Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Harry Glawe, CDU: Ja!)

Und es ist völlig klar, dass ich als Sozialministerin deshalb die Krankenkassen und die Ärztinnen und Ärzte auffordere, ihre gesetzliche Pflicht zur Information und Beratung der Ärzte gewissenhaft zu erfüllen. Und ich meine, jetzt müssen entsprechend der gesetzlichen Pflicht die Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchgesetzt werden. Ich erwarte von den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung unverzügliches Handeln. Und die Beteiligten wissen sehr genau, dass ich nicht zögere, auf meine aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten gegenüber der Selbstverwaltung zurückzugreifen und sie auszuschöpfen.

Zu diesem CDU-Antrag möchte ich Folgendes sagen. Sie werden mit dem Versuch scheitern, politisches Kapital aus den jüngsten Beitragssatzsteigerungen der Krankenversicherung zu ziehen.

(Beifall Torsten Koplin, PDS – Nils Albrecht, CDU: Es geht um die Menschen in diesem Land und nicht um politisches Kapital.)

Wenn Sie jetzt den Untergang des Wirtschaftsstandortes an die Wand malen – entsprechende Äußerungen gibt es –, dann finde ich das, gelinde gesagt, unredlich. Denn die heutige desolate Lage ist nicht allein in der letzten Zeit entstanden.

(Torsten Koplin, PDS: Genau. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Sie ist ganz wesentlich auch das Ergebnis vieler Jahre verfehlter Sozialpolitik der früheren Bundesregierung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD – Torsten Koplin, PDS: Richtig. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Gerade unter Ihrer Regierungsverantwortung sind die größten Verschiebebahnhöfe eröffnet worden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Während der Amtszeit der unionsgeführten Bundesregierung haben Ihre politischen Freunde massiven Leistungsabbau in der Sozialversicherung betrieben.

(Harry Glawe, CDU: Das waren wir, jaja.)

Arbeitsminister Blüm war es, der die Höhe der gesetzlichen Renten auf Sozialhilfeniveau absenken wollte,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Torsten Koplin, PDS: Richtig.)

und zwar ohne ergänzende steuergeförderte Zusatzrente.

(Nils Albrecht, CDU: Und das werfen Sie der CDU in Mecklenburg-Vorpommern vor?)

Unter Minister Blüm und Seehofer wurden die Höhe des Arbeitslosengeldes, die Höhe des Krankengeldes und die Laufzeit abgesenkt. Ihre Bundesregierung war es, die in die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eingegriffen sowie massive Zuzahlungen gefordert und eingeführt hat.

(Harry Glawe, CDU: Und das machen Sie heute weiter.)

Und das betrifft die Menschen, wenn Sie auf die Menschen abstellen, Herr Albrecht.

(Nils Albrecht, CDU: Das hilft ihnen auch sehr viel, diese Ausführungen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Sie haben damit nicht die Versicherten, sondern die Kranken mit über 4 Milliarden DM belastet

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und trotz dieser massiven Leistungseingriffe keine Beitragsstabilität erreicht. Im Gegenteil, seit 1990 bis 1998 hatten wir einen Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge von 35,8 auf 42,1 Prozent. Das haben Sie zugelassen.

(Nils Albrecht, CDU: Ich habe das nicht zugelassen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und es war schließlich die Union, die die Kosten der deutschen Einheit der Sozialversicherung aufgebürdet hat. Ohne diese Fehlentscheidungen hätten wir Probleme diesen Ausmaßes heute nicht.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Torsten Koplin, PDS: Sie haben es auf über 40 Prozent gebracht.)

Die Landesregierung braucht die Nachhilfe der Opposition nicht, wenn es um Initiativen zur Reform der sozialen Sicherungssysteme geht.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Wie haben Sie sich denn beziehungsweise Ihre politischen Freunde bei den Reformmaßnahmen dieser Legislaturperiode verhalten?

(Torsten Koplin, PDS: Immer gesperrt.)

Sowohl bei der Rentenreform als auch beim JobAQTIV-Gesetz haben Sie nur parteitaktisch, nicht anders agiert.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Torsten Koplin, PDS: Ideologisch.)

Die dringend notwendige Sicherung der geringfügig Beschäftigten und die damit verbundenen Einnahmeverbesserungen der Sozialversicherungen

(Harry Glawe, CDU: Sie haben ja Rauchen für den Frieden eingeführt.)

durch das 630-Mark-Gesetz haben Sie bekämpft und bekämpfen Sie noch heute.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Bei der Diskussion um die Fortsetzung der Gesundheitsreform haben Sie Rezepte.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben die Steuer eingeführt für Rauchen für den Frieden.)

Diese Rezepte sind von gestern und von vorgestern. Sie wollen im Grunde so weitermachen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Koplin, PDS)

Ich erspare mir, Einzelbeispiele aus dem Papier „Neue soziale Marktwirtschaft“ für einen neuen Vertrag zwischen Politik und Bürger hier darzustellen.

(Nils Albrecht, CDU: Klar! Klar!)

Aber ich empfehle, da mal nachzusehen.

(Nils Albrecht, CDU: Ja gern.)

Für uns geht es nicht mit dem Griff in den Geldbeutel der Kranken

(Torsten Koplin, PDS: Richtig. Bei den sozial Schwächsten, genau.)

und auch nicht hin zu einer Zweiklassenmedizin.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD – Zurufe von Nils Albrecht, CDU, und Dr. Christian Beckmann, CDU)

Das ist immer noch kein Aussetzen der Parität. Vielleicht lernen Sie mal die Ordnungsprinzipien der Sozialversicherung kennen!

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Koplin, PDS – Nils Albrecht, CDU: Sie haben doch den Griff in die Taschen der Bürger verursacht.)

Die jetzige Bundesregierung hat sehr klar zu verstehen gegeben, dass es mit Reformen in der nächsten Legislatur in der Gesundheitsreform, in der Arbeitslosen- und auch in der Rentenversicherung weitergeht.