Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

und trotzdem noch als moralische Instanz gilt, die aussprechen darf, was gut und was schlecht ist,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja nicht mehr auszuhalten. Sie können aufhören.)

in dieser Bundesrepublik verjähren die Taten von Kinderschändern und die Systempolitik bekräftigt dies.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist eine unglaubliche Diffamierung der Grünen.)

Wenn Sie hier so süffisant darauf anspielen, ob ein NPDAbgeordneter sich mit Kinderpornografie beschäftigt hat,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat er auch vorausgesehen. Sehen Sie? Der hat das geschrieben.)

so lassen Sie mich Folgendes dazu sagen: Zunächst einmal wartet man in Deutschland eigentlich, bis ein Urteil gesprochen wird. Im Fall Mannichl,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Margret Seemann, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ah ja! – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja.)

im Fall Mannichl – ich erwähnte es bereits – brauchte man ja noch nicht mal Ermittlungen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dünnes Eis. Vorsicht! Dünnes Eis!)

um zum Urteil zu kommen. Sollte aber im Fall Matthias Paul tatsächlich seine Schuld herauskommen, so fordern wir für ihn das gleiche Strafmaß wie für jeden anderen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Kopf ab, Kopf ab, jawoll! – Peter Ritter, DIE LINKE: Er wurde geächtet. Das ist eine Ächtung durch die Kameraden.)

Aber für wen politische Justiz üblich ist, der kann das natürlich nicht verstehen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir sprechen Ihnen von den Systemparteien gerade nach dieser Debatte tiefste Verachtung aus.

(allgemeine Unruhe – Zurufe von Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE: Oh!)

Hier trieft es nur vor Doppelmoral. Wer nicht will, dass die Straftaten von Kinderschändern verjähren, der stimmt jetzt für den NPD-Antrag.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Karin Strenz, CDU)

Alle Freunde von Kinderschändern sollen dies öffentlich bekennen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das heißt?)

Namentliche Abstimmung im Namen meiner Fraktion!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ganz wichtig. Ganz wichtig.)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

(allgemeine Unruhe)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD. Meine Damen und Herren, es wurde namentliche Abstimmung beantragt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber erst auf Zuruf, das müssen Sie auch sagen.)

Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Tagesordnungspunkt 22 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Wir unterbrechen die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 17.49 Uhr

Wiederbeginn: 17.50 Uhr

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

An der Abstimmung haben insgesamt 57 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 52 Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Baukultur Mecklenburg-Vorpommern weiter befördern, Drucksache 5/2138. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2213 vor. Der bereits vorliegende Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2193 wurde zwischenzeitlich zurückgezogen.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Baukultur Mecklenburg-Vorpommern weiter befördern – Drucksache 5/2138 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/2213 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Baunach von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass das Thema Baukultur wieder den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern erreicht hat, somit vielleicht neues Interesse weckt, alte Ansätze überdenken lässt, einfach das Thema hoffentlich noch stärker in den Fokus vieler unterschiedlicher Betrachter bringt. Als langjähriger parlamentarischer Begleiter der Baukultur habe ich ja zu diesem Thema in der Vergangenheit auch im Landtag viele schöne, angenehme und weniger angenehme Augenblicke erleben dürfen.

Meine Damen und Herren, im Jahre 2000 hat die Bundesregierung die Initiative Architektur und Baukultur ins Leben gerufen und Ende 2001 mit dem Statusbericht zur Baukultur in Deutschland die erste Etappe der Initiative abgeschlossen. In Fortführung wurde durch den Bundestag am 17.12.2006 das Gesetz zur Errichtung der Stiftung Baukultur verabschiedet. Zwischenzeitlich ist die Bundesstiftung ins Leben gerufen worden und hat ihren Sitz in Potsdam.

Zeitgleich mit der Bundesinitiative haben Architektenkammer und Ingenieurkammer in Mecklenburg-Vorpommern einen Diskussionsprozess zu einer den Lebensbedingungen angepassten Baukultur gestartet. Dabei sind Themen formuliert worden, deren Umsetzung die Qualität des Planens und Bauens im Land verbessern soll. Das Konzept zum Thesenpapier ist von einer Arbeitsgruppe von Kammervertretern, den verschiedenen Ressorts der Landesregierung aller damals im Landtag vertretenen Fraktionen, also SPD, CDU und PDS, sowie den kommunalen Verbänden erarbeitet worden. Bis zum Ende

der 3. Wahlperiode, also bis 2002, haben Parlamentarier die Arbeiten an einem Thesenpapier zur Baukultur der Architekten- und der Ingenieurkammer im und aus dem parlamentarischen Raum heraus lange Zeit begleitet. Ich darf in diesem Zusammenhang an Herrn Kreuzer von der PDS-Fraktion, an Frau Nehring-Kleedehn von der CDU-Fraktion erinnern. Gemeinsam mit der Architektenkammer und der Ingenieurkammer wollten wir das Thema Baukultur forcieren. Ein gemeinsames parlamentarisches Vorgehen war anscheinend zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

Mit Beginn der 4. Wahlperiode, also ab 2002, wurde das Thema Baukultur vom damaligen Ausschussvorsitzenden umgehend auf die Tagesordnung des Bauausschusses gesetzt.

(Detlef Müller, SPD: Sehr gut.)

Ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen des damaligen Landtages gelang nicht, aber alle stimmten dann mit leichten Ergänzungen dem von PDS und SPD vorgelegten Antrag zu.

Meine Damen und Herren, mit dem gestarteten Diskussionsprozess durch Architekten- und Ingenieurkammer in M-V und den folgenden ersten Ergebnissen zur Baukultur M-V war unser Bundesland zum damaligen Zeitpunkt beispielgebend auf Länderebene und auch an der Bundesinitiative beteiligt. Ich kann mich noch gut an eine sehr zahlreich besuchte Veranstaltung zu diesem Thema in unserer Landesvertretung in Berlin erinnern, an der Bundesminister, die Chefs der entsprechenden Bundesfachgremien und viele, viele andere interessierte Fachleute aus den Bundesländern teilnahmen. Hier gab es viel Lob und Anerkennung, besonders auch für die Zusammenarbeit aller an der Thematik interessierten und das Thema Baukultur in M-V intensiv unterstützenden Kräfte, wie den damaligen Bauminister Helmut Holter, den Architektenpräsidenten Brenncke und auch Parlamentarier unseres Landes.

Meine Damen und Herren, in der übersichtlich und eindrucksvoll gestalteten Broschüre „Initiative zur Baukultur“ wurden in 21 Thesen Vorschläge und Maßnahmen für eine schrittweise Umsetzung einer hohen Baukultur unterbreitet. Ich denke, diese Broschüre, in diesem Format, hat der eine oder andere von Ihnen noch in seinem Regal liegen. Also wenn ich heute hätte nicht sprechen können und ich hätte jemand beauftragen müssen, hätte ich ihm gesagt, nimm das Ding mit nach vorne und lies ordentlich vor, dann haben wir der Sache auch gedient. Also diese Broschüre kann ich Ihnen wirklich empfehlen und darauf werde ich nachher auch im zweiten Teil noch mal eingehen, zu Fragen der Kommunikation.

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hatte eben auf Grundlage dieser Thesen am 26. Juni 2003 einstimmig den Beschluss zur Förderung der Baukultur gefasst. Der Beschluss sollte dazu beitragen, einen breiten öffentlichen Dialog zu baukulturellen Fragen zu initiieren, um eine schrittweise Verbesserung der Baukultur in M-V zu erreichen. Baukultur wird verstanden als Gesamtheit der Architektur, der Ingenieurkunst, der Stadt- und Regionalplanung, der Landschafts- und Freiraumplanung, aber auch der gesamten Alltagsumwelt sowie des Umgangs mit dem kulturellen Erbe. Für das Ergebnis der Initiative sollten keine zusätzlichen Restriktionen für den Privat- und Wirtschaftsbau entstehen. Der Dialog ist so auszugestalten, dass Vereinfachung und Bürokratieabbau bei der Planung und Errichtung von Bauwerken weiter vorangetrieben werden.

Meine Damen und Herren, Voraussetzungen für Kontinuität im Baukulturprozess sind auch durch die Koalitionsvereinbarungen der jetzigen Regierungskoalition gegeben. Unter Punkt 94 konnte vereinbart werden, dass sich die Koalitionspartner zu den besonderen baulichen Werten unseres Bundeslandes bekennen, die sich in Dörfern und Städten als gebaute Kultur darstellen, und dass die Initiative Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern weiter befördert wird – siehe auch Wortlaut der Überschrift des heute vorliegenden Antrages. Zur Belebung und Entwicklung der Baukultur und zur Pflege wertvoller Bauten sollten in Städten und Gemeinden Initiativen zur Auszeichnung aktiver Bauherren und Baumaßnahmen weiterhin unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern, unser Land, verfügt über herausragende Zeugen der Baugeschichte. Jede Region unseres Landes hat viele Highlights, viele Markenzeichen prägen jede Region unseres Landes. Das können Sie mir sicher bestätigen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Jeder von Ihnen kann aus seinem Wahlkreis über ein solches Highlight sicherlich berichten. Einzigartige Backsteingebäude, klassizistische Bäderarchitektur, Dörfer mit ihren Weitblicken, Kirchen und typischen Bauernhäusern, Schlössern, Guts- und Herrenhäusern, Hanse- und Residenzstädte und zwei Hansestädte, die zum Weltkulturerbe gehören, das lässt sich doch wohl sehen. Dies alles zeugt von einem interessanten und umfangreichen baulichen Erbe und entwickelt sich zunehmend mehr zum Werbefaktor für unser Land und die Tourismusbranche in den Regionen.

Meine Damen und Herren, Baukultur, da haben wir immer so die Assoziation, das war ja gestern und das sind die Dinge von gestern, die alle so schön und wunderbar sind, aber Baukultur findet nicht nur in der Vergangenheit statt, kann nur als Prozess betrachtet erfolgen. Wenn unser Bundesland zukunftsfähig sein will, dann ist es auch umso wichtiger, dass neue Bauvorhaben sowohl eine zeitgemäße Architektur und Formensprache als auch Energieeffizienz und Nachhaltigkeit aufweisen.