Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag wurde sozusagen mit heißer Nadel gestrickt. Die wesentlichen Punkte des Antrages haben sich erledigt oder werden schon heute erfüllt. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Verständnis, dass Sie mit mir hier Vorlieb nehmen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, schon im vergangenen Jahr hat DIE LINKE mit einem Antrag zum Vergabeverfahren im Öffentlichen Personennahverkehr ihre Sicht der Welt dargelegt, die das Prinzip des Vergabeverfahrens nach unserer Meinung schlicht auf den Kopf stellt. Damals ging es darum, Ausschreibungen zu verhindern, und heute geht es darum, Vergabeverfahren mit derart vielen Vorgaben zu verfrachten, dass es kaum noch Wettbewerbs- und damit Gestaltungsspielraum gibt.
Deshalb wird der Antrag der LINKEN auch dieses Mal von uns als Fraktion der FDP abgelehnt. Wir Liberale werden uns immer für eine Stärkung der Ausschreibungspflicht und für eine schlanke Ausschreibungsform einsetzen.
Auf diese Weise ja, Herr Methling. Auf diese Weise können wir die positiven Kräfte des Wettbewerbs freisetzen. Nur auf diese Weise kommen bessere und günstigere Anbieter im wahrsten Sinne des Wortes zum Zuge. Das ist gut für die Qualität des ÖPNV und damit gut für die Bürger in unserem Land. Das Thema Wettbewerb wird den Verkehrsmarkt in den kommenden Jahren zunehmend beherrschen. Ziel ist es, alle zu erbringenden Verkehrsleistungen, seien es Buslinien und Schienenverbindungen, künftig europaweit auszuschreiben. Nachdem der Europäische Gerichtshof endgültig die Weichen für mehr Wettbewerbe im Öffentlichen Personennahverkehr gestellt hat, kommen neue Aufgaben auf die Leistungsbesteller auf regionaler Ebene zu.
Im Interesse der Fahrgäste müssen die besten Verkehrsunternehmen beauftragt werden. Dieses Prinzip ordnet den derzeitigen Verkehrsmarkt grundsätzlich neu. Es setzt eine deutliche Trennung von Leistungsbesteller und Leistungserbringer voraus, die so noch nicht überall umgesetzt worden ist. Wir müssen uns nicht um zu viele Ausschreibungen beziehungsweise zu wenige Festschreibungen von Standards sorgen, sondern um zu wenig Ausschreibungen und zu viel Regulierungswut Sorgen machen, denn kreativer Wettbewerb auf der Schiene wird uns allen bessere Leistungen für weniger Geld bescheren.
Das würde den Schienenpersonennahverkehr und die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern voranbringen und nicht von der linken Seite verordneter Stillstand. Das bringt nur alle auf das Abstellgleis.
Bei Ausschreibungsverfahren müssen sich Landesregierung und Bieter an die rechtlichen Vorgaben halten, die ausreichenden Schutz bieten. Die Bieter im Ausschreibungsverfahren müssen die höchste Qualität zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten können. Daraus folgt, dass nicht immer der Billigste den Zuschlag erhalten sollte. Es heißt aber auch nicht, dass man alle Qualitätsstandards von vornherein festlegen muss. Und aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte, Frau Borchardt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eins müssen Sie mir mal erklären, auf der einen Seite wird gesagt, vonseiten des Ministers, wir brauchen diesen Antrag nicht, wir tun schon alles im Sinne der Verordnung. Und auf der anderen Seite sagt der Koalitionspartner, das geht nicht, es wird durch die EU gerade durch Vergabeentscheidungen vom Prinzip her rechtlich ausgeschlossen.
Da frage ich mich natürlich, inwieweit Sie hier eine Abstimmung vorgenommen haben zu Ihren eigenen Aussagen.
Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass gerade die Europäische Union im vergangenen Jahr eine Verordnung erlassen hat, um genau die Fragen, die wir hier thematisiert haben, und zwar Ende des Jahres 2007, im Oktober auf die Tagesordnung zu setzen und ganz genau zu hinterfragen, ob das, was hier an Möglichkeiten besteht, auch im öffentlichen Vergabeverfahren berücksichtigt wird.
Und wenn man dann noch ganz genau hinguckt und sich den Artikel 38 der Richtlinie 2004/17/EG beziehungsweise Artikel 26 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates anguckt, die Auftraggeber können zusätzliche Bedingungen für die Ausführungen des Auftrages vorschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und in der Bekanntmachung, die als Aufruf zum Wettbewerb dient, oder in den Verdienungsunterlagen angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrages können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen.
Und ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen, man kann nicht laufend immer das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Anspruch nehmen, wenn es um Vergabemöglichkeiten geht, wenn man sich nicht ganz genau anguckt, unter welchen Bedingungen der Europäische Gerichtshof Nein zu der Vergaberichtlinie des Vergabegesetzes in Niedersachsen gesagt hat. Nun deshalb das immer heranzuziehen, das, glaube ich, ist falsch.
Also von der Warte her möchte ich noch mal bekräftigen, dass es sicherlich einen politischen Ansatz gibt, um deutlich zu machen, was da vom Prinzip her läuft. Aber offensichtlich – und auch das haben Sie sicherlich ganz klar festgestellt, das schätze ich zumindest so ein – haben SPD und CDU die Notwendigkeit dieses Antrages nicht
erkannt. Auch die Landesregierung kneift und vermeidet eine klare Positionierung. Das will ich an der Stelle deutlich sagen. Sie behaupten, das werde im Wesentlichen heute schon so gehandhabt, und spielen die Probleme herunter. Dabei brennt insbesondere den Beschäftigten der Bahn dieses Thema auf den Nägeln. Und um es klar zu sagen: Tausende Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind direkt oder indirekt betroffen. Es wird auch weitergehen, wenn man sich ganz genau anguckt, wie die Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union in den nächsten Wochen, Monaten und in den nächsten Jahren umgesetzt werden muss. Da ist schon die Frage zu klären, was wir letztendlich tun, um einen Missbrauch hier im Land Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern, um die Sicherung von sozialen Standards zu gewährleisten.
Wir wollen, dass sich der Landtag gegenüber der Landesregierung im Sinne der EU-Verordnung klar positioniert, welche Anforderungen die Wettbewerber erfüllen müssen. Dieses Recht haben wir, dieses Recht nehmen wir heute in Anspruch und ich meine, meine Damen und Herren, angesichts der Realität um den öffentlichen Nahverkehr sind wir dazu auch verpflichtet. Die Umsetzung der EU-Verordnung ist auch deshalb so wichtig, weil insbesondere Mecklenburg-Vorpommern als Flächen- und Pendlerland besonders betroffen ist. Daher ist vor allem die Landesregierung gefordert, sich für bestmögliche Infrastrukturbedingungen und Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzusetzen.
Und es ist auch kein Geheimnis: Um den öffentlichen Nahverkehr, aber auch um betriebliche Mitbestimmung und Arbeitnehmerschutzrechte ist es schlecht bestellt. Deswegen ist es auch von herausragender Bedeutung, dass wir die Möglichkeiten der Verordnung nutzen und von unserem Ermessen Gebrauch machen, umfangreiche Sozial- und Qualitätsstandards in den Vergabeverfahren zugrunde zu legen. Dabei geht es nicht etwa um Gängelung oder Überforderung von Wettbewerbern. Nein, im Kern geht es eigentlich um Selbstverständlichkeiten. So wird im Erwägungsgrund 17 der EU-Verordnung ausdrücklich ausgeführt, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip es den zuständigen Behörden frei steht, derartige Kriterien festzulegen. Die zuständigen Behörden können soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben.
Und wir meinen, dass solche Kriterien, wie Sicherung sozialer Standards für die Beschäftigten, Ausbildungsquote, Personalbemessung, Personalaufgaben, Aus- und Weiterbildung sowie Qualifikation des Personals, Qualitätsmanagement und Sicherheit sowie die Sicherstellung der barrierefreien Reisemöglichkeit für jeden Fahrgast selbstverständlich sein sollten und wir diesbezüglich auch aktiv werden sollten. Diese Kriterien – davon sind wir überzeugt – wären in der Summe nicht alternativ, sondern ein wirksames Mittel im Kampf gegen zunehmendes Sozial- und Lohndumping. Fragen Sie die Gewerkschaften, die Betriebsräte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht zuletzt die Fahrgäste und besonders Menschen mit Behinderung. Aber darauf wird meine Kollegin Müller noch ganz genau eingehen.
Ich hätte auch erwartet, dass die Landesregierung heute über den aktuellen Stand der notwendigen Anpassung von nationalen Gesetzen informiert, zumindest eine Art Sachstandsbericht gibt. Vor allem hätte mich interessiert, welche konkreten Erwartungen beziehungsweise Vorstellungen die Landesregierung in diesem Zusam
menhang hat. Das Bundesverkehrsministerium prüft doch bereits seit einiger Zeit mit den Ländern, in welchen Punkten bestehendes deutsches Recht EU-Recht konform angepasst werden muss. Soweit wir wissen, sollen die erforderlichen Gesetzesänderungen noch in diesem Jahr abgeschlossen sein. Auch darüber haben wir leider nichts gehört.
Ich frage Sie, Herr Dr. Ebnet: Was ist denn mit dem Personalbeförderungsgesetz, dem Allgemeinen Eisenbahngesetz oder dem Regionalisierungsgesetz? Nach dem, was ich heute von Ihnen gehört habe, oder besser gesagt, gerade nicht gehört habe, kann ich nur feststellen: Sie haben die Chance vertan, heute bei einem so wichtigen Thema Flagge zu zeigen. Und, Herr Verkehrsminister, ich frage mich auch, ob und inwieweit die Landesregierung beabsichtigt, ein Ticket für sozial Benachteiligte einzuführen. Die Bundesregierung hat bereits ausdrücklich festgestellt, dass dies ein Gegenstand einer gemeinschaftlichen Verpflichtung sein kann. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe eigentlich nicht vermutet, dass dieser Antrag hier so viel Aufregung mit sich bringen würde.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was für ein Sprengstoff!)
Aber man lernt immer wieder dazu. Ich stehe nun hier nicht in dem Verdacht, dass ich regelmäßig, wenn es um Vergabefragen geht, ohne Bedacht dem Verkehrsminister zur Seite springe. Aber ich glaube, an dem heutigen Tage ist das, was er ausgeführt hat, in wesentlichen Punkten zutreffend und kann auch nicht ohne Weiteres ergänzt oder gar in Abrede gestellt werden.
Meine Damen und Herren, was mich hier allerdings schon erstaunt hat, ist, ich habe immer gedacht, es gibt einen Antrag über die SPNV-Ausschreibung und dann wird von den Kollegen von der FDP ohne Weiteres im Rahmen der Debatte die Leistung bezüglich des SPNV, so, wie es im Antrag steht, mit dem im ÖPNV – da wurde nämlich über die Verpflichtungsbeziehung zwischen Leistungserbringer und Leistungsbestellern gesprochen – zusammengeschmissen. Aber auch da wird man klüger mit der Zeit. Die Verordnung 1370 von 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen 1191/69 und 1107/70 des Rates ist nach Veröffentlichung am 3. Dezember 2007 in Kraft getreten.