht. Lassen Sie uns daran arbeiten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleg:innen! Manche in unserer Gesellschaft meinen, dass wir mit der Gleichstellung schon ziemlich vorangekommen sind und dass wir schon alles erreicht hätten. Wie sagte mal ein Abgeordneter im Sozialausschuss zu mir? Was wollen Sie denn eigentlich noch? Wir haben doch schon die Gleichstellung. Das stimmt so aber nicht.
Das möchte ich Ihnen an einigen Beispielen deutlich machen, die wir tagtäglich erleben: zum Beispiel die Krankenpflegerin, die heute für einen miesen Lohn die vierte Nachtschicht in Folge schieben muss, aber auch die Kindergärtnerin, die froh ist, dass sie wieder einen Tag geschafft hat, an dem sie auf 30 Kinder aufgepasst und keines dieser Kinder sich verletzt hat, aber auch eine Frau, die gestern Abend über die Straße gegangen ist und gesehen hat, dass zwei Männer ihr entgegenkamen und sie dann die Straßenseite gewechselt hat, weil sie ein Gefühl der Unsicherheit hatte, aber auch die Seniorin, die Flaschen sammeln muss, um über die Runden zu kommen, oder die engagierte Feministin, die tagtäglich auf Instagram damit konfrontiert ist, mit sexistischen Beleidigungen und mit Vergewaltigungsfantasien überhäuft zu werden, aber auch jede Person, die nicht in das Schema Mann oder Frau passt und sich deshalb um ihre Sicherheit sorgen muss, aber auch jede geflüchtete Frau, die während ihrer Flucht vielleicht eines ihrer Kinder verloren hat oder aber auch sexualisierter Gewalt ausgesetzt war und heute alleine mit den Folgen klarkommen muss. All das sind Beweise, die zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist.
Deshalb waren am 8. März 8 000 Menschen in Hamburg auf der Straße. Das war eine unglaublich starke und kraftvolle Demonstration für die Gleichstellung der Geschlechter und die gerechte Verteilung und Anerkennung von Care-Arbeit, die immer Frauen belastet, aber auch gegen häusliche Gewalt, gegen Vergewaltigungen, gegen die steigende Zahl von Femiziden, die wir leider in Hamburg, aber auch bundesweit verzeichnen, und natürlich auch gegen antifeministische Kräfte, Nazis und Rassisten.
Haben Sie von dieser Demonstration in der Presse gelesen? – Ich nicht. Ich kann es Ihnen nur berichten, weil ich da war. Ehrlich gesagt, fand ich es sehr schade, dass eine so große feministische Demo stattgefunden hat, die so stark und so bunt und so kreativ war, aber in der Presse dazu fast nichts erschien.
Das ist meiner Auffassung nach leider auch Teil des Problems. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen, wie wir sie in Bezug auf Femizide sehen, wie wir sie bundesweit, aber auch in Hamburg sehen können, war das ein sehr deutliches Zeichen. Zu den Zahlen: Wir haben seit Beginn des Jahres 2024 bundesweit 21 Femizide, also die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind. Unsere Große Anfrage, die wir vor Kurzem gestellt haben und die der Senat beantwortet hat, hat noch einmal gezeigt, dass wir es auch in Hamburg mit Femiziden zu tun haben. Auf Grundlage der Großen Anfrage vermuten wir 6 versuchte und 13 vollendete Femizide im Jahr 2023. Warum liegt hier die Betonung auf "vermuten"? Weil wir leider immer noch keine sorgfältige Datengrundlage haben. Deshalb haben wir schon vor einigen Jahren eine Monitoringstelle für Hamburg gefordert. Die Antwort des Senats war leider, dass jetzt auf Bundesebene – und das war im Jahr 2020 – eine Monitoringstelle eingerichtet wird, die ihre Arbeit aufnehmen wird. Diese Monitoringstelle wird aber leider vier Jahre später, also im Laufe des Jahres 2024, ihre Arbeit aufnehmen. Das finde ich wirklich ziemlich skandalös vor dem Hintergrund der Entwicklung, die wir gerade in den letzten vier Jahren auch in Hamburg sehen.
Aber warum eine Monitoringstelle? Was ist die Aufgabe einer Monitoringstelle? Die Aufgabe ist, dass diese Fälle erfasst und analysiert werden, dass die strukturelle Dimension beleuchtet wird, dass zum Beispiel auch die Tatmotive dokumentiert werden. Diese Datengrundlage ist wichtig, um auch präventive Maßnahmen auf dieser Grundlage erfassen zu können.
Ich möchte noch ein paar Zahlen nennen, die mich wirklich schockiert haben: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik haben 2023 über 5 600 Fälle von partnerschaftlicher Gewalt stattgefunden. Das ist für mich wirklich ein Alarmzeichen; es schockiert mich total. 2022 wurden insgesamt 1 514 Frauen und Mädchen Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung; also von Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Übergriffen und Belästigung und sogar sexuellen Übergriffen mit Todesfolge.
Daher: Was muss noch passieren, damit wir endlich agieren? Ich hätte noch vieles zu sagen, weil wir zu dieser Thematik zwar viel im Ausschuss, hier aber nicht sehr oft debattieren. Ich finde es wirklich unbegreiflich, wenn wir immer darum kämpfen müssen, dass wir mehr Frauenhäuserplätze bekommen, wenn wir immer darum kämpfen müssen, dass gerade bei diesen Beratungsstellen nicht gekürzt wird, obwohl die Situation so akut ist, aber dass wir das Geld den Leuchtturmprojekten einfach so hinterherwerfen können. Deshalb wünsche ich mir hier eine kritische Auseinandersetzung, aber auch eine, die bis zu den Haushaltsberatungen hält, und dass wir bei den Haushaltsberatungen endlich eine gewisse Priorität haben, die "Gewaltschutz" lautet. – Vielen Dank.
Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Anlass dieser Aktuellen Stunde ist der Internationale Frauentag; ein Tag, an dem wir uns daran erinnern wollen, wie weit wir im Kampf für die Gleichberechtigung der Frau gekommen sind. Ja, wir haben in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt: Frauen haben heute das Wahlrecht, das Recht auf Bildung und Arbeit, und sie sind vor sexueller Belästigung und Gewalt besser geschützt als je zuvor.
Aber es ist auch ein Tag, an dem wir uns eingestehen müssen, dass all diese Fortschritte für die Rechte der Frauen in Gefahr sind: Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein großes Problem, häusliche Gewalt und Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts sind traurige Realität in unserer Gesellschaft.
Hier ein paar Beispiele aus Österreich aus den letzten Tagen: Am 24. Februar wurden in Wien vier Frauen und ein Mädchen ermordet. Tatverdächtig sind ein Asylbewerber aus Afghanistan