Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Mit dem zweistufigen In-Kraft-Treten der Pflegeversicherung wurde 1994 eine selbständige Säule der Sozialversicherung zur Versorgung pflegebedürftiger Bevölkerungskreise fest etabliert. Seit 1996 gilt im Land das Gesetz über die Planung und Förderung von Pflegeeinrichtungen. An diese Rahmenbedingungen hat sich die Landespolitik in Gänze zu halten.

(Nils Albrecht, CDU: Eben.)

Und das halte ich für wichtig an dieser Stelle zu betonen.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut. – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Sie werden noch sehen.

(Nils Albrecht, CDU: Jaja.)

Oberstes Ziel unseres Wirkens ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass immer mehr Ältere möglichst lange in der vertrauten Wohnung, im gewohnten sozialen Umfeld leben können. Dazu unterstützt das Land den Aufbau von Sozialstationen und Pflegediensten und mit dem Ausbau des betreuten Wohnens, mit Mitteln des Arbeitsund des Sozialministeriums untersetzt, entsteht eine echte Alternative in der Versorgungslandschaft.

Das alles macht die stationäre Altenhilfe nicht überflüssig. In den vergangenen zehn Jahren wurden in Alten- und Pflegeheimen rund 10.800 Plätze neu gebaut oder grundlegend saniert, im Wesentlichen durch öffentliche Haushaltsmittel. Der Bund unterstützte dabei die neuen Länder mit einem großzügigen Investitionsprogramm nach Artikel 52 des Pflegeversicherungsgesetzes. Von 1995 bis 2004 hat Mecklenburg-Vorpommern 761 Millionen DM beziehungsweise 389 Millionen Euro Bundesmittel mit Landesund kommunalen Mitteln gebunden und verbaut. Nahezu drei Viertel des gesamten Platzangebotes sind im letzten Jahrzehnt auf hohem Niveau fertig gestellt worden.

Die statistisch sich abzeichnende demographische Entwicklung und auch die Bedarfslage in den kreisfreien Städten und in den Landkreisen zeigt, dass die Aufstockung der Platzzahl in den Heimen weiterhin notwendig ist. Bezogen auf 1991 bis 2008 – ein Zeitraum, den wir

in die konkrete Vorausschau einbezogen haben – entwickelt sich die Anzahl der über 60-Jährigen auf 160 Prozent, die der über 80-Jährigen auf über 120 Prozent. Wir stehen also vor der Aufgabe, wegen baulicher und räumlicher Gegebenheiten weiterhin Ersatzbauten zu schaffen und zugleich die Platzzahl bedarfsgerecht aufzustocken.

Seit dem Jahr 2000 befassen sich nach Aufforderung des Sozialministeriums die Kreise mit ihrer Pflegeplanung, die laut Gesetz Voraussetzung für die Landespflegeplanung ist. Zunächst erfolgte in den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Bestandserhebung zum 01.01.2000. Das Sozialministerium hat parallel die konzeptionellen Vorgaben und Rahmendaten für die Fortschreibung der Landespflegeplanung erarbeitet. Vor der Beschlussfassung der Kreispflegepläne wurden die Träger beziehungsweise deren Verbände einbezogen, die Entwürfe mit der Arbeitsebene des Sozialministeriums besprochen.

Leider haben bis heute noch nicht alle Kreise ihre Pflegeplanung abgeschlossen. Dazu gehört auch ein CDUgeführter Kreis. Bei der Verwaltung ist alles klar, aber die politische Ebene, die CDU-Seite, blockiert. In dem anderen Kreis liegt es an einem fünffachen Wechsel auf einer Stelle, die in der Verwaltung dafür zuständig ist. Die neue Landrätin auf Rügen hat es schwer in der Zeit, aber sie wird es bis Anfang Mai schaffen, die Pflegeplanung vorzulegen.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Trotz mehrmaliger Appelle meinerseits gegenüber den Sozialdezernenten, den Landräten und den kommunalen Spitzenverbänden ist diese Situation entstanden. Also diejenigen, die einwirken konnten, haben es auch nicht geschafft, dass ihre Pläne fertig werden.

Ungeduldig werdend tendierte daher der Landespflegeausschuss, der letztlich das Benehmen über die Landespflegeplanung herstellen muss, bereits in die Richtung, die säumigen Kreise gar nicht in die Landespflegeplanung aufzunehmen, ein Herangehen, das ich natürlich unter dem Gesichtspunkt einer gleichmäßigen Entwicklung aller Landesteile nicht billigte. Ich konnte eine Verständigung dahin gehend erwirken, dass wir Anfang Mai die Landespflegeplanung abschließen und gegebenenfalls auch einen kreislichen Planentwurf einbeziehen. Ich rechne fest damit, dass am 6. Mai im Landespflegeausschuss das Benehmen über den Landespflegeplan herbeigeführt wird.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Dieser Vorgang zeigt, in welches Spannungsfeld auch die Landesregierung bei strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben kommt. Und die gesetzliche Vorgabe ist die Achtung der kommunalen Selbstverwaltung. Hier war zu entscheiden zwischen Termintreue, die in der Verordnung fixiert ist, und der kommunalen Selbstverwaltung, die im Gesetz fixiert ist. Ich habe mich für Letzteres entschieden.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Durch die gegenüber den Planvorgaben der Pflegeplanungsverordnung verspätete Vorlage des Papiers bleibt aber kein Heim ungebaut – und ich glaube, das ist das Wichtigste –, denn für die Jahre 2002 und 2003 sind die für die Finanzierung von Neubauten und Sanierung von Altenpflegeheimen im Haushalt vorgesehenen Mittel wei

testgehend für die Abwicklung des Investitionsprogramms nach Artikel 52 Pflegeversicherungsgesetz gebunden und mit den betreffenden Landkreisen und kreisfreien Städten sowie mit dem Bundesarbeitsministerium abgestimmt. Folglich können bis auf wenige dringende Ausnahmen neue Maßnahmen erst für die Jahre ab 2004 eingeordnet werden. Das ist den Kreisen bekannt.

Auch darum, wie es dann weitergeht mit der Finanzierung von stationären Pflegeeinrichtungen, hat sich die Landesregierung kontinuierlich gekümmert:

Erstens. In der Mittelfristigen Finanzplanung ist der bisherige Mittelansatz weitestgehend gleichbleibend fortgeschrieben worden. Das ist angesichts der dringend erforderlichen Haushaltssanierung eine bewusste Prioritätensetzung.

Zweitens. Im Sommer letzten Jahres trafen sich die Sozialministerinnen und Sozialminister der ostdeutschen Länder mit der Bundesebene, um eine gemeinsame Strategie für die Erfordernisse nach Auslaufen von Artikel 52 des Programms zu verabreden. Eine Weiterführung des speziellen Ostprogramms konnte wegen des prekären Zustands, in dem sich weite Teile der Altenpflegeeinrichtungen in den alten Bundesländern befinden, nicht erzielt werden. Ich meine, Sie sollten mal Ihre rosa Brille absetzen und wirklich sehen, was auch in den alten Bundesländern teilweise für problematische Zustände herrschen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Erreicht werden konnte aber, dass mit dem Solidarpakt II festgelegt wurde, dass die IFG-Mittel auch für den Ausbau der sozialen Infrastruktur einsetzbar sind.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Drittens. Das Sozialministerium entwickelt seit letztem Jahr Finanzierungsvarianten für die Realisierung des künftigen Bedarfs für die Jahre ab 2004. Dabei sind Fragen nach dem Verhältnis von Zuschuss- und Kreditfinanzierung, der Akquirierung von IFG-Mitteln, zum Maß der künftigen Einbeziehung Pflegebedürftiger, zum Beibehalten der Objektförderung oder Umstieg auf Subjektförderung zu stellen.

Der Landespflegeplan wird nach der Sitzung des Landespflegeausschusses im Amtsblatt veröffentlicht. Er wird wie die Finanzierungsüberlegungen die Grundlage für die Haushaltsentscheidungen für die Jahre 2004 und folgende sein. Die detaillierten endgültigen Haushaltsentscheidungen müssen nach Auffassung der Landesregierung dem kommenden Landtag obliegen.

Ich unterbreite heute hiermit das Angebot, dem Sozialausschuss im Juni die vom Sozialministerium erarbeiteten Entscheidungsgrundlagen für die Pflegeinvestition ab dem Jahre 2004 zur Kenntnis zu geben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD)

Summa summarum wird die Landesregierung den eingeschlagenen Weg der Verbesserung sowie des Ausbaus der Altenhilfelandschaft konsequent weitergehen.

Ich hoffe, Herr Glawe, Sie haben trotz Ihrer Ablenkung meinen Vorschlag gehört,

(Harry Glawe, CDU: Ich habe ihn gehört. Im Juni im Landtag wollen wir darüber reden.)

falls Sie noch mal sprechen und Sie wieder nicht wissen, worüber hier debattiert wird.

Die stationären Pflegeheime werden weiterhin als ein fester Bestandteil eines ganzheitlichen Hilfesystems bei Vernetzung mit anderen Hilfeangeboten dienen. Ich erwarte aber auch, dass aus der Zusammenführung von Entscheidungs- und Kostenverantwortung in der Sozialhilfe bei den Landkreisen und kreisfreien Städten etliche Impulse für die bürgerorientierte Sozialplanung im kleinräumigen Bereich und damit auch für die Bewältigung des enormen Pflegebedarfs hervorgehen. Diese Politik gilt es in der nächsten Legislaturperiode fortzusetzen. – Ich danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Seemann von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Bund gewährt gemäß Artikel 52 Pflegeversicherungsgesetz seit 1995 zur zügigen und nachhaltigen Verbesserung der Qualität der ambulanten, teil- und vollstationären Versorgung der Bevölkerung und zur Anpassung an das Versorgungsniveau der alten Länder zeitlich befristet Finanzhilfen in Höhe von jährlich 800 Millionen DM, insgesamt also 6,4 Milliarden DM. Nach dem Jahresbericht 2000 der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit konnten von 1995 bis 1999

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

378 Einrichtungen in Betrieb genommen werden. Hierfür wurden den neuen Ländern bisher über 3,1 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Die Länder stellen sicher, dass wenigstens 20 Prozent der öffentlichen Investitionsmittel aus Mitteln des Landes beziehungsweise der Gemeinden aufgebracht werden.

Die Investitionsprogramme der Länder enthielten nach

dem Bericht mit Stand 1. Januar 2000 insgesamt 827 Einzelprojekte mit einem Volumen von rund 7,2 Milliarden DM. Davon wurden rund 5,2 Milliarden DM als Finanzhilfen des Bundes eingeplant. Frau Ministerin Bunge hat heruntergebrochen auch schon dargestellt, was das für unser Bundesland bedeutet. Und ich denke, daran wird auch die gewaltige Leistung deutlich, die in diesem Bereich in den letzten Jahren vollbracht wurde. Darüber hinaus wurden im Rahmen des „Modellprogramms zur Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger“ seit 1991 für 73 Projekte Mittel in Höhe von rund 135 Millionen DM für ambulante Einrichtungen, Tages- und Kurzzeitpflege sowie stationäre Pflegeeinrichtungen ausgegeben.

Wir sollten also nicht vergessen, wenn wir heute über das Thema debattieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir große Fortschritte gerade im Bereich der Pflegeeinrichtungen vorzuweisen haben. Ich habe zu DDR-Zeiten einige Zeit in einem Heim für Schwerstbehinderte gearbeitet. Und wenn wir das vergleichen,

(Nils Albrecht, CDU: Da kön- nen wir Herrn Blüm danken.)

wie das Heim ausgesehen hat und in welchen Einrichtungen die Betroffenen jetzt leben, dann können wir mit Fug und Recht sagen, dass sich in den letzten zwölf Jah

ren hier Gewaltiges vollzogen hat, auch im Interesse der Betroffenen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Nach dem Landesseniorenprogramm wurde in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren von 1991 bis 2000 durch umfangreiche Neubauten und grundlegende Sanierungen die Infrastruktur erheblich verbessert, so dass heute etwa 8.000 Plätze in stationären Pflegeeinrichtungen und 300 Plätze in Tagespflegeeinrichtungen mit finanzieller Förderung des Bundes,

(Nils Albrecht, CDU: Können Sie weg- lassen, haben Sie doch schon mal gesagt.)

des Landes und der Kommunen hinsichtlich ihrer räumlichen Ausgestaltung...