Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Deswegen haben wir auch gesagt, wir warten nicht darauf, dass im September eventuell das Gesetz in Zweiter Lesung die Sache dann als Gesetz glatt zieht, sondern wir machen jetzt eine geschäftsordnungsmäßige Regelung, im Vorgriff gewissermaßen, die übrigens mit dem Entwurf des Gesetzes übereinstimmt, damit die Enquetekommission an ihren wichtigen Problemen weiterarbeiten kann. Das schafft Rechtssicherheit, das ist ein Fortschritt, obwohl es zunächst ein geschäftsordnungsmäßiges Provisorium ist.

Und nun noch was zum Inhalt der Regelung. Auch da sehe ich wiederum: Es geht wieder nur um parteitaktisches Gerangel. Ja, sagen Sie mir doch mal, was ist denn an der Regelung für die Enquetekommission, so, wie Sie sie vorschlagen, günstiger! Es ist vielleicht für eine Partei günstiger, aber es geht doch bei der Enquetekommission im Unterschied zu anderen Ausschüssen gar nicht so sehr um Parteipolitik. Und deswegen ist doch eine Lösung,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sollte es zumindest nicht. – Heinz Müller, SPD: Bisher ist es so.)

deswegen ist doch...

Nein, es ist auch de facto so. Eine Enquetekommission kann nicht mal einen Beschlussentwurf in den Landtag einbringen, nicht mal das kann sie. Deswegen muss man solche parteipolitischen Ambitionen aus Enquetekommissionen rauslassen.

Und da frage ich mal: Was ist denn sozusagen objektiver, was ist denn besser? – Ob ich ein Parteiengerangel veranstalte um den Vorsitz nach irgendwelchen Zählreihen oder ob ich, da die Enquetekommissionen – so war es jedenfalls bei uns immer, bisher – ja bis zur Hälfte aus Nichtparlamentariern bestehen, der Enquetekommission das Recht übertrage, aus den Reihen den fähigsten Menschen dafür zu bestimmen. Ich denke, das ist die bessere Lösung.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist graue Theorie.)

Und die an die Wand gemalte Gefahr, dass daraus sozusagen Folgerungen für ständige Ausschüsse entstehen, kann ich nicht sehen, weil eine Enquetekommission

etwas ganz Originäres ist und mit ständigen Ausschüssen und Sonderausschüssen nicht zu vergleichen ist, nein, ist nicht zu vergleichen, sowohl von der Zusammensetzung wie von der Arbeitsweise, wie von den Befugnissen.

Deswegen sage ich: Ihren Antrag, aus dem ich wiederum nur entnehme, dass er darauf aus ist, von hinten, durch die kalte Küche sozusagen, doch noch ein Zipfelchen zu greifen, doch noch vielleicht die Möglichkeit zu erhaschen, den Vorsitz zu bekommen, den werden wir ablehnen. Ich wäre hier bereit gewesen zu einer Einigung auch mit der CDU meinetwegen über einen Stellvertreter – das hätte man alles machen können, das hätte man auch hier noch in die Änderungen einfügen können, aber nein, kein Vorschlag kommt. Warum denn wohl nicht? Ist doch eindeutig.

Meine Damen und Herren,...

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Caffier?

Bitte, Herr Caffier.

Sehr geehrter Kollege Schoenenburg, ist Ihnen das Schreiben unserer Fraktion vom 5. Juni und das Antwortschreiben Ihrer Fraktion und der SPD-Fraktion zum gemeinsamen Kandidatenvorschlag, zur Findung eines gemeinsamen Kandidatenvorschlags bekannt?

Also dieses Schreiben ist mir bekannt. Und dennoch ist es so, dass dies kein konkretes Angebot ist...

(Wolfgang Riemann, CDU: Nee?)

... und es auch kein akzeptables Angebot ist, weil ich ja sehe, dass die CDU-Fraktion überhaupt kein Interesse an einem gemeinsamen Kandidaten hat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ach! – Dr. Ulrich Born, CDU: Wieso denn?)

Ja, weil sie hier deutlich macht, was sie eigentlich will –

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Richtig.)

keinen gemeinsamen Kandidaten, keinen Kandidaten, den die Enquetekommission bestimmt, sondern einen von Parteien ausgekungelten Kandidaten, den man im stillen Kämmerlein, im Hinterzimmer sozusagen aushandelt. Das werden wir nicht tun, sondern wir werden der Enquetekommission das Recht übertragen, aus ihrer Mitte den fähigsten Menschen dazu zu wählen, Vorsitzender zu sein,

(Herbert Helmrich, CDU: Ach, dann kriegen wir einen neuen?)

und einen ordentlichen Stellvertreter. Das ist nun nach Belieben, das entscheidet die Enquetekommission.

Meine Damen und Herren, ich denke, aus meiner Sicht ist alles gesagt. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Siegfried Friese, SPD)

Danke, Herr Dr. Schoenenburg.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der SPD.

(Herbert Helmrich, CDU: In eigener Sache würde ich nie reden. – Siegfried Friese, SPD: Macht er auch nicht. Er stellt nur richtig.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst als Mitglied der Enquetekommission sehr deutlich machen, dass es mir – und ich glaube, diese Aussage kann ich ausdehnen auf alle, die in dieser Enquetekommission arbeiten – in allererster Linie um Sachpolitik geht. Es geht darum, vier Problemkomplexe – und diese vier Problemkomplexe können Sie im Einsetzungsbeschluss nachlesen – fundiert und unter Abwägung unterschiedlicher Interessen und unter Einbeziehung unterschiedlicher Positionen zu bearbeiten und Lösungsvorschläge für zukunftsfähige Gemeinden und zukunftsfähige Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Das, meine Damen und Herren, ist eine außerordentlich große Aufgabe, das wird niemand bestreiten, das ist eine sehr schwierige Aufgabe. Wir wollen uns ihr widmen mit Akribie und mit Fleiß und mit viel Intensität, denn wir stellen mit unseren Ergebnissen Weichen für die Zukunft.

Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir daran interessiert, dass alle politisch relevanten Kräfte in unserem Land an dieser Arbeit beteiligt sind, und deswegen sind wir daran interessiert, dass es zu einer aktiven Mitarbeit der CDU kommt. Wir haben immer bedauert, dass es diese aktive Mitarbeit nach der ersten Sitzung nicht gab. Und als die CDU-Fraktion uns angeschrieben und uns mitgeteilt hat, dass sie ein Papier zum ersten Themenkomplex Gemeindestrukturen und Ämterstrukturen erarbeitet hat, da haben wir dieses erfreut aufgegriffen. Ganz nebenbei – und, Herr Caffier, jetzt hören Sie mir mal zu –,

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

das Schreiben ist unterzeichnet von Ihrem Fraktionsvorsitzenden Eckhardt Rehberg, gerichtet an den Vorsitzenden der Enquetekommission, Herrn Heinz Müller, MdL. Das Nullum hatte also durchaus einen funktionierenden Vorsitzenden, den man auch anschreiben konnte.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So lange, bis das Verfassungsgericht festgestellt hat, dass das verfassungswidrig ist.)

Und dieses Nullum, von dem Herr Caffier spricht, das ja eigentlich gar nicht handeln und gar nicht arbeiten kann und gar nicht arbeiten darf, dieses Nullum hat dann die CDU-Fraktion selbstverständlich eingeladen, mit der Bitte, ihr Papier zu erläutern und vorzustellen. Das Papier haben wir den Kommissionsmitgliedern selbstverständlich zugeleitet. Die CDU ist mit drei Landtagsabgeordneten, darunter der Fraktionsvorsitzende, in der Sitzung der Kommission erschienen und wir haben circa anderthalb Stunden lang eine außerordentlich interessante und außerordentlich fruchtbare Diskussion mit den Vertretern der CDU geführt. Ein Nullum, Herr Caffier, ich weiß nicht, ob das solche Diskussionen führen kann und ob Sie anderen Nulla – so heißt wohl der lateinische Plural – ebenfalls die Ehre zuteil werden lassen, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU mit ihnen diskutiert.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Ihre Argumentation scheint mir hier wenig schlüssig zu sein.

Und ein Nächstes: die Arbeitsgruppen. Sie haben hier wahrheitswidrig behauptet, die Arbeitsgruppen hätten ihre Arbeitsergebnisse bereits beschlossen. Nein, die Realität ist eine andere. Eine der drei Arbeitsgruppen hat ihre Arbeitsergebnisse beschlossen. Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, hier einmal in wenigen Sätzen zu skizzieren, wie eine solche Arbeitsgruppe arbeitet. Es war die Arbeitsgruppe, die sich mit den Gemeindestrukturen in den Ämtern befasst und mit den Strukturen der Ämter. Wir haben unter Einbeziehung von Wissenschaft und unter Einbeziehung von Kommunalpolitikern hier sehr lange und sehr intensiv diskutiert. Wir haben Betroffene angehört, wir sind draußen im Land gewesen, bewusst in Ämtern mit außerordentlich dünner Besiedlung. Wir haben uns heftig mit Pro und Contra auseinander gesetzt. Wir haben am Ende Ergebnisse zu Papier gebracht. Und wir haben diese Ergebnisse einvernehmlich zu Papier gebracht! Und ich bin stolz darauf, dass jemand, der in der kommunalen Szene einen Namen hat, wie Landrat Molkentin, diesem Papier ebenfalls zugestimmt hat und dass wir es geschafft haben, hier tatsächlich Leitlinien zu formulieren in dieser Arbeitsgruppe, die ganz breit getragen werden. Ich glaube, dieses Beispiel zeigt, die Arbeitsgruppen und damit die Kommission als Ganzes arbeitet, sie arbeitet erfolgreich, sie arbeitet zukunftsweisend. Nur die CDU-Fraktion, die steht draußen vor der Tür, hält die Hände in den Taschen

(Wolfgang Riemann, CDU: Und der Minister droht mit gesetzlichen Regelungen.)

und wartet auf bessere Zeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin sehr stolz darauf, dass es gelingt, hier einvernehmlich Positionen zu erarbeiten, weil ich glaube, dann haben wir auch gute Chancen, dass wir diese Positionen in konkrete Politik umsetzen.

Und, Herr Caffier, eine andere Arbeitsgruppe, das ist die Arbeitsgruppe, die sich mit den Kooperationen befasst. Wir gehen davon aus in der Enquetekommission, es wird auch zukünftig Ämter mit amtsangehörigen Gemeinden geben, es wird auch zukünftig amtsfreie Gemeinden geben. Und dann stellt sich die Frage, wie gehen die miteinander um. Wir haben 33 Fälle im Land, wo die Amtsverwaltung ihren Sitz in einer amtsfreien Stadt hat. Oft heißt sie dann so wie die amtsfreie Stadt, nur mit dem Zusatz „Land“. Das geht von Hagenow, Hagenow-Land bis Ueckermünde, Ueckermünde-Land. Wie gehen die miteinander um? Hier haben wir ebenfalls gute Ergebnisse erzielt und wir wollten heute Nachmittag am Rande des Empfangs des Städte- und Gemeindetags hier unseren Abschlussbericht formulieren. Nur der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion hat einer solchen Sitzung widersprochen, das heißt, die CDU macht nicht nur nicht mit,

(Sylvia Bretschneider, SPD: Sie boykottiert.)

sondern sie versucht auch, hier zu verhindern, dass in diesen Arbeitsgruppen der Enquetekommission konkrete Ergebnisse erzielt werden. Und das allerdings, meine Damen und Herren, halte ich für ziemlich schlimm.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist unglaublich.)

Aber kommen wir zu dem...

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist ja noch nicht mal die halbe Wahrheit.)