So hat sich DIE LINKE bisher für ein Quorum von 100.000 Stimmen ausgesprochen und die FDP hat sich für ein erforderliches Quorum von 400.000 Stimmen ausgesprochen. Je niedriger aber das Quorum, desto größer die Gefahr, dass Minderheiten etwas beschließen, meine Damen und Herren.
Weiterhin zu beachten ist natürlich, ob ein bundes- oder landesweiter Aspekt des demografischen Wandels durchaus in Erwägung gezogen werden müsste. Festgelegte Quoren können natürlich nach Jahren oder Jahrzehnten durch demografischen Wandel, jedenfalls bei Bevölkerungsverlust, nahezu unerreichbar werden.
Abschließend noch der Vollständigkeit halber kurz der Hinweis, dass mit den Elementen der direkten Demokratie auch bestimmte Durchführungskosten verbunden sind. Natürlich kann und soll das kein zwingendes Argument dagegen sein. Ob das Internet zukünftig ein hilfreiches Instrument bei Plebisziten sein kann, lässt sich meines Erachtens heute noch nicht abschließend beurteilen. Schnelle Entscheidungen und vergleichsweise niedrige Durchführungskosten scheinen möglich. Allerdings ist zu bedenken, dass ein immer umfassenderer Einsatz des Internets für diese Zwecke auch die Gefahr in sich birgt, das Parlament und damit die repräsentative Demokratie letztlich zu entwerten.
Das können wir durchaus anstreben. Das hätte auch den angenehmen Effekt, dass Frau Borchardt ihre verunglückte Pressemitteilung durchaus überdenken sollte. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Ja. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ja nicht mal Kaugummi.)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Regelmäßigkeit legt die Fraktion DIE LINKE immer wieder Landtagsanträge vor, die plebiszitäre Elemente auf der europäischen oder auf der Bundesebene fordern oder die darauf abzielen, die plebiszitären Elemente unserer Landesverfassung auszuweiten. Auch für die kommunale Ebene initiierte DIE LINKE bereits Anträge, Quoren für Bürgerbegehren so herunterzusetzen, dass sie noch einfacher durchgeführt werden können.
Mit dem Antrag, der uns jetzt zur Abstimmung vorliegt, soll die Landesregierung aufgefordert werden, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, die direkte demokratische Elemente wie Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide im Grundgesetz verankere. Diese Forderung entspricht – das, Frau Kollegin Borchardt, räume ich Ihnen gern ein – dem Zeitgeist. Die Frage, die wir uns stellen, ist jedoch: Ist sie auch wirklich sinnvoll?
Unser Grundgesetz, das wird Ihnen allen bekannt sein, feiert in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag, Herr Kollege Methling. Das Grundgesetz umfasst 60 Jahre nach seinem Inkrafttreten einen deutschen Staat, der die Souveränität über seine inneren und äußeren Angele
genheiten wiedererlangt hat mit der Deutschen Einheit, die vor 20 Jahren erreicht wurde. Damit ist das provisorische Grundgesetz zur endgültigen Verfassung geworden. Trotz mittlerweile über 50 Änderungen, die der verfassungsändernde Gesetzgeber seit 1949 vorgenommen hat, ist das Grundgesetz in seiner primären Setzung bis heute unverändert geblieben.
Die Herausforderungen der Nachkriegszeit hat es bewältigt, neue Fragen sind entstanden, auf die diese Verfassung eine Antwort geben soll. Aber brauchen wir, Frau Kollegin Borchardt, die von den LINKEN geforderten Änderungen? Ich sage Ihnen, die Komplexität der einzelnen politischen Entscheidungen auf der Bundesebene, und das wissen Sie auch, ist sehr häufig zu weitreichend, als dass, wie es bei Volksabstimmungen zwangsläufig der Fall ist, eine Frage mit einem schlichten Ja oder Nein beantwortet werden kann.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wenn Sie wenigstens Jein sagen würden. – Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist hier nicht üblich.)
Ohne die politische Mündigkeit der Bürger infrage stellen zu wollen, vertrete ich die Auffassung, dass die Entscheidungsfähigkeit einer Demokratie durch Volksabstimmung nicht gefördert würde.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das sehen die Schweizer aber ganz anders. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
Auf der direkten demokratischen Ebene der Kommunen und mit Einschränkungen auch auf der Landesebene halte ich Volksentscheide tatsächlich für sinnvoll,
Wenn Sie jetzt gut zugehört hätten, dann hätten Sie nicht dazwischenzurufen brauchen. Ich habe es ja sehr wohl differenziert, wo Volksentscheide sinnvoll sind und wo nicht.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ah, das sehen die Franzosen aber anders. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Ja, ich nehme diesen Zwischenruf sehr gerne auf und sage Ihnen, dass wir uns sehr wohl dazu bekennen, dass wir anscheinend in diesem Fall die einzigen Brunnenvergifter sind. Aber ich habe ja die Gründe dafür auch ausgeführt.
Unser Verfassungsprinzip mit einer Absage an das Plebiszit bildet die Voraussetzung dafür, dass Bundestag und Bundesregierung politische Entscheidungen gegen den Willen einer demoskopischen Mehrheit, gegen den Widerstand mächtiger gesellschaftlicher Gruppen und kämpferischer politischer Protestbewegungen treffen und darauf hoffen konnten, dass diese sich wenigstens langfristig mit den Ergebnissen abfinden, sie vielleicht,
Dieses hat sich gerade in kritischen Situationen bewährt, in denen politische Richtungsentscheidungen zu treffen und durchzusetzen waren, und zwar für Adenauers West-Politik und Brandts Ost-Politik, für die Wiederbewaffnung und für den NATO-Doppelbeschluss, für die Einführung der Europäischen Währungsunion unter Kohl und auch die Agenda 2010 unter Schröder
Hypothetische Geschichtsurteile und rückwirkende Prognosen lassen sich nicht mit Sicherheit treffen. Jedoch spricht ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anders verlaufen wäre, wenn wichtige Weichenstellungen der herrschenden Strömungen außerparlamentarischen Kräften wohl überlassen worden wäre.
Ich sage Ihnen, eine Voraussetzung der Volksgeschichte der Bundesrepublik Deutschland liegt in der konsequenten Durchführung des Repräsentationsprinzips. Wer dieses aufweichen will, und das meine ich ehrlich, gibt den Weg frei zu einer anderen Republik.
Das Repräsentationsprinzip setzt Politiker voraus, die nicht aus Gründen eines möglichst langen Machterhalts moderieren, sondern die natürlich auch führen wollen.
Längst schon lassen wir uns stark von Umfragen leiten. Das sogenannte Agendasetting der politischen Themen geschieht immer durch Talkshows im Fernsehen.
Gleichzeitig werden immer häufiger Landtagswahlen, Frau Kollegin Borchardt, darunter hatten Sie auch schon zu leiden, zu einer Art Volksabstimmung über die Bundespolitik umfunktioniert.
Ich bin dagegen, das Grundgesetz mit Plebisziten anzureichern. Das Grundgesetz muss taktischer Beliebigkeit entzogen sein. Dabei soll es bleiben. Ich fordere Sie deshalb dazu auf, den Antrag der LINKEN abzulehnen. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Gut, dass es Generalsekretäre gegeben hat. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Findest?)
Herr Präsident! Bürger des Landes! Abgeordnete des Landtages! DIE LINKE möchte, dass direkte Demokratie endlich auch auf Bundesebene eingeführt wird. Sie sagt – Zitat –, „die im