Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzeswurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Landesverwaltung im Innenressort, Drucksache 4/1730.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Landesverwaltung im Innenressort (Erste Lesung) – Drucksache 4/1730 –

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister Herr Dr. Timm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, Ihnen auf dieser Landtagssitzung erneut Gesetzesentwürfe vorlegen zu können, die die Verwaltungsreform in Mecklenburg voranbringen werden. Die Verwaltungsstruktur des Landes dem zukünftigen Bedarf anzupassen heißt, eine Reform an Haupt und Gliedern durchzuführen. Es geht um alle Ebenen der Verwaltung und nicht, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird, allein um eine Kreisgebietsreform. Das macht Arbeit, meine Damen und Herren, vor allem meine Damen und Herren von der Opposition,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist doch keiner mehr da.)

die allerdings gerade Kaffee trinken gehen, was ich bedauere.

(Heinz Müller, SPD: Höhere Diäten beschlossen. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Harry Glawe, CDU)

Aber ich bin der festen Überzeugung, dass, obwohl es Arbeit macht oder vielleicht weil es Arbeit macht, wir diese Gesetze auf den Weg bringen müssen und verabschieden müssen, weil und soweit dieses Land eine gute Zukunft haben soll. In den Ihnen vorliegenden Organisationsgesetzen – morgen stehen ja auch noch einige auf der Tagesordnung – geht es um die Straffung der oberen Landesbehördenebene. Ein Blick zurück soll uns den Diskussionsverlauf noch einmal in Erinnerung rufen:

Seit vielen Jahren gibt es immer mal wieder Forderungen, auch aus den Reihen von Landtagsabgeordneten, obere Landesbehörden aufzulösen.

(Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Ist das ironisch gemeint?)

Im Visier waren zum Beispiel das Landeskatastrophenschutzamt oder auch das Landesjugendamt. Am 12. Mai 2004 hat der Landtag den Grundsatzbeschluss zur Verwaltungsreform gefasst. Darin heißt es: „Die Anzahl der Landesoberbehörden ist durch Zusammenlegung und Aufgabenbündelung auf wenige Zentralbehörden zu reduzieren.“ Ende des Zitats. Außerdem sind die Einheit und die Einräumigkeit der Verwaltung herzustellen. Die Aufgabenkritik ist fortzusetzen. Dann hat der Landtag am 9. März 2005 das Landesorganisationsgesetz beschlossen. Darin ist festgelegt, wie die Reform der oberen Landesverwaltung umgesetzt wird. Heute liegen Ihnen die vier Einzelgesetze vor. Durch weitere vier Verordnungen wird aufgelöst, was nicht per Gesetz, sondern per Verordnung damals errichtet wurde.

Die Straffung der Landesorganisation und die Reduzierung des Landespersonals, meine Damen und Herren, gehören zusammen. Es sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Bündelung von Personal und Aufgaben erlaubt es, die Kosten der Verwaltung zu senken und deren Leistung zu erhöhen. Damit ist dann eine wichtige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der staatlichen Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen.

Mit der Umsetzung der in den vier Gesetzen und vier Verordnungen festgelegten Maßnahmen werden die oberen Landesbehörden von heute 32 auf 15 reduziert. Bereits abgeschlossen sind die Auflösung der Oberfinanzdirektion in Rostock und die Umstrukturierung der Landesbauverwaltung in einen Landesbetrieb. Auch die Umstrukturierung der Forstverwaltung ist, wie wir wissen, auf einem guten Weg. Das alles geht nicht von allein. Deshalb bitte ich trotz bereits hoher Arbeitsbelastung, vor allem im Sonderausschuss, Herr Dr. Jäger – ich hörte ja, dass die CDU gestern bei der Presse über die hohe Arbeitsbelastung geklagt hat –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so.)

ich bitte trotz der hohen Arbeitsbelastung im Parlament auch hier um eine zügige und konstruktive Beratung, denn die Umstrukturierung der Landesverwaltung soll am 1. Januar 2006 in Kraft treten.

Meine Damen und Herren, ich komme zu dem wesentlichen Inhalt der Rechtssetzungsmaßnahmen im Bereich des Innenministeriums. Wie gesagt, morgen stehen auch noch einige weitere Einzelgesetze zu den anderen Ressorts auf der Tagesordnung, die morgen im Einzelnen eingebracht werden.

Der Entwurf des vorliegenden Mantelgesetzes setzt die Entscheidung zur Neuorganisation des nachgeordneten Bereiches im Innenministerium insoweit um, als hierzu eine Änderung von gesetzlichen Regelungen erforderlich wird, die Landesregierung also nicht allein durch Verordnung oder Erlass handeln kann. Das hat im Landesorganisationsgesetz ja auch damals zu einer Diskussion geführt, wo es hieß, dass möglichst alles per Gesetz gemacht wird. Dann hätte allerdings der Landtag eine noch höhere Arbeitsbelastung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Insofern machen wir jetzt das per Gesetz, was auch damals per Gesetz errichtet wurde.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ich sage Ihnen gleich was dazu.)

Der Gesetzentwurf enthält zudem eine Reihe von Rechtsanpassungen, die als Folgeänderungen der neuen Behördenstruktur im Rahmen dieses Mantelgesetzes konzentriert werden. Die Gelegenheit des Gesetzgebungsverfahrens wird zudem an einigen wenigen weiteren Stellen dazu genutzt, auch untergeordnete, seit längerem vorgesehene materielle Änderungen vorzunehmen. Dazu gehören zum Beispiel die Übertragung der Fachaufsicht über die Vermessungs- und Katasterämter sowie über die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure vom Innenministerium auf das neue Landesamt für innere Verwaltung und sinnvolle punktuelle Deregulierungen wie etwa die Streichung des Statistischen Landesausschusses, meine Damen und Herren. Das nehmen wir auch vor.

Der materielle Regelungsgehalt des Mantelgesetzes besteht im Wesentlichen aus folgenden Änderungen: Soweit bei der Neuordnung des nachgeordneten Bereichs des Innenministeriums Polizeibehörden betroffen sind, müssen diese Entscheidungen durch eine Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes umgesetzt werden, denn sowohl das Amt für Technik und Beschaffung der Polizei als auch das Bildungsinstitut der Polizei sind durch Gesetz errichtet worden und ihre Aufgaben sind im Polizeiorganisationsgesetz allgemein beschrieben. Der Aufgaben

bereich des bisherigen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz ist als Teil des neu geschaffenen Landesamtes für zentrale Aufgaben der Polizei, Brand- und Katastrophenschutz in das künftige POG mit aufzunehmen. Zudem wird das Polizeiorganisationsgesetz dadurch dereguliert, dass Sitz und Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektionen künftig nicht mehr durch Gesetz, sondern durch Verordnung der Landesregierung geregelt werden können.

Im Landesstatistikgesetz, im Vermessungs- und Katastergesetz, im Landeskatastrophenschutzgesetz und bei einer Reihe von weiteren Nebengesetzen finden sich Bestimmungen, die an die neue Behördenstruktur anzupassen sind. Insoweit haben die diesbezüglichen Änderungen überwiegend den Charakter einer Rechtsbereinigung.

Besondere Erfordernisse für materielle Rechtsänderungen ergeben sich beim Landesstatistikgesetz. Aufgrund der Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Zuge des legendären Volkszählungsurteils im Jahre 1983 entwickelt hat, ist es nicht nur erforderlich, die fachlichen Tätigkeiten des Statistischen Amtes von den übrigen Verwaltungstätigkeiten des Landesamtes räumlich und technisch-organisatorisch abzuschotten, sondern dies auch durch ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen abzusichern.

Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass dieser Teilbereich des künftigen Landesamtes für innere Verwaltung im Gesetz ausdrücklich als „Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern“ bezeichnet wird. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist das Vertrauen der Bürger in den vertraulichen Umgang mit ihren statistischen Daten auch dadurch zu schützen, dass die datenverarbeitende Dienststelle nach außen nicht als Verwaltungsvollzugsbehörde, sondern als eigene Organisationseinheit für den Bereich der amtlichen Statistik auftritt. Dieser Bereich wird daher künftig als organisatorisch klar abgegrenzter, aber rechtlich unselbständiger Teil des Landesamtes für innere Verwaltung geführt, welches seinerseits die Behörde im organisationsrechtlichen Sinne ist, meine Damen und Herren.

Zu den Geschäftsbereichen meiner Kollegen werden die entsprechenden Gesetze morgen aufgerufen. Wir werden also den anderen Teil der Ihnen vorliegenden Gesetze morgen miteinander diskutieren. – Für heute danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorwegzusagen: Ich halte das nicht unbedingt für ein Gesetz, das die Verwaltung in diesem Lande merklich weiterbringt. Ich will das begründen. Ich werde am Ende etwas Persönliches sagen, damit Sie jetzt nicht gleich traurig werden.

(Heiterkeit bei Siegfried Friese, SPD: Das ist schön.)

All die Chancen, die wir gemeinsam aufgezeigt haben, nämlich eine Zusammenarbeit insbesondere mit den norddeutschen Ländern, um Landesbehörden, obere Landesbehörden nicht in allen nordischen Ländern jeweils einzeln zu haben, sondern aufzuteilen und damit auch Arbeitsplätze zu sichern nach dem Motto: „Macht ihr für uns die Statistik, machen wir Landesvermessungsamt“, also das wäre das, was andere längst machen. Wir haben im letzten Jahr, ich glaube, im Frühjahr, schon deutlich darauf hingewiesen. Ich war etwas enttäuscht, Herr Innenminister, dass dann überhaupt nichts mehr kam. Was Sie nämlich jetzt machen, das haben Sie eben auch gesagt. Für das StaLA brauchen Sie nur deswegen etwas Gesetzliches, weil Sie die Abschottung brauchen. Aber ansonsten machen Sie, was Sie wollen, nämlich durch Verordnung. Das tun Sie auch mit anderen Bereichen. Und selbst da, wo eine von mir immer wieder geäußerte Forderung, nämlich das Landesamt für Katastrophenschutz abzuschaffen, weil ich es für überflüssig halte, selbst da, wo diese Forderung erfüllt wird, holen Sie leider nicht das rein, was ein Ertrag hätte sein können. Sie machen nämlich etwas, was sicher erklärungsbedürftig ist, Sie machen ein Katastrophenschutzamt zur Polizeibehörde.

Nun hat es ja auf unserem Territorium solche Konstruktionen gegeben. Ich entsinne mich, dass Volkspolizei und Feuerwehr mal unter einheitlicher Leitung waren. Aber ich glaube nicht, dass das mit den Vorstellungen der Landesregierung so übereinstimmt. Da muss dringend nachgebessert werden. Dennoch, mit Galileo Galilei kann man sagen: Und sie bewegt sich doch! Nicht die Erde, sondern die Landesregierung. Sie fängt nämlich an, jetzt an ihren eigenen Behörden zu reformieren, nachdem sie zuerst an unseren Behörden rumgedoktert hat, wobei „gedoktert“ vielleicht der falsche Ausdruck ist. Vieles von dem, was auf der gemeindlichen Ebene, auf der Ämterebene umgesetzt war, das hatte breiten Konsens. Wir hatten damals, Herr Müller, sehr viel Einigkeit und haben es auch so gemeinsam umgesetzt, Frau Meˇsˇt’an. Jetzt kann ich mir den Namen merken.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD, und Gabriele Meˇsˇt’an, PDS – Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Perfekt!)

Aber wenn es dem Land wirklich so schlecht geht – und das müssen wir leider feststellen, wir haben ja die Zahlen auch in diesem Verwaltungsstrukturgesetz, da ist ja vorn ein richtig guter Abriss von Zahlen gegeben, wie es uns geht und was bei uns nicht geht –, wenn das so ist, warum machen wir denn eigentlich das nicht alles sofort? Dieses Gesetz soll, wie der Innenminister eben gesagt hatte, am 01.01.2006 in Kraft treten. Das heißt, die Behauptung, alles hat mit allem zu tun und wir können uns nicht bewegen, weil wenn wir die Kreise nicht schlachten – das darf man nicht sagen –, wenn wir nicht einen Teil der Kreise abschaffen, dann können wir keine Verwaltungsreform machen, das widerlegen Sie gerade selbst.

Was mich stört, ist – und da kommen auch die unterschiedlichen Betrachtungen dazu her, in welchen Ausschuss oder in welche Ausschüsse nach unserer Auffassung die jeweiligen Fachgesetze gehören –, das ist überhaupt nicht Bestandteil einer sehr umfassenden Schau von einer Organisation von Verwaltungsbehörden. Wenn Sie sich die Mühe gemacht haben, und ich habe mir die Mühe gemacht, ich habe mir alle die Fachgesetze angeguckt, die, wie der Innenminister sagte, ja morgen hier

erst behandelt werden in Erster Lesung, Sie finden überhaupt nichts Gemeinsames. Außer dem, was abgeschafft oder zusammengefasst wird, finde ich nichts Gemeinsames. Also gibt es nicht etwas, wo man sagt, das war die Leitlinie, nach der macht man das so. Vielleicht werden die anderen Ressortschefs uns das morgen noch sagen. Jedenfalls beim Innenminister sehe ich das nicht.

Was Sie eigentlich ganz schnell hätten machen können, ist, Sie hätten eine Ebene höher als bei den Landesämtern anfangen können. Dann hätten Sie eigentlich unsere Wünsche, die wir schon dauernd äußern, längst erfüllt. Da hat nämlich mal einer gesagt, aber dann hat er es wieder zurückgenommen, dass die Vorstellung der CDU vielleicht gar nicht so falsch ist von neun auf sieben Ministerien. Aber den gab es da – der Ministerpräsident ist nicht da –, dann wurde ein Landwirtschaftsminister – der ist auch nicht da – zurückgepfiffen. Tja, das ist schade, dass es so wenige interessiert, wenn es doch so ein Jahrhundertwerk ist.

(Siegfried Friese, SPD: Dann schauen Sie doch mal die CDU-Fraktion an!)

Ja, meine Damen und Herren, in sich,...

Na ja, gut. Ich denke mal, eine Landesregierung, die das als Reformvorhaben auf den Weg bringt, die sollte eigentlich hören, was der Landtag dazu sagt.

(Volker Schlotmann, SPD: Sie wissen ganz genau, dass sie entschuldigt sind, weil sie auf dem Bauerntag sind.)

Man kann es ja nachlesen. Es ist ja gar kein Grund zur Aufregung. Nur ich hoffe, es wird nachgelesen.

Die Eichämter, die Seemannsämter, die Ämter für Landwirtschaft, die Schulämter, die Ämter für Raumordnung und Landesplanung und so weiter – da sagt die Landesregierung, das geht alles nicht so. Ihr Verwaltungsmodernisierungsgesetz – ich habe noch keine vernünftige Abkürzung dafür gefunden, weil wenn ich es abkürze, dann ist es so ein Zungenbrecher, dass ich mich nicht traue – ist, so wurde gesagt, ein Gesamtkunstwerk. Dies hier ist kein Gesamtkunstwerk, sondern hier wird mal so ein bisschen das begründet und jenes begründet. Das, was wir eigentlich gewollt haben, nämlich Verwaltung verschmälern, das nicht alles machen, was andere auch machen, nicht in unserem Land, in allen drei Nordländern dasselbe noch einmal mit einer Behörde machen – ob Sie die nun zusammenfassen, Herr Innenminister, oder ob Sie die auseinander stehen lassen, das ist überhaupt gar nicht so der wichtige Ertrag. Der richtige Ertrag wäre gewesen, wenn Sie mit Hamburg, wenn Sie mit Niedersachsen, wenn Sie mit Schleswig-Holstein sich zusammengesetzt hätten. Ich weiß, dass es da Befindlichkeiten gab. Eigentlich wollten einige aus diesem Landtag mehr in Richtung Berlin, aber nun weiß man, dass das ein bisschen weiter weg ist.

(Heinz Müller, SPD: Das kommt darauf an, von wo man schaut.)

Ja, das ist wohl richtig. Als einer, der von Berlin kam, weiß ich, wie weit es ist.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

In Ihrem Kreis, in Ihrem Kreis, Herr Müller.

(Heinz Müller, SPD: Und in Vorpommern sieht die Welt anders aus als in Mecklenburg.)