Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Und erst die Begründung, du meine Güte!

(Beifall Hinrich Kuessner, SPD)

Die ist Ihnen nun wirklich gelungen. Sie haben es geschafft, Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik in einen kurzen, nichts sagenden Antrag zu pressen. Herzlichen Glückwunsch!

(Hinrich Kuessner, SPD: Ich staune.)

So, nun zu den Fakten: Stabile Beiträge und angemessene Renten sind grundlegende Ziele unserer Politik.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, und deswegen haben Sie die Rentenerhöhung zweimal ausgesetzt und die Rentner beschissen. – Heiterkeit bei Dr. Christian Beckmann, CDU)

Auch unter schwierigen Bedingungen werden wir versuchen, sie zu verwirklichen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was Sie da sagen, nehmen andere nicht in den Mund.)

Dies muss von stabilen Rentenversicherungsbeiträgen begleitet werden.

(Beifall Hinrich Kuessner, SPD)

Die Lohnnebenkosten sind dabei natürlich ein wichtiger Faktor für das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Ich denke, da haben wir auch gar keine unterschiedliche Auffassung.

Damit in einer solchen Situation ein Ansteigen der Beiträge verhindert werden kann, haben wir ein Sicherheitspolster, die so genannte Schwankungsreserve. Um die zeitlich begrenzten Einnahmeprobleme auszugleichen, ohne über steigende Beiträge Arbeitnehmer und Unternehmen zu belasten, wird eine Absenkung der Schwankungsreserve erwogen.

(Nils Albrecht, CDU: Na toll! Das schafft Vertrauen. Das schafft Vertrauen.)

Meine Damen und Herren, durch die Maßnahmen des Gesetzgebers, einschließlich der Absenkung der Beiträge für Empfänger von Arbeitslosenhilfe ab 2001, ergibt sich eine Belastung in einer Größenordnung von circa 2 bis 3 Milliarden DM, das heißt rund ein Prozent des Ausgabenvolumens der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Mehrbelastungen sind zum erheblichen Teil Folgen

von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes wie insbesondere die Entscheidung zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung des Krankengeldes. Den hierdurch bedingten Mehrausgaben beim Krankengeld stehen allerdings auch Mehreinnahmen durch die Berücksichtigung der Einmalzahlung bei Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld gegenüber.

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung mit der Regelung der Einmalzahlungen eine nicht verfassungskonforme Regelung der Kohl-Regierung korrigieren musste. Die vorgenommene Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlagen für sämtliche Leistungsempfänger nach dem Arbeitsförderungsgesetz und gleichzeitige Anhebung der Beiträge aus Krankengeld an Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ab dem Jahr 1995 mit einem Finanzvolumen von über 5 Milliarden DM wurden durch Beitragssatzanhebungen in der letzten Legislaturperiode mehr als ausgeglichen. Dies kann also nicht als Begründung für die aktuellen Beitragssatzveränderungen herhalten.

(Harry Glawe, CDU: Nee, ne?)

Weiter werden die Absenkung der Zuzahlungen für Arzneimittel und die Verbesserung der Zuzahlungsbefreiungen sowie weitere mit dem GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz und der GKV-Gesundheitsreform 2000 vorgenommene Leistungsverbesserungen als Ursache für Finanzschwierigkeiten heute genannt.

(Harry Glawe, CDU: Na, das ist doch richtig. Das müssen Sie doch zugeben.)

Diese Verbesserungen, die im Übrigen dringend nötig waren,

(Nils Albrecht, CDU: Die reichen ein Vierteljahr und nicht länger.)

um die Solidarität wiederherzustellen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

sind durch die Beitragseinnahmen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gegenfinanziert. Diese Beiträge bringen der gesetzlichen Krankenversicherung für ausschließlich geringfügig Beschäftige und geringfügig Nebenbeschäftigte insgesamt Mehreinnahmen von bis zu 3 Milliarden DM.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und mehr Schwarz- arbeit! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine wesentliche Ursache für die finanziellen Schwierigkeiten bestimmter Krankenkassen ist die Risikoentmischung, weil junge, gesunde und meist gut verdienende Versicherte sich in Kassen mit günstigen Beitragssätzen sammeln. Frau Ministerin hat vorhin ja schon darauf hingewiesen. Dies verringert das Beitragsaufkommen und summiert die Ausgaben in den Kassen, die ohnehin schon höhere Beitragssätze haben. Dies soll mit der Änderung des Kassenwahlrechts und der Neuordnung des Risikostrukturausgleichs dahin gehend korrigiert werden, dass sich in Zukunft die Versorgung von kranken Menschen für Krankenkassen lohnt.

(Nils Albrecht, CDU: Wann? Wann, Frau Seemann?)

Stichwort Arzneimittelversorgung: Wo immer es Gleiches preiswerter gibt, soll das preiswerte Medikament den Vorzug erhalten.

(Beifall Hinrich Kuessner, SPD)

Ich möchte hier nicht den gesamten Katalog der Vorhaben und der bereits geschaffenen gesetzlichen Voraussetzungen vorstellen.

(Harry Glawe, CDU: Die Zahlen spre- chen gegen Frau Ministerin Bunge.)

Ich denke, dies ist bekannt.

(Harry Glawe, CDU: 1,3 Milliarden Mark! – Glocke der Vizepräsidentin)

Und, meine Damen und Herren von der CDU,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

bevor Sie weiter in Unkenntnis hier plaudern, gebe ich Ihnen einen Tipp:

(Torsten Koplin, PDS: Das hat doch Frau Bunge nicht verbraucht. Das ist doch Unsinn, Herr Glawe.)

Am 5. Dezember hat die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema mittel- und langfristige Gestaltung des deutschen Gesundheitswesens eine Veranstaltung durchgeführt.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Lesen Sie sich doch dazu mal die Beiträge durch! Die sind für Sie, glaube ich, sehr erhellend.

(Nils Albrecht, CDU: Die hat doch Ihre Gesundheitsministerin drei Tage später über Bord geworfen.)

Aber falls Sie das nicht wollen, am 06.12. haben das Bundesministerium für Wirtschaft und das Bundesministerium für Gesundheit ein Symposium zum Zukunftsmarkt Gesundheit durchgeführt. Auch die Beiträge dürften für Sie ganz interessant sein.

(Torsten Koplin, PDS: Das sollten sie mal lesen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht Ihnen hier nicht um die Senkung der Lohnnebenkosten,

(Nils Albrecht, CDU: Ach was!)

sondern es geht hier um Polemik.

(Zurufe von Nils Albrecht, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Uns geht es ebenso, das hatte ich vorhin schon gesagt, uns geht es ebenso darum, dass die Leistungen für die Beitragszahler und Beitragszahlerinnen weiter vorgehalten werden können. Im Bereich der Sicherstellung für die Gesundheitsversorgung heißt das unter anderem Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Qualität im System, Modernisierung des Vertragsrechts, Stärkung der Solidarität und der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung, Verbesserung der Chancengleichheit, Stärkung der Patientenrechte, Ausweitung der Prävention.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wählerinnen und Wähler sollen darüber entscheiden, ob es einfach nur billiger sein soll oder ob sie für ihre Beiträge qualitativ hochstehende medizinische Versorgung erwarten. Das heißt, wollen die Menschen eine Zweiklassenmedizin,

(Torsten Koplin, PDS: Genau, die wollen sie nämlich.)

die Ihre Partei, Herr Glawe, in die Begriffe von Grundund Wahlleistungen fasst, oder wollen wir auch in Zukunft ein umfassendes, das medizinisch Notwendige abdeckendes Gesundheitswesen?