Während einer Anhörung im Deutschen Bundestag erklärte das Bundesjustizministerium, zur Sicherung dieser Forderung gebe es in Deutschland keinen Handlungsbedarf. Wenige Wochen später ergreifen SachsenAnhalt und Brandenburg die Initiative einer Strafverschärfung in diesen besonderen Fällen. Über den Inhalt der Bundesratsinitiative wurde nun auf allen Ebenen in den unterschiedlichen Strukturen kontrovers diskutiert, auch in meiner Fraktion. Voranstellen möchte ich, dass wir selbstverständlich alle Initiativen begrüßen, die darauf ausgerichtet sind, konsequent gegen rechtsextre
mistische Gewalt vorzugehen. Es ist auch dieser Bundesratsinitiative geschuldet, dass wir in einer offenen Debatte über die Nutzung vorhandener Möglichkeiten der Ermittlungsorgane und der Gerichte sprechen. Aber darauf werde ich an anderer Stelle zurückkommen.
Uneinig sind wir uns dahin gehend, ob eine Strafverschärfung, und nichts anderes soll gemacht werden, das geeignete Mittel ist. Denn im Gegensatz zu den Einreichern der Bundesratsinitiative stellen wir fest, hier geht es nicht um eine begriffl iche Klarstellung, sondern im Kern um eine Strafverschärfung für bestimmte Täter. Ich will aufgrund der Zeit auf die Darstellung der einzelnen Regelungen verzichten. Ich möchte die Zeit nutzen, das unterschiedliche Abstimmungsverhalten meiner Fraktion zu verdeutlichen:
Aus meiner Sicht ist die Änderung des Strafgesetzbuches nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar. Dieses betrifft insbesondere die Änderungsvorschläge zu den Paragrafen 47 und 56 Strafgesetzbuch, denn man gerät hier in die Nähe strafrechtlicher Sonderregelungen, Sondergesetze, die das Verbot der Einzelgesetzgebung des Artikels 19 Absatz 1 Satz 1 betreffen. Darüber hinaus kann ich eine Regelungslücke, wie von einigen behauptet, nicht feststellen. Nach der geltenden Rechtslage wird die Gesinnung des Täters bei der Strafzumessung berücksichtigt. Auch kann in begründeten Ausnahmefällen eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten ohne Bewährung verhängt werden. Alles das ist unstreitig bereits heute möglich. Die Frage ist jedoch, warum von diesen Möglichkeiten nicht ausreichend Gebrauch gemacht wird. Diese Frage darf auch im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit gestellt werden. Ja, der Gesetzgeber hat diesbezüglich an die Justiz sehr hohe Anforderungen gestellt und das ist auch richtig so. Und wie viele Bürgerinnen und Bürger können auch wir nicht verstehen, warum entsprechende Verfahren nicht so schnell wie möglich entschieden werden. Hier liegt es nicht an den bestehenden Gesetzeslagen – einige Beispiele nach dem G8-Gipfel zeigen es –, sondern zum größten Teil daran, dass unsere Staatsanwälte und die Gerichte überlastet sind. Und dass es geht, wie gesagt, haben die jüngsten Fälle bewiesen.
Und, meine Damen und Herren, es ist zu bezweifeln, ob eine Strafverschärfung ein nachhaltiger Beitrag bei der Bekämpfung von Haftstrafen, von gewalttätiger Intoleranz sein kann. Wir sind da eher skeptisch. Es ist auch fraglich, ob die Gewalttäter, auf die die Initiative zielt, im Knast besser aufgehoben sind. Schreckt eine kurze Haftstrafe die Mitläufer ab oder ist dies in einschlägigen Kreisen eher eine Art Ritterschlag? Dies alles ist zu bedenken, sind Bedenken, die wir ernst nehmen. Für mich entsteht darüber hinaus der Eindruck, dass hier mit Aktionismus gehandelt werden soll, und leider der Eindruck der Hilfl osigkeit der Politik, etwas Wirksames gegen das Erstarken des Rechtsradikalismus entgegenzusetzen.
Dennoch, und das wird Sie an dieser Stelle überraschen, wird die Mehrheit meiner Fraktion nach Abwägung aller Argumente Ihren Antrag unterstützen. Folgende, die Entscheidung meiner Fraktion tragenden Gründe sind dabei entscheidend:
Erstens. Wir sind der festen Überzeugung, dass die verbesserte Bekämpfung von Gewalt, die sich gegen die politische Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse und Hautfarbe und so weiter oder die sexuelle Orien tierung des Opfers richtet, als Bestandteil des demokratischen Alltags und der Rechtssprechung kontinuierlich gefördert und weiterentwickelt werden muss.
Zweitens. Wir erwarten aber auch, dass im Rahmen der polizeilichen beziehungsweise staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen schon jetzt alle vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Drittens. Wir erkennen in der Bundesratsinitiative einen Beitrag zur Stärkung des Opferschutzes. Aber wir sagen auch, Opfern rechtsextremer und ausländerfeindlicher Gewalttaten muss schneller und umfassender Hilfe gewährleistet werden.
Die Gerichts- und Bewährungshilfe muss sich im Rahmen ihrer Arbeit noch stärker darauf ausrichten, verurteilte rechtsextremistische Straftäterinnen und Straftäter wieder und dauerhaft in die demokratische Gesellschaft zu integrieren.
Und zum Abschluss ein Satz, das war der ausschlaggebende Punkt: Wir erwarten natürlich auch im Rahmen der Debatte um die Volksinitiative, dass Sie der Änderung des Strafgesetzbuches in diese Richtung auch in Bezug auf die Einrichtung des Artikels in unserer Verfassung Rechnung tragen, denn nur dann meinen Sie es wirklich ernst hier im Land Mecklenburg-Vorpommern. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sturmabteilung der NSDAP – kurz die SA – begann ihr brutales Treiben bereits in den frühen 20er Jahren als eine harmlos anmutende Turn- und Sportabteilung.
Dahinter verbarg sich jedoch eine straff organisierte und streng hierarchische Gruppe, die brutal und aggressiv gegen Juden und politische Gegner vorging. Sie provozierte Saal- und Straßenschlachten, sprengte die Versammlungen politischer Gegner und führte hemmungslose Gewaltaktionen durch.
Der brutale Umgang mit Andersdenkenden, Behinderten, Homosexuellen oder der von ihnen sogenannten Hoch- und Landesverrätern bis hin zum Mord war der Beitrag der SA zur Etablierung der NS-Herrschaft. Die Verfassung der Weimarer Republik stand diesem Treiben hilfl os gegenüber. Der demokratischsten Demokratie folgte das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte.
Meine Damen und Herren, die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes hatten keine einfache Aufgabe. Nach schwierigen Debatten um die Lehren, die aus der Weimarer Republik und der folgenden Nazidiktatur zu ziehen waren, hatten sie es sich zum Ziel gesetzt, ein Grundgesetz zu konzipieren, das bis heute die Grundlage für unsere wehrhafte Demokratie bildet. Dabei wurde den Grundrechten ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt. Sie stellen keine Staatszielbestimmungen dar, sondern binden die Staatsgewalt an unmittelbar geltendes Recht.
Die vorliegende Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches ist eine Möglichkeit, die Intention des Grundgesetzes weiter zu untermauern. Wir brauchen einen Schutzwall, der Freiheit und Demokratie sichert,
(Raimund Borrmann, NPD: Einen antifaschistischen Schutzwall. – Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)
gegen die ausgeprägte Hasskriminalität unserer Tage, gegen alle Feinde unserer Verfassung und gegen alle Feinde der Menschenrechte. Selbst wenn die Initiative der Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat noch keine Mehrheit fi nden sollte, so bleibt sie doch ein klares Signal an extremistische Gewalttätige, besonders an solche, die nicht begreifen wollen oder nicht über das geistige Vermögen dazu verfügen, dass die Unantastbarkeit der Menschenwürde, Toleranz und Chancengleichheit wesentlicher Kern der Grundrechte und damit klar mehrheitlicher Wertekonsens sind.
Aber, meine Damen und Herren, die Initiative soll auch sensibilisieren. Richter und Strafverfolgungsbehörden müssen gerade auch gegen Ersttäter, die Straftaten aus den niedersten Beweggründen, die Vorurteile und noch schlimmer, blanker Hass zweifelsohne darstellen, konsequent vorgehen. Unsere demokratische Gesellschaft hat es verdient, vor solchen Taten umfassend und nachhaltig beschützt zu werden. Im Gegensatz zur Weimarer Republik haben die Demokraten in der Bundesrepublik Deutschland alle Mittel, die eingangs beschriebenen Zustände von Anfang an zu unterbinden.
Diese rechtstaatlichen Instrumente sollten wir auch entsprechend nutzen. Es darf nicht passieren, dass bekannte Rechtsextremisten mit vergleichsweise milden Strafen sanktioniert werden.
Wenn eine Tat einen extremistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund hat, muss dies bei der Festsetzung der Strafe berücksichtigt werden. Mecklenburg-Vorpommerns Justiz hat während des G8-Gipfels eindrucksvoll bewiesen, dass wir sehr wohl konsequent mit Extremisten umzugehen wissen. Nun wird es aber auch Zeit, dass rechte Schläger ihre gerechte Strafe bekommen
Rechte Kader und andere Mitläufer rechter Gruppierungen mögen sich ein noch so harmloses Biedermannimage geben wollen, in ihren Reihen sammeln sich gewaltbereite Schläger, die von rechten politischen Parteien und deren göttlichen Eingebungen benutzt werden. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung kann sehr gut auf derartige Eingebungen verzichten. Und es entspricht im Übrigen dem Rechtsgefühl der Menschen in Deutsch
land, wenn gegen brutale Gewalttäter Freiheitsstrafen auch ohne Aussetzung zur Bewährung ausgesprochen werden. Wir brauchen ein ganz klares Signal gegen die Ausbreitung einer menschenverachtenden Hass- und Gewaltkriminalität. Wir haben die Möglichkeit, frei auf der Basis des Grundgesetzes dafür einzutreten, und ich bitte Sie deshalb, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.
Ich hoffe sehr, dass sich auch im Bundesrat die Einsicht für die Notwendigkeit dieser Gesetzesänderung mehrheitlich durchsetzt,
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg möchte ich sagen, dass wir an der Stelle versuchen sollten, die Emotionalität ein bisschen herunterzudrücken, weil das Thema durchaus sachlich ist. – Frau Lochner-Borst, Sie waren nicht die Angesprochene.
Die Bundesratsinitiative der Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg wurde im Vorfeld bereits intensiv diskutiert. Meist wird dabei von einer Initiative gegen rechtsextremistische Straftaten gesprochen. Damit werden Begehrlichkeiten geweckt, die durch diese Änderung jedoch nicht befriedigt werden können. Eine Verbesserung wird zwar vorgegeben, tritt aber in der Realität nicht ein. Die Initiative will eine stärkere Bestrafung extremistischer Gewalttaten. Der Entwurf spricht von Taten aus politischer Einstellung. Also werden damit alle extremistischen Taten erfasst. Aus Sicht der FDP ist das die positive Nachricht. Eine einseitige Fokussierung auf Rechts oder jeweils dann entsprechend Links lehnen wir ab.
Aus Sicht der FDP-Fraktion bestehen für die vorgesehenen Änderungen des Strafgesetzbuches aber große fachliche Bedenken. Bereits auf Grundlage des geltenden Rechts ist die Motivation des Täters im Rahmen der Bewertung seiner Schuld zu berücksichtigen.