Das wahre Ausmaß der grenzüberschreitenden Kriminalität soll nämlich hierzulande auch künftig wie ein Staatsgeheimnis gehütet werden. Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2008 beweist, dass trotz sichtbarer Spitze des Eisberges das Volk weiterhin im Dunkel gelassen werden soll. Deshalb wurden verantwortliche Behörden mit Rückgrat zackig zur Raison gerufen, falls ihnen ein kritisches Wort zu Schengen II über die Lippen gelangte.
Diese Erfahrung musste Hauptkommissar Stephan Lack mit seinem Vorgesetzten Caffier machen. Herr Lack verwies Anfang 2008 auf die erhebliche Steigerung von erfassten Kriminalitätsdelikten gegenüber dem Vorjahreszeitraum und nannte Caffiers Verschleierungstaktik als das,
was sie ist, nämlich Schönfärberei. Daraufhin wurde er ins Innenministerium bestellt. Lack musste sich fragen lassen, ob er noch auf dem Boden des Grundgesetzes stehe.
Diese Episode, Herr Caffier, erinnern Sie sich, zeigt eindeutig die Angst der Blockflöten, dass das wahre Ausmaß der Schengen-II-Katastrophe der deutschen Öffentlichkeit bekannt werden könnte.
Die polnische Netzseite Polska Web urteilte über diese Lügen der Politikerkaste, Zitat: „Aus polnischer Sicht ist es Dummheit, wenn man sein Auto oder eine Baumaschine einfach ungesichert herumstehen lässt. Hierin sind die Deutschen Weltmeister, da ihnen die Politiker immer wieder vorgaukeln, dass die Kriminalität im Lande kaum Probleme macht oder gar zurückgeht, insbesondere seit der Schengen-II-Erweiterung.“
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Frank Borrmann, NPD: Das sagen die Polen über euch, so ist es.)
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mal wieder die Ehre, auf diesen gequollenen Mist antworten zu dürfen.
Die Ehre bezieht sich ausschließlich darauf, dass ich das namens der Fraktion DIE LINKE, der SPD, der CDU und meiner Fraktion das gerne übernehmen darf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine sehr aufgeheizte Stimmung, das kann ich anhand des Themas gut nachvollziehen. Ich möchte trotzdem alle Abgeordneten aller Fraktionen darauf aufmerksam machen, dass wir hier eine Ordnung des Hauses haben, und ich bitte darum, dass die Zwischenrufe sich an dieser Ordnung des Hauses orientieren, da ich ansonsten von meinem Recht, Ordnungsrufe zu erteilen, Gebrauch machen werde. Das gilt für alle Seiten der Debatte im Moment.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der NPDFraktion, über den wir hier zu sprechen haben, enthält die Unterstellung, die Kriminalitätsstatistik entspreche in ihren Grundlagen nicht der Wahrheit. Weiterhin wird der Eindruck erweckt, dass Polizeibeamte, die angebliche Missstände angesprochen hätten, massiv unter Druck gesetzt werden würden.
Und natürlich wird der Anschein erweckt, als ob die Kriminalität im Binnengrenzraum massiv angestiegen sei.
Wie üblich also agiert die NPD mit einer Mischung aus Unterstellung und Angstmacherei. Eine differenzierte Herangehensweise ist natürlich nicht beabsichtigt. Im Grunde genommen, das wissen wir bei den Anträgen ja auch maßgeblich, geht es ausschließlich um den Wahlkampf.
Das Thema ist aber eigentlich zu wichtig, als dass man es eben den Angstmachern der NPD einfach so überlassen könne.
Zur polizeilichen Kriminalitätsstatistik habe ich bereits im letzten Jahr die grundsätzliche Aussage getroffen, dass diese keine in Stein gemeißelte Wahrheit darstellen kann. Sie kann nur ein Gradmesser der aktuellen Lage sein und natürlich können Statistiken fehleranfällig sein.
Das gilt insbesondere dann, wenn sie – die polizeilichen Kriminalitätsstatistiken – von diversen Faktoren abhängig sind. Es ändert sich beispielsweise das Anzeigeverhalten der Bevölkerung, indem man auf Anzeigen verzichtet. So
entwickelt sich die Zahl der Straftaten zum Guten, ohne dass dies sachlich begründet wäre. Trotz aller Schwächen von Statistiken sind diese aber unentbehrlich und Grundlage für Interpretationen, übrigens durchaus gelegentlich unterschiedliche Interpretationen.
Meine Damen und Herren Kollegen, all das ist aber kein Grund, den Rattenfängern der NPD-Fraktion auf den Leim zu gehen.
Eben seit der Schengen-Erweiterung mit dem Wegfall der stationären Grenzkontrollen zu Polen ist der sogenannte Binnengrenzraum, also der Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Anklam mit den Landkreisen Ostvorpommern und Uecker-Randow sowie der Hansestadt Greifswald, in den Blickpunkt des Interesses gerückt, jedenfalls im Hinblick auf die Frage, ob damit die Kriminalität zugenommen hat. Und nach den vorliegenden Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich für Mecklenburg-Vorpommern eben keine Kriminalitätsentwicklung feststellen, die auf den Wegfall der Grenzkontrollen zurückzuführen ist.
Und für die genannten Regionen gibt es, so jedenfalls Innenminister Caffier bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2008, keine signifikante Änderung der Kriminalitätslage. Im Bereich der Polizeidirektion Anklam nahmen die Straftatenzahlen um 3,2 Prozent auf etwa 19.800 Fälle ab. Die Zahl der aufgeklärten Straftaten erhöhte sich in dem entsprechenden Zeitraum von 57,7 Prozent auf 59 Prozent. Und weiterhin ergibt sich aus der Statistik die Erkenntnis, dass es sich im grenznahen Raum zur Republik Polen zu 91 Prozent der Tatverdächtigen um deutsche Tatverdächtige handelt.
Die Zahl der nicht deutschen Tatverdächtigen ging im Direktionsbereich um 13,3 Prozent auf 685 im Jahr 2008 zurück. Polnische Tatverdächtige machen bei den nicht deutschen Tatverdächtigen 55,2 Prozent aus. Das entspricht 378 Tatverdächtigen und damit nahm die Zahl um 8,7 Prozent ab.
So weit, meine Damen und Herren, einige Zahlen aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2008. Für Angstmacherei oder Diffamierung à la NPD besteht eben kein Anlass.
Und ich stimme dem Innenminister Caffier auch in der Frage zu, wenn er sagt, dass er die Entwicklung im Binnengrenzraum weiter genau verfolgen will. Diese Aussage von Anfang 2008 gilt, so denke ich, auch weiterhin. Und diese gilt sicherlich auch im Hinblick auf das hier nicht weiter vertiefte Thema der illegalen Einwanderung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der NPD ist unseriös und spielt mit der Angst der Bürgerinnen und Bürger.
Das ist das eigentlich Unwürdige den Bürgerinnen und Bürgern – insbesondere im grenznahen Bereich – gegenüber. Dieser Antrag bleibt nur abzulehnen und das kann ich ruhigen Gewissens für die Fraktion der FDP, der CDU, der SPD und der LINKEN sagen. – Vielen Dank.
Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 11. März 2009 reichte ich bei der Landesregierung eine Kleine Anfrage zum selben Thema dieses Antrages ein.
Die Antwort hierzu verdeutlichte den allgemeinen Gleichmut, der augenscheinlich in den Landesministerien vorherrscht und den die NPD-Fraktion in fast jeder Beantwortung einer Anfrage herauslesen muss. Die Landesregierung bezifferte in einer vorhergegangenen Anfrage weniger besonders schwere Diebstähle in meiner Heimatregion Uecker-Randow, als es die Tagungspresse angab. Deshalb …