Meine Damen und Herren, was mich hier allerdings schon erstaunt hat, ist, ich habe immer gedacht, es gibt einen Antrag über die SPNV-Ausschreibung und dann wird von den Kollegen von der FDP ohne Weiteres im Rahmen der Debatte die Leistung bezüglich des SPNV, so, wie es im Antrag steht, mit dem im ÖPNV – da wurde nämlich über die Verpflichtungsbeziehung zwischen Leistungserbringer und Leistungsbestellern gesprochen – zusammengeschmissen. Aber auch da wird man klüger mit der Zeit. Die Verordnung 1370 von 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen 1191/69 und 1107/70 des Rates ist nach Veröffentlichung am 3. Dezember 2007 in Kraft getreten.
Frau Kollegin Schwebs, eine EU-Verordnung ist unmittelbar wirkendes Recht. Das unterscheidet sie von Richtlinien. Sie gilt hier ab dem 01.01. kommenden Jahres. Gleichwohl prüft das Bundesverkehrsministerium bereits heute – und Sie haben es eben, Frau Kollegin Borchardt, angesprochen –, in welchen Punkten und unter Würdigung des neuen EU-Rechts bestehendes deutsches Recht angepasst werden soll. Allerdings, auch das muss
man dazu sagen, sind die Prüfungen des Verkehrsministeriums zu diesem Punkt noch nicht abgeschlossen. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, sind das Personenbeförderungsgesetz und das Allgemeine Eisenbahngesetz Bundesrecht und zumindest formal wird dann sicherlich auch darüber im Bundestag entschieden werden.
Die Verordnung 1370 von 2007 gibt keine verbindlichen Qualitätsstandards vor. Das ist hier zutreffend gesagt worden. Hier eröffnen sich vielmehr unter Zugrundelegung des Subsidiaritätsprinzips den zuständigen Behörden soziale und Qualitätskriterien in den Unterlagen des wettbewerblichen Verfahrens und den öffentlichen Dienstleistungen. Ungeachtet des Umstandes, dass die vorgenannte EU-Verordnung noch nicht in Kraft getreten ist, kommt eine Vielzahl – Herr Minister hat darauf hingewiesen – der im Antrag der Fraktion DIE LINKE benannten Kriterien bereits heute im Rahmen der SPNV-Schreibung zur Anwendung. Unter diesem Gesichtspunkt, meine Damen und Herren, ist nicht ersichtlich, warum der Landtag die Landesregierung zu einem Handeln auffordern soll, dem diese bereits entspricht. Die Fraktion der SPD wird daher den vorliegenden Antrag ablehnen. So weit zu dem Antrag.
Vielleicht noch eine kurze Ergänzung zu den Fragen, die hier aufgeworfen sind im Zusammenhang Tariftreue et cetera. Die Verordnung 1370 EG regelt, dass, sofern Vergaben – das ist nämlich im Rahmen der 1370 nicht zwingend erforderlich, zumindest nicht bei SPNV-Vergaben – im Wege der öffentlichen Ausschreibung erfolgen, die Vorschriften der Richtlinie 2004/18/EG Anwendung finden. Und da ist dann wieder der Zirkelschluss. Da kommen Sie zu der Frage der Tariftreue und da kommen dann auch wieder solche bemerkenswerten Aussagen, wie sie eben aufgetreten ist von der Frau Kollegin Schwebs, das, was zutreffend ist, die S-Bahn-Ausschreibung, Umland Bremen. Diese ist, glaube ich, derzeit vor dem Vergabesenat des OEG Celle. Deswegen habe ich da auch nicht viel Hoffnung, dass sie anders entscheiden werden als in der Sache Rüffert.
Das Bemerkenswerte an der Sache ist allerdings ein ganz anderer Umstand. Das nur so weit zu bundeseigenen Unternehmen. Die DB Regio ist es gewesen, die auf das Land Bremen und das Land Niedersachsen im Vorfeld der Ausschreibung massiv eingewirkt haben, zumindest nach dem Kenntnisstand, den ich habe, dass eine Tariftreueregelung dort aufgenommen werden soll.
Und die DB Regio ist diejenige, die jetzt, nachdem sie den Zuschlag nicht bekommen haben, weil andere wohl ein wirtschaftlicheres Angebot gemacht haben, dann dieses Kriterium nimmt, um die entsprechende Vergabeentscheidung anzufechten.
Das nur so weit zu staatseigenen Unternehmen oder zu Unternehmen, die dann wohl vor einer Teilprivatisierung stehen. Aber dazu muss man sagen, auch das Bremische Vergabegesetz – und darauf komme ich vielleicht noch zurück, was heute Morgen schon mal in der Debatte war – sowie das Niedersächsische haben natür
lich die Richtlinie 2004/18 noch nicht berücksichtigt. Und deswegen – noch mal zu dem Ausgangspunkt zurückkommend – gehe ich auch nicht davon aus, dass diese Entscheidung wesentlich intelligenter sein wird, die jetzt ansteht. – Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Danke schön. Das war eine sehr weitgehende Wertung, Herr Schulte.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag versuchen sich die Postkommunisten wieder einmal mehr als Anwalt des kleinen Mannes und als soziales Gewissen aufzuspielen. Dieses Untertreiben ist allerdings vergeblich, denn diese Kümmererkompetenz muss Ihnen, meine Damen und Herren der LINKEN, abgesprochen werden. Sie haben sich als Moralisten mit sozialer Einstellung längst unglaubwürdig gemacht. Ihre sozialistischen Parolen entbehren längst jeglicher Substanz.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So, so. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, so ein Unsinn, Herr Müller! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Trotzdem, Sie wollen sich also mit Ihrem Antrag für die Sicherung sozialer Standards für Beschäftigung einsetzen, wie es unter Punkt 1 Ihres Schaufensterantrages heißt.
Dass dies alles nur Fassade ist, haben Sie schon viel zu oft bewiesen. Alle bisher von meiner Fraktion eingebrachten Anträge, die das Leben von Hartz-IV-Beziehern erleichtern sollten, haben Sie mit Bausch und Bogen abgelehnt.
und sich der Fortführung des Privatisierungswahnsinns schuldig gemacht. Wenn es Ihnen ernst wäre mit dem Einsatz für den kleinen Mann auf der Straße, für die finanziell Benachteiligten und für die Schwachen allerorts, dann hätten Sie anders reagiert und wir hier hätten damals nicht nur billige Polemik und fragwürdigen Opportunismus aus Ihren Reihen gehört.
An Ihren Taten soll man Sie messen und auch der Wähler wird noch erkennen, dass Ihre Gaunereien nicht in den Landtag gehören.
Dass es Ihnen nicht um soziale Gerechtigkeit geht, sondern Sie den Leuten draußen einmal mehr Sand in die Augen streuen, sehen wir doch daran, dass Sie jetzt und heute den Antrag auf den Tisch legen.
Jetzt kommen Sie mit Sozial- und Qualitätsstandards bei der Ausschreibung von Verkehrsleistungen. Was haben Sie eigentlich in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung hier in Mecklenburg und Vorpommern getan? Diese Standards hätten Sie schon längst einrichten können und müssten heute nicht erst vom EU-Parlament und seinem Rat vorgekaut werden. Politiker mit sozialer Verantwortung hätten hier schon vor Jahren handeln können. Sie aber reagieren nur, was wieder einmal mehr bedeutet, dass Sie gar kein Gespür für die Notwendigkeit in unserem Land haben.
Was Sie dagegen haben, ist eine ordentliche Portion Abstaubermentalität. Aber aus der sicheren Position einer nicht in der Verantwortung stehenden Partei zu agieren, ist leicht.
Wie sieht es heute in diesem Land aus? Die soziale Marktwirtschaft steht doch nur auf dem Papier. Ausbeutung, Ausverkauf und Streckenstilllegungen sind dagegen Realität. Unter dem Deckmantel von Effizienz, Wettbewerb und Leistungssteigerung geht es schlichtweg um Profit. Das findet man freilich nicht in dem Pamphlet namens Verordnung EG Nummer 1370/2007. Die in der EG-Verordnung enthaltenen Qualitätsstandards sind Empfehlungen, die man einbaut oder eben weglässt, ganz nach Belieben und Interessenlage. Und wie die Interessen hier aussehen, wissen wir ja. Solange Turbokapitalismus herrscht, die Menschen als sogenanntes Humankapital angesehen werden und immer weiter öffentliches Eigentum hoch bietend verscherbelt wird, werden als Erstes soziale Standards umgangen beziehungsweise abgeschafft.
Sie können in die Ausschreibung hineinschreiben, was Sie wollen, von mir aus Sozial- und Qualitätsstandards. Wenn Sie sich selbst in die Tasche lügen wollen, schreiben Sie es rein und hoffen, dass sich etwas ändert. Wir zweifeln daran.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Müller. Bitte, Frau Abgeordnete.
Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regionalisierungsgesetzgebung, das wurde gesagt von Frau Schwebs, gibt Verantwortung ins Land und genau diese Verantwortung sollten wir ernst nehmen. Ernst nehmen bedeutet für unsere Begriffe, für die Fraktion der Partei DIE LINKE, dass man sich auch besinnt, was man im Land Mecklenburg-Vorpommern für Gesetzgebungen hat und dadurch Verpflichtungen so gestaltet und einbaut, dass sie mit Leben erfüllt werden. Der Erwägungsgrund sieht so aus und hat unter anderem die Worte drin, dass die Bedürfnisse von Personen mit Mobilitätseinschränkungen beachtet werden müssen. Die Formulierung ist außerhalb jeglicher Fachlichkeit und zumindest von Menschen mit Behinderungen heftig zu hinterfragen. Aber man muss ja wenigstens froh sein,
wenn gemerkt wird, dass es Menschen gibt, die irgendwie anders sind, als die sogenannte Norm es ist.
Wenn wir davon ausgehen, dass wir in unserer Landesgesetzgebung stehen haben, dass die Barrierefreiheit gewährleistet sein muss, gehe ich davon aus, Herr Minister Ebnet, dass man weiß, was Barrierefreiheit ist. Und wenn man das weiß, würde der Weg im Umkehrschluss sein, dass es da überhaupt keine Einschränkung braucht in Richtung mobilitätseingeschränkte Menschen, denn die Definition von Barrierefreiheit heißt, dass für jeden Menschen unabhängig von seiner Lebenssituation gewährleistet sein muss, dass er öffentliche Einrichtungen möglichst ohne fremde Hilfe nutzen kann, nicht mehr und nicht weniger.
Und damit sind natürlich alle Dinge einbezogen, die es gibt, die man beachten muss, wenn man jedem Menschen die Nutzung so leicht wie möglich machen will. Das ist eigentlich ohne Geld zu machen, man muss nur darauf achten und da geht es dann eben nicht nur darum, dass Koffer und so weiter und so fort sowie der Rollstuhl die dementsprechende Beachtung finden müssen. Nein, es geht noch um viel mehr Dinge. Es geht zum Beispiel darum, dass die Einstiegsmöglichkeiten in Zügen so sein müssen, dass sie von der Breite her in Ordnung sind, dass sie vom Schließen her in Ordnung sind, also nicht so schnell schließen und so weiter. Es gehört dazu, dass Personen in der Lage sein müssen, ihre Plätze aufzufinden. Dazu gehört, dass zum Beispiel die Nummerierung an den Plätzen nicht zu klein sein darf. Dazu gehört außerdem, dass Beschriftungen insgesamt nicht zu klein sein dürfen. Außerdem müssen sie an Ecken angebracht werden, wo sie zu finden sind und nicht erst lange gesucht werden müssen. Dazu gehört auch, dass zum Beispiel die Ansagen in Deutsch so gesprochen werden, dass sie jegliche merkwürdigen Bahnhofsansagen in der Qualität übertreffen. Sprich: Es muss deutlich sein. Das ist nicht nur für Menschen mit Behinderungen wichtig, das ist für jeden, der sitzt, liest, nach draußen guckt und so weiter und so fort. Deutliche Ansagen müssen sein. Prüfen Sie selbst, ob es so ist. Dazu gehören zum Beispiel auch vernünftige kontrastierende Farbausstattungen in den Zügen. Alles das gehört zur Barrierefreiheit. Hier das Wort „Barrierefreiheit“ in die Qualitätskriterien reinzunehmen und zu sagen, das ist schon alles da, das machen wir, ist für meine Begriffe einfach lächerlich.
Und den engen Kontakt mit Behindertenverbänden hier zu bemühen ist auch recht fragwürdig. Es gibt eine einzige Zielvereinbarung, die vom Allgemeinen Behindertenverband und dem Blinden- und Sehbehindertenverband zusammen mit der ODAK erarbeitet wurde nach heftigem Ziehen und Zerren, was unterm Strich eine Zusammenarbeit brachte. Aber die ODAK ist doch nicht die Einzige, die hier in Mecklenburg-Vorpommern Schienenpersonennahverkehr betreibt. Die Barrierefreiheit ist hier kein Qualitätskriterium und jeder kann sich rauslavieren, so, wie er irgendwie will. Der Kollege von der CDU hat es uns hier richtig vorgemacht nach dem Motto: Geht nicht, ist zu teuer, wird sowieso nichts,
ist die Grundlage nicht da und so weiter und so fort. Das ist nämlich immer der Punkt. Sie sagen, wir nehmen natürlich die Barrierefreiheit wahr. Und Sie machen nichts, Sie machen einfach nichts. Sie sind nicht mal in der Lage, die Schriftgröße herzustellen.
Sie sind auch nicht in der Lage von der Regierung her, dafür zu sorgen, dass wir hier keine Insellösung in Mecklenburg-Vorpommern haben. Was nutzen uns barrierefreie Züge, wenn Sie zugucken, dass Bahnhöfe saniert werden und die Barrierefreiheit, die bestand, wegsaniert wird und, und, und. Der Qualitätsstandard Barrierefreiheit gehört rein, er ist nicht da, das ist nicht gemacht worden und es kommt auch nicht von allein.