Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

denn die Minderheit wird immer durch die Mehrheitsentscheidung bei einer Wahl unterliegen oder von einem nicht kalkulierbaren Wohlwollen der Mehrheit oder einzelner Fraktionen abhängig sein. Einen Anspruch auf den Vorsitz wird sie jedenfalls nie haben. Wollen Sie das – auch wenn Sie selbst einmal wieder die Oppositionsbank drücken? Und wenn Sie der Auffassung sein sollten, dass ja jede Mehrheit die Geschäftsordnungsregeln des Landtages so abändern kann, wie es ihr beliebt, wie lange wird es dann noch dauern, bis das Zugriffsverfahren bei den anderen Ausschüssen des Landtages abgeändert wird? Kein anderes Bundesland sieht ein Verfahren bei der Bestimmung des Vorsitzenden einer Enquetekommission vor, wie es jetzt in der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern geregelt werden soll.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Hört, hört!)

Und man kann nicht behaupten, dass deswegen andere Bundesländer undemokratisch sind oder handeln.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, ganz gewiss nicht.)

Meine Damen und Herren, obwohl Sie nun die Wahl des Vorsitzenden durch die Enquetekommission im Wege der Abänderung der Geschäftsordnung sanktionieren wollen und damit den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes folgen, wie ernst Sie aber bereit sind, das Urteil anzunehmen, zeigt sich daran, dass auch nach dem Richterspruch die Arbeitsgruppen der Kommission weiterhin tagten, als sei nichts gewesen. Das ist aus unserer Sicht eine Ohrfeige für das höchste Gericht unseres Landes. Aufgrund der Feststellungen des Gerichts ergibt sich unzweifelhaft, dass die Kommission keinen rechtswirksam bestellten Vorsitzenden hat. Damit ist sie derzeit ein rechtliches Nullum. Sie existiert rechtlich nicht, weil zur Konstituierung eines Ausschusses ein rechtmäßiger Vorsitzender benannt werden muss.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Und wie ernst, meine Damen und Herren von SPD und PDS, die immer wieder geäußerte Behauptung ist, Sie seien an einer konstruktiven Mitarbeit der CDU-Fraktion interessiert, zeigt sich daran, dass in diesen Arbeitsgruppen schnell noch – ohne Beteiligung der CDU-Fraktion! – die Abschlussberichte der Arbeitsgruppen beschlossen wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt feststand,

(Heinz Müller, SPD: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das ist Unsinn! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

dass die CDU-Fraktion mit vollem Recht

(Der Abgeordnete Heinz Müller meldet sich für eine Anfrage.)

an der bisherigen Arbeit der Enquetekommission nicht teilgenommen hat. Wenn Sie...

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie haben bewusst den verfassungswidrigen Zustand herbeigeführt.)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? (keine Zustim- mung)

Nein.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie haben den verfassungswidrigen Zustand herbeigeführt.)

Wenn Sie...

Herr Born, ich wäre dankbar, wenn ich weiterreden dürfte.

(Siegfried Friese, SPD: Herr Born, erzählen Sie doch nicht so was!)

Wenn Sie wirklich an einer konstruktiven sachlichen Mitarbeit der CDU-Fraktion interessiert sind, dann würden Sie auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Enquetekommission am 5. Juli nicht, wie bereits vorgesehen, eine Beschlussfassung zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppen setzen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Dann würden Sie den Abgeordneten der CDU-Fraktion und den von Ihnen zu benennenden Sachverständigen die Chance geben, sich in diese Arbeitsergebnisse einzubringen, wobei ich nochmals daran erinnern darf, dass es bisher eigentlich gar keine Kommission und damit auch gar keine Arbeitsergebnisse einer Kommission gibt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Ja wollen Sie nun mitarbeiten oder wollen Sie nicht?! – Dr. Ulrich Born, CDU: In der nächsten Kommission. – Glocke der Vizepräsidentin)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte es begrüßt und meine Fraktion auch, wenn die Enquetekommission unbelastet von dem Streit um die Besetzung des Vorsitzenden einen Neuanfang findet – im Interesse der Sache, im Interesse der Bürger dieses Landes. Es wäre eine Geste politischen Anstandes gewesen, wenn sich alle Fraktionen einvernehmlich als Einzelfallentscheidung auf einen neutralen Vorsitzenden geeinigt hätten,

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

der durch den Landtag hier und heute bestätigt worden wäre. Leider ist ein derartiges Angebot der CDU-Fraktion von den Fraktionen der SPD und PDS nicht angenommen worden oder bis zur Stunde,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Einen solchen Antrag hat es nie gegeben.)

ich habe ja gesagt, oder bis zur Stunde noch nicht angenommen worden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Aber natürlich gab es so einen Antrag.)

Wir werden daher aus grundsätzlichen Erwägungen...

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Einen solchen Antrag hat es nie gegeben. Das ist ja Unsinn. – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Wir werden daher...

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ich bin von Ihrer Frak- tionsvorsitzenden angeschrieben worden, ganz offiziell. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das stimmt doch gar nicht. – Dr. Ulrich Born, CDU: Doch, natürlich!)

Wir werden daher aus grundsätzlichen Erwägungen die Änderung der Geschäftsordnung des Landtages in der vorgeschlagenen Form ablehnen. Wir schlagen vielmehr vor, durch eine kurze, aber präzise Klarstellung der Geschäftsordnung darzustellen, dass wir auch künftig bei der Vergabe der Vorsitzenden für parlamentarische Gremien die veröffentlichte Auslegung des Rechtsausschusses für richtig halten. Jede Ausschussart wird nach einer neuen Zählreihe besetzt – das ist fair, das ist übersichtlich, das ist demokratisch und letztendlich ist es auch friedensstiftend.

Deshalb bitte ich im Namen der Fraktion um Zustimmung zu diesem Änderungsantrag. Einer Mitarbeit in einer rechtlich wirksam konstituierten Enquetekommission wird sich meine Fraktion in keinem Falle entziehen und sie wird sich ordnungsgemäß mit einbringen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Unruhe bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Danke, Herr Caffier.

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Schoenenburg von der Fraktion der PDS.

(Wolfgang Riemann, CDU: Jetzt wird das Ulbricht-Zitat bedient: Es muss nur alles demokratisch aussehen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich glaube, Herr Caffier, Sie sind doch ganz schön dreist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was?!)

Ich will Ihnen nur mal sagen, wer so wie Sie – Ihre Fraktion und Sie persönlich – acht Jahre lang, als Sie die Regierungsverantwortung hatten, mit der Geschäftsordnung umgegangen ist und die Rechte der Minderheit beschnitten hat, wo es nur ging, der sollte sich wirklich nicht erdreisten, in dieser Weise über unsere Arbeit zu reden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und ich komme dazu noch ganz konkret. Heute früh haben wir nämlich erst einen Akt der Heilung sozusagen des Unrechtes, das Sie konstituiert haben, vorgenommen.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Acht Jahre lang haben Sie der PDS jeden Antrag auf einen Gesetzentwurf abgeschmettert,...

(Dr. Ulrich Born, CDU: Na, na, na! – Wolfgang Riemann, CDU: Das stimmt nicht.)

Sagen Sie nicht, dass es nicht stimmt! Das können Sie nachlesen noch und noch.

(Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

... und zwar ohne jede Überweisung in einen Ausschuss.