Fünftens. Ihr Gesetzentwurf geht von schulplanerischen Annahmen über Schülerströme, Wahlverhalten und Standortgegebenheiten aus, die mit der Realität in diesem Lande nichts mehr zu tun haben
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Reinhard Dankert, SPD: So viel zur Basisnähe der CDU. – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)
und die, was ja vielleicht auch gewollt ist, die fast beendete Schulentwicklungsplanung völlig konterkarieren würden.
Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch Übereinstimmungen. Das kann wohl auch nicht anders sein, wenn klar wird, dass einige für den CDU-Entwurf passfähige Teile aus den Diskussionen um die Regionalschule entlehnt sind, allerdings uminterpretiert mit dem Ziel, das gegliederte Schulwesen zu manifestieren und aufzumotzen. Das gleicht nun allerdings dem Versuch, aus einem abgewrackten Auto einen Rennwagen zu machen und damit auch noch einen Grand Prix gewinnen zu wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Heiterkeit bei Sylvia Bretschneider, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Sie machen eher das Umgekehrte mit Ihrem Gesetzentwurf, der nach der Sommerpause kommt.)
Die Verkürzung der Abiturzeit von 13 auf 12 Jahre ist gesellschaftlicher und politischer Konsens in diesem Land und wird mit der Regionalschule auch zu dem von Ihnen genannten Termin Realität werden.
Die Übernahme der Sportgymnasien in Landesträgerschaft, das will ich für meine Fraktion erklären, ist nach wie vor nicht vom Tisch. Es bedarf dazu aber nicht einer expliziten Regelung, so, wie Sie vorschlagen, im Schulgesetz.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das wäre aber gut so. Diese Regierung macht das doch nicht. – Harry Glawe, CDU: Die reden doch bloß immer.)
Bevor ich jetzt auf einige Einzelbestimmungen des Entwurfs komme, möchte ich noch ein paar Bemerkungen zu der Problembeschreibung und zur Begründung Ihrer Vor
lage machen, denn die dort fixierten Aussagen lassen in eklatanter Weise den Zusammenhang von Ursache und Wirkung außer Acht. Sie beschreiben Zustände, die Sie, meine Damen und Herren von der CDU, selbst produziert oder in einigen Fällen maßgeblich mit zu verantworten haben.
Erstens. Sie stellen fest, die Umlenkung der Schülerströme zwischen den Bildungsgängen machen die Gymnasien zunehmend zu einer zentralen Bildungsanstalt.
Die Zahlen belegen, dass die Zugangszahlen zum Gymnasium im Landesdurchschnitt 2001/02 bei rund 36 Prozent liegen und im Vergleich zu den Vorjahren um etwa 1 bis 3 Prozent schwanken. Allerdings gibt es regionale Unterschiede.
Gymnasien sind in der Regel nach 1990 aufwendig saniert oder neu gebaut worden und haben damit bessere Bedingungen als andere Schulen. Wer will es denn den Eltern verübeln, wenn sie sich für die besseren Bedingungen entscheiden?!
Und die Abnahme der Schülerzahlen ist ein Fakt, der den Gymnasien bekannt ist. Die sinkenden Schülerzahlen kommen zeitversetzt auch dort an. Und wer will es so manchem Schulleiter verübeln, wenn er schon jetzt dafür Sorge trägt, dass er so viele Schüler bekommt, wie er kriegen kann?!
Trotzdem sollte aber über eine Zugangsregelung entschieden werden. Und ich gebe Ihnen auch Recht, wenn Sie einen Niveauverlust an den Gymnasien konstatieren. Aber nur über eine Leistungsfeststellung wird dieses Problem nicht zu lösen sein.
Das Konzept der Regionalen Schule, ihren berufsvorbereitenden Charakter zu stärken und gleichzeitig die Funktion des Gymnasiums als Vorbereitung auf ein Studium auszubauen, ist aus unserer Sicht der richtige Weg, auch wenn für die praktische Umsetzung die Akzeptanz der Schüler und Lehrer erforderlich wird. Das wird alles nicht so schnell gehen.
Aber übrigens ist es doch erstaunlich, dass die tatsächlichen Zahlen belegen, dass Bayern und MecklenburgVorpommern die niedrigsten Übergangszahlen an die Gymnasien im Bundesgebiet haben. Ursache: Der Wechsel von der Realschule an die Gymnasien ist nur schwer möglich. Und von daher produziert also praktisch die Auslese den Mangel an Akademikern selbst. Es gibt auch andere Denkrichtungen – europäische, nicht weiß-blaue. Wenn das Ziel heißt, die höchstmöglichen Schulabschlüs
se, dann sind die Skandinavier mit 80 Prozent Abschlüssen an Gymnasien der richtige Maßstab. So gesehen hätten wir noch viel zu wenig Schüler dort. Dieses Ziel jedoch ist mit der von Ihnen favorisierten restriktiven Gliederung eine Illusion. Aber es ist ja auch eine bayerische Variante.
Zweitens. Sie stellen fest, fehlende leistungsorientierte Zugänge zu den einzelnen Bildungsgängen schwächen in zunehmendem Maße den Haupt- und Realschulbildungsgang. Diese Bildungsgänge verlören zunehmend Schüler und wegen der fehlenden inhaltlichen Umsetzung auch die Akzeptanz bei den Eltern.
Zumindest die Aussage zu den Schülerzahlen ist falsch. Und da rege ich doch an, sich tatsächlich einmal mit den Daten des Statistischen Landesamtes zu befassen. Denn wenn man da nachguckt, ergibt sich folgendes Bild: 1991 hatten wir 15.238 Schüler an den Hauptschulen. Das sind 5,3 Prozent aller Schüler. 1993 waren es 16.725, also 5,6 Prozent aller Schüler. Und 1999 waren es 14.184, also 5,8 Prozent aller Schüler. Also stimmt Ihre Aussage nicht, dass diese Bildungsgänge zunehmend Schüler verlören.
Gemischte Klassen sollen nach Ihrer Aussage Ursache für Leistungseinbußen sein. Der Beleg dafür, so liest sich das jedenfalls in Ihrem Blatt, seien die Ergebnisse der Realschulprüfung. Damit, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, bedienen Sie die von Ihnen seit langer Zeit bediente und geschürte Horrorvision einer Einheitsschule. Ich habe schon mehrfach darauf verwiesen, und mag es Ihnen auch heute nicht gefallen, aber wenn es so ist, wie Sie es beschreiben, dann ist das das Ergebnis Ihrer Schulpolitik. Wer wie Sie die Stundentafel um über 1.100 Stunden reduziert hat und dabei vor allem in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 streicht, während er dann in den Klassen 11 und 12 des Gymnasiums zum Ausgleich die Stunden wieder erhöht, muss sich doch über die längerfristigen Ergebnisse solcher Bildungsprozesse in diesem Land nicht wundern.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Wer war denn das? – Sylvia Bretschneider, SPD: Das hat er doch eben gesagt. Da müssen Sie auch mal zuhören, Herr Dr. Born!)
(Eckhardt Rehberg, CDU: Das stimmt. In den letzten drei Jahren, ja. Da hat er die. Das ist wohl wahr.)
Es sind praktisch Ihre Schüler und es sind damit auch Ihre Ergebnisse. Dann aber zu behaupten, 1996 wäre vereinbart gewesen, diese Stunden wieder aufzustocken, das kann ich nicht glauben. Einen Beleg dafür finde ich nicht,
(Wolfgang Riemann, CDU: Können Sie sich nicht mehr daran erinnern, wie die Finanzministerin sich gewehrt hat gegen die Aufstockung der Stundentafel?!)