Bis Ende 2003 haben die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in voller Höhe übernommen. Per Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen ist diese Regelung dann eingeschränkt worden. Diesem Gesetz haben im Bundesrat auch Landesregierungen mit FDP-Beteiligung zugestimmt. Die damalige Landesregierung hatte sich enthalten. Medizinische Maßnahmen werden seitdem nur noch bezahlt, wenn die betroffenen Frauen zwischen 25 und 40 Jahre alt sind. Die Kosten werden nur noch für drei Versuche, mit medizinischer Hilfe Schwangerschaften herbeizuführen, erstattet und sie werden eben nur noch zur Hälfte erstattet, was erhebliche Kosten für die beteiligten jungen Frauen und Männer bedeutet. Die Neuregelung hat deshalb bundesweit zu einem Rückgang der Versuche geführt, mit medizinischer Hilfe schwanger zu werden.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, um es hier klar zu sagen, ich halte diese Neuregelung für einen großen Fehler. Aus gesundheitspolitischen Gründen, aus familienpolitischen Gründen, aus frauenpolitischen Gründen, aus finanzpolitischen Gründen und auch aus moralischen Gründen ist es meines Erachtens nicht der richtige Weg, die Möglichkeiten, durch künstliche Befruchtung Kinder in die Welt zu setzen, finanziell einzuschränken.
Finanzpolitisch, weil Herr Grabow zu Recht angesprochen hat, dass es eine demografische Falle gibt. Wir geben unendlich viel Geld aus für Maßnahmen, junge Menschen dafür zu begeistern, Kinder in die Welt zu setzen. Gerade hier beschränken wir junge Paare, wenn sie doch schon den Kinderwunsch haben. 10.000 Kinder, die uns fehlen, das ist auch, denke ich, finanzpolitisch keine gute Lösung.
Frauenpolitische Gründe: Frauen leiden unter ungewollter Kinderlosigkeit, obwohl oftmals die Ursache nicht bei ihnen liegt, sehr stark und auch die Einschränkung auf das Alter, dass es nur noch Versuche bis 40 Jahre gibt, diese Einschränkung, die muss wirklich hinterfragt werden.
Aus familienpolitischen Gründen: Wie bereits gesagt, wir debattieren ständig bei allen Reden darüber, wie können wir Familien unterstützen, und hier werden junge Paare behindert, Kinder in die Welt zu setzen.
Und auch gesundheitspolitisch kann ich es nicht nachvollziehen, warum, wenn Menschen auf ihrer Gesundheit herumtrampeln, alle möglichen und zu Recht alle möglichen Gesundheitsmaßnahmen bekommen, wieder ihre Gesundheit zu stärken, es aber jungen Menschen, die es nicht verursacht haben, ungewollt kinderlos zu sein, erschwert wird, ihren Kinderwunsch zu erfüllen, und warum sie keine medizinischen Behandlungen mit Kosten erstattung bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Juli hat nun der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, die Änderungen bei der Kostenerstattung zurückzunehmen. Der alte Rechtszustand, wie er bis Ende 2003 galt, sollte wiederhergestellt werden. In der Folge hat das Bundesgesundheitsministerium deutlich gemacht, dass es diesem Vorstoß kaum Chancen auf Umsetzung einräumt. Die Begründung ist rein ordnungspolitisch. Bei der künstlichen Befruchtung handele es sich um eine versicherungsfremde Leistung, die nicht aus der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden sollte.
An diesem Punkt, sehr geehrte Abgeordnete der FDP, muss ich sagen, dass gerade diese Position immer wieder von der FDP unterstrichen wird, dass man nicht versicherungsfremde Leistungen in die GKV stecken soll. Und, Herr Grabow, Sie haben es heute auch bei einem anderen Redebeitrag wieder unterstützt. Mich persönlich überzeugt diese Begründung nicht, aber wenn diese trägt, gibt es meines Erachtens auch andere Möglichkeiten – die Finanzierung aus Steuermitteln, familienpolitisch begründet. Dann muss also das Bundesfamilienministerium einspringen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich halte es unverändert für wichtig, dass das Thema auf Bundesebene in der Diskussion bleibt. Deshalb habe ich bereits
gleich zu Beginn meiner Amtszeit mit der Fachabteilung mögliche Lösungswege diskutiert und bin im Gespräch mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen. Deshalb wäre der Antrag nicht zwingend notwendig gewesen, aber ich freue mich natürlich, wenn auch die FDP die Arbeit der Landesregierung unterstützt.
Wenn Sie, verehrte Abgeordnete, den Antrag heute in den Sozialausschuss überweisen, kann auch darüber intensiv diskutiert werden, was das Land Mecklenburg-Vorpommern tun kann, um den Menschen zu helfen, die unter ihrer Kinderlosigkeit leiden. Ich werde Sie gerne dabei unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der kostenlosen Pille zur Schwangerschaftsverhinderung nun ein weiterer Antrag der FDP zur kostenlosen künstlichen Befruchtung, also für eine Schwangerschaft.
Bei dem Antrag der FDP „Kostenübernahme für künstliche Befruchtung wieder herstellen“ handelt es sich jedoch wie gesagt um ein Bundesthema, mit dem sich bereits der Bundesrat befasst hat. Diesen Beschluss des Bundesrates vom 4. Juli 2008 muss der Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht jetzt, viele Monate später, noch einmal begrüßen. Das halte ich für überflüssig und es hat keinerlei Einfluss auf das weitere Verfahren, auf die Gesetzgebung. Es handelt sich hier nämlich um Bundesgesetzgebung, an der der Landtag nicht beteiligt ist. Auch kann die Landesregierung nicht aufgefordert werden, sich auf Bundesebene für eine schnelle Umsetzung dieses Bundesratsbeschlusses einzusetzen. Herr des Verfahrens ist der Deutsche Bundestag. Die Landesregierung kann sich lediglich über den Bundesrat beteiligen und mit Mehrheit in der Länderkammer Beschlüsse herbeiführen. Dies ist jedoch bereits geschehen, wie Sie, liebe Kollegen von der FDP, ja selbst feststellten.
Vielmehr weckt der Antrag wieder den Anschein, dass die FDP in Mecklenburg-Vorpommern in letzter Minute auf einen bereits fahrenden Zug noch aufspringen möchte, der ohnehin schon längst abgefahren ist. Ebenfalls halte ich den Punkt 3 des Antrages für nicht zielführend. Beratungen und Gesprächsangebote werden wohl nur äußerst selten ungewollt kinderlosen Paaren zu einem Kind verhelfen. Ich denke, dass das Problem wohl eher auf einer anderen Ebene liegt, die mit Beratungen doch nur sehr eingeschränkt zu beeinflussen ist.
Nichtsdestotrotz werden wir der Überweisung Ihres Antrages in den Sozialausschuss zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Rühs, vielleicht ein Wort. Also es ist ja schön, etwas mehr Aktivität würde ich mir schon von den Koalitionsparteien wünschen und etwas weniger Gottvertrauen ist manchmal auch ganz gut, wenn man so die Wege sieht, die ein zustimmender Antrag im Bundesrat nimmt.
Insofern darf ich noch mal sagen, dieser Beschluss, der am 4. Juli auf Antrag der Länder Saarland, Sachsen und Thüringen beschlossen wurde, dass eben die GKV die Kosten für die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung künftighin wieder vollständig übernehmen soll, hat schon seinen Sinn. Und ich denke, der macht auch Sinn, wenn man hier die Landesregierung ein Stück weit unterstützt bei diesem Bemühen.
Die Einschränkungen durch das Gesetz sind doch auch nach Auffassung meiner Fraktion zurückzunehmen. Die Entschließung von den Ländern, die gefasst wurde, entspricht zahlreichen Initiativen meiner Partei. Ich erinnere nur an den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei im Bundestag, nach welchem unverheiratete Paare die gleichen Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung zur künstlichen Befruchtung erhalten sollten wie verheiratete Paare. Dieser wurde am 7. März 2008 im Bundestag leider abgelehnt, aber leider eben auch mit den Stimmen von CDU, Herr Rühs, CSU und SPD, sodass ich denke, es ist immer gut, wenn man dann noch mal mit nachfolgenden Aktivitäten sich hier in die Debatte einbringt.
Es wurde schon gesagt, dass das zum 1. Januar 2004 in Kraft getretene GMG, dem damals, so wurde es hier auch schon ausgeführt, die rot-rote Landesregierung im Bundesrat nicht zugestimmt hatte, umfangreiche Änderungen brachte. Die Reproduktionsmedizin ist eben nur ein Teil dieser Veränderungen, die seit 2004 gelten. Ich denke nur, dass wir mit diesem GMG laufend eine Aushebelung der paritätischen Finanzierung in der Gesetzlichen Krankenversicherung erleben. Denken Sie nur daran, ab 2005 sind allein die Versicherten für die Finanzierung des Krankengeldes und des Zahnersatzes zuständig. Das sind 0,9 Prozent an Versicherungsbeiträgen. Das alles möchte ich doch in diesem Zusammenhang nennen. Ich könnte auch die Praxisgebühr erwähnen oder eben auch den Wegfall des Leistungsanspruchs für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, aber auch für Brillen und Kontaktlinsen für Erwachsene. Entbindungsgeld, Fahrkostenerstattung bei ambulanter Behandlung und das Sterbegeld sind 2005 ebenfalls gestrichen worden, so also auch die hier bereits thematisierte künstliche Befruchtung, alles unter dem Aspekt der Ausgabenminderung.
Und konkret zur künstlichen Befruchtung heißt es eben, dass Altersgrenzen für die Kostenübernahme eingeführt werden. Für Frauen ab dem 25. beziehungsweise bis zum 40. Lebensjahr ist also die künstliche Befruchtung teilfinanziert und für Männer ebenfalls bis zum 50. Lebensjahr. Die Kostenübernahme der Maßnahmen wurde auf Ehepaare beschränkt und auf drei Maßnahmen pro Behandlungsfall. Es wurde der Katalog für die künstliche Befruchtung doch wesentlich eingegrenzt, schließlich auch dadurch, dass die Kostenübernahme durch die Krankenkassen auf 50 Prozent reduziert wurde.
Verdeutlichen wir uns nun, dass eine Maßnahme zwischen 3.000 bis 5.000 Euro kostet. Dabei sind noch nicht die Medikamentenkosten eingeschlossen. Dann weiß man auch, dass mindestens zwei Versuche erforderlich
sind, um eben hier diese Behandlungen erfolgreich zu tätigen. Dann ist auch ganz klar, wenn man sich diese Kosten vergegenwärtigt, warum die Zahlen für diese reproduktionsmedizinischen Maßnahmen so rückläufig sind.
Der Berufsverband der Reproduktionsmediziner schätzte Ende des Jahres 2006 in einem Schreiben an den zuständigen Ausschuss des Deutschen Bundestages ein, und ich zitiere: „Wir haben in den reproduktionsmedizinischen Praxen seit dem 1. Januar 2004 einen 50 bis 60prozentigen Rückgang der Künstlichen Befruchtung zu vermelden. Dieser Trend hat sich in 2005 fortgesetzt und wird sich auch in 2006 weiter fortsetzen.“
Lassen Sie mich hierzu ergänzend Angaben der Techniker Krankenkasse zitieren. Die Techniker Krankenkasse hat mitgeteilt, dass sich die Zahl der künstlichen Befruchtungen als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen von, man höre, 104.542 im Jahr 2003 auf 35.352 – also ein Drittel – im Jahr 2004 und dann im Jahr 2005 auf 32.099 Behandlungen reduziert hat.
Bedenkt man, dass sich rund 74 Prozent aller ungewollt kinderlosen Frauen und Männer in Deutschland Kinder wünschen, ist die jetzige Entscheidung des Bundesrates zu begrüßen, aber eben auch nachträglich zu unterstützen. Wir unterstützen diesen Antrag im Bundesrat ebenso wie den hier von der FDP vorgelegten aus familienpolitischen Gründen, ja, wir unterstützen ihn aus Kinderfreundlichkeit im Sinne von Menschlichkeit.
Die Aufhebung der Begrenzung der Zahl der Maßnahmen, der Altersgrenzen für die Versicherten und ihrer 50-prozentigen Selbstbeteiligung, die in der Entschließung des Bundesrats hervorgehoben sind, reichen unseres Erachtens jedoch nicht aus. Hinsichtlich der Maßnahmen der Reproduktionsmedizin sollten nicht eheliche Partnerschaften der ehelichen Gemeinschaft gleichgestellt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2007 betont, dass es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verwehrt ist, auch nicht ehelichen Partnern den Weg einer Finanzierung der künstlichen Befruchtung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu eröffnen. Damit würde eine sowohl rechts- als auch familienpolitisch nicht zu verantwortende Benachteiligung von unverheirateten Paaren mit Kinderwunsch beseitigt werden.
Aus genannten Gründen stimmt meine Fraktion dem vorliegenden Antrag der FDP zu. Wir sind selbstverständlich auch damit einverstanden, dass der Antrag in den Ausschuss überwiesen wird. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 15 Prozent aller Paare in Deutschland sind ungewollt kinderlos. Damit betrifft diese Problematik circa 1,4 Millionen Deutsche.
Alle, die wir Kinder haben, wissen, dass Kinder unser Leben bereichern. Vor diesem Hintergrund sollten wir besonders Verständnis für die Paare aufbringen, die ungewollt kinderlos sind. Gerade Frauen empfinden
ihre ungewollte Kinderlosigkeit oft als Mangel. Bei Männern wird das meist gar nicht thematisiert. Besonders betroffen macht die Situation von Familien, die ungeheuere Wege gehen, um einen Kinderwunsch zu realisieren. Die künstliche Befruchtung ist für diese Paare oft die einzige Hoffnung. Die Paare nehmen hierfür für uns unvorstellbare Belastungen auf sich. In den Jahren 2003 wurden rund 105.000, 2004 rund 60.000 und 2005 rund 56.000 Behandlungen zur künstlichen Befruchtung durchgeführt.
Nach der Änderung von Paragraf 27a SGB V, also der Einschränkung der Kostenübernahme bei der künstlichen Befruchtung, haben sich die Behandlungen zur künstlichen Befruchtung somit fast halbiert. Aber nicht nur die Anzahl der Behandlungen ist gesunken, auch die Zahl der künstlich gezeugten Kinder ist zurückgegangen. Sind im Jahre 2003 noch etwa 16.000 künstlich gezeugte Kinder zur Welt gekommen, waren es in 2004 nur noch rund 10.000. Eine Vielzahl der Paare wird die 50-prozentige Beteiligung an den gesamten Kosten nicht aufbringen können, denn diese umfassen nicht ein paar Hundert Euro, sondern gehen in der Regel in die Tausende.
Angesichts der steigenden Lebenserwartung ist auch zu fragen, ob die Altersbegrenzung – die obere Altersgrenze bei Frauen liegt bei 40, das hat Frau Dr. Linke schon gesagt – zu vertreten ist. Aufgrund guter Ernährung und der Vielfalt an sportlichen Betätigungsmöglichkeiten stehen Frauen körperlich so gut da, dass sie ohne Weiteres Kinder auch noch später bekommen können. Im Übrigen, denke ich, sollten wir es den Ärzten überlassen, einzuschätzen, ob eine Frau mit 40 noch ohne weitere Probleme Mutter werden kann.
Sicher sind diese Rückgänge der künstlichen Befruchtung gut für das Gesundheitsbudget und reduzieren die Ausgaben. Das war ja wohl auch der Grund zur Rechtsänderung. Aber darf, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Diskussion nur unter dem Finanzaspekt geführt werden? Ist diese Entscheidung nicht unter dem Aspekt, was ist gut für die Gesellschaft, zu führen? Die Situation der Paare, die Entwicklung des Arbeitsmarktes, aber auch die demografische Entwicklung sollten uns Anlass sein, genauer hinzuschauen. Durch ungewollte Kinderlosigkeit entsteht oftmals bei Frauen, aber auch bei Männern ein psychischer und physischer Leidensdruck.
Ich denke, wir sollten deshalb im Interesse dieser Paare einen Weg finden, dass sie mit Hilfe der künstlichen Befruchtung die Möglichkeit erhalten, ihren Kinderwunsch doch noch zu realisieren. Im Übrigen war allerdings auch bei der ehemaligen Regelung immer Voraussetzung, dass eine – darauf möchte ich mal hinweisen – hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, um diese künstliche Befruchtung genehmigt zu bekommen. Aussicht auf Erfolg war in der Regel dann nicht mehr gegeben, wenn die Maßnahme viermal ohne Erfolg durchgeführt wurde.