Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

... und zwar ohne jede Überweisung in einen Ausschuss.

(Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Zack und weg! Das war das Geschäftsordnungsverständnis der CDU,

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Das halte ich für falsch. – Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben doch immer Sekt getrunken, wenn Ihre Anträge reingekommen sind.)

solange sie das Sagen hatte.

(Irene Müller, PDS: Gesetzent- würfe! Sie sollten zuhören!)

Also, Herr Riemann, reden Sie lieber nicht über das, wovon Sie nichts verstehen. Da sollten Sie lieber ruhig sein und zuhören.

(Heinz Müller, SPD: Dann kann er ja gar nicht mehr reden. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Also, das will ich Ihnen nur sagen. Und wer sich dann hier so hinstellt und solche Krokodilstränen vergießt, obwohl er genauso wie ich fast elf Jahre hier Geschäftsführer ist, der sollte wirklich sozusagen in sich gehen.

(Siegfried Friese, SPD: Richtig.)

Und da hört dann auch mein Verständnis auf.

Sie wissen ganz genau, dass ich als Geschäftsführer der PDS-Fraktion seit eh und je darauf geachtet habe, dass die Geschäftsordnung eingehalten wird. Und ich sage Ihnen ganz klar, Ihnen ging es auch bei dem Gang nach Greifswald nicht um sozusagen die hehren Verfassungsziele und um die hehren Ziele der Einhaltung der Geschäftsordnung, nein, es ging Ihnen nur um eins, es ging Ihnen um Machtpolitik und in dem Fall konkret um den Vorsitz in der Enquetekommission – um nichts anderes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Siegfried Friese, SPD: Richtig. – Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, das stimmt nicht. Das ist falsch.)

Das Ziel haben Sie natürlich nicht erreicht. Und jetzt eiern Sie hier fürchterlich herum und wollen immer noch durch die Hintertür sozusagen irgendwelche Vorteile erreichen.

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Aber wenn man so mit der Geschäftsordnung umgeht und so mit der Verfassung umgeht, dann muss man sich fragen lassen, welches Demokratieverständnis man letzten Endes hat. Und da bin ich wirklich sehr im Zweifel. Das muss ich an der Stelle einfach mal sagen: Es ärgert mich unwahrscheinlich, was hier abläuft.

Also, zunächst mal möchte ich den Verfassungsrichtern aus Greifswald für ihren Spruch vom 31. Mai danken. Er hat klargestellt, dass Geschäftsordnungen nicht irgendwelches minderwertiges Recht sind, das man bei Gelegenheit so oder so oder noch ganz anders behandeln kann,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

gerade wie es einem parteipolitisch in den Kram passt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Das ist wohl der entscheidendste Teil.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Genau.)

Und die Verfassungsrichter haben gesagt, Leute passt auf, Parlamentarier passt auf, die Geschäftsordnungen sind einzuhalten.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Dies sollte uns allen zusammen eine Lehre sein.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Genau.)

Und jeder sollte mit der Zeit begreifen, dass man in der Demokratie mal Opposition und mal in der Regierung ist.

(Beifall Herbert Helmrich, CDU)

Und da rächt es sich immer, wenn sozusagen aus Gewohnheit, manchmal auch aus Überheblichkeit, Unfehlbarkeitsanspruch Mehrheiten denken, sie könnten ein bisschen lax mit der Geschäftsordnung umgehen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr wahr.)

Die letzten beiden Tage haben uns ja einiges in dieser Hinsicht gezeigt.

Geschäftsordnungen sind verbindliche Spielregeln für die Ausübung der Parlamentsdemokratie, ihre Einhaltung trägt wesentlich zur Kultur des parlamentarischen Handelns bei, habe ich mir notiert. Geschäftsordnungsrecht ist kein minderwertiges Recht und es kann schon gar nicht verwandt werden, nur um den politischen Gegner in seiner Arbeit zu verhindern und zu behindern.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Und ich will hier noch mal ausdrücklich – auch an der Stelle noch mal, weil es mich natürlich sehr bewegt und weil es meine Fraktion sehr bewegt – auf den Fakt eingehen, dass heute früh der Präsident bei uns war und uns darauf aufmerksam gemacht hat, dass offensichtlich elf Jahre lang die Geschäftsordnung nicht so ausgelegt und behandelt worden ist an einem Punkt, wie es sein sollte,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das müssen wir noch nachprüfen.)

und zwar an dem Punkt, wo es darum geht, dass die Fraktionen, die einen Gesetzentwurf einbringen, auch das Recht darauf haben, diesen Gesetzentwurf im Ausschuss behandelt zu wissen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das halte ich für richtig. – Siegfried Friese, SPD: Das hat die CDU-Fraktion aber schon mehrfach abgelehnt.)

Das hat natürlich bei meiner Fraktion sehr zwiespältige Gefühle hervorgebracht

(Heidemarie Beyer, SPD: Das stimmt.)

und es gab nicht wenige – das haben Sie hier auch am Stimmverhalten gesehen –, die gesagt haben, nein, und zwar nur aus einem Grund, nämlich dem: Warum sollen wir denen, die acht Jahre lang so mit uns gespielt haben in dieser Frage, das Recht zuerkennen?!

(Siegfried Friese, SPD: Ja. – Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Gespielt – na ja, ein übles Spiel war das.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das müssen wir erst mal prüfen.)

Und da sage ich mal, wir haben uns letzten Endes mehrheitlich entschieden zu sagen, gut, es gehört zum fairen Umgang miteinander und es ist besser fürs Parlament – wir wissen ja, wir haben genügend Gesetzentwürfe produziert als Opposition, wie es einem geht, wenn

man sich viel Mühe gemacht hat und dass dann das einfach sozusagen abgeschmettert wird –,

(Siegfried Friese, SPD: Die Er- fahrung habe ich auch gemacht.)

wenn man das weiß, dann ist es besser, dass sich das Parlament die Mühe gibt, solche Gesetzentwürfe dann auch ruhig im Ausschuss zu behandeln. Und von daher haben wir gesagt, es sei.

Aber ich frage mich natürlich auch, was hat all die Jahre unsere Landtagsverwaltung gemacht, die selbstverständlich den vorangegangenen Präsidenten in dieser Frage immer beraten hat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Da hat sich Scherin- ger gerade bedankt bei der Landtagsverwaltung.)

Ich habe seit eh und je dagegen Einwände vorgebracht, aber sie galten nicht. Und da sage ich mal, wenn heute eine Landtagsverwaltung einen Präsidenten auf diese Weise berät, und es sind im Wesentlichen die gleichen Leute, dann frage ich mich, warum sie den anderen Präsidenten in einer anderen Weise beraten hat.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)