Diese Überlegungen, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS – ich habe das hoffentlich jetzt richtig gesagt, ich habe da immer wieder meine Schwierigkeiten –,
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr korrekt! Sehr korrekt! – Zurufe von Werner Kuhn, CDU, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)
sind auf Bundesebene bereits in der Koalitionsarbeitsgruppe „Arbeitsmarkt“ beziehungsweise in den Koalitionsausschuss eingebracht.
Meine Damen und Herren, ich bin kein Prophet. Das werden Sie hoffentlich auch nicht von mir erwarten, dass ich hier die Gabe der Prophetie entwickle. Daher kann ich auch nicht abschätzen, ob und wann es auf Bundesebene eine einvernehmliche Lösung dieses Problems geben wird. Man muss allerdings kein Prophet sein, um zu wissen, dass das Land nicht nur volkswirtschaftlich Schaden nimmt, sondern insbesondere auch sozial nicht wieder gut zu machender Schaden eintritt, wenn große Teile der Bevölkerung aufgrund der derzeitigen Einkommensentwicklung von der gesellschaftlichen Teilhabe mehr oder weniger vollständig ausgeschlossen werden.
Auch der konsumtive Bereich unseres Daseins ist Teil einer sozialen und gesellschaftlichen Teilhabe.
Meine Damen und Herren, wenn die dringend erforderliche Absicherung des Lohngefüges nach unten nicht erfolgt, so wird es nicht an einem mangelnden Willen der SPD liegen.
Und nun, meine Damen und Herren, das kann ich mir dann aber auch nicht verkneifen, komme ich zu Ihrem Antrag.
„Tarifl icher Mindestlohn ist unverzichtbares Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ ist die Überschrift.
Tatsächlich beschäftigt er sich allerdings nicht mit diesem Thema. Das muss man fairerweise sagen. Da hat der Wirtschaftsminister recht. Und auch eine Bundesratsinitiative in Richtung tarifl icher Mindestlohn ist nicht Gegenstand Ihres Antrages.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Richtig. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das gestehe ich ein.)
Stattdessen wird in Ziffer 1 Ihres Antrages die Landesregierung aufgefordert, alle notwendigen Schritte zu unterstützen, damit ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – da wird auch das Aktenzeichen angegeben, damit man sich nicht vertun kann – bezüglich der Abgabe einer Tariftreueerklärung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unverzüglich in eine bundeseinheitliche Regelung umgesetzt wird. Da muss man feststellen, es sollen nicht – das ist der zweite Lapsus – die Vergabegrundsätze des dem Verfahren zugrunde liegenden Berliner Vergabegesetzes bundeseinheitlich umgesetzt werden, sondern die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine einzige Regelung, nämlich Paragraf 1 Absatz 1 Satz 2 des Berliner Vergabegesetzes, nicht gegen das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht verstößt. Und wenn das auf Bundesebene nicht klappt, dann soll hier auf Landesebene ein entsprechendes Gesetz umgesetzt werden.
„Auf dem Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns gilt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit von Berliner Landesrecht zu Paragraf 1 Absatz 1 Satz 2 Berliner Vergabegesetz mit den Bestimmungen des Grundgesetzes oder sonstigem Bundesrecht.“ Ich weiß, dass das nicht gemeint ist, aber vielleicht muss man manchmal auch überlegen, wie man einen Antragstext formuliert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ich komme das nächste Mal zu Ihnen, Herr Schulte!)
Meine Damen und Herren, um das einmal deutlich zu machen: Das würde selbst die Qualität des Seilbahngesetzes aus der letzten Wahlperiode noch toppen. Das hatte zumindest von der Formulierung her noch Sinn.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Aber mehr auch nicht. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass Sie Ihren Antrag nicht so verstanden wissen wollen, aber vielleicht kommen Sie zu mir, ich helfe Ihnen gerne. Ich hoffe, dass ich von meinem Koalitionspartner keinen Ärger bekomme.
(Beate Schlupp, CDU: Na mal sehen, was unterm Strich rauskommt! – Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Bestimmt! Bestimmt! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)
Aber jetzt kommen wir einmal zum Kern Ihres Antrages. Gleich ob es eine bundesgesetzliche oder eine landesgesetzliche Regelung ist, der politische Kern entsprechender vergaberechtlicher Regelungen lässt sich letztendlich auf zwei Fragen reduzieren:
Erstens. Ist eine entsprechende Tariftreueregelung, wie sie zum Beispiel das Berliner Vergabegesetz enthält – es gibt auch welche in Bayern, Nordrhein-Westfalen hat es jetzt gerade wieder aufgehoben –, geeignet, um Niedriglöhne und Lohndumping zu verhindern?
Zweitens, das hat der Wirtschaftsminister eben angesprochen: Welche Auswirkungen hat eine entsprechende Regelung auf den Arbeitsmarkt beziehungsweise auf die Wirtschaft?
Erlauben Sie mir an dieser Stelle, zunächst mit Punkt 2 anzufangen. Der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände hier in diesem Land, Herr Lothar Wilken, hat dieser Tage in einem Presseartikel zutreffend erklärt, dass nur das verteilt werden kann, was zuvor erwirtschaftet wurde. Oder um es anders anzudrücken: Wer auskömmliche Tarifl öhne als Mindestlohnkriterium bei öffentlichen Aufträgen will, der muss auch bereit sein, die entsprechenden Preise zu zahlen.
Die Absicherung tarifvertraglicher Löhne dient nicht nur dem Schutz der Beschäftigten. Die Erstreckung der Tariflöhne auf nicht tarifgebundene Unternehmen im Rahmen von öffentlichen Auftragsvergaben dient auch dem Schutz der tarifgebundenen Unternehmen, vor allem vor Verdrängungswettbewerb durch Lohndumping und unlauterer Konkurrenz.
Dass dieses keine unbegründeten Befürchtungen sind, zeigen Beispiele wie die im letzten Jahr stattgefundene Ausschreibung und anschließende Vergabe von Linienverkehrskonzeptionen im Landkreis Gifhorn in Niedersachsen – das betraf den Schülerverkehr – an ein Unternehmen, dem anschließend aufgrund eines Einsatzes des zuständigen Hauptzollamtes Beschäftigung von Schwarzarbeitern angelastet wurde. Das war nämlich der Fall, da wollte die zuständige Landrätin erst besonders clever sein und möglichst viel Geld sparen, hinterher hat sich dann herausgestellt, dass in dem Bereich das Angebot deswegen erreicht werden konnte, weil Schwarzarbeit gemacht wurde. Natürlich gibt es in diesem Bereich auch Tarifverträge. Dass hinter der angeblichen Wirtschaftlichkeit von Angeboten oft nur eine knallharte Billiglohnpolitik auf dem Rücken von Beschäftigten und zulasten sozial verantwortlicher Unternehmen geht, zeigen auch andere Beispiele bundesweit. Ich will mir an dieser Stelle aber sparen, das alles aufzuführen.
Daneben, meine Damen und Herren, steht weiterhin der Vorbehalt, dass Mindestlöhne, und das gilt auch für die Frage von Tariftreueregelung, Arbeitsplätze vernichten
können. Meine Damen und Herren, das soll man nicht einfach zur Seite wischen. Das ist ein wirklich schwerwiegender Einwand und mit dem muss man sich ernsthaft beschäftigen. Denn welchen Wert hätte eine Regelung, wenn im Nachhinein diejenigen, deren Interessen man gerade wahren und schützen will, auf der Strecke blieben?
Ich habe das lange genug mitbekommen, auch in der letzen Wahlperiode zusammen mit den Kollegen von der PDS. Diese Wahlperiode werden wir das zusammen mit den Kollegen von der CDU besprechen und diskutieren. Ich weiß, dass es für jede dieser Positionen, egal ob Pro oder Kontra Tariftreueregelung, eine Vielzahl von Gutachten, Stellungnahmen, Expertisen gibt, die genau das bestätigen, was jeweils der Auftraggeber ohnehin schon zu wissen meinte.
Da haben wir die arbeitsmarktpolitischen Tariftreueregelungen mangels Vergleichsmaßstab, weil wir das nicht im Laborversuch testen können, einmal mit der Versuchsreihe und dann mit der Versuchsreihe. Da man das so nicht machen kann, lassen sich die Auswirkungen …
Wo man die Auswirkungen tatsächlich nur sehr schwer bewerten kann, da treten an die Stelle von Erkenntnissen leicht Glaubensgrundsätze. Und während NordrheinWestfalen und seine schwarz-gelbe Regierung zwischenzeitlich das dortige Tariftreuegesetz aufgehoben hat, weil es, so die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Toben, ein wirkungsloses Bürokratiemonster sei,