Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

Von den Anzuhörenden wird das Vorhaben der Koalitionäre, die gesetzlich festgeschriebenen Mittel der vorschulischen Bildung zu reduzieren, um außergesetzliche Mittel für die Entlastung der Eltern von den Elternbeiträgen bereitzustellen, in dieser Form abgelehnt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind ja nicht nur die Opposition oder die genannten Vereine, Verbände und Einzelpersonen, die diese gesetzlichen Änderungen ablehnen. Seit einer Woche liegt uns der Bericht der Bildungskommission vor. Schauen Sie da mal rein in die mehreren Hundert Seiten!

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: 122!)

Seite 100 fortfolgende steht, ich zitiere: „Angesichts der Tatsache, dass in M-V mehr als 90 % der Kinder Angebote der Kindertagesförderung in Anspruch nehmen und die Elternbeiträge für Erziehungsberechtigte mit geringem Einkommen schon heute von der kommunalen Ebene getragen werden, folgt diese Diskussion offenkundig weder den Ergebnissen empirischer Untersuchungen noch den Argumenten der Sozial- bzw. Bildungsforschung. Die Expertenkommission spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, von pauschalen Elternbeitragsabsenkungen abzusehen und die Höhe der Elternbeiträge nicht noch uneinheitlicher zu gestalten. Weitere Finanzmittel sollten eher für die Verbesserung der Qualität von Bildung und Erziehung sowie für die individuelle Förderung von Kindern aus benachteiligten Schichten verwendet werden. Beispiele dafür sind ein kostenfreies, gesundes Mittagessen und ein Hol- und Bringdienst für Kinder.“ Ende des Zitats.

Die Regierung hätte nun angesichts dieser Einschätzung Zeit gehabt, ihren Entwurf zurückzuziehen, denn die Bildungskommission berücksichtigt in ihren Empfehlungen sehr wohl die Tatsache, dass eben mehr als 90 Prozent aller Kinder des Landes einen Kindergarten besuchen, allerdings nur etwa 50 Prozent einen Ganztagsplatz in Anspruch nehmen. Die Bildungskommission berücksichtigt in ihren Empfehlungen sehr wohl die Tatsache, dass in den einzelnen Regionen gerade nach Einführung von Hartz IV die Elternbeiträge im Umfang von 30 bis 50 Prozent der Kinder durch die örtlichen Träger der Jugendhilfe getragen werden und aufgrund der sozialen Situation der Eltern Kitas zunehmend Kompetenzzentren für eine chancengleiche Entwicklung der Kinder sind und als solche gestärkt werden müssen.

Ich darf noch einmal erwähnen, in Umsetzung des Gesetzes wurden in den letzten Jahren 5,2 Millionen Euro für die geistig-kulturellen, die mutter- und fremdsprachigen Angebote sowie die sportlichen oder touristischen Leistungen eingesetzt. Auch wurde von allen Anzuhörenden deutlich gesagt, dass die sogenannten Bezahlangebote abgeschafft wurden, die einzelne Kinder bevorzugen und andere Kinder ausgrenzen. Die Leistungen der vorschulischen Bildung wurden durch die finanzielle Absicherung des Landes allen zugänglich.

Die von Ihnen nun geplante alleinige Elternbeitragsbefreiung setzt keine innovativen Potenziale frei, verehrte Damen und Herren der Koalition. Sie verbessert keine einzige vorschulpädagogische Maßnahme, sondern streichelt lediglich – und ich sage es noch mal – das Ego des Koalitionspartners. Wenn Sie es ernst meinen wür

den, dann hätten Sie die Anhörungsergebnisse und auch den Bericht der Bildungskommission beachtet. Kinder brauchen ein anregungsreiches Bildungsangebot, sie brauchen es über den ganzen Tag hinweg verteilt, Kinder brauchen Ganztagsplätze, sofern ihre Eltern es wünschen, mit dieser Einschränkung natürlich. Unterstützen Sie die Kommunen bei der Übernahme der Elternbeiträge für Ganztagsplätze! Setzen Sie sich für die Weiterentwicklung der gesunden Lebensweise und gesunden Ernährung der Kinder ein und dafür, dass alle Kinder gesunde Mahlzeiten in der Kita einnehmen können! Wir fordern deshalb die Einbindung der Verpflegungskosten in die Betreuungskosten der Kita! Ich verweise hier ausdrücklich auf unseren Antrag im Punkt 3.1. Stärken Sie die pädagogischen Fachkräfte durch Qualifizierung! Auch hier haben wir mit unserem Antrag unter 3.2 die Forderung der Bildungskommission aufgegriffen. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Erzieherinnen zunehmend eine akademische Ausbildung erhalten. Setzen Sie sich für die Stärkung der pädagogischen Fachkräfte durch eine bessere Bezahlung ein! Fördern Sie Kinder, indem Sie die Anzahl der pädagogischen Fachkräfte erhöhen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, die genannten Maßnahmen sind kostenintensiv, aber zukunftsorientiert. Sie finden sich auch im Bericht der Bildungskommission wieder. Die genannten Maßnahmen fördern die chancengleiche Entwicklung aller Kinder, besonders aber der Kinder aus sozial benachteilig ten Familien. Ich erinnere noch einmal daran, etwa 50 Prozent unserer Kinder leben in Familien, deren Eltern Hartz-IV-Leistungsempfänger oder aber Geringverdiener sind, also an der Grenze zur Armut groß werden. Fördern Sie die chancengleiche Entwicklung aller Kinder und beschneiden Sie nicht ihre Rechte, ihre Ansprüche, indem Sie das Geld im Gesetz streichen und es anderswo verankern!

Sie haben einen zweiten Punkt in der Gesetzesnovelle, auch der wurde in der Anhörung als kontraproduktiv angesehen. Es ist nach Auffassung der Anzuhörenden und nach Auffassung meiner Fraktion dringend geboten, wenn wir im Bereich der Kindertagesförderung weiter einen guten Platz einnehmen wollen im bundesweiten Vergleich, wenn wir weiter im Interesse unserer Kinder handeln wollen, dass die Zuständigkeit für diese komplexe Aufgabe in einem Ministerium verankert wird. Auch darauf orientiert unser Antrag. Ich bitte Sie um Annahme unserer Anträge. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Dr. Linke.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Glawe. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Änderung des KiföG liegt Ihnen in Zweiter Lesung zur Beratung vor.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Der steht auf der Tagesordnung.)

In den Ausschüssen wurde intensiv darüber beraten.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das Entscheidende ist, dass das Haushaltsrecht jetzt durch das Gesetz angenommen und die Reduzierung der Mittel auf 5 Millionen Euro vorgenommen wird. All diese Dinge sind schon vorgetragen worden. Des Weiteren sind noch Änderungen vorgenommen worden, so zum Beispiel die Anpassung des Bundesrechtes. Das Bundessozialhilfegesetz gibt es nicht mehr, sondern es gibt das SGB XII und das SGB II. Das wurde in diesem Gesetz weiterhin begradigt und „Early Education“ dort als Bachelor ausgewiesen. Das ist, denke ich, wichtig. Ausländische Berufsabschlüsse sind nach europäischem Recht geregelt, damit sind sie in diesem Gesetz zu streichen.

Zu den Vorwürfen oder Auslassungen der LINKEN kann ich nur sagen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Was heißt hier Auslassungen?!)

die Grundrechenarten beherrschen Sie nicht. Das Problem ist einfach. Wir senken zwar die Zuschüsse bei der vorschulischen Bildung ab, aber, Frau Ministerin Linke a. D., Sie wissen ganz genau,

(Zurufe von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE, und Birgit Schwebs, DIE LINKE)

dass im Jahre 2004 mit dem Gesetz zum KiföG eine Anschubfinanzierung vorgesehen war. Diese Anschubfinanzierung ist vier oder fast fünf Jahre gewährt worden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ihre Erklärung wird nicht besser, wenn Sie sie hier wiederholen.)

Mittlerweile, glaube ich, kann man umsteuern, muss man umsteuern. Ich will nur darauf verweisen, dass der Minister richtigerweise festgestellt hat, dass es nicht 5 Millionen Euro sind, die insgesamt zusätzlich ins System kommen, sondern es sind 11 Millionen Euro.

(Irene Müller, DIE LINKE: Darum geht es doch gar nicht. Es geht um das im Gesetz festgelegte Geld.)

Damit sind Ihre Behauptungen, die Sie hier jeden Tag im Land Mecklenburg-Vorpommern landauf, landab in die Welt setzen, Falschzeugnisreden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Nein, das ist nicht falsch. Nein, das ist nicht Falschzeugnisreden.)

Sie müssten es endlich mal begreifen und es zurücknehmen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Im Übrigen möchte ich darauf verweisen, dass auch Bundesmittel in Höhe von 40 Millionen Euro die nächsten fünf Jahre zur Verfügung stehen, um im Bereich der Ein- bis Dreijährigen Verbesserungen zu erreichen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das gehört nicht in die vorschulische Bildung, das Geld, was sie da brauchen.)

Auch das ist ein Ergebnis von Rot-Schwarz oder SchwarzRot, wie Sie es gerade haben wollen, in diesem Land.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, wie wollen Sie es denn machen? – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Wir werden, auch das ist wichtig, weiter die Familien entlasten und beginnen damit vor Eintritt in die Grundschule.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja mal interessant.)

Dieses Thema wird in den nächsten Wochen noch wichtig werden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das stimmt.)

Wir werden es in den nächsten Wochen veröffentlichen, darauf können Sie sich verlassen. Für sozial schwache Kinder wird es Essengeld in Höhe von 1,50 Euro pro Tag geben, meine Damen und Herren,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja.)

und die Entlastung der Familien wird 80 Euro pro Monat sein.

(Egbert Liskow, CDU: Alle Achtung!)

Daran können Sie erst mal messen,

(Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

welche familienpolitischen Leistungen diese Koalition vorbereitet und in den nächsten Wochen verabschieden wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Träger und die Kommunen freuen sich schon. – Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Das wäre doch vielleicht einmal einen Beifall wert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Gehen Sie mal in die Jugendhilfeausschüsse! Die freuen sich schon.)

Ich darf noch einmal daran erinnern, Frau Ministerin a. D., Sie haben es in Ihrer Fraktion nur zu einem Gutschein gebracht,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

den die Eltern einlösen können. Bis heute können Sie diesen Gutschein nicht umsetzen. Das Geld haben Sie in Ihrer Regierungszeit acht Jahre lang nicht zusammenbekommen. Diese Koalition aus SPD und CDU hat es geschafft. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wir haben dafür die frühkindliche Bildung aufgebaut. Wir haben auch kein Geld gedruckt, Herr Glawe. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie haben ja viel Geld gedruckt, Herr Glawe.)