Herr Abgeordneter Schwarz, auch Sie haben die Ordnung des Hauses zu beachten. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/2561, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1494 entsprechend seiner Beschlussempfehlung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 5/2561 einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Berichtszusammenfassung über die Arbeit der Besuchskommission des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den Geschäftsjahren 2004 und 2005 sowie 2006 und 2007 gemäß § 31 Abs. 2 PsychKG und Stellungnahme der Landesregierung, Drucksache 5/2175.
Unterrichtung durch die Landesregierung: Berichtszusammenfassung über die Arbeit der Besuchskommission des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den Geschäftsjahren 2004 und 2005 sowie 2006 und 2007 gemäß § 31 Abs. 2 PsychKG und Stellungnahme der Landesregierung – Drucksache 5/2175 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Als Erste hat ums Wort gebeten die Sozialministerin des Landes Frau Schwesig. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Bericht der Besuchskommission bewertet die Arbeit, die in den Jahren 2004 bis 2007 in den psychiatrischen Krankenhäusern Mecklenburg-Vorpommerns geleistet wurde. Dass es diese
Kommission gibt, geht auf Paragraf 31 des „Gesetzes für Menschen mit psychischen Krankheiten“ zurück. Dieser Paragraf schreibt vor, dass die Kommission jedes Krankenhaus mindestens einmal pro Jahr aufsucht. Die Regelungen im Psychisch-Kranken-Gesetz bestimmen, dass die Besuchskommission eine unabhängige Instanz ist, die an Weisungen nicht gebunden ist und vor allem das Recht hat, jederzeit, auch ohne Anmeldung, eine Einrichtung zu besuchen und zu überprüfen. Derart unbeeinflusst und unbeeinflussbar, insbesondere von den sonst in diesem Bereich tätigen Institutionen überprüft sie, ob die psychisch Kranken gut untergebracht sind. Es geht dabei um die grundsätzliche Fragen: Erfüllt das Krankenhaus seine Aufgaben? Werden die Rechte der Betroffenen gewahrt? Dementsprechend besteht die Besuchskommission vorrangig aus Mitgliedern, die beruflich nichts mit den Krankenhäusern zu tun haben, die sie aufsuchen.
Die Besuchskommission trifft in ihrem Bericht Feststellungen, die auf den unmittelbaren Eindrücken ihrer Besuche in den Kliniken basieren. Eine Stellungnahme der Landesregierung ergänzt diese Informationen aus erster Hand. Damit wird gezeigt, in welcher Weise die Landesregierung die Empfehlungen der Besuchskommission aufgegriffen und umgesetzt hat. Die Besuchskommission gibt wertvolle Anregungen, wie die Versorgung und die Betreuung psychisch Kranker weiterentwickelt werden kann. Die Kommission tut dies aus der Perspektive, die die staatliche Aufsicht nicht einnehmen kann.
Ich will an dieser Stelle versuchen, die Kernaussage des Berichts in wenigen Worten zusammenzufassen. Demnach kann man sagen, dass es in MecklenburgVorpommern gelungen ist, ein dezentrales Versorgungssystem von hoher Qualität aufzubauen. Das ist der engagierten und ausgezeichneten Arbeit der Beschäftigten genauso zu verdanken wie dem Land, das die Konzeption erarbeitet hat. Nicht zuletzt geben wir erhebliche Mittel in dieses Versorgungssystem. Das Konzept setzt auf eine Versorgung in der Nähe jener Städte und Gemeinden, in denen die Betroffenen wohnen. Aber auch die Hilfsangebote, die die Krankenhäuser machen, sollen noch wohnortnäher wirken. Deshalb haben wir zwischen 2005 und 2009 die tagesklinischen Kapazitäten erweitert. In der Allgemeinpsychiatrie gibt es jetzt 396 statt vorher 200 Plätze und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie 140 statt vorher 75 Plätze.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die Versorgungssituation in diesem Bereich sehr verbessert hat. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Müller. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Zu Beginn meiner Rede möchte ich betonen, diesen Tagesordnungspunkt hätten wir heute hier nicht unbedingt gebraucht. Meine Fraktion hatte die Befassung mit diesem Bericht im Sozialausschuss vorgeschlagen. Die Koalitionäre, also die SPD und die CDU, wollten dieses nicht. Das ist schade, denn, ich denke, Berichte werden gegeben, um auch darüber zu reden, zu diskutieren, daraus Lehren zu ziehen, Empfehlungen zu geben, weiterzuarbeiten, zumal wenn es sich
um eine Kommission handelt, die a) von den betroffenen Verbänden und Vereinen maßgeblich unterstützt wird, auch gewollt war, und b) in ehrenamtlicher Arbeit getätigt wird mit viel Engagement und viel Wissen um die Dinge.
Also jetzt das Thema hier. Wir haben in MecklenburgVorpommern ein PsychKG, in welchem im Paragraf 31 genau diese Besuchskommission manifestiert ist. Dazu muss ich betonen: Wir haben das als eines der ganz wenigen Länder in Deutschland. Diese Art und Weise der Festsetzung in dem PsychKG wird von den Betroffenen nach wie vor unterstützt. Das möchte ich deshalb betonen. Ich wollte das auch so im Sozialausschuss sagen, weil es Dinge gibt, Taten gibt von Menschen, die nicht zu den betroffenen Verbänden und Vereinen gehören, die dieses PsychKG mit Hinweis auf die UN-Konvention für die Wahrung der Rechte von Menschen mit Behinderungen weg haben wollen.
Ich darf hier mit Fug und Recht sagen, unsere Vereine und Verbände, also unser Landesverband der Psychiatrieerfahrenen und unser Verband von Angehörigen und Freunde psychisch erkrankter Menschen, sagen das nicht. Sie möchten das PsychKG haben. Sie möchten wissen, auf welche Art und Weise sie im Akutzustand aufgenommen werden, behandelt werden, betreut werden, vor sich selbst geschützt werden, vor anderen geschützt werden. Aber sie möchten auch wissen, auf welche Art und Weise ihre Rechte geschützt und unterstützt werden und auf welche Art und Weise sie ihre Rechte in Anspruch nehmen können. Das ist wichtig in dem Zusammenhang, weil gerade massive Abwehr gegen das PsychKG von einem Berliner Verband „Die Psychiatrieerfahrenen“ in die Welt gestreut wird, der nichts mit den Landesverbänden der Psychiatrieerfahrenen zu tun hat. Manchmal sind die Strukturen so schwierig, dass das einmal in der Öffentlichkeit so gesagt werden muss, damit man nicht denkt, man macht das Richtige, aber handelt gar nicht im Sinne der Betroffenen.
In Paragraf 31 steht, dass, ich zitiere, „in der Regel“ nicht angekündigte Besuche „mindestens einmal jährlich“ gemacht werden sollen. Bei der Anzahl unserer Einrichtungen hier im Land Mecklenburg-Vorpommern ist das für die Besuchskommission eine große Aufgabe. Es soll geprüft werden, ob die Aufgaben, die im PsychKG angefasst sind, auch wirklich so durchgeführt werden im Sinne der betroffenen Menschen, im Sinne der dort arbeitenden Menschen.
Wir haben, als wir den Bericht gelesen haben, festgestellt, dass bisher alle Besuche, die durch die Besuchskommission gemacht wurden, angekündigt waren. Denn wenn es im Bericht heißt, dass die Patienten davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass Besuche an dem und dem Tag geplant sind, ist es bekannt. Warum wird das so gemacht? Das ist nicht die Intention des Gesetzes. Ich will überhaupt nicht unterstellen, in keiner Art und Weise, dass, wenn Besuch angekündigt wird, manipuliert wird. Nein, ich denke, das ist es überhaupt nicht, in keiner Weise. Aber wir alle wissen, was in uns vorgeht, wenn irgendwo Kontrolle, Besuch angesagt ist. Diese und jene Dinge werden dann doch noch schnell gerichtet, um den Eindruck richtig gut werden zu lassen. Das dürfte in manchen Dingen gar nicht so gut sein, ganz einfach deshalb, weil eine große engagierte Arbeit geleistet wird, weil das Personal oftmals gar nicht mehr weiß, auf welche Art und Weise menschenwürdige Behandlungen, also sprich Gespräche, Direktzuwendungen zum Patienten, gestaltet werden sollen, weil sie sehr, sehr angespannt arbeiten müssen. Die Besuchskommission
sollte kommen und damit gut. Das ist das reale Bild. Keine Einrichtung braucht sich da zu verstecken, so, wie sie es mir auch alle gesagt haben. Wir werden der Intention des Gesetzes gerecht.
Außerdem sollten die Besuche der Besuchskommission über die Jahre besser verteilt werden. Die Einrichtungen sind wirklich in der Lage, sich auszurechnen, wann die Besuchskommission wiederkommt. Ich will es einmal am Beispiel von Röbel klarmachen. In Röbel war die Besuchskommission nach dem Bericht das erste Mal am 16.09.2004. 2005 war sie dort am 15.09., 2006, wen wundert’s, war sie dort am 14.09., 2007, wenn wir runterrechnen, war sie am 13.09. dort. Ich denke mir, 2008 war sie dann am 12. dort, und dieses Jahr wird sie am 11.09. dort sein. Wenn eine Kommission wirklich richtig prüfen will, dann sollte sie nicht so starr in ihren zeitlichen Abfolgen sein, sondern sollte das mehr variieren.
Die Qualität der zusammengefassten Berichte der Besuchskommission ist sehr unterschiedlich. Meistens wird uns dargestellt, wie die bauliche Struktur und wie die personelle Besetzung ist. Zugegeben, wer etwas mehr im Fach drin ist, kann daraus schon Resultate ziehen, Ergebnisse ziehen, die mit der Lage und dem Gefühl der Patienten in der Einrichtung zu tun haben, aber so richtig genau wissen wir es nicht. Dabei gibt es Anregungen aus den Vereinen und Verbänden, die auch an die Besuchskommission gegangen sind, die wir hier in dem Bericht aber nicht wiederfinden.
Vielleicht wäre es gut, wenn man tatsächlich sich darüber ein Bild macht, auf welche Art und Weise gerade Patienten psychiatrischer Einrichtungen die Patientenbeschwerdestellen haben möchten. Wir wissen, dass die Patientenbeschwerdestellen abgeschafft wurden mit der Begründung, da kommt keiner. Leider hat sich wahrscheinlich niemand darüber Gedanken gemacht, warum da keiner kommt. Patientinnen und Patienten aus psychiatrischen Einrichtungen haben ganz deutlich über ihre Vereine und Verbände gesagt, sie wollen diese Patientenbeschwerdestellen. Sie wollen sie allerdings nicht als Beschwerdestelle beim Stationsarzt oder bei der Stationsschwester, sondern sie wollen diese Beschwerdestelle auf der Station, zeitlich angesagt, angebracht, um da vor Ort ihre Probleme darzubringen.
Bitte, meine Damen und Herren, versetzen Sie sich einen kleinen Moment ein bisschen in das Innere eines psychisch kranken Menschen. Wenn der ein Problem hat, wenn der mit sich und seiner Welt nicht zurechtkommt, braucht er sofort Ansprechpartner, nach Möglichkeit unabhängige Ansprechpartner, sonst fühlt er sich kontrolliert. Es wäre gut, und das wurde auch so angegeben von den Verbänden und Vereinen, vor allen Dingen vom Verband der Psychiatrieerfahrenen hier in Mecklenburg-Vorpommern, wenn eine Patientenbeschwerdestelle auf der Station eingerichtet werden könnte, vielleicht für 2 Stunden, alle 14 Tage, alle 3 Wochen, das müsste probiert werden, wäre aber für die Patientinnen und Patienten ein gutes Auf-sie-Zugehen, ein gutes IhreBedarfe-Bemerken.
Wir haben in dem Besuchskommissionsbericht mehrere Hinweise auf Dinge, die geändert werden sollen. Dabei ging es einmal um die Lärmbelästigung in Schwerin, da ging es ein anderes Mal um die mangelnde Bettenkapazität in Güstrow, da ging es um die fehlenden Sichtfenster in der Klinik Stralsund, da ging es um Sicherheitsprobleme in Rostock. Das wurde schon 2002 und 2003 von der Besuchskommission bemängelt und angemerkt.
Was haben wir in der Zwischenzeit für Probleme gelöst? Ich gebe zu, etliche Probleme sind hausgemacht, etliche Probleme gehen schnell zu lösen, manche gehen nur langsam zu lösen, aber bei manchen Problemen ist dann auch irgendwann der Zug vorbei.
Als es um die Lärmbelästigung in Schwerin ging, hat die Besuchskommission empfohlen, die Baupläne zu ändern. Leider hat sich nichts geändert. Als es darum ging, die Klinik in Güstrow so zu belassen, wie sie war in der Bettenkapazität, wurden trotzdem weniger Betten gemacht. Das hat dazu geführt, dass die Dauer der Patientenaufenthalte jetzt 18 Tage ist.
Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, gucken Sie sich bitte die Stellungnahmen von Vereinen und Verbänden dahin gehend an, auch von Frau Dr. Schöpker als der Vorsitzenden Leitender Klinikärzte. Diese Zeit ist zu kurz, diese Zeit bedingt einen Drehtüreffekt. Der Patient kommt schneller wieder in die Klinik, als es gewollt war. Es wird dadurch unter anderem auch teuer und für den Patienten selbst ist die Behandlung nicht maßgeblich heilend.
So gibt es diese und jene Dinge, die wir in diesem Bericht finden, die wir gemeinsam beraten können, gemeinsam beraten sollten. Unsere Fraktion zum Beispiel macht den Vorschlag, …
… weiter darauf zu achten, dass stationär, teilstationär und ambulant in eine stimmige Situation miteinander kommen. Wir danken der Besuchskommission für ihre Arbeit. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Ratjen. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Psychisch kranke Menschen sind Menschen, die gezwungenermaßen einen Teil der Verantwortung für sich selbst in die Hände unserer Gesellschaft geben oder geben müssen, und das bedeutet, dass wir eine besondere Verantwortung haben, und es ist gut, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern diese Ausnahmeerscheinung haben, dass ein solcher Bericht stattfindet. Aber ehrlich gesagt, was hilft es mir heute, wenn ich höre, dass in 2004 die Bäume in Schwerin nicht hoch genug waren, dass es an Supervisionen in Rostock mangelt, dass es unter Umständen Gewalttätigkeiten bei Pflegern im Jahr 2007 in Rostock gab? Ob die Supervision stattgefunden hat, erfahre ich in zwei Jahren. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann nicht sein.
Und, um bei Frau Müller anzuknüpfen, was heißt „geschönt“? Natürlich wird das Ding rausgeputzt, bevor die Kommission kommt.
Wenn Sie das mal wissen wollen, wie das läuft, reden Sie mal mit Afghanistan-Soldaten, wenn die zurückkommen, was die Ihnen erzählen, was da so los ist, wenn so eine Bundestagsbesuchsgruppe vorbeikommt. Die sagen, da ist zwei Wochen lang der ganze Laden aufgehalten, bis da was passiert.
Ich will nun nicht unsere psychischen Kliniken, psychiatrischen Einrichtungen mit Afghanistan vergleichen,
das Prinzip ist aber das Gleiche, dass in der öffentlichen Verwaltung selbstverständlich, wie auch in allen anderen Arten von Einrichtungen, hier für solche Kommissionen vorbereitet wird. Man sollte sich ernsthaft überlegen, ob man nicht unangekündigte Besuche macht. Und wenn wir einen Bericht in diesem Landtag haben wollen, weil wir uns verantwortlich fühlen für diese Menschen, dann muss der zeitnah geschehen, damit im Zweifelsfall auch eingegriffen werden kann. Drei Jahre danach kann ich nichts erreichen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)