Protokoll der Sitzung vom 19.09.2007

(Beifall Ralf Grabow, FDP, und Hans Kreher, FDP)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung in zweigeteilter Art, und zwar erstens über den Vorschlag des Ältestenrates zur federführenden und zur mitberatenden Überweisung und dann in einer zweiten Abstimmung über den im Rahmen der Debatte gemachten weiteren Überweisungsvorschlag für den mitberatenden Ausschuss.

Ich lasse also zunächst abstimmen über den Vorschlag des Ältestenrates, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/788 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall, damit ist dieser Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Vorschlag der Überweisung des Gesetzentwurfes auf Drucksache 5/788 in den Europa- und Rechtsausschuss als mitberatenden Ausschuss, im Rahmen der Debatte von

der Fraktion DIE LINKE beantragt. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und von einigen Abgeordneten der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU, eines Abgeordneten der FDP und der NPD sowie bei einer Enthaltung eines Abgeordneten der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe damit auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Jugendstrafe (Jugendstrafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern) , auf der Drucksache 5/807, in Verbindung mit der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes über den Jugendstrafvollzug und die Eingliederung jugendlicher und heranwachsender Straftäter Mecklenburg-Vorpommern (Jugendstrafvoll- zugsgesetz), auf der Drucksache 5/811.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Jugendstrafe (Jugendstrafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – JStVollzG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/807 –

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Gesetzes über den Jugendstrafvollzug und die Eingliederung jugendlicher und heranwachsender Straftäter Mecklenburg-Vorpommern (Jugendstrafvollzugsgesetz – JStVollzG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/811 –

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 5/807 hat die Justizministerin des Landes Frau Uta-Maria Kuder. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen den Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Jugendstrafe in Mecklenburg-Vorpommern vor. Wie Sie wissen, haben die Länder seit dem 1. September 2006 für diesen Bereich die Gesetzgebungskompetenz. Kurz zuvor, im Mai 2006, hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verpfl ichtet, eine gesetzliche Grundlage für den Jugendstrafvollzug zu schaffen. Neun Länder haben daraufhin gemeinsam einen weitgehend einheitlichen Entwurf erarbeitet, auf dem der nun vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung beruht. Zusätzlich hat sich auch Sachsen zwischenzeitlich an diesem 9-Länder-Entwurf orientiert.

Unser Gesetzentwurf entspricht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes und den Erfordernissen eines Jugendstrafvollzuges, der sich konsequent am Erziehungsgedanken orientiert. Im Mittelpunkt des gesamten Entwurfs steht das Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig keine Straftaten mehr zu begehen. Dieses Vollzugsziel der sozialen Integration hat Verfassungsrang. Nun ist bundesweit die Diskussion entstanden, ob daneben die Aufgabe des Vollzugs, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen, in das Gesetz aufgenommen werden darf. Meine Damen und Herren, wir tun dies und wir stehen dazu. Auch das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass zwischen dem Vollzugsziel, die Gefangenen zu einem straffreien Leben

zu befähigen, und dem Anliegen, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen, kein Gegensatz besteht. Ich meine, es leuchtet ein, dass beide Aspekte in direktem Zusammenhang stehen.

Was heißt nun erzieherische Ausgestaltung des Vollzugs? Das heißt, dass wir die Gefangenen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung unter Achtung der Rechte anderer befähigen wollen. Dabei haben die Gefangenen aktiv an der Erfüllung ihrer Pfl ichten mitzuwirken und Verantwortung insbesondere auch für die begangenen Taten zu übernehmen. Wir betonen die Eigenverantwortung der Gefangenen und wollen sie in den Stand versetzen, diese auch wahrzunehmen. Erziehung in diesem Sinne heißt fördern und fordern. Um zu ermessen, was das konkret bedeutet, muss man sich die Ausgangslage vor Augen halten. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur einige Beispiele nennen:

Die Gefangenen sind häufi g schulisch und berufl ich erheblich unterqualifi ziert. Dass dies ein großes Hindernis für eine vernünftige Wiedereingliederung ist, liegt auf der Hand. Deswegen sind uns schulische und berufl iche Aus- und Fortbildung so wichtig. Wir haben viele Gefangene mit psychischen Störungen und schweren Entwicklungsdefi ziten. Wenn darin Ursachen für die Straftaten liegen, brauchen die Gefangenen Therapie, deswegen die sozialtherapeutische Abteilung. Zahlreiche Gefangene sind sozial inkompetent. Sie haben nicht gelernt, Konfl ikte verbal-kommunikativ zu lösen. Deswegen benötigen sie soziales Training. Die Gefangenen brauchen Modelle für ein vernünftiges soziales Zusammenleben. Gleichzeitig muss man ihnen Räume zum Agieren geben. Dabei muss man sie beobachten und, wo nötig, intervenieren und auf sie einwirken – deswegen Wohngruppenvollzug. Viele der Gefangenen sind haltlos und strukturlos, auch im Hinblick auf die Freizeitgestaltung. Dies führt häufi g zur Begehung von Straftaten – deswegen strukturierte Freizeitmaßnahmen und Sportangebote mit der Verpfl ichtung, daran in dem festgelegten Umfang teilzunehmen.

Brüche und Informationsverluste beim Übergang der Betreuung von Jugendamt und Bewährungshilfe auf den Vollzug oder bei der Entlassung in umgekehrter Richtung behindern eine sachgerechte Vollzugsgestaltung beziehungsweise Entlassungsvorbereitung. Deswegen legen wir großen Wert auf eine frühzeitige und umfassende Zusammenarbeit.

Meine Damen und Herren, neu für die Landesjustizverwaltungen ist lediglich die Gesetzgebungszuständigkeit für den Strafvollzug. Die Umsetzung des Strafvollzugs und Jugendstrafvollzugs gehört schon immer zu unseren Aufgaben. Da haben wir jahrzehntelange praktische Erfahrungen. Wir tun das, was ich Ihnen kurz dargestellt habe, und anderes mehr aus einem einzigen Grunde, weil es dem Vollzugsziel dient. Die Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung und damit ein zukünftig straffreies Leben steigen erheblich, wenn der Jugendvollzug in dem beschriebenen Sinne funktioniert. Mit Wohlfühl- oder Kuschelvollzug hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Erinnern Sie sich noch an Siegburg, an den Tod eines jungen Gefangenen nach schier endloser Drangsalierung durch Mitgefangene? Einzelunterbringung beispielsweise ist ein wirksames Mittel gegen solche schrecklichen Vorkommnisse.

Ja, meine Damen und Herren, die Dinge hängen zusammen. Und wenn gelegentlich Stimmen laut werden, die einmal so und einmal so argumentieren, je nachdem, wie

es gerade passt – ich als verantwortliche Ministerin kann, will und werde das nicht tun. Ich werde jedem Versuch entgegentreten, einen verfassungsgemäßen, professionellen und modernen Justizvollzug als „Kuschelknast“ zu verunglimpfen.

Die in unserer Jugendanstalt geplante Sporthalle ist kritisiert worden. Meine Damen und Herren, seinerzeit wurde mit der Zustimmung dieses Parlaments die moderne Jugendanstalt Neustrelitz gebaut. Nun gilt es, dafür zu sorgen, dass nicht in wenigen Jahren Neustrelitz die einzige Jugendstrafanstalt Deutschlands ohne Sporthalle ist. Warum? Weil die Ausweitung des Sportangebotes, und zwar unabhängig von der Witterung, ein wirksamer Beitrag zur Erreichung des Vollzugsziels ist. Sport fördert nämlich die Einsicht in die Notwendigkeit von Regeln, er fördert Kommunikation und Teamfähigkeit und er vermittelt einen angemessenen Umgang mit Erfolg und Misserfolg. Verlieren können und vernünftig damit umzugehen, das ist beispielsweise auch etwas, was diese jungen Menschen zum Teil erst noch lernen müssen. Hier können sie es lernen.

Und natürlich werden wir die bereits erwähnte sozialtherapeutische Abteilung in der Jugendanstalt einrichten – nicht, wie zu lesen war, für alle Gefangenen, aber gerade für diejenigen, das sind etwa zehn Prozent, bei denen die besonderen therapeutischen Mittel und so zialen Hilfen dieser Abteilung zur Erreichung des Vollzugsziels notwendig sind. Entgegen einem gelegentlich anzutreffenden Missverständnis werden in der Sozialtherapie keine Wohltaten verteilt. Da arbeiten Experten an der Reduzierung der Gefährlichkeit dieser Gefangenen, um Wiederholungstaten zu vermeiden.

(Udo Pastörs, NPD: Das merkt man an den Ergebnissen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, eine erfolgreiche Integration, eine erfolgreiche Resozialisierung ist nicht nur der beste, sie ist der einzige Weg, um künftige weitere Opfer zu vermeiden.

(Udo Pastörs, NPD: Ha, dass ich nicht lache!)

Vor diesem Hintergrund bin ich mit der Formulierung am Ende des allgemeinen Teils der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE einverstanden, wonach der Vollzug der Jugendstrafe von Anfang an in ein wirksames Konzept der Resozialisierung und Eingliederung von Jugendlichen und Heranwachsenden einzubetten ist und dabei realitätsgerechte Annahmen und Prognosen zugrunde zu legen sind. Bedauerlicherweise wird der von Ihnen, meine Damen und Herren, vorgelegte Gesetzentwurf diesem Anspruch jedoch nicht gerecht. Er geht an den Realitäten des Jugendstrafvollzugs vollkommen vorbei.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na, na, na!)

Wir haben es im Jugendvollzug, ich habe es bereits dargestellt, mit jungen Menschen, überwiegend Männern zu tun, von denen beispielsweise in Neustrelitz heute vor einer Woche bei einer Gesamtbelegung von 265 Gefangenen nur gut zehn Prozent unter 18 Jahre alt, aber weit mehr als die Hälfte 20 Jahre und älter waren. Diese jungen oder nicht mehr ganz so jungen Gefangenen haben in der Regel vielfach vor dem Jugendrichter gestanden, bevor als Ultima Ratio schließlich eine zu verbüßende, das heißt nicht zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe verhängt wurde. Lange bevor dies geschieht, sind die Jugendgerichtshilfe und damit das Jugendamt beteiligt. Es handelt

sich um eine kleine Gruppe häufi g hochproblematischer, aus der Bahn geworfener junger Menschen, bei denen, von Ausnahmen abgesehen, alle vorherigen Erziehungs- und Hilfsinstitutionen – lassen Sie es mich so deutlich sagen – gescheitert sind. Für die Aufgabe, der sich der Jugendstrafvollzug dann stellen muss, bietet Ihr Gesetzentwurf keine adäquate Grundlage. Lassen Sie mich nur einige Aspekte herausgreifen:

Es ist falsch, wenn die Gefangenen nach Ihrem Entwurf das Recht haben sollen, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Wir gehen von einer Pfl icht aus. Ebenso falsch ist es, dass die Gefangenen nach Ihren Vorstellungen grundsätzlich im offenen Vollzug untergebracht werden sollen. Und es ist bei diesem Personenkreis auch nicht richtig, eine Verlegung in die Sozialtherapie von der Zustimmung des Gefangenen abhängig zu machen. Ebenso wenig kann man davon ausgehen, dass Lockerungen nur dann versagt werden dürfen, wenn Tatsachen vorliegen, nach denen ernsthaft zu befürchten ist, dass eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr besteht.

Disziplinarmaßnahmen, auch für schwere Verstöße, sind in Ihrem Entwurf überhaupt nicht vorgesehen, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seiner grundlegenden Entscheidung ausdrücklich feststellt, und ich zitiere: „Die Möglichkeit, auf Pfl ichtverstöße der Gefangenen mit disziplinarischen Maßnahmen zu antworten, ist für die Aufrechterhaltung eines geordneten, zur Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Aufgaben fähigen Vollzuges unerlässlich.“ Besondere Sicherungsmaßnahmen sollen nach Ihrem Entwurf normalerweise nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde angeordnet werden dürfen. Da fehlt es also offenbar an dem notwendigen Vertrauen in die Anstaltsleitung. Andererseits soll die Aufsichtsbehörde bestimmte Aufsichtsbefugnisse auf die Anstalt oder Anstaltsleitung übertragen dürfen. Das würde dann gewissermaßen eine Selbstbeaufsichtigung bedeuten.

An den Erfordernissen der Praxis völlig vorbei geht auch die Vorstellung, die Gefangenen sollten acht Stunden monatlichen Besuch und unbeschränkt Pakete empfangen dürfen sowie Fachärzte außerhalb der Anstalt für ihre Behandlung frei wählen können. Schließlich regelt Ihr Entwurf mit dem gerichtlichen Rechtsschutz und dem Pfändungsschutz Materien, für die die Länder keine Gesetzgebungskompetenz haben.

Insgesamt gesehen entspricht der Entwurf der Fraktion DIE LINKE daher nicht den Anforderungen, die an eine Rechtsgrundlage für einen fördernden, aber auch fordernden Jugendstrafvollzug zu stellen sind.

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs bereits erwähnt, lassen Sie es mich an dieser Stelle abschließend noch einmal betonen: Mecklenburg-Vorpommern hat die Grundlage für diesen Regierungsentwurf gemeinsam mit den Ländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erarbeitet. Ich will Ihnen ganz offen sagen, vielleicht hätte jedes dieser Länder noch in dem einen oder anderen Detail eine abweichende Formulierung gewählt, wenn es das Gesetz allein gemacht hätte. Aber das haben wir bewusst nicht getan. Wir halten es für sinnvoll, nun in zumindest 9 von 16 Bundesländern für den Jugendstrafvollzug möglichst gleichlautende Vorschriften zu schaffen. Dieses Anliegen ist im Übrigen in der Fachöffentlichkeit auf breiteste Zustimmung gestoßen. Wenn aber 9 Bundesländer über parteipolitische Grenzen hinweg unabhängig davon, welche Parteien jeweils die Landesregierung bilden, sich auf einen sol

chen Entwurf verständigen, dann heißt das, er ist von fachlichen Erwägungen geprägt. Der Regierungsentwurf ist ein Produkt der Vernunft. Er wird den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts ebenso gerecht wie denjenigen der vollzuglichen Praxis.

Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern verfügt in Neustrelitz bereits über eine moderne und gut arbeitende Jugendanstalt. Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf bietet gute Voraussetzungen dafür, den Jugendstrafvollzug in Mecklenburg-Vorpommern noch weiter zu verbessern. Für dieses Vorhaben bitte ich um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/811 hat die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf die Ihnen vorliegenden Entwürfe zum Jugendstrafgesetz zu sprechen komme, möchte ich zwei Vorbemerkungen machen.

Erstens. In einer aufl agenstarken Tageszeitung, bekannt für große Überschriften und zumeist wenig Inhalt, war kürzlich zu lesen, Mecklenburg-Vorpommern erhalte einen „Kuschelknast“ – Sozialtherapie für jeden, mehr Besuch, Einzelunterbringung statt Gemeinschaftszellen, mehr Fortbildung und eine neue Sporthalle für 1 Million Euro. Jung-Verbrechern solle es in Kürze noch besser gehen. Auf der anderen Seite war vom Opferschutzverband Weißer Ring zu lesen: Denkt lieber zunächst an die Opfer, bevor ihr Steuergelder für einen humanen „Luxusstrafvollzug“ ausgebt.

Meine Damen und Herren, ich halte diese Aussagen für nicht hilfreich, dennoch skizzieren sie die öffentliche Meinung über den Strafvollzug, speziell über den Jugendstrafvollzug. Und ich bin der Ministerin dankbar, dass auch sie in ihrer Rede darauf hingewiesen hat, dass es nicht um einen Kuschelknast in Mecklenburg-Vorpommern geht, sondern darum, dass wir im Jugendstrafvollzug dafür gemeinsam Sorge tragen, dass die, die verurteilt worden sind, menschenwürdig untergebracht werden und im Resozialisierungsprozess eine Chance bekommen. Richtig ist, es kann nicht sein, dass auf der einen Seite mehr Gelder – ich füge hinzu, völlig zu Recht – in den neuen Jugendstrafvollzug gesteckt werden, andererseits öffentliche Gelder für die Opferschutzberatung gekürzt werden. Nach dem vorliegenden Haushaltsentwurf ist dies auch nicht ersichtlich und ich glaube, es ist offensichtlich, dass wir gemeinsam der Auffassung sind, dass hier keine Kürzungen zu erfolgen haben.

(Beifall Helmut Holter, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es ist bekannt, dass der Strafvollzug im Allgemeinen und der Jugendstrafvollzug im Besonderen keine Lobby in der Öffentlichkeit haben. Gerade deswegen müssen wir mit diesem Thema sachlich und verantwortungsvoll umgehen. Es eignet sich keinesfalls für eine parteipolitische Auseinandersetzung. Daher erkläre ich hier, niemand möchte einen Kuschelknast. Diesen gab und gibt es nicht in unserem Land und es wird ihn auch mit einem neuen Jugendstrafvollzugs

gesetz nicht geben. Aber – und darüber sollten wir uns ebenfalls nicht streiten – die verurteilten Straftäter haben ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung.

Meine zweite Vorbemerkung: Aufgrund der Föderalismusreform I ist der Strafvollzug bekanntlich in die Länderhoheit übergegangen. Ob der von vielen Experten gefürchtete Wettlauf der Schäbigkeiten angesichts der Sparzwänge in den Landeshaushalten eingetreten ist, möchte ich dahingestellt sein lassen. Fest steht bereits heute jedoch, der Ministerpräsident hatte recht behalten, Ende der letzten Legislatur kritisierte er hier im Landtag, dass mit dem Übergang des Strafvollzuges der Länder in die Länderhoheit die Rechtseinheit und Rechtssicherheit im Strafvollzug beendet wurden und eine einheitliche Rechtsstellung der Gefangenen im deutschen Strafvollzug nicht mehr gegeben ist. Und dass neun Länder sich zu einem gemeinsamen Entwurf entschlossen haben, beweist ja auch, dass hier einheitliches Handeln notwendig ist.

Ich möchte an dieser Stelle den Strafrechtler und Kriminologen Professor Dr. Frieder Dünkel von der Universität Greifswald zitieren: „Die Föderalismusreform ist im Bereich des Strafvollzugs ein teures und ungeeignetes Mittel föderaler Selbstverwirklichung. Innovation durch länderspezifi sche Gesetzgebung ist weitgehend nicht erkennbar.“

An der Entscheidung ist jedoch nicht zu rütteln. Deshalb muss es jetzt um die besten Konzepte gehen. Ich gehe davon aus, dass unser Gesetzentwurf in den Ausschüssen eine faire Chance bekommt und wir ergebnisoffen und aufgeschlossen in die Beratungen und Anhörungen gehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte nun auf die beiden Vorlagen zu sprechen kommen. Es gibt zwei Gründe, warum sich meine Fraktion entschlossen hat, einen eigenen Entwurf in den Landtag einzubringen. Da ist zum einen die Frage des Zeitpunktes zu nennen. Die Landesregierung, Frau Ministerin, hat sich zu viel Zeit gelassen. Andere Länder sind viel weiter. Teilweise sind die Gesetze schon längst verabschiedet und die haushaltsspezifi schen Anforderungen sind im Haushaltsentwurf dementsprechend auch enthalten. Das wird bei uns schwierig sein. In Mecklenburg-Vorpommern kommen wir nun um Sondersitzungen der Ausschüsse nicht mehr umhin, und das auch noch parallel zu den Beratungen zum Doppelhaushalt. An dieser Stelle sei mir die Bemerkung gestattet, ein schwarzes Ministerium hält in dieser Angelegenheit in Deutschland die rote Laterne.

Ich gehe davon aus, dass es dem aufmerksamen Leser nicht entgangen ist, es gibt inhaltliche Unterschiede, die ich nicht nur als Akzente bezeichnen möchte. Der Gesetzentwurf meiner Fraktion legt besonderes Gewicht darauf, dass es im Jugendstrafvollzug zuvörderst um Resozialisierung sowie Eingliederung geht und nachrangig um Bestrafung, Schuld und Sühne. Es gilt also der Grundsatz „Prävention vor Repression“.

Als bezeichnend für die unterschiedliche Herangehensweise von Landesregierung und meiner Fraktion nenne ich in diesem Zusammenhang das Ziel des Jugendstrafvollzuges. In beiden Entwürfen wird formuliert, der Jugendstrafvollzug dient dem Ziel, die Jugendstrafgefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. In dem Entwurf meiner Fraktion wird daneben noch die Förderung und Unterstützung der Eingliederung der Jugendlichen und