Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

hier in Mecklenburg-Vorpommern gerade an diesem Punkt richtige Veränderungen herbeizuführen. Und siehe da, wir stellen nach fast dreieinhalb Jahren fest, Mecklenburg-Vorpommern ist keine Insel der Glückseligen und ohne entsprechende bundesrepublikanische Rahmenbedingungen dreht sich hier allein auf unsere Initiative in Mecklenburg-Vorpommern kaum etwas. Das ist der nüchterne Fakt.

(Herbert Helmrich, CDU: Und das haben Sie vor drei Jahren alles nicht gewusst, als Sie Wahlkampf gemacht haben?! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Herr Helmrich, Sie wissen zwar sehr viel mehr, weil Sie in der Bundesrepublik schon pausenlos in der Regierung waren und jetzt ganz traurig sind, dass Sie Opposition sein müssen.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Wir waren in der Bundesrepublik vorher noch nicht in der Regierung und für uns war es natürlich ein großes Experiment.

(Harry Glawe, CDU: Sie konn- ten das nicht wissen, genau.)

Und ich will jetzt nicht über die einzelnen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt reden. Selbstverständlich könnte ich jetzt sozusagen über die großen Erfolge reden, die wir haben in Bezug auch auf Arbeitsmarktpolitik,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Zurufe von Georg Nolte, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

das wäre auch nicht aus der Luft gegriffen, aber das will ich jetzt mal hier sein lassen, darüber haben andere schon geredet.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mit einigen Genos- sen im Arbeitsministerium haben Sie Erfolge, ja.)

Ich will jetzt hier weiter zum Thema reden und ich habe Ihnen sagen wollen, dass, wenn wir ein Problem lösen wollen, wir alle zusammen, alle Parteien, die hier im Lande was zu sagen haben, darüber nachdenken müssen, wie man Wirtschaftsentwicklung macht, wie man die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt voranbringt.

(Zuruf von Herbert Helmrich, CDU)

Und da backen wir vorerst alle zusammen kleine Brötchen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, richtig.)

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Und da kommt nun die CDU mit dem genialen Vorschlag einer Enquetekommission.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, sehr sinnvoll.)

Das Ende vom Lied wird dann sein, dass diese Enquete

kommission sagt, wie wir zur Insel der Glückseligen in Mecklenburg-Vorpommern werden,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie wol- len ja kleine Brötchen backen.)

wie wir plötzlich Wirtschaftsentwicklung machen, wie wir plötzlich alle Arbeitsmarktprobleme lösen, und das

ganz unabhängig von dem, was im Bund läuft. Da kann ich doch nur lachen!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber so ein bisschen Sachverstand wäre ganz gut.)

Ja, ein bisschen Sachverstand, das ist ja genau das Stichwort.

Aber ganz ernsthaft ist eben gerade diese Enquetekommission an diesem Punkt die Bankrotterklärung der CDU.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Was?)

Ja, weil Sie damit nichts anderes erzählen und sagen, als dass Sie es nicht richten können, aus Ihrer eigenen Denkfähigkeit und aus Ihren eigenen Ressourcen vernünftige Konzepte zu machen für die Entwicklung dieses Landes.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Dann müssten Sie ja immer gegen Enquetekommis- sionen sein. – Dr. Armin Jäger, CDU: Wir wollen gemeinsam beraten. Das ist doch sinnvoll. – Herbert Helmrich, CDU: Nur Dumme lassen sich...)

Ich denke mir, die Vision, die Herr Prachtl sich wünscht, die wünsche ich mir ja auch und ich würde sie mir ja parteiübergreifend wünschen – das wäre so eine Art neue „Nationale Front“,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Ministerin Sigrid Keler – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

würde ich mir ja wünschen –, aber diese Vision werden wir in dieser Enquetekommission nicht kriegen, sondern diese Vision müssen die Parteien für sich selber ausarbeiten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Es gibt auch keine Patentlösung.)

Sie müssen auch ihre Unterschiede darstellen für diese Visionen und sie müssen sie auf diese Tauglichkeit hin prüfen lassen. Also die Enquetekommission wird weder die Analyse bringen können noch wird sie die Visionen bringen können.

Deswegen sage ich, wenn denn die Sache so ist, dann kann es doch eigentlich nur vernünftig sein, wenn wir so ein gravierendes Problem haben, dass das Parlament als Ganzes sich mit der Sache befasst. Und wenn wir das mal ernst meinen, dann ist es doch wohl so, wenn wir uns selber ernst nehmen, dann sollte doch zusammen mit unseren Stäben genug Sachverstand in diesem Parlament sein, diese Aufgabe vernünftig anzupacken und sie nicht zu delegieren letzten Endes auf sechs Sachverständige.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und sechs Parlamentarier.)

Die werden das nicht richten. Insofern, bei aller Skepsis, die ich überhaupt habe in Bezug auf die Frage, ob wir mit der Enquetekommission oder mit unseren Ausschüssen oder als Landtag dieses Problem lösen können, ich bin der Auffassung, wir werden es nicht lösen können. Aber da bin ich am Ende doch dafür, dass wir es angehen und nicht einfach die Ohren hängen lassen, und zwar als Parlament insgesamt, und dass wir da unsere Kraft reinstecken. Und wenn wir das gemeinsam versuchen in den

Ausschüssen – und hier steht durchaus nicht, dass es nur der Ausschuss für Bau und Landesplanung und so weiter sein soll, sondern es sollen ja alle Ausschüsse sein, die sich damit befassen –, wenn wir es alle gemeinsam anpacken wollen,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

und ich habe die CDU ja so verstanden, Herrn Prachtl zumindest, dass wir es alle zusammen anpacken wollen – und dass wir uns dabei auch streiten wollen, ist doch auch okay, es wird doch auch wieder ins Plenum kommen, das ist doch klar –, dann können wir es auch so machen, dass wir alle Ausschüsse beauftragen, sich der Sache anzunehmen.

Ich und meine Fraktion halten das für die vernünftigere Lösung, die bessere Lösung.

(Lutz Brauer, CDU: Und wer koordiniert das?)

Wer koordiniert? Diese Frage ist doch eine Frage, die wir diskutieren können. Das können wir doch diskutieren. Kein Problem!

Also ich halte das für ein vernünftigeres Herangehen, ein sachlicheres Herangehen und ich meine auch, es ist über weite Strecken ein Scheinproblem, das hier sozusagen so großartig aufgebaut wird. Bevölkerungsentwicklung ist immer die Folge von anderen Prozessen.

(Nils Albrecht, CDU: Genau.)

Und da wir die der Bevölkerungsentwicklung zugrunde liegenden Probleme alle zusammen bisher unbefriedigend gelöst haben, werden wir es auch mit diesem Thema nicht lösen können. Aber ich bin dafür, dass wir uns der Frage stellen, und ich bin dafür, dass wir es in der Weise tun, wie es die Koalitionsfraktionen vorgeschlagen haben. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Schoenenburg.

Aber ich muss Sie auch ermahnen, unparlamentarische Worte nicht zu verwenden.

(Zurufe von Ministerin Sigrid Keler und Gerd Böttger, PDS)