Vor vier Jahren, als wir mit der Diskussion begonnen haben, hieß es noch, die Kreise sind gut aufgestellt, wir brauchen keine Kreisgebietsreform.
Heute heißt es, wir brauchen zwar eine Kreisgebietsreform, die bestehenden Kreise sind schlecht aufgestellt,
(Dr. Armin Jäger, CDU: Wer sagt denn das? – Lorenz Caffier, CDU: Wer hat denn das gesagt? – Dr. Armin Jäger, CDU: Das sagen Sie! – Lorenz Caffier, CDU: Das sagt nur Herr Timm. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das sagt nur Herr Timm, der noch niemals ein Kreistagsmitglied war.)
aber dann ist die Diskussion auch schon am Ende. Die Kreise, heißt es, sollen ihre Reform freiwillig machen. Das sagt ja zum Beispiel auch die CDU,
Aber, meine Damen und Herren, niemand macht einen substantiierten Vorschlag, was für eine freiwillige Reform er denn meint und in welche Richtung die Freiwilligkeit bei dieser Reform gehen soll.
Mein Müritzkreis hat keine Zukunft. Das hat er gesagt. Und so fährt er nach Plau, er fährt nach Teterow, er fährt nach Demmin und er scheint dort Übernahmegespräche zu führen, aber ein Vorschlag für eine Kreisgebietsreform ist daraus nicht erwachsen.
(Lorenz Caffier, CDU: Ist er Kommunalminister oder bist du das? – Dr. Armin Jäger, CDU: Das, was Sie im Augenblick machen, verhindert doch jede Kooperation.)
Im Ernst, Herr Caffier, glaubt niemand, soweit ich das beobachte, auch nicht der Landrat vom Müritzkreis, dass eine Kreisgebietsreform freiwillig zustande kommt.
(Vincent Kokert, CDU: So ein Quatsch! – Dr. Armin Jäger, CDU: Was haben wir denn mit den Ämtern gemacht? – Harry Glawe, CDU: Die Ämter haben es doch hervorragend gemacht. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Mit Blick auf die Landräte und die Kreistage habe ich dafür auch Verständnis, denn nicht jeder, meine Damen und Herren, der Landrat, Kreistagspräsident oder Kreistagsmitglied ist, schafft sich gerne selber ab.
Aber auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel. Mit Blick auf die Opposition, Herr Dr. Jäger, sehe ich das allerdings anders. Laut Landesverfassung werden Sie dafür bezahlt, dass Sie Alternativen zur Regierungspolitik erarbeiten.
(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Die haben wir Ihnen vorgelegt. – Volker Schlotmann, SPD: Oh, oh, oh!)
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ihnen fehlt dafür die Antenne, Herr Timm. Sie können mit den Begriffen schon nichts anfangen. – Wolfgang Riemann, CDU: Sie müssen mal bereit sein, zuzuhören und zu lesen! – Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)
wir haben in der Landesregierung, federführend durch Kollegen Holter mit seinen Mitarbeitern in der Raumordnungsabteilung, alle Varianten zu einer Kreisgebietsreform geprüft,
und zwar tatsächlich alle Varianten, also diejenigen Varianten, die öffentlich diskutiert wurden, und diejenigen Varianten, die nur intern diskutiert worden sind.
Zu den Varianten, die wir geprüft haben, gehört auch die von der CDU, nämlich durch Herrn Rehberg am 10. Dezember 2003 unterbreitete Variante, acht Kreise und zwei kreisfreie Städte zu bilden.
Auch der, meine Damen und Herren, von der PDS am 11. November 2003 unterbreitete Vorschlag, sechs, sieben oder acht größere Kreise um natürliche Zentren zu bilden, wurde geprüft. Der von Bündnis 90/Die Grünen am 22. Juli 2003 unterbreitete Vorschlag, sieben bis acht Landkreise zu bilden, wurde auch geprüft.
im Einzelnen diese Prüfung erläutert und die Ergebnisse umfassend dargelegt. So hat er darauf hingewiesen, dass nach reinen Raumordnungskriterien – ich sage einmal, nach fast klinisch reinen – vier Kreise optimal wären.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist nie geprüft worden. – Wolfgang Riemann, CDU: Da kommen noch neue Ämterstrukturen dazu. Das ist klar.)
Das war im Übrigen auch ein Vorschlag der SPD. Aber der Landtag hat selbst bekanntlich am 12. Mai 2004 in seinem Grundsatzbeschluss zur Verwaltungsreform gesagt, dass verschiedene Kriterien gegeneinander abzuwägen sind.
Bei dieser Abwägung kam es dann zu der Ihnen vorliegenden Variante, fünf Kreise zu bilden, und zwar drei in Mecklenburg und zwei in Vorpommern.
Nun wissen wir seit längerer Zeit, dass es in Vorpommern Stimmen gibt, die die Bildung von zwei Kreisen dort ablehnen. Vorpommern soll nicht geteilt werden. In der Miltzower Erklärung vom 21. Februar 2006 wird unter anderem auf die Wirtschaft verwiesen, die nur dieses, nämlich ein ungeteiltes Vorpommern, akzeptieren würde. Aber bei genauerem Hinsehen ist dem nicht so. Denn gerade die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern haben sich für die Teilung Vorpommerns in zwei Kreise und damit für die 5-Kreise-Variante ausgesprochen.
Daraus folgt, dass es also für die Variante des vorliegenden Gesetzentwurfes nicht nur gute Argumente, sondern auch bedeutende Unterstützer – gerade in der Frage der Anzahl der Kreise, besonders auch aus Vorpommern – gibt, meine Damen und Herren, wenngleich es auch G e g e nstimmen gibt. Aber so ist das in der Demokratie.
Diese Lösung, drei mecklenburgische und zwei vorpommersche Kreise zu bilden, ist also ein echter Kompromiss, echt im Sinne von schmerzhaft. Keine Seite hat sich mit ihren Vorstellungen zur Kreisstruktur vollständig durchgesetzt. Die SPD mit der Vierervariante nicht, die CDU nicht und auch die PDS nicht. Das ist das Wesen eines Kompromisses. So viel Toleranz aufzubringen, dass eine tragfähige Einigung möglich wird, ist das Wesen eines Kompromisses. In dem lateinischen Wort „Toleranz“ steckt das im Deutschen bekannte Wort „tragen“.
Ich persönlich halte neben vielen anderen diesen Gesetzentwurf für tragfähig, auch wenn ich in der Kreisfrage wie die SPD anderer Auffassung war. Ich selber würde mich sehr freuen, wenn wir in der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf den hohen Wert, der in diesem durchaus sehr engagierten zurückliegenden Meinungsbildungsprozess in unserer parlamentarischen Demokratie liegt, erkennen würden und dies auch zum Maßstab unserer Entscheidung machen würden, meine Damen und Herren.
Insofern steckt in der Verwaltungsreform und in dem vorliegenden Gesetzentwurf, wenn wir alle ihre Bestandteile insgesamt in den Blick nehmen, weit mehr Konsens, als es für den einzelnen Betrachter auf den ersten Blick erscheint.
Meine Damen und Herren, in diesem Meinungsbildungsprozess ist immer wieder auch die Frage diskutiert worden, ob die unterkreisliche Struktur in die Reformüberlegungen und damit auch in diesen Gesetzentwurf einbezogen werden muss. Im Ergebnis ist ein Paragraf in den Gesetzentwurf hineingekommen, der vorher nicht entha lten war – Herr Müller hat es bereits vorgetragen –, das ist der Paragraf 101. Mit ihm ist die Landesregierung beauftragt, die unterkreisliche Struktur zu untersuchen, und zwar besonders hinsichtlich der Stadt-Umland-Probleme, hinsichtlich der Gemeindestruktur, die durch dieses Gesetz nicht vollständig gelöst werden konnten.
(Egbert Liskow, CDU: Gar nicht gelöst werden konnten. – Dr. Armin Jäger, CDU: Die werden doch gar nicht gelöst.)