Protokoll der Sitzung vom 28.06.2011

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach nee!)

Wir plustern uns überhaupt nicht auf.

Es muss DIE LINKE schon ganz stark getroffen haben, dass der Fraktionsvorsitzende sich hinstellt und eine ganze Berufsgruppe verunglimpft, indem er sagt: Die Versicherungsvertreter empfehlen ihren Kunden …!

(Vincent Kokert, CDU: Skandal! – Irene Müller, DIE LINKE: Das wäre schlecht, wenn sie das würden. Sie müssen richtig hinhören!)

Das ist eigentlich ein Skandal, ne?!

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Ich weiß nicht, was das für Argumente sind.

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie müssen richtig hinhören!)

Meine Damen und Herren, man muss nicht die vielfach zitierte schwäbische Hausfrau bemühen, um zu wissen, dass man nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben kann. Einnahmen und Ausgaben sind in Einklang zu bringen, will man handlungsfähig bleiben. Das ist eine Weisheit, die weiß jeder von uns, und diese eigentlich simple Erkenntnis gilt auch für den Staat.

(Matthias Mantei, CDU: Aber nicht für DIE LINKE.)

Das ist nun mal so. Welche Konsequenzen eine Politik hat, die nur auf Ausgaben und auf Verschuldung setzt, und wer dann am Ende die Lasten zu tragen hat, müssen wir doch gegenwärtig in Europa in dramatischer Weise erleben. Durch das Beispiel Griechenland müsste eigentlich jedem klar geworden sein,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach, die Bürger von Griechenland haben Schuld? Na schön!)

wer am Ende, Frau Borchardt, die Zeche zahlen muss,

(Michael Andrejewski, NPD: Deutschland.)

wenn öffentliche Haushalte überschuldet sind: Das sind die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Genau.)

Für die Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern war und ist solide Finanzpolitik die Konstante, an der es sich zu orientieren gilt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh!)

Die Menschen haben Anspruch auf seriöses Wirtschaften, Frau Borchardt.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Auf seriöses Wirtschaften!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Mecklenburg-Vorpommern nimmt seit dem Jahr 2006 keine neuen Kredite mehr auf. In den Jahren 2008 und 2009 konnten insgesamt 340 Millionen Euro netto getilgt werden. Und dieses ist nicht, meine Damen und Herren, durch kurzfristige Sparaktionen gelungen, sondern durch planvoll gestalterische Strukturentscheidungen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und ohne Schuldenbremse.)

Und damit wurden Mittel für wirklich politische Aufgaben wie Kinderbetreuung, Bildung, Ausbau der Infrastruktur und innere Sicherheit frei. Also das Geld muss sinnvoll ausgegeben werden.

Unser finanzpolitischer Kurs, neue Kredite aufzunehmen, steht im Einklang mit der Änderung des Grundgesetzes, das haben wir heute schon gehört, mit der für die Haushalte von Bund und Ländern der Grundsatz eines ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichenden Haushaltes festgeschrieben wurde – ohne Einnahmen aus Krediten, ich wiederhole das.

Meine Damen und Herren, alle von den Gegnern der Schuldenbremse genannten Argumente beantworten nicht die alles entscheidende Frage. Diese lautet: Was ist die Alternative zur Schuldenbremse? Bis heute wurde ein Schuldenstand erreicht, der nur schwer von künftigen Generationen abgetragen werden kann. Ohne ein nachhaltiges Gegensteuern werden sich unsere Kinder und Enkelkinder durch die hohen Zins- und Tilgungszahlungen mit einem immer kleiner werdenden Gestaltungsspielraum auseinanderzusetzen haben.

(Vincent Kokert, CDU: Richtig, genau so.)

Wer gibt uns eigentlich das Recht, so zu agieren?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Genau die Frage muss man stellen. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Zusätzliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur sowie innere Sicherheit und damit in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes werden ebenso schwer möglich sein wie weitere Ausgaben für Soziales, Kultur und Sport. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Pro-Kopf-Schuldenstand auch bei gleichbleibender Gesamtverschuldung in den kommenden Jahren ansteigen – also: mehr Lasten auf weniger Schultern. Das ist unsolidarisch. Will man dies vermeiden, muss langfristig auch die Nettotilgung der angehäuften Schulden fortgesetzt werden. Denn Zinsausgaben, meine Damen und Herren, fressen finanzielle Handlungsspielräume auf.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Man muss nur einen Blick in den Landeshaushalt werfen, um die Dimension der Ausgaben für Zinsen jetzt schon zu erfassen. Und der Anteil der Zinsausgaben an den Ausgaben des Landes wird sich in der Perspektive noch erhöhen. Wir haben uns darauf einzustellen, dass die Höchstförderung der EU ausläuft und Ende 2019 der Solidarpakt ausläuft.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tja!)

Fazit: Die Einnahmen des Landes sinken, die Zinsausgaben jedoch nicht. Hinzu kommt, dass die gegenwärtigen Zinssätze nicht auf dem vergleichsweise niedrigen Niveau bleiben werden, sondern sich erhöhen, sodass mit steigenden Zinsausgaben zu rechnen ist.

Wir können und dürfen uns also nicht zurücklehnen, meine Damen und Herren. Wir Sozialdemokraten wollen das Geld nicht für Zinsen ausgeben, denn wir brauchen es. Wir brauchen das Geld für gute Kinderbetreuung, Bildung, Infrastruktur und Polizei.

Dass DIE LINKE, meine Damen und Herren, diese wichtigen Vorhaben nun torpedieren will,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das kann ja wohl nicht wahr sein.)

obwohl sie in der Vergangenheit die Schuldenbremse mit uns praktiziert hat, kann ich mir nur mit sachfremden Erwägungen erklären. Wenn DIE LINKE auf die Leistungsfähigkeit des Landes keine Rücksicht nehmen will, darf sie sich nachher nicht über fehlende Lehrer oder Polizei wundern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ei, ei, ei, ei! Das ist ja so was von lächerlich!)

Land und Kommunen sitzen in einem Boot, in einem Boot, beide. Sie müssen das Problem gemeinsam lösen, meine Damen und Herren, da gibt es keine Einbahnstraße. Und auch genau deswegen haben wir im Europa- und Rechtsausschuss den unsäglichen Antrag, den Änderungsantrag der LINKEN abgelehnt. Es geht nicht, ich kann nicht etwas garantieren, wenn ich selber nachher darunter …

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine Forderung des Städte- und Gemeindetages, Frau Peters, und keine unsägliche Forderung.)

Das geht nicht. Das geht nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich habe die Forderung des Städte- und Gemeindetages aus der Anhörung aufgegriffen.)

Ich habe über Ihnen Antrag abgestimmt, über nichts anderes. Und nichts anderes habe ich hier gesagt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie wollen sich doch nur eine Hintertür aufhalten.)

Mit einseitigen Maßnahmen zulasten eines Partners – das weiß man auch aus dem Alltag –, ohne Rücksicht auf dessen Situation, werden die von uns vorliegenden Forderungen nicht zu bewältigen sein.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Obwohl DIE LINKE in achtjähriger Regierungsbeteiligung ausreichend Erfahrungen in Sachen solider Haushaltspolitik gesammelt haben dürfte,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Na, na, na, na, na!)