Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der NPD-Fraktion „Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ reiht sich in die Reihe der Antikorruptionsanträge der NPD-Fraktion ein, um einer Bananenrepublik auf deutschem Boden zu begegnen.

Der Landtag soll also die Landesregierung auffordern, „über eine Bundesratsinitiative im Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland den Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen zu schaffen“. Selbstverständlich kriminalisiert unsere Fraktion mit diesem Vorhaben weder die niedergelassenen Ärzte im Besonderen noch die im Gesundheitswesen Tätigen im Allgemeinen. Dennoch haben die Verantwortlichen die Pflicht, Gesetzeslücken zu schließen, um kriminelles Handeln unter Strafe zu stellen und somit ahnden zu können.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, was schlimmer ist: die Bevorzugung eines Unternehmens aufgrund eines erhaltenen Vorteils und somit die Benachteiligung eines Konkurrenten durch eine sachfremde Entscheidung, sprich die Bestechlichkeit, oder die politische Verantwortungslosigkeit in Bund und Land. Für die NPD-Fraktion sind beide Handlungen beziehungsweise Nichthandlungen absolut verwerflich. Ein entsprechendes Handeln dient auch unserem Land und vor allem den Bürgerinnen und Bürgern.

Ich werde Ihnen und auch der sogenannten Redaktionsgemeinschaft von „Endstation rechts“ um den SPDAbgeordneten Brodkorb gerne behilflich sein, sachliche Zusammenhänge zu verstehen. Vielleicht ist bei Ihnen ja noch nicht Hopfen und Malz verloren.

(allgemeine Unruhe – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sind ein großer Erklärer.)

Seit 1970 hat sich der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung, ausgehend jetzt von Westdeutschland, von rund 8 Prozent auf mehr als 15 Prozent erhöht. Etwa 70 Millionen Versicherte sind in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Insofern betrifft es unser Land

durchaus. Politisch Verantwortliche in Deutschland haben zum Wohle des deutschen Volkes zu wirken.

(Harry Glawe, CDU: Genau.)

Das bedeutet auch, dass Ihre Handlungen, Damen und Herren der Blockfraktion, den Bürgerinnen und Bürgern zu dienen haben, nicht Mehmet in der Türkei,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

nicht Pjotr in Polen, nicht Jonny in den USA und auch nicht Moshe in Israel,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

sondern den Bürgern des Landes. Ganze Scharen von Anwaltskanzleien beschäftigen sich mittlerweile mit Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der Verhinderung der entsprechenden Strafverfolgung. Und Hilfestellungen gibt es hier sehr viele.

Wie gestaltet sich die Vorteilsnahme im Gesundheitswesen? Ich zeige Ihnen dieses einmal anhand eines Beispielfalls auf: Ein Arzt bekommt für sich und seine Familie von einem Pharmavertreter eine Auslandsurlaubsreise geschenkt mit der Erwartung, dass dieser Arzt in Zukunft hauptsächlich seine Produkte verschreibt. Und obwohl diese wesentlich teurer als Vergleichsmedikamente sind, kommt dieser Arzt der Erwartung nach. Hier liegt ganz klar eine passive Form der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch Annahme des Vorteils, also Bestechlichkeit, vor.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das haben wir alles schon beredet. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Allerdings ist nach dem Wortlaut des Paragrafen 299 Strafgesetzbuch der Geschäftsinhaber nicht erfasst.

Herr Professor Methling, ich glaube, Sie haben unseren Antrag vom letzten Mal immer noch nicht verstanden. Beim letzten Mal sollte hier die Landesregierung eine Abteilung einrichten. Hier geht es diesmal darum, dass das Strafgesetzbuch geändert wird. Das sind zwei unterschiedliche Sachen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich bringe Ihnen das aber gerne noch mal im Einzelgespräch näher.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sind der große Erklärer. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Allerdings ist nach dem Wortlaut des Paragrafen 299 Strafgesetzbuch der Geschäftsinhaber nicht erfasst. Bei einem niedergelassenen Arzt, also dem Praxisinhaber, geht das Gesetz gegenwärtig davon aus, dass dieser nicht bestochen werden kann, da dieser weder Angestellter noch Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes ist. Die Wirklichkeit gestaltet sich aber anders. Sie sehen, dass das reale Leben sich anders gestaltet, als Sie es sich in Ihren Elfenbeintürmen jemals vorstellen könnten.

Bereits am 14. September dieses Jahres stellte „Spiegel online“ Folgendes fest, Zitat: „Es ist ein Grunddilemma des deutschen Rechts, dass der Korruptionsparagraf 331 des Strafgesetzbuchs an ‚Amtsträger‘ gebunden ist, also an Beschäftigte des Öffentlichen Diensts, und bei niedergelassenen Ärzten keine Anwendung findet. Deshalb darf der Krankenhausarzt all jenes

nicht, was die Staatsanwälte dem niedergelassenen Arzt durchgehen lassen“ müssen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das stimmt so nicht.)

Und „Spiegel online“ führt weiter aus, dass es zahlreiche Staatsanwälte gibt, die die Untätigkeit des Gesetzgebers nicht nachvollziehen können.

(Udo Pastörs, NPD: Das stand alles in „Spiegel online“, Herr Jäger. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

„Eine Gesellschaft, die die Korruption unter Medizinern wirklich bekämpfen will, muss die Grenze zwischen rechtlich noch erlaubtem und strafbarem Verhalten gesetzlich klar definieren.“ So wird Alexander Badle, einer der bekanntesten Strafverfolger im Gesundheitswesen und Begründer der Ermittlungsgruppe Betrug und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main vom „Spiegel“ wiedergegeben.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und er sprach sich deshalb dafür aus, „dass niedergelassene Ärzte den Klinikärzten rechtlich gleichgestellt werden sollen“. Doch „Spiegel online“ bemerkte abschließend, dass es hierzu nicht kommen wird. So ist dort Folgendes zu lesen, Zitat: „Denn die Politik geht davon aus, dass die vorhandenen Gesetze ausreichen. Die Staatsanwaltschaften aber sehen das anders und wenden sie nicht an. Freuen kann sich darüber niemand – außer der Pharmaindustrie und den ihr aufgeschlossenen Ärzten.“ Zitatende.

Ich erinnere Sie noch einmal daran: Bei allem, was hier im Gesundheitswesen unrechtlich verteilt wird, handelt es sich um die Beiträge der Versicherten. Allein schon aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Pflicht, Unrechtshandlungen unverzüglich zu unterbinden.

Nach jahrelangen Ermittlungen gegen Ärzte und Pharmavertreter wegen Korruptionsverdacht hat die Staatsanwaltschaft in München allein mehr als 3.000 Fälle der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit dem US-amerikanischen Pharmakonzern Bristol-Myers aufgedeckt. Vorteilsnehmer waren hier aber mehr als 3.000 Klinikärzte. Die meisten Fälle mussten wegen sogenannter geringer Schuld oder mit einer Geldauflage bis zu 10.000 Euro eingestellt werden.

Glaubt man den Medien – und diese halte ich in diesem konkreten Sachverhalt für wesentlich glaubwürdiger als einen Vertreter der Bundesregierung oder irgendeiner Landesregierung –, ist das ein schlimmer Zustand.

Aber nicht nur die NPD-Fraktion fordert unverzügliches Handeln des Gesetzgebers. Auch die Kaufmännische Krankenkasse, um ein Beispiel zu nennen, fordert strafrechtliche Konsequenzen. Der Bestechungsparagraf 299 müsse so geändert werden, dass er auch niedergelassene Ärzte einschließt, fordert die KKH-Chefermittlerin Dina Michels in der „Frankfurter Rundschau“.

An Ihnen liegt es nun, den schwarzen Schafen im Gesundheitswesen die knallrote Karte zu zeigen und die Misswirtschaft in unserem Land endlich zu beenden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Abgeordnete der CDU Herr Dr. Jäger.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen!

Herr Köster, der Antrag, den Sie eben eingebracht haben, das ist im Inhalt – und Professor Methling hat das durch einen Zwischenruf auch deutlich gemacht – ein und dasselbe, was Sie,

(Stefan Köster, NPD: Aha!)

was Sie,

(Stefan Köster, NPD: Eine Abteilung der Landesregierung und ein Paragraf im Strafgesetzbuch ist dasselbe.)

was Sie...

Lassen Sie mich ausreden!

(Stefan Köster, NPD: Sie reden doch Unfug. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Herr Köster, so ein ungebildeter Mensch wie Sie kann mich nicht beleidigen.

(Stefan Köster, NPD: Oh!)

Sorry, aber Sie werden das nicht schaffen.

Ich fange noch mal an, damit Sie es kapieren: Ihr Antrag aus der letzten Sitzung hat das gleiche Ziel wie der Antrag, den Sie jetzt einbringen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)