(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Weil wir ein föderalistischer Staat sind. Haben Sie das denn immer noch nicht begriffen?)
Was bezweckt jetzt diese Sozialagenda? Ich gebe Ihnen, der Fraktion DIE LINKE, eine kleine Einweisung.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Näheres lesen Sie bitte selbst nach! Diese Agenda soll Europas Bürger angeblich stärken und ist angeblich, Zitat, „darauf ausgelegt, den Europäern die Möglichkeiten an die Hand zu geben, um auf von der Globalisierung ausgelösten Wandel zu reagieren. Schneller technischer Fortschritt, Alterung der Gesellschaft sowie Entwicklungen wie der aktuelle Anstieg der Lebensmittel- und Ölpreise und die erst kurz zurückliegenden Turbulenzen auf den Finanzmärkten sollen besser bewältigt werden. Das zusammen mit der erneuerten Sozialagenda angenommene Paket umfasst 19 Initiativen in den Bereichen Beschäftigung und Soziales, Bildung und Jugend, Gesundheit, Informationsgesellschaft und Wirtschaft“, so die Kommission am 3. Juli 2008.
Zitat: „Die soziale Dimension Europas war noch nie so wichtig wie heute. Sie ist untrennbar mit der Lissabon-Strategie der EU verbunden, die für Wachstum und bessere Arbeitsplätze sorgt.“ Zitatende. Weiter heißt es da: „Die erneuerte Sozialagenda baut auf einer soliden Grundlage – den Errungenschaften Europas im sozialen Bereich …, beispielsweise im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer – auf“. Zitatende.
Jetzt wird es also endlich klar: Viele Mecklenburger und Pommern arbeiten in den benachbarten europäischen Ländern, weil dieses eine Errungenschaft Europas im sozialen Bereich ist, und nicht etwa, weil in MecklenburgVorpommern entsprechende Arbeitsplätze fehlen. Sozialpolitik der EU ist also die Förderung von Lohn, Sklaverei und des Arbeitsnomadentums. Ich erspare es Ihnen, weitere Details dieser Agenda vorzutragen.
Interessant wird es aber, wenn die Kommission beispielsweise eine Richtlinie vorschlägt, die Lücken in den bestehenden Vorschriften schließen will und somit die Bürger generell vor Diskriminierung, zum Beispiel aufgrund der Weltanschauung, geschützt werden sollen. Sollte dieses Wirklichkeit werden, kommt bestimmt schnell der Aufschrei der Blockparteien und ihrer Gutmenschen. Vor allem IM Caffier und Horch-und-Guck-Matze dürfte dieses schwer treffen,
können sie sich doch dann nicht mehr auf Kosten Volksfreier profilieren, wobei IM Innenminister heißt natürlich.
Auch Gender Mainstreaming darf natürlich in der Agenda nicht fehlen. Es musste ja mit hinein, denn wo natürlich gewachsene Strukturen und Heimatverbundenheit abgeschafft werden sollen, müssen auch andere natürliche Gegebenheiten bekämpft werden. Nach EU-Auffassung gehören Geschlechterrollen abgeschafft, da sie nicht ins profitorientierte Denkmuster passen.
Nicht zuletzt, so die EU, soll Sozialagenda dazu dienen, das Europa der Konzerne der Gegenwart noch mehr zu festigen. Für die EU ist der Mensch nur ein Produktionsmittel. Nicht zuletzt soll ja auch im Gesundheitswesen mehr Wettbewerb entstehen, aber nicht dadurch, dass Gesundheits- und Sozialstandards in den jeweiligen Ländern erhalten und ausgebaut werden, sondern indem die Patienten sich grenzüberschreitend behandeln lassen können.
Bleibt zum Schluss festzuhalten: EU-Bürokratie und -Kommission sind die Henkersknechte der Völker Europas. Schaffen wir diese undemokratischen und volksfremden Konstrukte ab, bevor sie unsere Völker abschaffen!
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Er hat Sie als Lügner bezeichnet, Herr Präsident. Haben Sie das eben mitbekommen?)
Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern! Werter Herr Landtagspräsident! Ich nehme es gleich vorweg: Unsere Fraktion zieht diesen Antrag nicht zurück, nicht deshalb, Herr Heydorn, weil Sie sich darüber lustig machen wollten, sondern weil gerade das, was die NPDFraktion hier von sich gab – Sprachrohr Köster –, beredet werden muss.
Wenn man einen Antrag liest, dann liest man nicht nur den ersten Halbsatz oder vielleicht noch den Halbsatz dazu, sondern die Anstriche, die darunter kommen, auch. Dass man einen Beschluss, eine Beschlussbegründung nicht beschließt, wissen wir allein. Aber im Antrag heißt es weiter „erste Einschätzungen“ zu den Dingen, die diese Sozialagenda uns bringt, und da, denke ich doch, ist es nicht so, Herr Heydorn, dass uns das nur sehr wenig betrifft, denn die Dinge sind im Zusammenhang zu sehen, und in diesem Zusammenhang haben wir hier zu arbeiten, zu diskutieren und im Endeffekt Beschlüsse zu fassen, mit denen dann auch im Bund weitergearbeitet wird.
Und, Herr Kuhn, ich hoffe in Ihrem Sinne, dass es nicht allzu viele Menschen gibt, die Ihre Rede in die Hand nehmen und im Rahmen der EU-Wahl in die Öffentlichkeit tragen.
Die Wahrheit tut überhaupt nicht weh, aber wie gesagt, Transrapid und dann das Liebesleben der Schmetterlinge gehörten jetzt nicht hierher.
Auf welche Art und Weise wollen wir, dass mit der Sozialagenda gearbeitet wird, und warum wollen wir, dass wir uns dazu gemeinsam einen Einblick verschaffen, dass wir darüber debattieren und – es wurde schon gesagt – unsere Europafähigkeit beweisen, unsere Europafähigkeit als Parlament und unsere Europafähigkeit als Verwaltung, so, wie wir es auch gehört haben in der Regierungserklärung unseres neuen Ministerpräsidenten?
Wir, die Fraktion DIE LINKE, sind nicht gegen ein einheitliches Europa. Wir sind nicht gegen ein soziales Europa und auch nicht gegen ein zukunftsfähiges Europa. Wir sind gegen ein unsoziales Europa,
gegen ein bürokratisches Europa, gegen ein rein marktwirtschaftliches Europa. Ja, wir sind auch gegen ein militärisches Europa. Das haben wir mehrmals gesagt.
Das ist auch in unseren Programmen zu finden. Und wir sind auch gegen ein Europa, was seine Grenzen dicht macht nach dem Motto: Europa – my home is my castle und ihr anderen bleibt alle draußen.
(Udo Pastörs, NPD: Ja, Sie wollen alle reinlassen. Nehmen Sie mal Afrika auf! Dann zahlen Sie’s aber auch. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)
Wir brauchen das Leben miteinander hier in Europa. Und die Memoranden von Ländern, die die europäische Verfassung abgelehnt haben, zeigen uns ganz genau, wie wichtig das ist, miteinander zu diskutieren und zu reden.
Zu den Richtlinien, die uns jetzt an die Hand gegeben worden sind, gehören viele Dinge. Es gehört dazu zum Beispiel auch die Diskriminierungsfreiheit außerhalb des Arbeitsplatzes. Das ist sehr richtig, schon lange gefordert, schon lange diskutiert, auch untermauert mit bestimmten Einzelheiten, aber jetzt steht es in der Richtlinie. Dazu gehört natürlich auch eine Verhinderung der Diskriminierung in versicherungsmäßigen Angelegenheiten oder in Finanzierungsangelegenheiten. Wir dürfen allerdings auch bestimmte Dinge nicht hinnehmen, wie sie in den Richtlinien stehen. Wir sind eben nicht der Meinung, Frau Sozialministerin, dass diese ganzen Richtlinien richtig und in Ordnung sind. Wir sind der Meinung, es sind Passagen enthalten, die unvollständig, die nicht machbar, nicht in die Praxis übertragbar sind. Wir sind der Meinung, es gibt sogar Richtlinien dabei, die gefährlich sind.
Was wollen wir, wenn wir uns zum Beispiel das Arbeitszeitmodell in Europa angucken? Sind wir wirklich dafür, dass die Wochenarbeitsstunden auf bis zu 72 Stunden ausgeweitet werden? Wollen wir wirklich akzeptieren, dass 13 Stunden Arbeitszeit pro Tag die Norm sind, die man durchaus in Angriff nehmen kann, ohne dafür bestraft zu werden?
Wir haben alle begriffen, dass die Wirtschaft sich globalisiert. Wir haben begriffen, dass demzufolge über Strukturen, über Werksverlagerungen geredet wird.
stärker mitreden dürfen und global Bescheid wissen, wie und was für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu regeln ist, welche Schutzmechanismen aufgestellt werden müssen, wonach gefragt werden muss, beziehungsweise dass unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer global gleiches Recht, gleiche Chancen und gleiche Antidiskriminierungstatbestände haben, wenn sie arbeiten.
Wir haben mit Freude festgestellt, dass in den europäischen Richtlinien sehr viel gesagt wird zur Verhinderung von Armut. Auch in der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten haben wir zu diesem Thema da und dort Ausführungen gehört. Ja, die Verhinderung von Armut ist wichtig. Und uns ist es wichtig, inwieweit sich unsere Landesregierung positioniert, wenn es darum geht, Kinderarmut zu verhindern, Armut zu verhindern in Form von Trotz-Arbeit-Armut, Armut zu verhindern von Alleinerziehenden und so weiter und so fort.
Es ist dabei zu vermerken, und wir als LINKE vermerken das sehr spitzbübisch und mit einem Lächeln, dass unsere Anträge, die wir hier im Landtag MecklenburgVorpommern gemacht haben, zur Verhinderung von Armut, zur Verhinderung von Altersarmut, zur Verhinderung von Kinderarmut sich sehr gleichen mit denen, die in den Richtlinien verankert sind.
Nun ist es wahrscheinlich allen bewusst, dass die europäische LINKE in der Europäischen Union nicht das Sagen hat. Dass wir aber unsere Anträge auf die Art und Weise wiederfinden – und da kann man uns nicht nachsagen, dass wir abgeschrieben haben, weil es diese Richtlinien da noch gar nicht gab –, sehen wir doch als Beweis dafür, dass wir hier im Parlament weder selbstfremd sind