(Harry Glawe, CDU: Statistische Daten waren jetzt seit Februar des Jahres verfügbar bis September. Das ist jetzt vier Wochen her.)
Es gibt ganz klare Hinweise der Sozialverbände, dass es Zweifel gibt, ob die Berechnungsmethoden taugen.
An der Stelle möchte ich der FDP sagen, Sie wedeln ja sonst hier immer mit jeder Stellungnahme der Sozialverbände: Warum nehmen Sie gerade die Sozialverbände beim Thema Regelsätze nicht ernst?
Der Paritäter hat ganz klar Anhaltspunkte gegeben, dass viele Sachen nicht stimmen. Ich sage mal, 6,17 Euro für Windeln, jeder, der kleine Kinder hat, weiß, dass es eigentlich nicht kindgerecht sein kann im Monat.
Insofern bitte ich einfach darum, dass wir wirklich dem nachkommen, was auch der Auftrag des Landtages ist, dass wir wirklich prüfen, ob die Sachen, die vorgelegt sind, kindgerecht sind.
Zum Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen gehört aber gerade der Anspruch auf gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe, soziokulturelle Teilhabe. Und das von der Bundesregierung vorgestellte Bildungspaket wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es verkürzt die notwendigen Bildungsanstrengungen nur auf Kinder von Eltern im Arbeitslosengeld-II-Bezug, also Hartz IV. So hat auch der derzeitige Gesetzentwurf, der uns vorliegt, beabsichtigt, dass das Schulstarterpaket sogar für die Familien mit Kinderzuschlag – also die Familien, die arbeiten gehen und fleißig sind und einen Kinderzuschlag bekommen, damit sie nicht in Hartz IV fallen –, die bisher das Schulstarterpaket bekommen haben, es nach dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht mehr bekommen sollen. Das wäre natürlich eine totale Ungerechtigkeit und hat mit „Arbeit muss sich lohnen“ überhaupt gar nichts zu tun. Insofern werden wir natürlich auch diese Sachen, diese Streichungen ablehnen.
Aber selbst das angekündigte Plus bei Bildungschancen für bedürftige Kinder aus diesen Familien entpuppt sich bei näherem Hinsehen als völlig unzureichend. Die aktuell vorgesehenen 12,50 Euro pro Monat zusätzlich sind für eine angemessene Bildung und Teilhabe zu wenig und gehen an der Realität vorbei.
Ich möchte Ihnen ein konkretes Beispiel nennen: Die städtische Musikschule der Stadt Schwerin, die ja auch schon aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, wo also nicht ein privater Träger einfach freie Preise macht, dort kostet der Grundkurs Musik für Kinder im frühkindlichen Alter – da lernt man noch nicht die viel gepriesene Geige, die Frau von der Leyen angeboten hat – 20 Euro.
(Harry Glawe, CDU: Sie haben doch als SPD nicht einen Cent dazu beigetragen. Jetzt debattieren Sie darüber, ob der Bund 620 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellt. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
Herr Glawe, der Bund stellt nicht 620 Millionen Euro neu zur Verfügung, sondern viel weniger, denn in diesen 620 Millionen Euro ist schon das Schulbedarfspaket, was wir durchgesetzt haben.
Ich möchte nur noch mal sagen, wenn wir als Land wollen, dass unsere Kinder wirklich freien Zugang haben zu Musik, Sport, Kultur und gesundem warmen Mittagessen, brauchen wir mehr.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich kann Frau Schwesig nicht mehr verstehen. – Harry Glawe, CDU: Ich verstehe ja auch nicht, was da vorgetragen wird.)
(Heinz Müller, SPD: Mann, sei doch mal still, dann können wir was hören! – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Also, ich verstehe das jetzt nicht. – Harry Glawe, CDU: Ist das jetzt so schlecht zu verstehen? Was ist daran schlecht? – Glocke des Vizepräsidenten)
Meine Damen und Herren, die Ministerin hat weiter das Wort. Ich bitte Sie, darauf zu achten, dass die Ministerin zu hören ist. Umso schneller geht es.
Also, Frau Dr. Linke, vielleicht darf ich erst auf Ihren Einwurf eingehen. Sie sagen, ich spreche hier nicht zum Bericht, sondern zur Bundesregierung. Wenn Sie den Bericht gelesen haben und auch die Stellungnahme, werden Sie sehen, dass er aufgeteilt ist in landespolitische Maßnahmen und bundespolitische. Und gerade wenn es um die Frage von Existenz geht, dann wirken sich in unserem Land bundespolitische Rahmenbedingungen aus.
Und dass jetzt an der Stelle der Einwurf von Ihnen kommt, verstehe ich überhaupt nicht. Sie predigen hier die ganze Zeit, dass wir uns genau in diese Debatte, egal
wie man dazu steht, einmischen sollen. Also Sie müssen sich auch mal entscheiden, wo Sie hin wollen. Das ist das eine.
(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Nein, nicht so böse. Wir haben uns jetzt beide nicht so richtig verstanden. – Angelika Peters, SPD: Aber mit Herrn Glawe haben Sie sich verstanden.)
Frau Dr. Linke, wenn Sie wollen, dass ich einfach Ihre Reaktion gar nicht mehr beachte, dann ist das jetzt auch bei mir angekommen.
dass wir, wenn es bei diesem Vorschlag des Bildungspakets bleibt, nicht so tun dürfen, als ob dann zukünftig alle Kinder in diesem Land den Zugang haben, weil ich bringe Ihnen einfach ein praktisches Beispiel, denn um diese Fakten kommen wir nicht rum: Der Musikschulunterricht für Kinder kostet zum Beispiel in Schwerin, das ist in anderen Städten ähnlich, 20 Euro im Monat. Und den Kindern werden zukünftig 10 Euro im Monat dafür zur Verfügung gestellt.
Ich bin mir mit dem Bildungsminister einig, dass der gute Weg der Landesregierung, in eine Infrastruktur zu investieren, in Kitas, in Ganztagsschulen, wo genau diese Angebote gekoppelt werden mit Vereinen, was wir sehr, sehr aufwendig als Land finanzieren – darauf komme ich noch –, dass wir diesen Weg beschreiten. Und wir sind uns auch beide einig, dass wir wollen, dass das Mittagessen in Kitas und Schulen angeboten wird
und dass das auch mit der Lernförderung unkompliziert gemacht wird. Und ich möchte daran erinnern, dass es gerade die eigene nachgeordnete Behörde der Bundesfamilienministerin war, die Bundesagentur für Arbeit,
die gestern gesagt hat, so, wie es jetzt derzeit vorliegt, kommen wir gar nicht klar. Das ist auch das, was viele Minister im Kamingespräch vorgestellt haben.
Beim Thema Mittagessen ist für uns wichtig, dass wir auch Lösungen finden für die Schulkinder, wo derzeit kein Mittagessen in Schulen bereitgestellt wird.
Es ist also dringend notwendig, mit den Kommunen und Ländern gemeinsam zu verhandeln, so, wie wir es auch mehrfach im Bildungsgipfel eingefordert haben. Und hier docken wir an an die Politik der Landesregierung unter Rot-Rot und Großer Koalition. Wir machen die Politik, die alle Experten, OECD et cetera, vorschreiben,
und zwar in die Investition in Bildungsinfrastruktur. Wir brauchen einen Bildungspakt zwischen Kommunen, Bund und Ländern,
um die Bildungsinfrastruktur mit Kindertagesstätten, Familienbildungsstätten und Ganztagsschulen zu verbessern. Wir brauchen dafür ausreichendes Personal. Dazu gehören insbesondere Schulsozialarbeiter an Kitas und Schulen, die besondere Integrationsleistungen erbringen müssen. Denn gerade wenn wir über die Kinder reden wollen, wo die Eltern ihrer Erziehungsarbeit nicht nachkommen können, wollen – verschiedene Probleme gibt es in diesen Familien, und die gibt es auch, das würde ich als Sozialministerin nie bestreiten –, dann kommen wir mit einem Gutschein oder einer Chipkarte sowieso nicht weiter, dann brauchen wir die Menschen, die denen helfen.
Und wir brauchen natürlich dauerhaft Gebührenfreiheit in den Bildungseinrichtungen, in Kitas und Schulen sowie die Lehr- und Lernmittelfreiheit. Aber die Bemühung der Landesregierung, bessere Rahmenbedingungen für Familien zu bieten, wird immer wieder durch eine schwierige wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen, die Auswirkungen der gegenwärtigen Finanzkrise und die in Mecklenburg-Vorpommern verbreiteten Niedriglöhne erschwert. Für einige Berufsgruppen, wie zum Beispiel der Pflegekräfte für alte und kranke Menschen, wurden bereits spezielle Mindestlohnregelungen eingeführt, um den Niedriglöhnen entgegenzuwirken. Aber hier ist das Problem, dass wieder ein Unterschied zwischen Ost und West gemacht wird.