(Wolfgang Riemann, CDU: Das kennen wir doch. Mit der Wahrheit nimmt er das nicht so genau. – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)
Auf dem Wege gegenseitigen Nachgebens ist in vernünftiger Atmosphäre das von der CDU eingebrockte miserable Verfassungsschutzgesetz beräumt und ein neues Gesetz ausgearbeitet worden,
ein Gesetz, das wenigstens dem rechtsstaatlichen Standard des Jahres 2000 entspricht. Wir bekommen aus
unserer Sicht ein deutlich verbessertes Gesetz, das den Vergleich mit den Verfassungsschutzgesetzen anderer Länder nicht zu scheuen braucht.
So hätten wir liebend gern eine Reihe von aus den 50er Jahren – der Geburtszeit des Gesetzes – stammenden Formulierungen zum Schutzbereich des Gesetzes geändert. Aber hier sind angesichts der geltenden bundesrechtlichen Regelungen die Möglichkeiten des Landes zu Änderungen eng begrenzt. Das heißt, diese Kröte hat vor allem die PDS geschluckt. Dann gibt es ein paar Punkte, über die wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens des Gesetzentwurfes noch mal miteinander diskutieren wollen. Auch das ist etwas völlig Normales.
1. das, wenn auch eingegrenzte, Vetorecht des Innenministers hinsichtlich der Öffentlichkeit der PKK
2. ein Verbot der Inanspruchnahme von nahen Verwandten, Minderjährigen, betreuten Personen und psychisch Kranken im Umfang von Paragraph 52 StPO durch den Verfassungsschutz
Es sollte nicht sein, dass etwa Kinder und Eltern sowie Ehegatten und Verlobte einander denunzieren.
(Wolfgang Riemann, CDU: Das kennen Sie gut. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das wissen Sie doch, wie es war.)
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das wäre auch schlimm. – Wolfgang Riemann, CDU: Sie waren Mit- arbeiter im ZK, Herr Schoenenburg.)
Einmal abgesehen davon, ob wir überhaupt Mittel dafür haben, ist doch wohl die Tatsache zu sehen, dass dazu durch Bundesgesetze bereits genügend Überwacher bereitgestellt werden.
Meine Damen und Herren, ich höre schon aus befreundeten Kreisen – aus den mit uns nicht befreundeten sowieso – die besorgte oder hämische Frage: Warum zum Teufel trägt die PDS dieses Gesetz mit? Nun, ich denke, dafür gibt es genügend recht gute Gründe. Das sind, ich will es hier mal quantitativ sagen, zunächst einmal die etwa 40 inhaltlichen Änderungen, die aus unserer Sicht reale Verbesserungen sind.
Erstens. Die Eingriffsschwellen des Verfassungsschutzes werden präzisiert und es wird auch das Wirkungsfeld des Verfassungsschutzes eingeengt. Zunächst kann er nur tätig werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die entsprechenden Bestrebungen oder Aktivitäten vorliegen.
Es ist uns auch wichtig, dass die so genannte Aggressionsklausel aufgenommen wurde und jene Bestimmung, dass der Verfassungsschutz gegen Bestrebungen eingesetzt werden kann, die gegen die Völkerverständigung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen sind Gewaltanwendungen, die ausschließlich im Sinne von Anwendung körperlicher Gewalt und Gewalt gegen Sachen verstanden werden. Bekämpft werden soll – auch dafür sind wir – aggressives und kämpferisches Verhalten, denn Gewaltausübung, Aggressivität, Hetze gegen die Völkerverständigung und das Zusammenleben der Völker, primitiver Ausländerhass, sind nun einmal grundsätzlich Markenzeichen des Rechtsextremismus.
Beiläufig ist die alberne MfS-Klausel geschleift worden, wonach der Verfassungsschutz fortwirkende MfS-Strukturen ausmachen sollte. Ihm ist es in zehn Jahren nicht gelungen.
Im nachrichtendienstlichen Instrumentarium, der eigentlichen Seele des Verfassungsschutzes, erfolgen Einschränkungen und rechtliche Schranken. Immerhin wird nun auch die nachrichtendienstliche Klaviatur gesetzlich erschöpfend definiert, das heißt, der Verfassungsschutz und der Minister, wer das dann auch immer sein mag, können auf legalem Wege und ohne Gesetzesänderung keine weiteren Horch- und Guckaktionen erfinden. Der große Lauschangriff, das heißt das Beobachten in und aus Wohnungen mit technischen Mitteln, ist gestrichen und damit illegal. Dann dürfen Minderjährige nicht für nachrichtendienstliche Tätigkeiten als V-Mann, Informant und so weiter rekrutiert werden und auch nur in beschränktem Maße ab 16 nachrichtendienstlich in Anspruch genommen werden, wie es der Text sagt. Dies betrifft auch Personen mit Zeugnisverweigerungsrecht nach der StPO. Auch das ist eine tatsächliche Besserung.
Ansonsten sind Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, wie wir meinen, exakt in spezialgesetzliche Regelungen umgepolt worden, auch dies setzt der geheimdienstlichen Aktivität rechtsstaatlich Grenzen. Künftig sollen Daten an ausländische Dienste und Stellen, wenn überhaupt, nur auf der Grundlage von Gesetzen, von EURecht oder völkerrechtlichen Verträgen weitergegeben werden können. Das ist eine Festlegung des Gesetzes,
die für Inländer wie Ausländer bedeutsam ist. Wer reist, soll erwarten dürfen, dass ihn nicht unbestellte oder unerwartete Grüße vom Verfassungsschutz erreichen.
Und der bei uns lebende oder uns besuchende Ausländer soll sich sicher sein, dass der mecklenburg-vorpommersche Verfassungsschutz dem Geheimdienst seines Landes nicht steckt, was er bei uns getan hat, was ihm dann bei der Heimkehr nach Hause oder seinen dort verbliebenen Angehörigen unter Umständen bitter aufstoßen könnte.
In diesem Zusammenhang ist auch der wichtige Punkt des Datenaustausches von Verfassungsschutz und Polizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft zu sehen. Ich glaube, dass uns ein Dogma vom Vermischungsgebot von Verfassungsschutz und Polizei nicht recht weiterhilft. Es kann natürlich sein, dass der Verfassungsschutz Verbrechen, von denen er erfahren hat, nicht anzeigt oder gar wie geschehen Verbrechen in den eigenen Reihen deckelt. Das versteht sich.
Insofern finden wir auch kein Haar in der Suppe an der vorgesehenen Regelung. Anders sieht es aber damit aus, dass der Verfassungsschutz aus Opportunitätsgründen der Staatsanwaltschaft Daten verweigern kann, wenn diese die Herausgabe verlangt. Vielleicht sollten wir darüber noch mal nachdenken.
Die PKK wird in ihrer Stellung und in ihren Kontrollrechten deutlich aufgewertet. Werden die jetzigen Bestimmungen konsequent angewandt, wird es wesentlich weniger Ecken geben, in die nicht hineingeleuchtet werden kann. Und das ist gut so. Man kann nun in der PKK Öffentlichkeit und Aufhebung von Vertraulichkeit beschließen. Dass die woanders längst selbstverständlichen Akteneinsichtsrechte, Zutrittsrechte zur Behörde, Informationsrechte und eigenständigen Aufklärungsrechte, die Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten und von Sachverständigen jetzt auch im Gesetzestext stehen, kann man nur begrüßen.
Besonders gut finden wir, dass ein weitgehendes Kontrollrecht des Landesdatenschutzbeauftragten besteht. Und, ich denke, es ist auch gut, dass die Auskunftsrechte von Bürgern deutlich erweitert worden sind, dass sie nicht mehr konkrete Gründe anzugeben brauchen.
So weit, meine Damen und Herren, die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte. Es wäre Weiteres durchaus zu nennen. Ich möchte aber nicht schließen, ohne zu sagen, dass ich aufrichtig erstaunt gewesen bin und die Entdeckung gemacht habe, dass auch auf komplizierten Feldern, auf denen die Meinungsunterschiede zum Teil diametral sind, durchaus konstruktive und zügige Übereinkommen und Lösungen möglich waren. Es wurde jederzeit ernsthaft und vertrauensvoll verhandelt. Der Innenminister und sein Staatssekretär wie auch der Chef des Verfassungsschutzes verdienen den Respekt des Hauses, dass sie dem Änderungsbegehr aufgeschlossen gegenüberstanden. Der Verfassungsschutz braucht strikt rechtsstaatliche Meriten.
Ich denke, dass das durchaus im Interesse der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes selbst ist, und ich hoffe,