Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dankert von der Fraktion der SPD.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! In der von Ihnen anberaumten Aktuellen Stunde zur Jugendarbeitslosigkeit hatten Sie bei genauer Zählweise, genauem Hinschauen und Zuhören von Herrn Rehberg nur ein Rezept: Investitionen steigern. Dann kam man noch zu ein paar Punkten, die mich zu dem Ausspruch: „Die neue Linke in der CDU“ provoziert, und eben war auch noch die Rede von CDA. Ich sage mal ganz deutlich, CDA ist mir lieber als CDU.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Ach dann bin ich Ihnen ja lieber. – Heike Lorenz, PDS: Was sind denn das für Töne?)

Jaja. Aber Ihre Aussprüche, Herr Riemann, lassen nicht darauf schließen, dass Sie mit den Zielen der ChristlichDemokratischen Arbeitnehmer sehr viel gemein haben.

(Beifall Barbara Borchardt, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Doch.)

Aber immerhin fordern Sie in dieser doch recht umfangreichen Entschließung, dass Sie jetzt genauere Daten haben wollen, um genauer hinsehen zu können und auch genauer vorgehen zu können. Insgesamt wollen Sie jedoch natürlich auch wieder, trotz viel Mühe, den Eindruck erwecken, dass wir eigentlich nichts tun, bis auf die Ausbildungsplatzinitiative. Demzufolge werde ich mich jetzt mal an ihren zehn Punkten entlanghangeln.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Die Zahl der Arbeitslosen, unabhängig von ihrem Alter – und ich sage es und habe es immer wieder gesagt, auch die Jugendarbeitslosigkeit macht uns große Sorgen –, ist nach wie vor unakzeptabel hoch, trotz einiger Verbesserungen.

(Harry Glawe, CDU: So hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr.)

Der Trend insgesamt bei der Arbeitslosigkeit konnte gestoppt werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Hat Herr Holter gesagt.)

Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1995 wieder.

(Wolfgang Riemann, CDU: Hat Herr Holter gesagt. Aber das ist nicht belastbar. – Zuruf von Harry Glawe, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Aber wenn wir schon Statistik machen, meine Herren,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und Damen!)

dann kann ich das auch. Im Jahresdurchschnitt hatten wir 1999 rund 8.000 Arbeitslose weniger als ein Jahr zuvor. Damit belegen wir nach Thüringen den zweiten Platz unter den ostdeutschen Bundesländern. Parallel ist dazu die Zahl der erwerbsfähigen Menschen in unserem Land um mehr als 10.000 angestiegen und in diesem Jahr bewegen sich die Arbeitslosenzahlen in MecklenburgVorpommern in der Nähe der Vorjahreswerte. Sie wissen ganz genau, dass ich von Statistik nicht viel halte, und Sie haben vollkommen Recht, Herr Born, dass jeder Arbeitslose einer zu viel ist, erst recht die jungen. In diesem Punkt sind wir uns vollkommen einig und, ich denke, das sollte uns hier insgesamt befähigen und wir sollten uns bemühen, dass wir dieses Problem angehen.

(Harry Glawe, CDU: Versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse wollen wir.)

Und Sie werden von mir auch noch nie gehört haben, wer schuld an der Arbeitslosigkeit ist. Ich mache das keiner speziellen Richtung und irgendeinem besonderen Verdienst anhängig, sondern es ist ein Problem der sozialen Marktwirtschaft, das wir haben.

(Beifall Monty Schädel, PDS)

Im Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit wurde vereinbart, jeder Jugendliche in unserem Land, der es kann und will, soll einen Ausbildungsplatz erhalten. Dieses Versprechen haben wir auch gehalten. Bis zum Ende des vergangenen Jahres konnten alle ausbildungswilligen Jugendlichen eine Ausbildungsmöglichkeit haben. Nirgendwo sonst werden so große Anstrengungen unternommen wie in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge liegen wir im Ländervergleich mit 1.116 Lehrverträgen je 100.000 Einwohnern mit Abstand an erster Stelle. Das ist ein Verdienst der bisherigen und der jetzigen Landesregierung und des Bund-Länder-Programms, der Gemeinschaftsinitiative.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Zu Ziffer 2 Ihres Antrages: Es kann auch der mitunter eingeschränkten Aufmerksamkeit der Opposition nicht entgangen sein, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit insgesamt und der Jugendarbeitslosigkeit insbesondere nicht erst seit heute im Mittelpunkt der Politik dieser Koalitionsregierung und der sie tragenden Fraktionen steht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Bloß die Erfolge, die Erfolge!)

Wenn der CDU tatsächlich an der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit so sehr gelegen wäre, wie sie das in ihrem Antrag beteuert,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Na!)

ist nicht zu erklären, dass Ihre Abgeordneten die Aufstockung des Landesprogramms „Jugend baut“ für den Haushalt

(Harry Glawe, CDU: Auweia!)

im nächsten Jahr von 2,2 auf 6,2 Millionen DM im Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung abgelehnt haben.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Beifall Heidemarie Beyer, SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Weil das auch nur so ein kurzfristiges Programm ist.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte hier um mehr Aufmerksamkeit für den Redner!

Meine Damen und Herren, das ist natürlich kein kurzfristiges Programm.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ein halbes Jahr! Ein halbes Jahr! Und dann sind sie wieder draußen. Das wissen Sie genauso gut wie ich.)

So viel zur Einheit von Wort und Tat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Maximal ein Jahr und dann sind sie wieder draußen.)

Herr Riemann,

(Harry Glawe, CDU: Ein Nischenprogramm.)

Sie wissen doch ganz genau, was wir das letzte Mal zur Aktuellen Stunde gesagt haben. Vielleicht lesen Sie sich das noch mal durch. Ich habe sehr stark betont, dass wir an einer sehr langfristigen, am ersten Markt orientierten Arbeitsmarktpolitik interessiert sind. Und ich denke, da können Sie uns auch beim Wort nehmen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist auch richtig. Das ist vollkommen in Ordnung. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ach, Herr Riemann, wir kommen nachher noch dazu.

Zu Ziffer 3 Ihres Antrages: Es ist natürlich eine Binsenwahrheit, dass eine zukunftsorientierte Politik die bereits heute erkennbaren Herausforderungen von morgen angeht. Wozu eine die Probleme aussitzende Politik geführt hat, hat am Beispiel des IT-Bereiches die vorherige Bundesregierung gezeigt. Wir sind aber durchaus in der Lage, aus den Fehlern der CDU zu lernen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wieso? Schröder hat doch einen Studiengang geschlossen.)

Auch hierbei braucht die Mehrheit des Hauses nicht die eher taktischen Zielen dienenden als tatsächlich problemlösenden Anstöße der CDU.

Zu Ziffer 4 des Antrages: Es ist nicht zu bedauern, dass im Landtag kein Datenmaterial zur Jugendarbeitslosigkeit vorliegt. Es ist vielmehr zu bedauern, dass die oppositionelle CDU sich nicht einmal der Mühe unterzieht, tatsächlich vorhandene und öffentlich zugängliche Fakten zusammenzutragen. Wer unkoordiniert, kraftlos und destruktiv in den Ausschüssen arbeitet,

(Harry Glawe, CDU: Bitte?)

soll jetzt nicht den Anspruch erheben,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Das ist unerhört!)

Datenmaterial, das von der CDU ohnehin nur selektiv bewertet wird, auf dem goldenen Tablett serviert zu bekommen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sind Sie noch nie im Arbeitsausschuss gewesen? Im Gegensatz zum Minister. – Harry Glawe, CDU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Herr Glawe, das habe ich mir selber aufgeschrieben. Sie wissen …

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)