Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

(Harry Glawe, CDU: Unbestritten, unbestritten, da sind Sie nicht alleine.)

Das freut mich, dass Sie das so einschätzen.

Instrumentarien wie reine Sicherungsverwahrung bewirken letztendlich für den Einzelnen das Gegenteil und für die Öffentlichkeit lediglich eine zeitweilige Reduzierung der von dieser Person ausgehenden Gefahren.

Die Bundestagsabgeordnete der PDS Ulla Jelpke hat vor einiger Zeit aus eigener Erfahrung als Strafvollzugshelferin diese Gefahren wie folgt geschildert: „Ganz betroffen macht mich der Umgang der Strafjustiz und des Strafvollzuges mit Sexualstraftätern. Allen Untersuchungen zur Folge ist die Rückfallquote innerhalb dieser Deliktgruppe besonders hoch. Was aber geschieht in aller Regel mit Straftätern, wenn sie verurteilt wurden? Die Ant

wort ist banal wie erschreckend. Sie sitzen ihre Zeit ab, ansonsten geschieht in der Regel gar nichts. Entlassen wird dann ein Mann, der in den Jahren des Strafvollzugs keinerlei Gelegenheit hatte, ein anderes Verhalten gegenüber Frauen zu erlernen, der psychisch kaputter aus dem Gefängnis entlassen wird, als er es betreten hat, und der für die Frauen dann eine potentiell größere Gefahr darstellt als vorher.“ Im Ergebnis gäbe es, sagt sie, menschliche Zeitbomben.

Ja, der richterlich angeordnete Freiheitsentzug ist dann notwendig, wenn die Allgemeinheit vor der Wiederholung gefährlicher Taten zu schützen ist. Verhindert oder erschwert der Freiheitsentzug aber eine Resozialisierung, dann schützt er die Allgemeinheit nur vorübergehend, nicht dauerhaft. Und die PDS will dauerhaften Schutz. Insofern ist es uns wichtig, dass vor allem vor diesem Hintergrund der notwendigen Novellierung des Psychischkrankengesetzes und der zu gewährleistenden Sicherungsinteressen stets der Behandlungs- und Resozialisationsaspekt im Vordergrund steht, um auch auf diesem Wege die Sicherungsinteressen zu gewährleisten. Mit der von uns vorgeschlagenen Novellierung reagieren wir meines Erachtens nach in diesem Sinne angemessen, umfassend und treffsicher auf die erkannten Mängel in den Fragen der vorbeugenden Sicherheit bei der Unterbringung psychisch Kranker. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke, Herr Koplin.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1005 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Der Ältestenrat schlägt weiterhin vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1057 ebenfalls zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist auch dieser Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13.15 Uhr fortgesetzt.

Unterbrechung: 12.17 Uhr __________

Wiederbeginn: 13.16 Uhr

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes, Drucksache 3/1023.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes (Transplan- tationsausführungsgesetz – TPGAG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 3/1023 –

Das Wort zur Einbringung hat die Sozialministerin Frau Dr. Bunge.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute in Erster Lesung den Entwurf der Landesregierung für ein Transplantationsausführungsgesetz. Das am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene Transplantationsgesetz des Bundes hat sehr umfassende Regelungen für den Gesamtkomplex getroffen. Es hat die Diskussion um die mit der Transplantationsmedizin im Zusammenhang stehenden Probleme wie zum Beispiel die Anerkennung des Hirntodes als Tod des Menschen zwar nicht beendet, jedoch Rechtssicherheit geschaffen.

In einigen Bereichen erfordert dieses Gesetz jedoch zusätzliche landesrechtliche Regelungen. Mit dem Ihnen jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sollen diese geschaffen werden. Im Einzelnen geht es um zwei Bereiche. Nach dem Transplantationsgesetz dürfen Organe von lebenden Spendern nur entnommen werden, wenn eine nach Landesrecht zuständige Kommission dazu Stellung genommen hat, dass diese Organspende freiwillig erfolgt und dass das Organ nicht Gegenstand verbotenen Handeltreibens ist. Durch die Zuständigkeitslandesverordnung vom 7. Juni 1999 ist diese Aufgabe bereits auf die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommerns übertragen worden. Das Nähere zu dieser Kommission, insbesondere zu ihrer Zusammensetzung, ihrem Verfahren und in ihrer Finanzierung, ist mangels einer Verordnungsermächtigung jedoch durch Gesetz zu bestimmen.

Die Problematik der Finanzierung dieser Kommission ist inzwischen gelöst. Im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes 2000 wurde durch Änderung der Bundespflegesatzverordnung klargestellt, dass diese Kosten zu den pflegesatzfähigen Kosten der Behandlung des Organempfängers gehören. Ein wichtiger Bestandteil des Gesetzentwurfes ist die vorgesehene Bestellung von Transplantationsbeauftragten in allen Krankenhäusern mit Intensivtherapiebetten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie sicherlich aus einer Vielzahl von Meldungen in den Medien wissen, gibt es in Deutschland eine große Diskrepanz zwischen der Zahl der Patientinnen und Patienten, die dringend auf eine Organspende warten, und der Zahl der realisierten Organspenden. Lassen Sie mich dies anhand einiger Zahlen aus dem Jahresbericht 1998 der Deutschen Stiftung für Organtransplantation verdeutlichen:

1998 warteten 10.579 Patientinnen und Patienten in Deutschland auf eine Nierentransplantation. Realisiert werden konnten dagegen nur 2.340. Auf ein Herz warteten 581 Patientinnen und Patienten, dem stehen 528 Transplantationen gegenüber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Patientinnen und Patienten in Deutschland auch Organe aus dem Ausland erhalten haben. Die Vermittlung erfolgt im Rahmen des sogenannten Eurotransplantverbundes, zu dem neben Deutschland Belgien, Luxemburg, Österreich und die Niederlande gehören. Innerhalb dieses Verbundes nimmt Deutschland seit Jah

ren den letzten Platz hinsichtlich der Organspenden ein. Deutschland ist in dieser Hinsicht ein Importland.

Eine Organspende kann Leben retten, Leiden vermindern und damit das Leben chronisch kranker Menschen lebenswerter gestalten. Ich denke, angesichts dieser Chancen und der dargestellten Situation ist es gerechtfertigt, weiterhin nach Möglichkeiten zu suchen, die Zahl der Organspenden zu steigern. Einen Beitrag dazu können die im Gesetzentwurf vorgesehenen Transplantationsbeauftragten leisten.

In den Jahren vor In-Kraft-Treten des Transplantationsgesetzes wurde eine große Zahl potentieller Organspender nicht an Transplantationszentren gemeldet. Das Transplantationsgesetz des Bundes sieht zwar eine Meldepflicht vor, aber wie die Erfahrungen mit Meldepflichten immer zeigen, ist nicht zu erwarten, dass sich das im Selbstlauf verbessert, zumal diese Verpflichtung nicht sanktionsbewehrt ist.

Durch die Transplantationsbeauftragten soll sichergestellt werden, dass in den Krankenhäusern geeignete Organisationsstrukturen zur Erfassung potentieller Organspender und zur entsprechenden Information an Transplantationszentren geschaffen werden. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe wird im Regelfall nicht die Schaffung neuer Stellen erforderlich machen. In Abhängigkeit von der Größe des Krankenhauses sollen Ärzte diese Funktion übernehmen. Wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren der Transplantationsmedizin ist natürlich die Spendenbereitschaft der Menschen. Das Transplantationsgesetz stellt deshalb völlig zu Recht Landes- und Bundesbehörden sowie Krankenkassen die Aufgabe, die Menschen über die Organspende, ihre Voraussetzung und Bedeutung aufzuklären. Ziel muss es sein, möglichst viele Menschen zu Lebzeiten eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende treffen zu lassen und diese in einem Organspendeausweis zu dokumentieren.

Ich möchte noch einmal betonen, in einem solchen Ausweis kann die Entscheidung für oder gegen eine Organspende dokumentiert werden. Diese Informationsmaterialien und Vordrucke der Organspendeausweise stehen in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Sie werden in unserem Lande in Arztpraxen, Apotheken, Gesundheitsämtern und auch bei verschiedenen Behörden in den Wartezimmern zu finden sein. Leider besitzen immer noch zu wenige Menschen einen solchen Ausweis. Nach den mir vorliegenden Angaben hatten 1998 nur vier Prozent der potentiellen Organspender einen solchen Ausweis. Bei zehn Prozent der PatientInnen war den Angehörigen der zu Lebzeiten geäußerte Wille der Verstorbenen bekannt. Bei dem Rest musste die Entscheidung für oder gegen eine Organspende von den Angehörigen unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen getroffen werden. Es steht sicherlich außer Frage, dass dies für die Hinterbliebenen eine sehr, sehr schwere Entscheidung ist.

Auch wenn wir in Mecklenburg-Vorpommern eine sehr hohe Organspendebereitschaft haben, sollten wir dennoch weitere Menschen motivieren, ihren Willen zu Lebzeiten zu dokumentieren. Für ein Angebot von Ausweisen für alle habe ich gesorgt. Sie finden ein solches auf ihrem Tisch. Ich wollte damit auch dokumentieren, wie einfach dies ist. Man braucht zu keinem Amt zu gehen und sich etwas bescheinigen zu lassen oder zu hinterlegen, einfach ausfüllen und in die Brieftasche stecken und dann hat man zumindest den Hinterbliebenen eine Sorge abge

nommen, wenn wenigstens das geregelt ist. Aber mein Wunsch wäre natürlich, dass auch damit die Organ-zurVerfügung-Stellung ein Stück erweitert wird. Einen Beitrag können Sie alle, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, heute hier leisten, so Sie es noch nicht getan haben. Ich bin vor einem halben Jahr mit gutem Beispiel vorangegangen, will ich nur an dieser Stelle sagen.

(Reinhard Dankert, SPD: Trotzdem wünschen wir Ihnen ein langes Leben.)

Wir konnten im Lande – ich sagte, wir haben eine hohe Spendenbereitschaft – im vergangenen Jahr 49 Organentnahmen realisieren. Bezogen auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner sind dies 27,2 Organentnahmen. Damit liegen wir über dem Bundesdurchschnitt. Der liegt nämlich nur bei 12,2 Entnahmen. Die Ursachen für diese recht positiven Ergebnisse liegen nicht, wie manch einer vermuten möchte, in der hohen Zahl der Verkehrsunfälle im Land. Nach Auskunft der Transplantationsmediziner entspricht das Verhältnis der Organspender, die an einem Unfall verstorben sind, zu den Organspendern, die aus anderen Ursachen verstarben, dem deutschen Durchschnitt.

Ganz wesentlich ist für die hohe Spendenbereitschaft das Mitte der siebziger Jahre an der Universität Rostock erfolgreich durchgeführte Nierentransplantationsprogramm verantwortlich. Viele Menschen haben dadurch von den Erfolgen der Transplantationsmedizin erfahren und treffen auf dieser Grundlage eine Entscheidung für eine Organspende. Im Rahmen dieses Programms entwickelte sich auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Transplantationsmedizinern und den Ärzten der Krankenhäuser des Landes. Es stellt sich jetzt die Aufgabe, auf dieser Grundlage aufbauend den neuen rechtlichen Rahmen für eine Weiterentwicklung der Transplantationsmedizin in unserem Lande zu nutzen. Der vorliegende Gesetzentwurf für ein Transplantationsausführungsgesetz soll hierzu ein Beitrag sein. Ich möchte Sie deshalb um eine recht zügige konstruktive Beratung bitten. Und: Denken Sie an mein Angebot! – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1023 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über den Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1048.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes über den Verdienst- orden des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesordensgesetz – LOrdensG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 3/1048 –

Das Wort zur Einbringung hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Haben die in Schwerin nichts Besseres zu tun?“ –

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)

das stand vor kurzem in der Zeitung, als bekannt wurde, dass die Landesregierung einen Verdienstorden stiften möchte.

(Gerd Böttger, PDS: Meines Erachtens auch berechtigt.)

Von „geschmückten Brüsten“ war die Rede, von einer „ungebremsten Ordensflut“, die an vergangene Zeiten erinnert.

Nun, meine Damen und Herren, sicherlich gibt es in der Landespolitik gewichtigere Anliegen als die Schaffung eines Ordens, aber die würdige Anerkennung herausragender Leistungen und Verdienste um das Land Mecklenburg-Vorpommern und der hier lebenden Menschen ist ebenfalls ein ernst zu nehmendes Anliegen, dem die Politik Rechnung tragen muss. Es gibt bei uns im Land immer wieder Menschen, die sich auf besondere Weise um das Land verdient machen und die bisher keine besondere Anerkennung dafür erhielten. Es war mir ein Anliegen, diesem Zustand abzuhelfen. Mit dem neuen Verdienstorden des Landes ist dies geschehen.

Landesauszeichnungen, wie beispielsweise die Rettungsmedaille oder das Brandschutzehrenzeichen, würdigen Leistungen in bestimmten Bereichen. Der neue Verdienstorden aber ermöglicht es endlich, auch allgemeine Verdienste um das Land und seine Menschen zu ehren. Besondere freiwillige Einsätze, die Schaffung von Arbeitsplätzen oder herausragende innovative Leistungen, die unser Land weiter voranbringen, können nun endlich die offizielle Würdigung erfahren, die sie verdienen. Und auch Menschen, die außerhalb unseres Landes für Mecklenburg-Vorpommern und seine Menschen, für seine Traditionen und sein Fortkommen wirken, kommen als Ordensträger in Betracht.

Meine Damen und Herren, nun zur Frage der Gestaltung: Beim neuen Landesorden haben wir eine optische Anleihe beim 1884 gestifteten Greifenorden des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin gemacht. Durch die Neugestaltung des Bandes in den Landesfarben sowie der Wiedergabe des Landeswappens im Mittelstück wird der Bezug zum gesamten Land Mecklenburg-Vorpommern hergestellt. Mit dieser optischen Anleihe bei einem früheren Orden ist es uns gelungen, sowohl eine endlose Neugestaltungsdiskussion – über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten – als auch eine kostenintensive Ausschreibung zu vermeiden. Also ein Verfahren im Sinne unserer Steuerzahler. Und, meine Damen und Herren, wir haben auch daran gedacht, dass der neue Orden bei den Damen zum Kostüm und bei den Herren zum Anzug passt. So gibt es eine Damenversion mit Schleife und eine etwas schlichtere Herrenversion, jeweils mit Miniatur, versteht sich.

(Wolfgang Riemann, CDU: Hervorragend.)

Und denjenigen unter Ihnen, denen die Gestaltung des Ordens dennoch wider Erwarten nicht zusagen sollte, sage ich: Entscheidend ist nicht, welche Farbe und Form der neue Orden hat, entscheidend ist, wen wir künftig als Ordensträger auswählen, meine Damen und Herren.