Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Herr Kollege Roolf, letztendlich wird es unter Ihrem zweiten Punkt auf der Rückseite Ihres Antrags deutlich, was Sie eigentlich wollen. Sie wollen alles abbaggern, was tatsächlich aus Ihrer Sicht vergabefremde Kriterien sind, und letztendlich auch den Unternehmen hier in diesem Land keinen Gefallen tun.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist das Problem.)

Dann sprechen Sie mal mit den Innungsbetrieben! Die sind es nämlich, die sagen, wir brauchen das. Das dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Jetzt, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, komme ich zu Ihnen. Ich kann ja nicht nur auf der FDP rumhacken.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Na! – Helmut Holter, DIE LINKE: Das wäre auch langweilig.)

Eben. Das wäre auch langweilig, vor allem für mich.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das würde auch nicht zu Ihnen passen.)

Herr Kollege Holter, entweder Ihr Antrag ist überfl üssig, weil Sie uns ernsthaft abnehmen – der Fraktion der SPD, aber auch der Fraktion der CDU –, dass wir das, was wir hier erklärt haben, ohnehin machen, dass wir uns zumindest bemühen wollen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Aber mit Einschränkungen. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja. – Irene Müller, DIE LINKE: Fragt sich nur, was.)

Oder aber Sie haben zu Recht Bedenken, dass wir das tun könnten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so, zu Recht, das ist in Ordnung, ja, ja.)

Das ist halt das Recht der Opposition, deswegen zu Recht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so!)

Sie haben Bedenken, dass wir das tun könnten. Was nützt dann Ihr Antrag?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist wohl wahr.)

Der ist doch dann wohl wirklich nur noch ein Hirngespinst.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dass Sie sich bekennen. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Aber eins lassen Sie mich mal in der Sache sagen: Ich habe eine unterschiedliche Auffassung zu Ihnen. Ich glaube nicht, dass sich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes tatsächlich darauf beschränkt,

dass in Zukunft über Tariftreueregelungen entweder nur allgemein verbindliche Tarifverträge oder gesetzliche Mindestlöhne vereinbart werden könnten oder geregelt werden könnten. Wenn dem so wäre, dann hätte Herr Minister Seidel recht, dann müssten wir uns, zumindest was diesen Punkt angeht, die Frage stellen: Wozu? Dann wäre da halt nur noch die Frage der Sanktionen, der Kontrollen, alles, was damit verbunden ist. Das ist wichtig, aber ich glaube, das ist nicht die Zielsetzung, die Sie mit Ihrem Vorstoß haben. Ich bin ganz ehrlich, das ist auch nicht die Zielsetzung, die wir mit unserem Vorstoß haben. Und damit lassen wir es auch zu Ihrem Antrag genug sein. Das reicht nämlich dann schon.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist auch gut so. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war noch nicht alles. – Gino Leonhard, FDP: Das ist aber nicht viel, Herr Schulte. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Jeder kriegt das, was er verdient, Herr Roolf.

(Michael Roolf, FDP: Das ist aber nicht fair!)

Lassen Sie mich jetzt darauf eingehen, was der EuGH tatsächlich in seiner Entscheidung am 03.04. gesagt hat.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Dort steht mit vielen Worten, etwas schwer zu lesen, auch für Juristen: Die Tariftreueregelung im niedersächsischen Landesvergabegesetz verstößt gegen das Diskriminierungsverbot gegenüber Unternehmen aus EUDrittstaaten. Das ziehe ich entweder aus Artikel 49 des EG-Vertrages oder aus der Richtlinie 96/71. Das ist die Entsenderichtlinie.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Und die Konsequenz wäre, der erste Schritt – Herr Minister Seidel hat es angedeutet –, ich mache ein Tariftreuegesetz, das nur für inländische Unternehmen gilt. Das kann ich natürlich auch machen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das geht nicht.)

Aber das wollen wir natürlich nicht. Frau Gramkow, da nicken Sie dann auch zu Recht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wollen wir auch nicht.)

Das wollen Sie auch nicht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Das hat ja auch gar keinen Wert.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ich suche immer noch den Unterschied zwischen uns.)

Aber die Frage ist, Frau Kollegin Gramkow, wo der Unterschied ist. Ist das denn wirklich die Kernaussage? Gibt es denn nicht andere Möglichkeiten, die der EuGH durchaus in seiner Entscheidung noch offenlässt? Und da würde ich Ihnen nicht nur diese Entscheidung in der Sache „Rüffert“ zur Lektüre empfehlen, sondern vielleicht auch Entscheidungen wie die vom Ende des letzten Jahres in der Sache „Laval“.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Darauf brauche ich jetzt nicht einzugehen, aber lesen Sie das, es ist interessant.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Gehen Sie etwa davon aus, ich hätte das nicht gewusst?)

Was ist das Problem mit dem niedersächsischen Tariftreue gesetz? Um das vielleicht mal kurz zusammenzufassen: Das niedersächsische Tariftreuegesetz hat zwei Fehler. Der eine ist ein historischer. Der historische Fehler beruht darauf, dass es vor dem Erlass der Richtlinie 2004/18 geschaffen wurde. Die Richtlinie 2004/18 eröffnet dem öffentlichen Auftraggeber bestimmte rechtliche Möglichkeiten, sogenannte vergabefremde Kriterien einzubringen. Das gab es 2003 oder vor 2003 noch nicht. Deswegen hat der EuGH diese Richtlinie auch nicht benutzen können. So einfach ist das manchmal.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Und der zweite Punkt ist, dass die Kolleginnen und Kollegen in Niedersachsen etwas geregelt haben, was vom Bundesgesetzgeber schon geregelt war. Sie haben in einem Bereich, im Bereich des Bauhauptgewerbes, erklärt: Den Tarifvertrag, den wir für das Baugewerbe haben, wollen wir anwenden. Da gibt es aber das Arbeitnehmerentsendegesetz,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

dort gibt es Allgemeinverbindlichkeit, und damit ist die Kiste tot gewesen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht auch sinnvolle Regelungen gibt, was tarifvertragliche Verpfl ichtungen angeht.

Und, meine Damen und Herren, ich will Sie jetzt nicht mit juristischen Einzelheiten langweilen, aber schauen Sie nur mal in die entsprechenden Regelungen – wie gesagt, der Richtlinie 2004/18, Vergabe öffentlicher Aufträge, Bauaufträge, Lieferaufträge, Dienstleisteraufträge, Kollege Jäger kennt das Spielchen –, dann werden Sie wissen, welche Möglichkeiten es gibt. Ich gehe davon aus, dass die Koalitionsfraktionen diese Möglichkeiten nutzen werden, natürlich, Herr Kollege Roolf, europarechtskonform. Da habe ich überhaupt keine Bedenken.

Und vielleicht das zum Ende meiner Ausführungen: Ich gehe davon aus, dass meine Fraktion in den nächsten Wochen der Fraktion der CDU einen entsprechenden Gesetzentwurf zur weiteren Beratung vorlegen wird

(Michael Roolf, FDP: Ein Vergabegesetz?)

für ein Vergabegesetz, Herr Kollege Roolf, für Mecklenburg-Vorpommern. Und ich habe das Vertrauen auf die Zusagen der Kollegen von der CDU, ihres Fraktionsvorsitzenden, auch auf das, was Herr Minister Seidel öffentlich geäußert hat, dass wir eine vernünftige Lösung im Interesse der Beschäftigten und der Unternehmen in diesem Land fi nden werden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Im Juli? Im Juli hatten Sie damals gesagt.)