Protokoll der Sitzung vom 15.09.2004

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Drittens. Der zulässige Kalkulationszeitraum für Wasser- und Abwassergebühren wird auf maximal drei Jahre ausgedehnt und bisherige Zweifelsfragen werden damit ausgeräumt. Außerdem wird klargestellt, dass bei nicht grundstücksbezogenen Gebühren, zum Beispiel bei Friedhofsgebühren, längere Zeiträume zulässig sind.

Viertens. Der Gesetzentwurf enthält Regelungen zugunsten so genannter übergroßer Grundstücke im Anschlussbeitragsrecht. Damit wird der Situation in Mecklenburg-Vorpommern im Hinblick auf die dünne Besiedlung unseres Landes und vergleichsweise großer Grundstücke im ländlichen Raum Rechnung getragen. Die Aufgabenträger können zugunsten übergroßer Grundstücke sowie von Grundstücken, die noch nicht bebaut oder nur geringfügig bebaut sind, in ihren Satzungen Regelungen treffen, die die Beitragspflicht nur zum Teil oder erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen. Dies erlaubt den Aufgabenträgern, besonderen Grundstückssituationen durch besondere Satzungsregelungen zu entsprechen. In diesen Einzelfällen wird dadurch eine höhere Abgabengerechtigkeit gewährleistet.

Fünftens. Eine degressive Gebührengestaltung bei Einrichtungen der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung aus Gründen des öffentlichen Interesses wird ausdrücklich eingeräumt. Dies schafft den Aufgabenträgern mehr Handlungsspielräume und damit können Großverbrauchern wettbewerbsfähige Wasser- und Abwassergebühren ermöglicht werden, was der Wirtschaft und insbesondere auch den Kommunen, die die Unternehmen ansiedeln wollen in unserem Lande, deutlich entgegenkommt.

Sechstens. Neu aufgenommen ist eine Vorschrift, wonach grundstücksbezogene Gebühren als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen, und damit kann Forderungsausfällen der Kommunen entgegengewirkt werden. Hier wird einem dringenden Wunsch der Kommunen durch die rechtliche Änderung nunmehr entsprochen.

Siebtens. Aus Gründen der Deregulierung soll auf Mustersatzungen verzichtet werden, was uns, dem Innenministerium, eigene oder neue Handlungsspielräume verschafft. Deregulierung also auch hier im Abgabenrecht.

Achtens. Darüber ist hier schon mehrfach diskutiert worden, die Jagdsteuer wird abgeschafft, indem die Erhe

bung der Jagdsteuer zum nächstmöglichen Termin ausdrücklich ausgeschlossen wird. Ich weise in Klammern darauf hin, dass sie derzeit auch nirgendwo erhoben wird, auch in Demmin nicht.

(Ute Schildt, SPD: Doch, im Landkreis Demmin! Wir haben einen Beschluss.)

Nein, die Erhebung ist doch ausgesetzt. Aber, wie gesagt, nun wird geregelt, dass sie auch per Gesetz nicht erhoben werden darf.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Neuntens. Der Gesetzentwurf befreit eine Vielzahl von Inhabern von Gartenlauben in Kleingärten sowohl von der Zweitwohnungssteuer als auch von der Kurabgabe. Auch darüber haben wir in diesem Hohen Hause in den vergangenen Monaten schon gelegentlich Erörterungen durchgeführt.

(Minister Dr. Till Backhaus: Na endlich!)

Gartenlauben innerhalb von Kleingärten werden nach dem Bundeskleingartengesetz von der Zweitwohnungssteuer befreit, soweit es sich nicht um Lauben im Sinne des Paragraphen 20 a Nummer 8 Bundeskleingartengesetz handelt, bei denen eine dauernde Wohnnutzung zugelassen ist oder die dauernd zu Wohnzwecken genutzt werden können. Daneben fallen Kleingärtner ohne eine Wohnmöglichkeit in ihrer Laube künftig auch nicht mehr unter den Anwendungsbereich der Kurabgabe. Dies kommt sozusagen den Kleingartensiedlungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich entgegen.

Der letzte Punkt. Der Verwendungszweck der Fremdenverkehrsabgabe wird erweitert und an die Kurabgabe angeglichen. Damit folgt Mecklenburg-Vorpommern dem Beispiel aller anderen Bundesländer. Zukünftig können die anerkannten Kur- und Erholungsorte ihre für den Fremdenverkehr getätigten Aufwendungen flexibler als bisher einsetzen und damit wird einer Forderung der Kommunen, die in der Lage sind, diese Abgabe zu erheben, entsprochen.

Ich möchte noch auf eine Problematik hinweisen, die immer wieder in Debatten zum Kommunalabgabengesetz auftaucht, das ist die Frage der so genannten Altanschließerproblematik in Bezug auf das Beitragsrecht. Sonderregelungen zur Begünstigung oder gar zur Freistellung altangeschlossener Grundstücke von der Anschlussbeitragspflicht sieht unser Gesetzentwurf auch heute nicht vor, weil sich diese weder verfassungsrechtlich rechtfertigen noch vor dem Hintergrund der finanziellen Auswirkungen vertretbar regeln lassen. Der Gesetzgeber hat sich somit an die Rechtsprechung, auch an die jüngste Rechtsprechung vom Sommer des Jahres 2004, zu halten.

Wenn es die finanziellen Verhältnisse des jeweiligen Aufgabenträgers zulassen, was in Einzelfällen denkbar wäre, lässt sich eine Lösung der Altanschließerproblematik nach dem In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes faktisch durch die satzungsrechtliche Einführung einer reinen Gebührenfinanzierung für den Fall, dass es beim Beitragswahlrecht durch Ihre Beratungen bleiben sollte, herbeiführen. Dies würde allerdings zu höheren Benutzungsgebühren für alle und zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand für die Aufgabenträger führen und natürlich auch zu einer viel stärkeren Rechtfertigung der Aufgabenträger gegenüber den Gebührenzahlern, also den Bürgern, diese Entscheidung dann auch zu vertreten. Bislang konnte der Aufgabenträger auf das Gesetz verweisen, das wäre dann

in Zukunft nicht mehr möglich. All das ist bei den Abwägungen, die Sie bei den weiteren Beratungen führen werden, einzubeziehen.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass aufgrund finanzieller Belastungen bislang nicht betroffener Bevölkerungskreise bei so einem Wechsel ein erheblicher politischer Diskussionsbedarf im Lande Mecklenburg-Vorpommern entsteht, der sicherlich nicht ganz ohne Ärger, der sich vor Ort äußern wird, einhergehen wird.

All das, meine Damen und Herren, ist abzuwägen, weil das Geld, das zur Refinanzierung der Anlagen aufgebracht werden muss, vom Bürger aufzubringen ist, denn Geld gedruckt werden kann auch nach diesem Gesetz in Zukunft nicht.

(Heinz Müller, SPD: Schade!)

Deshalb sind Gerechtigkeit, Transparenz und, ich füge hinzu, auch Verlässlichkeit ein wichtiger Maßstab für die Akzeptanz des Kommunalabgabengesetzes in Mecklenburg-Vorpommern.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Gesetzentwurf den Aufgabenträgern mehr Flexibilität bei der Kalkulation von Gebühren einräumt. Diese Flexibilität hilft, kosten- und gebührenmindernde Faktoren in die Kalkulation einfließen zu lassen. Durch erweiterte Handlungsspielräume wird zudem die kommunale Selbstverwaltung gestärkt, allerdings auch die Selbstverantwortung vor Ort. Unnötige und einengende Vorgaben sowie Vorschriften werden abgeschafft.

Letztlich, meine Damen und Herren, kann ein neues Kommunalabgabengesetz keine Geschenke in Form einer Kostenfreiheit für die Kommunen oder aber einer Abgabenfreiheit für den Bürger verteilen. Es geht immer um die Frage, wer kommt für die Refinanzierung von geleisteten Investitionen auf. Vielmehr muss das Kommunalabgabengesetz die rechtliche Grundlage dafür sein, wie die kommunalen Einnahmen beziehungsweise Einnahmemöglichkeiten unter Beachtung der Abgabengerechtigkeit gleich und ausgewogen auf die jeweiligen Bürger und auch auf die Wirtschaft verteilt werden können. Dieses hat die Landesregierung mit dem vorgelegten Gesetzentwurf versucht. Ich bin mir sicher, dass die Diskussion im Landtag jetzt erst richtig beginnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

(Siegfried Friese, SPD: Na, jetzt wird es ein bisschen munterer hier.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Innenminister, man hat Ihnen angemerkt, so ganz stehen Sie nicht hinter Ihrem Gesetzentwurf, wenn ein Minister mir sagt, ich lege euch mal etwas hin, nun diskutiert mal schön, und was dabei rauskommt, wollen wir mal sehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

So richtig mit Herz sind Sie nicht dabei, das hat man der ganzen Diskussion in den letzten Monaten auch angemerkt. Sie haben immer wieder verzögert und immer wieder erzählt, was Sie für verfassungsrechtliche Bedenken haben. Interessant ist der Gesetzentwurf, denn überall, wo Sie verfassungsrechtliche Bedenken hatten, haben Sie sie wieder weggelegt. Nun stehen die Dinge drin und überwiegend sind es die, die wir haben wollten. Wir hätten sehr viel Zeit gespart, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, diese Interessenabwägungen, die Sie jetzt hier vorgetragen haben, etwas früher hinzulegen. Aber wir stellen fest, ein Großteil unserer Forderungen ist in den Gesetzentwurf übernommen worden. Das gilt auch für den Gesetzesantrag, den wir noch einmal im März dieses Jahres eingebracht haben, um die Jagdsteuer abzuschaffen. Wir haben natürlich ein Jahr verloren. Sie wissen, dass das Jagdjahr, und das steht ja auch so im Gesetz, am 1. April beginnt. Nun ist nicht zum 1. April 2004 die Abschaffung der Jagdsteuer eingetreten, sondern zum 1. April 2005.

(Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS – Heinz Müller, SPD: Der materielle Schaden hält sich in Grenzen.)

Herr Müller, sehen Sie, daran merkt man, wie wenig Praxis Sie haben. Dazu müssten Sie schon in einem Kreistag sitzen und müssten wissen, wie ein Landkreis sich finanziert. Wenn Sie Jagdpachten ausschreiben, dann berücksichtigen nämlich diejenigen, die bieten, ob eine Jagdsteuer erhoben werden kann oder nicht, denn das ist ein Kostenfaktor. Wenn sie erhoben werden kann, muss der Innenminister bei nicht ausgeglichenem Haushalt den Landkreis darauf hinweisen, dass er sie erheben muss. Und deswegen haben wir es ja jetzt so reingeschrieben oder der Innenminister hat es uns, wie er so schön sagt, als einen Vorschlag zur Diskussion reingeschrieben. Wir wollen es so haben, um das ganz deutlich zu sagen. Die Jagdsteuer ist ein Relikt aus alter Zeit. Sie muss weg!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Minister Dr. Till Backhaus: Ja endlich, muss ich da sagen!)

Herr Landwirtschaftsminister, da sind wir uns einig,

(Minister Dr. Till Backhaus: Da sind wir uns einig.)

wobei ich sagen muss, dass ich nicht zur Jagd gehe,

(Minister Dr. Till Backhaus: Ich auch nicht.)

aber ich bin ein gerecht denkender Mensch. Ich glaube, man sollte das nicht mehr als Aufwandsteuer für den Bereich der Jagd durchsetzen. Das ist ein sehr elitäres Vorstellungsvermögen, das manche da noch haben.

(Minister Dr. Till Backhaus: Da sind wir uns einig.)

Aber wir sind auch zufrieden, dass Sie, Herr Innenminister, jetzt den Vorstellungen gefolgt sind. Sie haben die Fragestellungen zwar nicht alle aufgegriffen, die wir auch in den Anträgen am 17.03.2004 – das ist das Datum der Drucksache – gestellt haben. Wir wollten Regelungen für die Kleingärtner haben, wir wollten Regelungen für Großabnehmer haben und wir wollten Regelungen für Altanschließer haben. Sie haben gesagt, das mit den Altanschließern, das machen wir anders. Das ist natürlich

eine Mogelkiste. Sie öffnen jetzt, und das haben wir gewollt, der kommunalen Selbstverwaltung das Tor. Das Tor ist wirklich sehr weit offen, denn sie können Beiträge erheben, sie müssen es aber nicht. Und wenn Sie sagen, wir haben für die Altanschließer nichts geregelt, öffnen Sie natürlich diese Möglichkeit, allerdings dann für alle bisher Beitragspflichtigen. Darüber werden wir reden müssen. Das müssen wir sehen.

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Aber, Herr Innenminister, Sie haben sich immer so rausgeredet mit Ihren verfassungsrechtlichen Bedenken. Dazu will ich sagen, entweder Sie haben solche Bedenken, dann sind sie auch hier vorzutragen, oder aber Sie haben sie nicht. Jedenfalls die jetzige Fassung des Paragraphen 6 Absatz 3 des KAG ist genau das, was Sie hier vom Pult verkündet haben, was verfassungsrechtlich nicht zulässig ist, nämlich Sondertarife für in diesem Falle wasserintensive Unternehmen. Herr Ebnet ist nicht da, das ist ein kleines Geburtstagsgeschenk für ihn. Es ist kein Geheimnis, dass innerhalb der Landesregierung der Wirtschaftsminister dafür war und der Innenminister dagegen. Gut, hier haben Sie sich mal überstimmen lassen, aber damit bin ich sehr zufrieden. Es hätte jedoch ein bisschen früher sein können, denn als es um die BMW-Bewerbung in der Landeshauptstadt ging, da waren Sie nicht davon zu überzeugen, dass die thüringische Regelung besser für uns gewesen wäre. Es ist schade, aber ich will nicht sagen, dass man nicht dazugelernt hat.

Schön finden wir, dass Sie für die Kleingärtner nunmehr die Möglichkeiten vorsehen, die der Landesverband vorgeschlagen hat, aber leider nicht vollständig. Sie haben hinsichtlich der Erhebung von Beiträgen nichts für den Fall vorgesehen, dass die Grundstücke tatsächlich noch als Kleingärten genutzt werden. Sie haben zum Beispiel bei den Ausbaubeiträgen nicht die erbetene Regelung getroffen, dass sie solange gestundet werden sollen oder dass eine befristete Niederschlagung erfolgt. Dafür sind wir gemeinschaftlich in den Ausschüssen da und darüber werden wir reden müssen.

Ein bisschen mehr Mut hätte man sich manchmal schon gewünscht. Schließlich ist die Kann-Regelung im Paragraphen 9 von meiner Fraktion so gewollt worden. Wir sind froh, dass das jetzt offenbar mehrheitlich so ist. Aber, meine Damen und Herren, das sind im Wesentlichen nicht die Altanschließer, sondern das Problem ist in unseren Kommunen ein ganz anderes und das trägt auch ein Bürgermeister auf zwei meistens sehr gebeugten Schultern:

Erstens. Er musste nach bisheriger Regelung Beiträge erheben, nach jetziger Regelung kann er Beiträge erheben. Er weiß, wenn man auf eine Beitragserhebung verzichtet, dann erhöht das tendentiell die Gebührenlast, weil die Anlage ja finanziert werden muss. Das hat der Innenminister richtig erkannt, denn die kalkulatorischen Kosten, insbesondere die Zinsen und bei nicht aufgelösten Beiträgen auch die volle Abschreibung, fallen ihnen dann gebührenrechtlich gesehen sprichwörtlich auf die Füße. Das ist die eine Seite. Die andere Seite sind die notwendigen Rückstellungen unserer kommunalen Wohnungsunternehmen, die bis hin zur bilanziellen Überschuldung führen können. Wir hatten darauf hingewiesen. Es ist viel Zeit verloren gegangen und viel Geld ist aufgewandt worden, um finanzielle Überschuldungen zu vermeiden. Natürlich ist das nicht immer wirtschaftlich, wenn ich meine Bilanz so

aufbauen muss, dass ich die Drohverluste auch berücksichtigen muss. Da hat Ihre Zögerlichkeit richtig wirtschaftlichen Schaden gestiftet. Wir werden sicher in der Anhörung beantragen, dass hier der Verband der norddeutschen Wohnungswirtschaft gehört wird, damit wir wissen, was wir als Abgeordnete im Endergebnis hierzu entscheiden.

Was mich ärgert, ist die Mutlosigkeit, mit der diese KAG-Novelle gemacht worden ist. Mich ärgert auch, wir reden von Föderalismus und Selbstbewusstsein der Länder, aber diese Landesregierung nimmt die Möglichkeit nicht wahr, die das Grundgesetz ihr eingeräumt hat. Da nämlich das kommunale Abgabenrecht einschließlich des Erschließungsbeitragsrechtes aus der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes schon vor vielen Jahren herausgenommen worden ist, hätten wir jetzt die Gelegenheit, etwas miteinander hinzukriegen, was richtig gut gewesen wäre.