Protokoll der Sitzung vom 20.09.2001

Im Verantwortungsbereich von Minister Backhaus, im Landwirtschaftsministerium, wurden 72 Millionen Euro, also runde 140 Millionen DM, für die Förderung der Landwirtschaft nicht ausgegeben. Dieses betrifft die allgemeinen Bewilligungen, die Gemeinschaftsaufgabe, aber auch die Dorferneuerung. Einnahmereste mussten hier in Höhe von 41 Millionen Euro gebildet werden. Herr Minister, den Landwirten zum Munde zu reden, die Einnahmeverluste bei den Bauern zu beklagen reicht nicht. Man muss auch arbeiten, Herr Minister.

Im Verantwortungsbereich der Sparministerin Keler wurden beim Staatshochbau gleich 44 Millionen DM im Jahr 2000 eingespart und sind auch bis heute nicht ausgegeben worden. Zu Lasten der Hochschulbauförderung mussten 8 Millionen DM Einnahmereste gebildet werden. Das ist Bauförderung und Hochschulpolitik à la Keler.

Unser Umweltminister ist in seiner Außendarstellung prima, aber sieht man sich die Zahlen an, steht der Kaiser nackt da.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Na! Na! Na!)

78 Millionen Euro und damit 43,6 Prozent Ihres Gesamthaushaltes, Ihrer Gesamtausgaben, 43,6 Prozent Ihrer Gesamtausgaben sind im Jahr 2000 nicht abgeflossen. Und, Herr Professor Methling, im Alleenschutz 1 Million Euro nicht ausgegeben, im Küstenschutz 1,5 Millionen Euro nicht ausgegeben, in der Förderung der Wasserund Abwasseranlagen 25 Millionen Euro nicht ausgegeben, im Bereich der GA 37,4 Millionen Euro nicht ausgegeben. Was sagen Sie den Leuten im Tiefbau, was sagen Sie den Wasser- und Abwasserverbänden, was sagen Sie den Gemeinden, warum diese Mittel im Jahr 2000 nicht abgeflossen sind? Und wenn ich dann komme zum Wasser- und Abwasserverband und sage, ich will eine Straße bauen, dann sagen die: Das haben wir nicht im Plan, wir kriegen keine Förderung. Und im Ministerium liegt das Geld und wird nicht ausgegeben.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Sie kennen alle Zusammenhänge.)

Einnahmereste gibt es in Ihrem Bereich ebenfalls bei EU-Strukturfonds von 43,5 Millionen Euro.

Und dann gucken wir uns das Haushaltsjahr an. Es könnte ja sein, dass die Reste dann zu Anfang dieses Jahres, weil sie gebunden waren an Projekte, wenigstens im ersten Halbjahr abfließen, wenn man denn schon so viele Reste bildet. Aber gucken wir uns dann das Soll an: Im ersten Halbjahr bis zum 31.08., das ist länger als ein Halbjahr, also in acht Monaten haben Sie gerade mal, hat Ihr Haus gerade mal 20 Prozent Ihrer geplanten Investitionsausgaben realisiert, ohne – denn die müssten in diesem Zahlenwerk erscheinen – die hohen, hohen gebildeten Rückstände. Und das, meine Damen und Herren, in acht Monaten Gelder des Planes nur für zwei Monate auszugeben, zu investieren, das ist wahrhaft investitionsfördernd, das bringt unser Land voran, wie unser Ministerpräsident vor wenigen Minuten hier versicherte.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wenn man Ironie nicht kann, sollte man es lassen! – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

Bauminister Holter war sicherlich zu beschäftigt, um Ausgabereste von 35,6 Millionen Euro im Bereich Wohnungs- und Städtebauförderung der gebeutelten Bauwirtschaft zukommen zu lassen. Aus dem alten ESF – die Förderperiode endete 1999, meine Damen und Herren, wir sind im zweiten Drittel des Jahres 2001 – stehen noch fast 16 Millionen Euro aus. Nun muss man sich fragen, woran das liegt. Wurden von Seiten der Landesregierung die Verwendungsnachweise nicht geprüft, ordentlich zeitnah geprüft, dass die Mittel dann auch fließen können, wenn die Maßnahmen abgeschlossen sind in 1999? Woran liegt es, dass diese Mittel noch nicht eingegangen sind? Aus dem neuen ESF sind es immerhin schon 11,2 Millionen Euro, Mittel, die nicht im Haushalt zur Verfügung stehen, die nicht für die Beseitigung der Arbeitslosigkeit oder

Existenzgründern zur Verfügung stehen. Und, Herr Holter, nicht nur Ihre Affären, sondern auch das ist ein Grund zu Ihrem Rücktritt.

Frau Keler, seriöse Haushaltspolitik zeigt sich darin, dass zeitnah und vollständig die Einnahmen realisiert werden können und die Ansätze möglichst in diesem Haushaltsjahr, wo sie bewilligt werden, auch umgesetzt und nicht Resteberge vor sich her geschoben werden und dann die Mittel, die wir geplant haben, im Haushaltsjahr nicht ausgegeben werden können.

Aber, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, dank Minister Sellering wissen nun die Vorpommern, wem sie zu danken haben und wem nicht. Unser aller Kanzler mit Sonnenscheinterminen in Vorpommern macht Werbung für unseren Landesteil und nur die CDU-Landräte können das Geld nicht ausgeben, so der Minister für Parteipolitik im „Peene Blitz“. War da noch was, Herr Minister, mit der besonderen Strukturschwäche Vorpommerns, mit der fehlenden Infrastruktur, mit den nicht gelösten Werftenproblemen? Wo waren die Termine des Kanzlers bei den Werften, bei den durch die Ökosteuer gebeutelten Bauern, bei den Wirtschaftsverantwortlichen im Uecker-Randow-Kreis? Aber der Parteiminister Sellering wird es den Vorpommern schon noch erklären, wie die richtige Sichtweise auf solche Sonnenscheinreisen sein muss. In seinem eigenen Haushalt – Frau Gramkow, Sie haben ihn so gelobt – sieht es allerdings düster aus. Keine Mittel für die Opferhilfe, der Täter-Opfer-Ausgleich befindet sich nur auf der Täterseite und für Straftäter gibt es fast 1 Million Euro Wohltaten. Der Bestand bei Gerichtsvollziehern, Frau Gramkow, bleibt gleich,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Du brauchst nicht hinzuhören, Geli. Das lohnt nicht.)

das hätten Sie sich angucken können. Forderungen können entweder gar nicht oder verspätet eingetrieben werden, auch die Gerichtsvollzieher haben nur ein begrenztes Arbeitspensum. Die Eintragung von Unternehmen verzögert sich, weil die Personaldecke zu dünn ist – Wirtschaftspolitik à la Sellering. Die PDS verkündet den Erfolg der Neueinstellung von 40 Referendaren. Frau Gramkow, Sie hätten mal etwas tiefer reinlesen sollen.

(Angelika Gramkow, PDS: Nicht den Erfolg der Neueinstellung! – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Im Stellenplanvermerk heißt es, dass bis zu 35 Stellen 2002 doppelt besetzt werden können. Können! Und dann muss man sich auch noch mal den Haushaltsansatz dazu angucken, Frau Gramkow. Hier haben wir eine wunderbare Verminderung um 1,3 Millionen Euro in 2002 gegenüber 2001. Wovon will der Minister diese Stellen bezahlen, wenn er das Geld nicht bekommt? Das ist Haushaltsklarheit und -wahrheit.

Und nicht nur im Einzelplan 09 werden reihenweise Steigerungen und Verminderungen nicht erklärt. Wir finden aber auch Doppelveranschlagungen und Überveranschlagungen. Und im Bereich der Telekommunikationskosten finden wir unsere, nach Aussage der Finanzministerin unseriösen Vorschläge aus dem vergangenen Jahr als Titel für das Jahr 2002.

Meine Damen und Herren, man sollte nicht nur kritisieren, man sollte auch Vorschläge machen. Und deshalb werden wir uns im Rahmen der Etatberatungen auf folgende Aspekte konzentrieren. Wir werden folgende Vor

schläge zur Minderung der Arbeitslosigkeit, gegen die Abwanderung junger Menschen unterbreiten. Wir werden uns einsetzen für die Verbesserung der Rahmenbedingungen in diesem Land.

(Barbara Borchardt, PDS: Na, da bin ich aber gespannt. – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Und, meine Damen und Herren, was ist denn Schlechtes daran, Frau Gramkow,

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

was ist denn Schlechtes daran, wenn ich die Kommune selber entscheiden lasse, welche Programme sie fahren will, wenn ich der Kommune eine zweckungebundene Zuweisung mache aus diesen vielen Programmen, wo die Kommunen Mitnahmeeffekte haben?

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Riemann, das war schon in unserem Wahlprogramm. Haben Sie das abgeschrieben?)

Ja, ja, ja, sehen Sie, Sie haben das nämlich schon mal im Wahlprogramm ausgesagt.

(Barbara Borchardt, PDS: Aber da haben Sie es abgelehnt.)

Was ist denn Schlechtes daran,

(Barbara Borchardt, PDS: Da waren Sie noch mit in der Regierung.)

wenn man sagt, Kommune, entscheide selber, ob du einen ÖBS willst, ob du einen Schulsozialarbeiter willst, ob du „Jugend baut“ willst oder noch andere Spielwiesen,

(Barbara Borchardt, PDS: Na ja, ein bisschen sollten wir mitreden, sonst können wir das Parlament abschaffen.)

entscheide selber, wie du diese Mittel verwendest? Glauben Sie mir, Frau Gramkow, wir haben uns in Koserow für einen Schulsozialarbeiter entschieden, wir haben uns auch für „Jugend baut“ entschieden,

(Barbara Borchardt, PDS: Ja. – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

weil wir nämlich Gelder damit gespart haben, Frau Gramkow, und weil dieser Schulsozialarbeiter den Jugendklub, die Jugendfeuerwehr und den Jugendsportverein betreut.

(Rudolf Borchert, SPD: Dann können Sie ja zustimmen.)

Und weil wir das für richtig gehalten haben, müssen wir mehr zahlen, als wenn wir einen Amtssozialarbeiter eingestellt hätten, der zu 75 Prozent gefördert wird und der dann irgendwo anonym herumsitzt. Man sollte zumindest mal darüber nachdenken, wie man Förderstrukturen ändert in dem Beritt.

(Barbara Borchardt, PDS: Das haben wir ja.)

Darüber sollte man nachdenken und ob das Geld nicht vielleicht auch den Kommunen selber gegeben werden kann. Die Nachbarkommune hat gesagt, wir wollen dieses nicht und können dieses nicht, weil wir es nicht mehr gegenfinanzieren können. Und wenn ich dann das Geld habe, dann kann ich entscheiden, wie ich es verwende. Darüber sollten wir nachdenken zum Haushalt 2002/2003, wie wir solche Programme in einen neuen Titel einstellen,

Zuschüsse an die Kommunen für investive und nichtinvestive Zwecke außerhalb des FAG.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler – Angelika Gramkow, PDS: Der ist ja revolutionärer, als ich es je gewesen bin.)

Und, meine Damen und Herren, wenn wir der Abwanderung entgegentreten wollen, dann müssen wir uns um junge Familien kümmern und dann ist es sachgerecht, auch ein Programm, ein Zuschussprogramm aufzulegen in Höhe von 10 bis 15 Millionen Euro, um der Abwanderung zu begegnen, indem junge Familien einen Zuschuss zum Bau ihres Eigenheimes bekommen.

(Angelika Gramkow, PDS: Aber wenn sie ja gar keins bauen wollen, weil sie auch so bauen können?!)

Und wenn sie dann fragen: Woraus sollen wir denn das finanzieren? Da lassen wir 80, 90 Millionen IFG-Mittel bei dem Hans Eichel in Berlin auf der Kante liegen und hier laufen uns die Menschen weg.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Das kann doch nicht wahr sein!

(Angelika Gramkow, PDS: Wegen der Eigen- heimförderung. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Herr Riemann und seine Patentrezepte.)

Und deshalb ist es auch richtig, die Städtebaumittel zu verstärken.

Und, Frau Gramkow, gucken Sie rein in den Haushalt, wie viel Mittel zur Verfügung stehen. Die Gemeinde Koserow hat einen Antrag gestellt von 900.000 Euro Förderung zur Realisierung einer Baumaßnahme im Rahmen der Städtebauförderung. Mit unserem Antrag schöpfen wir die Barmittel des nächsten Jahres aus, mit unserem einzigen alleinigen Antrag. Gucken Sie rein in den Haushalt! Und deshalb wird immer wieder geschoben, geschoben, geschoben, die Kommunen gehen in Vorleistung, haben Zinsbelastungen und kriegen das Geld vielleicht 2005, vielleicht auch 2006. Und das kann doch nicht richtig sein.

Nach wie vor, Frau Gramkow,...

(Angelika Gramkow, PDS: Ist denn nun Ihr Antrag genehmigt?)

Nein, er ist gestellt für 2002...