Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Thema der jetzigen Debatte ist nicht das Agieren des Abgeordneten Renz,

(Irene Müller, DIE LINKE: Na ja, es ist aber nicht zu trennen. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

sondern Thema der Debatte ist, dass wir ein Beamtenneuordnungsgesetz hier beschließen wollen, wo man kurz und knapp sagen kann: Es ist modern, flexibel, leistungsorientiert und – eins habe ich eben noch gelernt, nämlich wir sollten ergänzen – zukunftsfähig.

(Toralf Schnur, FDP: Und fehlerhaft.)

Und zum Thema Inhalt Beamtenneuordnungsgesetz habe ich von den LINKEN eben so gut wie gar nichts gehört.

Warum ist das Gesetz modern und flexibel?

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Es sind Dinge wie die Tatsache, dass wir zukünftig nur noch zwei Laufbahngruppen haben werden – eine für Beamte ohne Hochschulabschluss und eine für Absolventen einer Hochschule.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Damit wird ein althergebrachter Grundsatz abgeschafft, der die Beamten in den einfachen, den mittleren, den gehobenen und den höheren Dienst teilte. Den einfachen Dienst gab es de facto schon nicht mehr. Das neue Gesetz vollzieht das nach.

Mit dem Bologna-Prozess wurden der Bachelor- und der Masterabschluss eingeführt. Sie sind unserem klassischen Diplom und Staatsexamen gleichgesetzt. Mit der Einführung einer einheitlichen Laufbahn für Hochschulabsolventen werden die Ergebnisse des BolognaProzesses umgesetzt.

Modern bedeutet auch transparent. Bisher waren die Fachrichtungen in der Laufbahnverordnung geregelt. Es gab besondere Fachrichtungen für den mittleren, gehobenen und höheren Dienst. Ich habe sie nicht gezählt. Es sind oder waren zu viele.

Das gegenwärtige Laufbahnsystem ist vom Grundsatz geprägt, dass für bestimmte Aufgaben jeweils eine Laufbahn eingerichtet wurde. Das führte zur Bildung der derzeit bestehenden 110 Laufbahnen. Künftig wird es nur noch zehn Fachrichtungen geben. Die sind abschließend im Paragrafen 13 Absatz 2 genannt. Damit wird die Einsatzmöglichkeit der Beamten erweitert. Sie sind flexibel einsetzbar.

Flexibilität bedeutet auch Mobilität. Der vor Ihnen liegende Gesetzentwurf wurde auf der Grundlage eines Mustergesetzentwurfes der norddeutschen Bundesländer erarbeitet. Das gewährleistet höchste Mobilität der Beamten in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Damit nicht genug. Um die bundesweite Mobilität der Beamten zu erhalten, wird die bei einem Dienstherrn in der Bundesrepublik erworbene Befähigung anerkannt. Der Wechsel zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft wird erleichtert. Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes können auf die Probezeit angerechnet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal auf die Laufbahngruppen zurückkommen. Die Reduzierung auf nur noch zwei Laufbahngruppen erleichtert den Aufstieg. War es so, dass früher ein Laufbahngruppenwechsel beim Übertritt vom einfachen in den mittleren, vom mittleren in den gehobenen und von dort in den höheren Dienst notwendig war, ist ein Wechsel der Laufbahngruppe in Zukunft nur noch in wenigen Fällen erforderlich. Um dem Leistungsprinzip gerecht zu werden, sieht Paragraf 24 Absatz 2 beim Laufbahngruppenwechsel eine Prüfung vor. Das ist nicht in allen norddeutschen Bundesländern so, macht aber deutlich, wie gut der öffentliche Dienst in Mecklenburg-Vorpommern ausgebildet ist.

Das führt mich zum nächsten Punkt. Das neue Beamtengesetz honoriert Leistungsbereitschaft. Die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit wird nicht mehr davon abhängig sein, dass der Beamte das 27. Lebensjahr vollendet hat. Wer die Probezeit erfolgreich absolviert hat, wird zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Bei hervorragenden Leistungen kann die Probezeit abgekürzt werden.

Leistungsbereitschaft der Beamtenschaft ist ein Garant für die Akzeptanz in der Gesellschaft. Dazu gehört die Heraufsetzung der Altersgrenze. Da müssen wir mit der Zeit gehen und unsere Gesetze anpassen. Der ehemalige Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm, hat einmal sehr treffend formuliert: „Gleichwohl muss das Beamtentum mit der Zeit gehen, sonst muss es mit der Zeit gehen.“ Ruhestand mit 67, das gilt künftig auch für unsere Beamten, denn es ist keinem Angestellten, sei es im öffentlichen Dienst oder in der privaten Wirtschaft, klarzumachen, warum er bis 67 arbeiten soll und der Beamte mit 65 gehen kann.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genau, richtig.)

Für die Anhebung der Altersgrenze spricht noch ein wichtiger Punkt: die Finanzierbarkeit. Durch die Anhebung der allgemeinen Altersgrenze wird das Land im Übergangszeitraum insgesamt 54,8 Millionen Euro und danach jedes Jahr 5 Millionen Euro einsparen. Diese Tatsache darf man in Zeiten knapper Kassen nicht außer Acht lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber noch ein mir sehr wichtiger Aspekt gehört zum Leistungsprinzip: Polizeivollzugsbeamte, die Beamten des Strafvollzugsdienstes und natürlich auch Feuerwehrbeamte sind besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Ihr Dienst ist oft gefährlich, manchmal auch lebensgefährlich. Plötzliche Einsätze sind die Regel und erhöhen die Belastung. Deswegen ist es richtig, wenn diese Beamten früher als alle anderen mit 62 in den Ruhestand gehen.

Um aber die besondere Situation dieser Beamtengruppen mit wechselnden Arbeitszeiten zu berücksichtigen, haben sie zusätzlich die Möglichkeit, ohne Abschläge bei der Pension für zwei Jahre Wechselschichtdienst in Polizei und Justizvollzug einen Monat früher in den Ruhestand zu gehen.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Wegen des 24-Stunden-Dienstes bei der Feuerwehr haben wir uns hier darauf geeinigt, dass sie für zwei Jahre Schichtdienst einen Monat früher in den Ruhestand gehen. Und es ist für mich schon etwas unlauter, Herr Ritter,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wenn Sie an dieser Stelle diesen Kompromiss sozusagen verschweigen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Damit ist nämlich ein guter Kompromiss gelungen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und ich sage es auch noch mal deutlich – ich bin mir nämlich nicht sicher, ob Sie das auch in Ihrer Fraktion den Leuten dann so mitteilen –,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das werde ich meinen Leuten nicht mitteilen, weil es kein guter Kompromiss ist.)

es ist ein guter Kompromiss, denn für 40 Jahre Schichtdienst beziehungsweise Wechselschichtdienst gehen sie nicht mit 62, sondern mit 60 Jahren und 4 Monaten in den Ruhestand,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage also nur eine marginale Erhöhung. Zusätzlich – und das wird häufig vergessen – besteht die Möglichkeit, auf Antrag weiterhin mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand zu gehen.

Und an dieser Stelle erlaube ich mir auch eine persönliche Anmerkung, um Ihren Vorwurf der Zukunftsfähigkeit hier mal aufzugreifen: Ich glaube, wir sollten uns in zehn Jahren wiedersprechen in dieser Frage, welchen Stand wir dann in der Bundesrepublik Deutschland, in den anderen Bundesländern haben hinsichtlich dieser Regelung. Und ich glaube, die Regelung, die Mecklenburg-Vorpommern hier auf den Weg bringen wird, wird nämlich zukunftsweisend auch für andere Bundesländer sein. Da bin ich mir sehr sicher. Und wie gesagt, darüber können wir uns sehr gern in zehn Jahren unterhalten.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Leistungsfähigkeit setzt gerade in den zuletzt genannten Beamtengruppen körperliche Fitness voraus. Daran hat der Beamte selbst, aber auch der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht ein großes Interesse. Ich freue mich, dass es uns auch bei diesem Thema gelungen ist, eine Einigung zu erzielen. Die Beschlussempfehlung sieht in Paragraf 109 Absatz 1 regelmäßige Reihenuntersuchungen vor. Damit entfällt die im Gesetzentwurf vorgesehene Weisung des Dienstvorgesetzten zu einer ärztlichen Untersuchung. Ein von vielen Seiten befürchteter Missbrauch einer solchen Weisung ist damit ausgeschlossen.

Noch ein Wort zur Stasiüberprüfung. Gern hätte es die CDU-Fraktion gesehen, wenn eine entsprechende Regelung in das Beamtenrechtsneuordnungsgesetz aufgenommen worden wäre.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber recht spät aufgefallen.)

Die momentan öffentlich geführte Diskussion belegt, dass dieses Thema auch noch 20 Jahre nach dem Mauerfall aktuell ist.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Selbstverständlich gibt es solche Überprüfungen auch weiterhin, denn es ist doch im höchsten Maße zweifelhaft, ob ein Bewerber für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt, wenn er früher für das MfS oder das Amt für Nationale Sicherheit gearbeitet hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch noch ein paar Sätze von mir zu Ihrem Änderungsantrag von der Seite der LINKEN. Zum einen ist mir aufgefallen, auch wenn ich damals noch nicht im Landtag war, Herr Ritter, mit Ihren Ankündigungen, die Sie damals in der Einbringungsrede gehalten haben, dass Sie sich unbedingt um Paragraf 19 Absatz 1 kümmern wollen, wo es ja um die strengen Maßstäbe zur Probezeit geht, oder auch im Paragrafen 44 Absatz 1, wo Sie das Amtsarztprinzip noch mal thematisieren wollten. Davon habe ich nie wieder ein Wort gehört, weder in den Ausschüssen noch hier.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Insofern kann ich nur sagen, Sie müssen nicht immer so viel reden, Sie müssen auch handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jawohl.)

Und das haben Sie ja nun in diesem Fall getan, mit dem wegweisenden Antrag hier, bei der Altersgrenze wieder auf 65 beziehungsweise auf 60 zurückzugehen. Als Begründung führen Sie an den Hintergrund der anstehenden Revision der Rente ab 67. Ich meine, Sie suggerieren schon für einen Umstand, dass Sie in der Regierungsverantwortung im Bund sind,

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

der aus meiner Sicht so schnell nicht eintreten wird,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

da signalisieren Sie schon, als wenn dort die rechtlichen Dinge sich ändern werden. Ich weiß jetzt nicht, ob das parlamentarische Ausdrücke sind. Auf alle Fälle würde ich das als Lug und Trug bezeichnen.