Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

Und diese Entwicklung wird sich außerdem natürlich in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern noch regional sehr unterschiedlich darstellen. Und hier stellt sich natürlich eine besondere Herausforderung für das Land Mecklenburg-Vorpommern, die medizinische Versorgung der älteren Menschen, und hier noch mal ein besonderer Schwerpunkt, die medizinische Versorgung auch mit Geriatrie, übersetzt: Altenmedizin. Denn wenn Menschen älter sind, muss man sich besonders darauf einstellen, dass sie zum Beispiel mehrere Krankheiten gleichzeitig haben und eine besondere geriatrische Versorgung brauchen.

Um auf diese Anforderungen richtig zu reagieren, arbeitet das Sozialministerium mit allen Beteiligten, seit einigen Monaten mit allen Akteuren, an einem Geriatriekonzept. Und zwar wollen wir das Geriatriekonzept von 1998 weiterentwickeln. Und an dieser Stelle, Frau Müller, sei mir erlaubt: Sie haben völlig recht, dieses Konzept kann nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprechen. Ich frage mich aber, warum nicht an diesem Konzept auch schon mal zwischen 1998 und 2006 gearbeitet wurde,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

denn, ich glaube, auch in dieser Zeit hat sich eine ganze Menge im Land getan.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Deshalb habe ich die Anträge auch gemacht.)

Was tun wir? Als Sozialministerin und Gesundheitsministerin des Landes ist mir sehr wichtig, dass wir das Konzept nicht einfach im Ministerium vom Ministertisch weiterentwickeln, sondern vor allem mit allen Akteuren einbringen. Und ich bin sehr dankbar, dass sich viele Akteure in die Diskussion, die schon längst stattfindet, Frau Müller, und wo wir mitten in der Arbeit sind und auch schon Ergebnisse vorliegen haben, einbringen, Akteure aus den Arbeitsfeldern Prävention, medizinische Versorgung, Rehabilitation und Pflege im Alter.

Und im April 2009 habe ich bereits den ersten Entwurf des Geriatrieplans vorgelegt und einen Monat später hat die KGMV ihr ebenfalls lang angekündigtes Konzept vorgestellt. Und es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Konzeptionen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na ja!)

Und uns ist es wichtig, diese Konzeptionen zusammenzuführen in einen, sage ich mal, attraktiv auch lesbaren Plan. Und die Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Vereinigung haben es dankenswerterweise übernommen, bis zum November – also zum November dieses Jahres – einen Vorschlag für die Integration ihrer Entwürfe zu erarbeiten, weil es keinen Sinn macht, zwei Konzeptionen zu haben. Und ich finde, dass das ein sehr guter Vorschlag ist. Und den haben wir natürlich gerne angenommen, weil es uns wichtig ist, dass die Praxis sich einbringen kann und dass wir das nicht alles aufdiktieren. Und die Entwicklung dieses Planes ist gerade beispielhaft für das Zusammenwirken aller Beteiligten.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Der Plan entsteht also nicht praxisfern, sondern wird in einem intensiven Austausch mit der Praxis geboren. Schon der Entstehungsprozess ist deshalb positiv. Und insofern, Frau Müller und sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion, geht gar keine Zeit verloren.

(Irene Müller, DIE LINKE: Anderthalb Jahre liegt das zurück.)

Ich sehe das jedenfalls nicht als verlorene Zeit, wenn wir mit den Akteuren hier intensiv zusammenarbeiten.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und an der Stelle, Frau Müller, muss ich Ihnen sagen, habe ich den Eindruck, dass Herr Rühs viel besser Bescheid weiß als Sie. Und es kann daran liegen, dass er zum einen das macht, was ich allen Abgeordneten der demokratischen Fraktionen gerne anbiete: einfach mal nachfragen, wenn einen ein Thema interessiert.

(Irene Müller, DIE LINKE: Warum hatten wir dann eine Anhörung im Sozialausschuss?)

Und offensichtlich hat er auch zum Beispiel unsere gut beantwortete Kleine Anfrage von Ihnen gelesen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, richtig.)

denn da haben Sie viele Fragen gestellt, wie es denn um den Plan steht, und wir haben die Fragen und auch die aktuellen Punkte, die uns beschäftigen, die wir einbringen wollen, da schon längst drin. Und wahrscheinlich hat Herr Rühs es gelesen und deswegen weiß er, dass wir auf dem Laufenden sind.

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau. Aber das ist nicht auf dem Laufenden.)

Und deshalb, muss ich sagen, Frau Müller, kann ich es nicht verstehen, dass Sie immer wieder mit der gleichen Leier kommen – wo ist der Plan, wo ist der Plan –, anstatt sich wirklich ernsthaft mit uns auseinanderzusetzen: Wie weit seid ihr? Was sind eure Schwerpunkte? Und dann: Wo sind Ihre Vorstellungen? Ich möchte auch gerne Ihre Vorstellungen einbringen, aber da lese ich in Ihrem Antrag nichts.

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie haben doch selbst gesagt, ein Jahr Aufschub.)

Also insofern, ich kann nur allen anbieten, auch Ihrer Fraktion, sich einzubringen mit ganz konkreten Vorschlägen. Mir persönlich ist es jedenfalls wichtig, dass ich wirklich mit der Praxis, natürlich gerne auch mit der Politik, diesen Geriatrieplan erarbeite.

(Irene Müller, DIE LINKE: Wir haben die Anhörung im Sozialausschuss beantragt.)

Von einigen scheint hier wirklich aktives Mitarbeiten gewollt zu sein, von anderen wohl nur, immer mit dem gleichen aufgewärmten Antrag im Landtag zu reden. Insofern, ich hoffe, dass, wenn wir mit der Praxis den Geriatrieplan erarbeiten, was wir tun, das nicht nur zu einem guten Plan führt, sondern vor allem dazu führt – und das ist mir wichtig –, dass dieser Plan dann auch nachher von den Beteiligten umgesetzt wird. Und das funktioniert nur, wenn man vorher die Leute einbezieht, und das tun wir,

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut. Sehr gut.)

und das unterscheidet uns vielleicht auch im Politikstil. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Irene Müller, DIE LINKE: Ein Jahr! Ein Jahr!)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geriatrische Patienten zeichnen sich neben dem höheren Lebensalter durch eine jeweils individuell zu betrachtende Problemkonstellation aus, wobei die physiologischen Veränderungen des gealterten Organismus eine fundamentale Rolle spielen, zum Beispiel bezüglich veränderter Zusammensetzung von Muskelmasse, Anteil von Körperfett und Wasser. Dies hat Auswirkungen auf die Stoffwechselprozesse, die Arzneimittelwirkungen und deren Interaktionen. Ein älterer Patient wird daher immer dann zu einem geriatrischen Patienten, wenn Erkrankungen mit Schädigungen einhergehen, aus denen Fähigkeitsstörungen und soziale Beeinträchtigungen resultieren.

(Michael Andrejewski, NPD: So sieht Fortschritt aus.)

Mit anderen Worten: Bei Erkrankung drohen stets Verlust von Alltagskompetenz und Selbstständigkeit im sozioökonomischen Kontext. Der ältere Patient weist darüber hinaus als weitere ihn kennzeichnende Eigenschaft eine oft unspezifische oder fehlende typische Symptomatik für einen längeren Krankheitsverlauf mit verzögerter Genesung auf. Der geriatrische Patient bedarf je nach individueller gesundheitlicher Situation einer auf seine Bedürfnisse und Erfordernisse zugeschnittenen qualifizierten medizinischen Versorgung. Grundsätzlich gilt hierbei Rehabilitation vor Pflege gemäß Paragraf 31 SGB VI.

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Geriatrische Medizin bietet unter Berücksichtigung regionaler Strukturen unterschiedliche Behandlungsansätze, die dem einzelnen Patienten je nach individuellem Erfordernis zur Verfügung stehen, ineinandergreifen und so ein ganzheitliches Therapiekonzept ermöglichen.

(allgemeine Unruhe)

Hierzu gehören im Einzelnen folgende Institutionen und Leistungen:

stationäre Versorgung geriatrischer Krankheitsbilder gemäß Paragraf 39 SGB V in akut geriatrischen Bereichen der Krankenhäuser

Herr Rühs, einen kleinen Moment.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich spät am Tag, aber die lauter werdende Gesprächskulisse stört nicht nur den Redner hier am Pult, sondern auch die, die dem Redner folgen wollen. Ich bitte doch, die Gespräche auf ein sehr leises Niveau herunterzufahren, damit die, die der Debatte hier folgen wollen, das auch können.

Bitte schön, Herr Rühs, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident.

geriatrisch frührehabilitative Komplexbehandlungen in den akut geriatrischen Bereichen der Krankenhäuser

stationäre geriatrische Rehabilitationsbehandlung gemäß Paragraf 40 SGB V in der geriatrischen Rehabilitationsklinik

Behandlung in einer Tagesklinik für ambulante geriatrische Rehabilitation

mobile Angebote der geriatrischen Rehabilitation

ambulante geriatrische Versorgung

ambulante haus- und fachärztliche Betreuung durch Ärzte mit geriatrischer Qualifi kation

die geriatrische Palliativmedizin

Geriatrische Behandlungsstrukturen bedürfen somit unter Berücksichtigung örtlich-regionaler Besonderheiten abgestufter ambulanter, teil- und vollstationärer, akutgeriatrischer und geriatrisch-rehabilitativer Versorgungsangebote. Eine regionalbezogene und institutionsübergreifend ausgerichtete Konzeption im Sinne der sektorenübergreifenden Versorgung scheint nach heutigem Sachstand eine der zukunftsfähigsten Versorgungsformen zu sein. Sie gewährleistet zum einen eine fachlich kompetente medizinische Versorgung in der Akut- wie Rehabilitationsgeriatrie. Zum anderen erlaubt sie die wohnortnahe Realisierung, die für den auf Angehörige angewiesenen Betroffenen erwiesenermaßen von großer Relevanz ist und eine Kommunikation zwischen den Behandlungsleitern, also dem Hausarzt oder Klinikarzt, erleichtert. Die Schnittstelle stationär/ambulant kann so überbrückt werden.

Für eine qualitativ hochwertige geriatrische Versorgung sind folgende Forderungen zu erheben: Das Ministerium für Soziales und Gesundheit legt gemeinsam mit den Kostenträgern und Leistungserbringern einen Geriatrieplan für eine flächendeckende und die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigende Konzeption für die geriatrischen Behandlungsstrukturen vor.